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Google Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen. I Begründet von H. Auspitz und F. J. Pick. ARCHIV für Dermatologie und Syphilis. Prof. U'CALL AllDERSON, Dr. AliHlNG, Prof. BEHREND, Dr. BESNIER, Praf. BEB(}H, Dr. BUkSCHEO, Prof. BOECK, Prof. DUHRIKO, Piof. t. DÜRINQ. Prof. EHRUANH, Dr. ELBBN- BERO.Dr.FABRY,pToIJ-lN0ER.Dr.aLt;CK,Dr.J.GRÜVTELD.FrDf.BALL0PBAC,Prgt.HABLimD, Dr. HBRXHBIMER. Dr. HOCHSINOER, Prof. JADASSOHN, Praf. JAHOVSKY, Dr. JOSEPH, Dr. KLOTZ, Prof. KÖBNER, Prof. KOPF, Prof. KRBIBICH, Prof. LANO, Dr. LEDEBUANN, Prot. LUEABIEWICZ, Dr. LUSTGARTEN, Prof. t. MAHSCHALKÖ, Frof. MERK, Dr. dn UESNU,, Prof, URACEK, Prof. NEUIfANN. Prof. r. PETERSEN, Prof. POSFELOW, J. K. FROKSCU, Frvf. REDER, Prof. KnXE, Prot RÖNA, Dr. O. ROSENTHAI,, Prof. SCHO'F, Dr. BCHÜTZ, Dr. tiCHUSTER, Dr. SCHUMACHER II., Dr. SZADEE, Prof. TARN0W8KT, Dr, TOUTOH, Dr. IJU.UANH. Dr. VEIEL, Dr. VOLLMER, Dr. WABLSCU, Dr. v. WATRASZBW3KI, Prof. ;, Dr. WDITERMITZ. Prof. WOlJr, Prof. W0I.TBR8, Prof. *, ZBISSL Prot. Casparr, Prol. Dontrilepoit, Prof. Leiier. Prot. Neuser, Frtl. Bleu, KSd loben Bona Berlin Brealsu Wlan herausgegeben von Prof. F. J. Pick in Prag. Zweiundsiebzigster Band. Mit sehn Tafalo. Wien und Leipzig. Wilhelm BraumOller, k. D. k. Her- sad UnlTorilUiubnehiiiiidlar. 1904. ^^ FEB 281905 ' ) l i • --^ p,-VftLÖGo^ FEB 281905 £. H. B. K. u. k. Uofbnchdruckerei A. Haftae, Prag. Inhalt. NtkroUg. Heinrich Köbner. Von Sanitätsrat Dr. Wechselmann (Berlin) I Original-Abhandlungen. Ans der k. k. böhmischen Universitätsklinik des Professors Dr. V. Janovsky in Prag. Dermatitis framboesiformis. Von Dr. Franz äamberger, klin. Assistenten. (Hieza Taf. I u. II.) 8 Ans der dermatologischen Universitätsklinik von Professor Jadassohn in Bern. Über senile (nnd präsenile) rein hyperplastische Talgdrüsen - tuTOoren, speziell des Gesichts, mit einer Bemerkung über die Färbung der Acari follicnlorum in Schnitten. Von Dr. B. Hirsch- feld, Spezialarzt für Hantkrankheiten in Berlin, ehem. Yolontär- assistent der Klinik 25 Ans der Kgl. Universitäts-Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrank- heiten in Berlin. (Direktor : Prof. E. Lesser.) Über eine eigenartige Form rezidivierender, wandernder Phlebitis an den unteren Extre- mitäten. Von Privatdozent Dr. A. Busch ke, bisher I. Assistent der Poliklinik, jetzt dirigierender Arzt der städtischen Abteilung für Geschlechtskrankheiten am Urban in Berlin. (Hiezu Taf. IH.) . 89 Aus der dermatologischen Universitätsklinik von Professor Jadassohn in Bern. Zur Histologie der Skabies. Von Dr. Richard Volk ans Wien 68 Ans dem I. anatomischen Institute der k. k. Universität Wien. Zur Technik der intramuskulären Injektionen. Von Dr. Siegfried Gros z. (Mit einer Figur im Texte.) 59 Ein Beitrag zur Statistik der Epididymitis gonorrhoica. Von Dr. Arth. Jordan, ord. Arzt am Mjassnitzki-Hospital zu Moskau 77 Der lokale Einfluß erhöhter Muskelfunktion auf die anormale Er- nährung der Haut. Von Dr. Jacob Halpern, Vorstand der poli- klinischen Abteilung für Hautkranke im St. Rochus-Spital in Warschau 87 Aus der dermatolog^schen Universitätsklinik in Bern. (Prof. Dr. Jadas- sohn.) Über die Resorption von Jod aus Jodkali-Salben. Von Dr. Hirschfeld, Spezialarzt für Hautkrankheiten in Berlin und Dr. Pollio, £. Z. Assistent an der dermatol. Klinik in Turin .... 168 Über die Resorption von Jod aus Jodkali-Salben. Bemerkungen zur Abhandlung der Herren Dr. Hirschield und Dr. Pollio. Von A. Hefiter, Bern 171 Aus der Abteilung für Haut- und venerische Krankheiten des St. Stephanspitals (Vorstand Prof. Dr. S. Rona) in Budapest. Über das Syringom. Von Dr. J. Csillag. (Hiezu Taf. IV u. V.) 176 Aus der k. k. Universitätsklinik für Dermatologie und Syphilidoloffie in Wien. (Prof. Dr. Gustav Riehl.) Zur Kenntnis der Acne tele- angiectodes Kaposi (Acnitis Barthelemy). Von Dr. Walther Pick, Assistent der Klinik. (Hiezu Taf. VI u. VH.) 198 Aus der jlbrmato logischen Universitätsklinik von Professor Jadassohn in BeiW Über Kemdeffenerationen bei kutanen Entiündungspro- zessen.JTon Dr. Richara Volk ans Wien 217 Ans der lAsektur der k. k. Krankenanstalt „Rudolf- Stiftung" in Wien (Vorstiip^ Prof. R. Paltauf). Hämochromatosis der Haut und Bauch- IV Inhalt. Organe bei idiopathischer Hantatrophie mit Erythrodermie. Von Dr. Berthold Kreissl, Assistent der III. med. Abteilung (Vorst.: Prim. Dr. Mader). 227 Ein Beitrag zur Kasuistik der Mykos is fungoides Alibert. Von Dr. W. Krasnoglasow, Sekundärarzt am Idjassnitzki- Spital zu Moskau. (Hiezu Taf. VIII.) . 289 Aus der Kgl. Üniversitäts-Poliklinik für Haut- und Geschlechtskrank- heiten in Berlin. (Direktor: Prof. £. Lesser.) Über eine eigenartige Form rezidivierender, wandernder Phlebitis an den unteren Extre- mitäten. Nachtrag. Von Privatdozent Dr. A. Buschke, bisher I. Assistent der Poliklinik, jetzt dirigierender Arzt der städtischen Abteilung für Geschlechtskrankheiten am ürbau in Berlin .... 243 Mitteilung aus dem Laboratorium des Jenner-Pasteur-Instituts in Budapest. Hämagglutinations-Untersuchungen bei syphilitischen und gesunden Individuen. Von (Jniv.-Doz. Dr. Ladislaus Detre und Dr. .. Josef Seilei 823 Über Acne urticata. Von Privat dozent Dr. Ludwig Waelsch in Prag 349 Aus der k. k. Universitätsklinik für Dermatologie und Syphilidologie in Wien. (Prof. Dr. Gustav Riehl.) Über die persistier eu de Form des Erythema nodosum. Von Dr. Walther Pi c k, Assistent der Klinik. (Hiezu Tftf. IX.) 361 Aus der k. k. dermatologischen Universitätsklinik in Wien. (Prof. Dr. Gustav Riehl.) Ein Beitrag zur Kenntnis des Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum (Kaposi). Von Dr. August Halle. (Hiezu Taf. X.) 873 Aus der k. k. deutschen dermatolo^ischen Universitätsklioik von Prof. F. J. Pick in Prag. Weitere Untersuchungen über die ent- zündliche Atrophie des subkutanen Fettgewebes. Von Dr. Alfred Kraus, Assistent der Klinik 407 Bericht Ober die Leistungen auf dem Gebiete der Der- matologie und Syphilis. Bericht über die Verhandlungen des VHI. Kongresses der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Sangevo ........ 95, 247, 423 Verhandlungen der Berliner dermatologischen Gesellschaft 117 Verhandlungen der Wiener dermatologischen Gesellschaft 268 Hautkrankheiten 129 Geschlechts-Krankheiten 283, 464 Buchanzeigen und Besprechungen 167 Blochmann, F. Ist die Sehntspockenimpftiiig mit allen notwendigen Kaatelen amgeben? Der Redaktion sageeandte Biloher. Nekrologe • .... 472 Angelo Searenzio, ron Ambroglo Bertarelli. — Niels R. Finten, von Eduard Jacobl. — Albert R. ▼. Reder, von R. Varia 160, 320, 476 Zur Kenntnisnahme. — Heinrich KSbner f. — PreisTerlelhang. — Peraonalien. Heilstätte für Lnpnskranke in Wien. — Dermatologisohe Klinik in Kiel. Finseninstitnt za Kopenhagen. — Personalien. Heioricli Köbner t Wiederum hat die deutsche Dermatologie, welcher der Tod in letzter Zeit so tiefe Wunden geschlagen hat, den Verlust eines ihrer Begründer und Führer zu beklagen: am 3. September d. J. verschied in Char- lottenburg Heinrich Köbner. Schon seit längerer Zeit war er durch Krankheit genötigt, sich von der ärztlichen Tätigkeit zurückzuziehen; aber trotzdem blieb er bis zuletzt wissenschaftlich tätig, den Fort- schritten der Wissenschaft mit regstem Eifer folgend und selbst produzierend. Noch wenige Wochen vor seinem Tode veröffentlichte er in diesem Archiv, dessen erste Nummer 1869 eine Arbeit Köbners über para- sii&re Sykosis zierte, seine Bemerkungen zur neueren Literatur über Epidermolysis bullosa hereditaria. Dieser rastlose Fleiß entsprang der reinen Be- geisterung Köbners für die medizinischen Wissen- schaften und die Dermatologie insbesondere, welche sein Wesen so völlig erfüllte, daß er daneben nur wenig andere tiefere Interessen kannte; sein wissen- schaftlich so hervorragender Geist stand, wie so oft bei genialen Naturen, häufig den einfachsten Verhält- nissen des Lebens mit kindlicher Unbeholfenheit gegen- über. Blieb ihm doch für außerhalb seiner wissen- schaftlichen Sphäre gelegene Dinge bei der Gründlich- keit und Genauigkeit, mit der er arbeitete, wenig Zeit. Jahrelang trug er seine Arbeitspläne mit sich herum, seine Ideen immer und immer wieder skeptisch durch- denkend^ seine Beobachtungen auf das Gewissenhafteste bis ins kleinste Detail nachprüfend. Dieser strengen Selbstkritik verdanken Köbners Arbeiten die abso- lute Zuverlässigkeit, so daß sie stets einen Grundstein bilden, auf welchem die fernere Forschung sicher weiterbauen konnte. Es erscheint nur natürlich, daß er diese scharfe Kritik, wie gegen sich, auch gegen n andere walten ließ and wenn er dadurch in manchen Konflikt geriet, so muß man doch anerkennen, daß seine Triebfeder stets das Streben nach wissenschaftlicher Wahrheit bildete. Ein besonders Gepräge aber erhalten Köbners kritische Arbeiten dadurch, daß sie nicht lange bei spekulativen De- duktionen verweilen, sondern durch neue eigenartige Beob- achtungen und Forschungen die Sachlage aufklären. Als Muster erscheinen in dieser Hinsicht die verschiedenen meist gegen Rico rd sehe Axiome gerichteten sjphilidologischen Arbeiten und vor allem die klassischen „Untersuchungen über die Unmöglichkeit der Diagnose der Syphilis mittelst der mikro- skopischen Blutuntersucbung'', welche die Lostorfer sehe s. Z. Aufsehen erregende Entdeckung, wonach im Blute Syphilitischer konstant eigentümliche Gebilde vorkommen sollten, nicht nur als unrichtig erwiesen, sondern auch die Natur dieser Gebilde als Vacuolen einwandsfrei dartaten. Aber so eigenartig war dieser Geist veranlagt, daß diesen eminent kritischen Eigenschaften eine geniale und schöpferische Phantasie beigestellt war. Am klarsten dokumentierte sie sich bei seiner Entdeckung der Arzneiexantheme. In Meran an das Krankenbett einer Äbtissin gerufen, die anscheinend an einem rezidivierenden Scharlach erkrankt war und dem Ende so nahe erschien, daß bereits die Totenglocken geläutet wurden, er- kannte er mit genialem Blick, daß es sich um eine eigen- tümliche Reaktion auf Chinin handelte und begründete die fruchtbare Lehre von den Arzneiexanthemen. Aber auch sonst lenkte diese schöpferische Phantasie K ö b n e r auf die ätiologi- sche Forschung hin und ließ ihn tiefere Zusammenhänge in- tuitiv erkennen, neue Krankheitsbilder finden und machte ihn in Verbindung mit seinem scharfen Blick für jedes Detail zum unerreichten Meister der Diagnostik. Dieser Scharfblick war ihm schon in früher Jugend eigen. Schon als Student im 6. Semester setzte er seinen großen Lehrer Frerichs in Er- staunen, als er bei einem in die Breslauer Klinik gebrachten halbseitig gelähmten Knaben — zu einer Zeit, wo gerade erst Virchows Arbeit über Embolie erschienen war — eine Em- bolie der Himarterien diagnostizierte und seine Diagnose dem verwunderten Meister gegenüber durch Hinweis auf Geräusche am Herzen und auf als Infarct gedeutete Milzschwellung sicherstellte. Zu dieser Veranlagung trat noch ein phänomenales Ge- dächtnis. Was K. ein Mal gesehen, gehört oder gelesen hatte, m yergafi er nie ; Arbeiten, die er vor Jahrzehnten gelesen hatte, standen ihm bis ins kleinste Detail lebhaft vor Augen. So verfugte er in jedem Augenblick unbeschränkt aber den ge- ivaltigen Schatz seines Wissens und war befähigt, jeden Fall, der ihm vor Augen trat, sofort nach den verschiedensten, oft scheinbar abgelegensten Richtungen hin, wissenschaftlich zu durchdenken. Diese Gaben verknüpft mit einer meisterhaften Beherrschung aller klinischen, histologischen und experimentellen Untersuchungsmethoden bewirkten, daß jeder wissenschaftliche Beitrag Köbners unser Wissen wesentlich erweiterte und vertiefte und für Jahre einen Markstein bildete und daß seine klinischen Vorträge, seine Demonstrationen in medizini- schen Gesellschaften, seine Diskussionsbemerkungen durch Ideengehalt und Durcharbeitung ein klassisches Gepräge trugen. Es war bei dieser Begabung kein Wunder, daßEöbner schon in jungen Jahren in seinem Sondergebiete mit an die erste Stelle stieg. 1838 in Breslau, als Sohn eines Kaufmanns geboren, verbrachte er seine Studienjahre dort und in Berlin, am meisten beeinflußt von Frerichs, Heidenhain und dessen Assistenten Aubert, Virchow, Graefe, Hoppe Seyler, in dessen Laboratorium er seine noch heut wertvolle Dissertation „überRohrzuckerverdauung" arbeitete. Nach seinem Staatsexamen wandte er sich nach Wien, schwankend ob er sich der Physiologie oder der Augenheilkunde zuwenden sollte. Dort aber wirkte Hebras große Persönlichkeit so stark auf ihn ein, daß er sich ganz der Dermatologie widmete und zu seiner weiteren Ausbildung nach Paris ging, wo er sich besonders an Gibert Bazin, Auzias Turenne anschloß, und von dem großen Physiologen Claude Bernard stark beeinflußt wurde. 1861 ließ er sich in seiner Vaterstadt als Arzt nieder und er- richtete eine Poliklinik für Hautkrankheiten. In diese Zeit fallen seine epochemachenden Arbeiten über Sykosis und ihre Beziehungen zur Mykosis tonsurans, seine klinischen und ex- perimentellen Mitteilungen aus der Dermatologie und Syphili- dologie, die 1869 seine Zulassung zur Habilitation zur Folge halten. Seine Kämpfe und Verdienste um die Errichtung eines Lehrstuhls und eines klinischen Instituts für Dermatologie und Syphilis sind in dieser Zeitschrift (Bd. LX) von berufenster Seite geschildert worden. 1876 erreichte er endlich sein Ziel und wurde, nachdem er schon 1872 zum Professor ernannt worden war, Direktor der neuen Universitätsklinik. Mit Feuer- IV eifer gab er sich seiner klinischen Tätigkeit hin, da riß ihn .ein tragisches Geschick aus seinen wissenschaftlichen Plänen und Tom Lehrstuhl hinweg. Mitten in einer Yorlesung, deren Thema — charakteristisch für seinen weitausschauenden Blick — schon damals die soziale Bedeutung der Haut- und Geschlechtskrank- heiten behandelte, versagte ihm die Stimme und er mußte von sein^ Schöpfung scheiden. Diesen Schlag hat er nie verwunden, seine Klinik fehlte ihm immer. Durch längeren Aufenthalt im Süden erlangte er seine Gesundheit wieder, so daß er 1877 nach Berlin übersiedeln und später dort eine neue Poliklinik ins Leben rufen konnte, in der er, wenn auch leider nur einige Jahre lang, seine glänzenden Kurse für prak- tische Ärzte abhielt. Eine akademische Lehrtätigkeit entfaltete er nicht mehr, während er in Vorträgen und Diskussionen der medizinischen Gesellschaften, vor allem der zeitweise von ihm geleiteten dermatologischen Vereinigung sich eifrig betätigte und fortdauernd wissenschaftliche Forschungen betrieb. Aus dieser Zeit stammen, um nur an die hervorragendsten Leistungen zu erinnern, die Arbeiten: Ober Liehen ruber, über Mykosis fungoides, über die Hautsarkome, über Xanthome, über Neuro- fibrome, die Versuche über die Übertragbarkeit der Lepra, über Arseninjektionen bei Liehen und Sarkomen, Pemphigus vegetans u« v. a. Es erübrigt sich, seine Arbeiten hier einzeln aufzuführen, da sich ein Verzeichnis derselben in der Festschrift zur Er- innerung an den 25jähr. Bestand der Breslauer Hautklinik in diesem Archiv Bd. LX findet: nachzutragen sind nur aus der letzten Zeit außer der obenerwähnten Arbeit über Epidermolysis : Zwei Fälle von Gehimsyphilis nebst Obduktionsbefunden (dieses Archiv Bd. LXHI) und Über Striae cutis distensae (Münchner med. Wochenschr. 1904. Nr. 21). Müssen wir bei Betrachtung von Eöbners Lebensgang mit Wehmut sehen, daß vieles, was in ihm als Blüte lag, nicht zum Ausreifen kam, weil ihn sein Geschick seinem ureigensten Wirkungskreis, der Klinik, zu zeitig entriß, so können wir doch mit Bewunderung auf das, was er geschaffen hat, blicken. Seine Arbeiten werden stets ein Ruhmesblatt in der Geschichte der deutschen Dermatologie bilden I Sanitätsrat Dr. Wechselmann (Berlin). Originalabhaiidlungen. Areb. f. Dermnt. n. Sypb. Bd. LXXIF. *w1 Aus der k. k. böhmisclien Universitätsklinik des Professors Dr. V. JanoTsk^ in Frag. OM O^ ^V I^EB 281905 '' Dermatkfs framboesi&ylnis. Dr. Franz Samberger, klin. Aulstellten. (Hiezu Taf. I u. II.) Den 11. Feber 1903 ^rarde auf die k« k. dermatologische Klinik des Prof. Dr. y. Janovsky unter Prot. ^V. 2815 ein 18 Jahre alter Ar- beiter aus einem Kohlenbergwerke J. K. aufgenommen. Der Anamnese entnehmen wir folgendes: Der Kranke stammt ans einer gesunden Familie, Vater und Mutter leben und sind gesund. Nur der Vater leidet wie andere Arbeiter des- selben Bergwerkes an Fumoculosis. Von 14 Geschwistern starben 6 gleich nach der Gebart. Ob inzwischen ein Abortus stattfand, kann der Patient nicht angeben. Er selbst ist von den lebenden Geschwistern weder der älteste noch der jüngste; alle lebenden Geschwister sind vollständig ge- sund, der älteste Bruder ist 22, der jüngste etwas über ein Jahr alt. Der Kranke machte im Alter von ungefähr 3 Jahren eine Variola durch, sonst war er immer gesund. Im 14. Lebensjahre begann er im Kohlen- bergwerk zu arbeiten und bald hierauf stellte sich bei ihm eine Furun- cnlose am ganzen Körper ein. Von dieser Krankheit wurde er ein ganzes Jahr hindurch geplagt, 80 daß er gezwungen war, seinen Posten zu verändern und Arbeit in einem anderen Bergwerke zu suchen. Dieser Wechsel hatte zur Folge, daß sich keine neuen Furunkeln mehr bildeten. Nach einiger Zeit nahm der Patient auf dem früheren Bergwerke die Arbeit wieder auf und 4 Wochen nachher stellte sich sein altes Leiden wieder ein. Nach An- gabe des Patienten leiden auch andere Arbeiter desselben Werkes an einer ähnlichen Furunculose, unter anderen auch der Vater des Patienten. Als Ursache biefür gibt der Kranke das schlechte Trinkwasser im Schachte an. Der Patient war anfangs ungefähr ein Jahr ober der Erde beim Sortieren der Kohle beschäftigt. Während dieser Zeit hatte er stets Furunkel, so daß er zeitweise 2 — 3 Tage die Arbeit aussetzen mußte. Nach einem Jahre wurde ihm die Arbeit im Schachte selbst zugeteilt 1^ 4 Samberger. and seit dieser Zeit verschlimmerte sich sein Leiden in erhöhtem Maße. Es bildeten sich besonders am Nacken neue und neue Pusteln, wobei sich ein intensives Jucken in der behaarten Partie des Kopfes einstellte. Zugleich begannen die Pusteln an anderen Stellen aufzutreten, so nament- lich am Naseneingange, die sich bald mit einer Kruste bedeckten. In diesem Stadium wurde der Kranke vom Arzt in das Krankenhans in Schlan geschickt. Hier wurde der Patient mit Ölumschlägen und indiff. Salben behandelt, aber trotzdem nahm die Pastelbildung in der behaarten Partie des Kopfes immer größere Dimensionen an, und erst jetzt machte der Kranke die Wahrnehmung, daß sich die Pusteln mit einer Kruste überzogen, unter welcher sich langsam Wärzchen bildeten, die in be- deutendem Maße näßten. Die sezernierte Flüssigkeit verbreitete einen penetranten Geruch, so daß er bei den übrigen Patienten Ekel erregte. Lange Zeit hindurch wurden dem Kranken lokal verschiedene Salben appliziert und da sich das Leiden verschlimmerte, wurde die Diagnose auf Syphilis gestellt und ihm Jodkali verordnet. Auch diese Therapie blieb erfolglos. Die Effloreszenzen in der behaarten Partie des Kopfes nahmen zu und auch in der rechten Nasenöffnung kamen derartige Aus- wüchse zum Vorschein. Die Arzte touchierten die einzelnen Effloreszenzen mit Lapis, wodurch viele von ihnen verschwanden, das Gesamtbild der Krankheit jedoch änderte sich nicht im geringsten. Dabei war der Patient immer bei gutem Appetit und litt niemals an Kopfschmerzen. Da das Jiciden immer schlimmer wurde, begab sich der Kranke auf unsere Klinik. Eine venerische Infektion negiert der Patient entschieden und auch anamnestisch ist es nicht möglich, eine vorausgegangene, auch nur einiger- maßen wahrscheinliche, extragenitale Infektion zu konstatieren. Die Bil- dung von ähnlichen Auswüchsen wurde bei niemandem aus der nächsten Umgebung des Kranken beobachtet. Status praesens. Patient mittelgroß, von schwachem Knochenbau und mäßig ent- wickelter Muskulatur, minder gut genährt. An den inneren Organen sind keine pathologischen Veränderungen wahrnehmbar. Im Urin lassen sich keine pathologischen Bestandteile nachweisen. Der Befund des Genitales ist vollständig negativ; nirgends läßt sich auch die kleinste Narbe konstatieren. Die Inguinaldrüsen sind unbedeutend vergrößert, die Nackeudrüsen bedeutend induriert. Die ganze behaarte Partie dos Kopfes war bei Ankunft des Patienten gleichsam mit einer einzigen, ziemlich mächtigen Kraste bedeckt, nach deren Entfernung man bemerkt, daß auf dem behaarten Teile des Kopfes sich zahlreiche, größtenteils vereinzelte, aber auch konfluierende, erbsen- bis zweihellergproße Effloreszenzen befinden, welcke merklich die Ober- fläche überragten und beim ersten Anblick kondylomatösen Wucherungen nicht unähnlich waren. Die Oberfläche dieser einzelnen Auswüchse ist uneben, papillomatös, hellrot; zwischen den einzelnen Papillen nehmen wir ein reichliches, übel riechendes Sekret wahr. Die Mehrzahl der EfBo- Dermatitis framboesitormis. 5 reszenzen erhebt sich aus einer normalen Umgebang, bei einigen sehen wir nur, daß sie von einem blaßgelb oder rosafarbenem, 2 mm breitem, stark nässendem Rande begrenzt werden, der an der Peripherie vom ge- sunden Gewebe sich scharf abgrenzt. Die die einzelnen Auswüchse durch- tretenden Haare sind mit dem Sekret in größere und kleinere Klumpen ▼erfilzt. Am Helix des linken Ohrläppchens finden wir einige von der Horn- schichte entblößte, nässende Stellen, die aber vollständig im Niveau der Umgebung eingebettet sind. Die rechte Nasenöffnung, sowie das ganze Septum und ein Teil der unter der rechten Nasenöffnung liegenden Oberlippe ist von einer Geschwulst mit papillomatoser Oberfläche eingenommen, welche den Naseneingang vollständig ausfüllt und den Nasenflügel deutlich verdrängt. Das rhinoskopische Bild zeigt, daß die Geschwulst aus einer oberen Hälfte besteht, welche sich wie ein ungefähr Vs <^^ breiter Saum um das obere Gebiet des Naseneinganges zieht, und aus einer unteren mächtigeren Hälfte, welche aus der äußeren und unteren Wand der Nasenöffnung herauswächst. Aus der Spalte zwischen beiden Hälften entleert sich ein gelbliches, dünnflüssiges Sekret. Soweit man sich weiter orientieren konnte, wurde die Nasenschleimhaut intakt vorgefunden. Die Konjunktiven beider Augen sind deutlich hyperämisch (con- jnnctiva palpebrarum); am freien Rande der oberen Augenlider beim inneren Augenwinkel und am rechten Augenlide auch ungefähr in der Mitte finden wir papillomatöse, stecknadelkopfgproße Exkreszenzen. Die ganze der Gingiva zugewendete Unterlippe zeigt eine unebene Oberfläche, welche mäßig papillomatös, mit einem gelblichen Belag und mit zahlreichen, zumeist blntenden Rhagaden bedeckt ist. Ähnliche Ver- änderungen finden wir auch auf der mit Schleimhaut bedeckten Partie der Oberlippe. Die Gingiva und die Mundhöhle sind vollständig intakt. In der rechten Achselhöhle sehen wir einen hellergroßen, dem am behaarten Teile des Kopfes befindlichen ähnlichen Herd. Im Hypogastrium und zwar zumeist in beiden Inguinalfalten finden sich papillomatöse, steckncuielkopf- bis linsengroße Exkreszenzen von hell- rotbrauner Farbe ohne Schuppen. An der rechten Brustwarze in der Mitte der äußeren Peripherie finden wir eine Pustel von der Größe einer kleinen Linse mit einer zentralen punktförmigen Kruste. Die mikroskopische Untersuchung des Sekretes der einzelnen Effloreszenzen und der epi- liierten Haare mit Rücksicht auf eine eventuelle Anwesenheit von Hypho- myceten ergab ein vollständig negatives Resultat. Blntbefund: rote Blutkörperchen 6,744.000, weiße 36.000» das Ver- hältnis also 1 : 180. Unter den weißen Blutkörperchen sind 247o eosino- phile Zellen. Hämoglobingehalt nach Fleischel 80^ Wir finden es für notwendig aus dem Dekursus folgendes anzuführen : Dem Kranken wurde sogleich eine Schmierkur verordnet und nach Beseitigung der Krusten auf die Exkreszenzen eine l7o Resorzinlösung g Samberger. appliziert. Doch nach 2 Touren (xn 3 g) war es notwendig die Schmier- karen einsnstellen. Im Laofe dieBCB therapeatiechen Verfahrens yerschlimmerte sich beim Patienten nicht nur der lokale Znstand — ans den Effloreszenzen floß in wahrem Sinne des Wortes eine seröse Flüssigkeit — sondern auch das GesamtbeÜDden. Der Kranke nahm zusehends ab, Tielleicht auch in- folge der Stomatitis, die sich inzwischen eingestellt hatte und dem Kranken die Aufnahme der Nahrung erschwerte. Die Merkurialbehand- lung wurde daher eingestellt und Jodkali ordiniert: jedoch auch mit dieser Therapie mußten wir aufhören, da sich hartnäckige Diarrhoen einstellten. Hierauf wurde der Kranke durch längere Zeit nur lokal be- handelt, wobei ihm auf die einzelnen Exkreszenzen graues Beiersdorf- sches Pflaster appliziert wurde. Doch das Ergebnis dieser Therapie war gleichfalls nichtsagend. Unter dem grauen Pflaster entstand ein profuse« Nässen der Efflo- ruszenzen und eine deutliche Beizung der Umgebung, Diese Erfolglosig- keit unserer Therapie brachte uns dennoch von der Diagnose Lues nicht ab und es wurde wiederum, nachdem sich der Ernährungszustand des Kranken gehoben hatte, nach kurzer lokaler indifierenter Behand- lung eine Einreibungskur vorgenommen. Doch auch dieser zweite Ver- such endete mit einem ähnlichen Mißerfolge wie der erste. Man setzte also die lokale Behandlung mit P/o Resorzinumschlägen fort und ließ den Kranken Decoctum Zittmanni einoehmen, das zeitweise gegen Syrupus Giberti vertauscht wurde. Endlich verließen wir auch dieses Verfahren und begannen mit der Verabreichung von inneren, toniBierenden Mitteln, wobei wir im Laufe der Zeit zu der Erkenntnis kamen, daß jene spezifischen Mittel (De- coctum Zittmanni, Syrupus Giberti) auf den Verlauf der Krankheit nicht den geringsten Einfluß hatten, denn der Krankheitsverlauf war und ist bei beiden Behandlungsmethoden vollständig der gleiche; ja man kann sogar sagen, daß bei letzterem Heilverfahren sich derselbe gebessert hat, weil der Kranke in letzter Zeit an Gewicht merklich zugenommen hat und eine dauernde subjektive Euforie zeigt. Die energische Quecksilber- behandlung fährte, wie oben erwähnt, nicht nur eine lokale, sondern eine Verschlimmerung des Gesamtzustandes herbei. Wir erwähnten schon, d&ß die Krankheit sowohl bei spezifischer als auch bei indifierenter Behandlung unverändert gleich verlief und wenn der Leser die beigefügte Abbildung mit der Beschreibung vei^leicht, welche wir in der Krankheitsgeschichte anführten, so ersieht er, daß im Laufe des Aufenthaltes des Kranken auf der Klinik sich große Ver- änderungen in dem Krankheitsbilde ergaben. Die ursprünglichen Effloreszenzeu auf dem behaarten Teile des Kopfes begannen allmählich kleiner zu werden, bis sie vollends ver- schwanden; an ihrer Stelle blieben schwach pigmentierte Flecke zurück. Nii^ends war eine Narbe, noch der Verlust an Haaren zu verzeichnen. Dermatitis framboesiformis. 7 Neben regressiven manifestierten sich aber auch progressiye Yer« inderungen. So bildete sich vor allem an Stelle der ursprünglichen merka- riellen Stomatitis, die sich anfangs nur als deutliche Hyperämie und Schwellung des Zahnfleisches präsentierte, eine weitaosgedehnte epithel- freie, reichlich sezemierende, m&ßig papillomatdse Fläche, welche sich vom Zahnfleisch bis ungefähr in die Mittte des harten Ghiumens hinsieht und hier ziemlich scharf endet. Daneben zeigten sich zahlreiche papillo- matöse A.uswuchse in den Falten zwischen dem Ohrläppchen und dem Schädel. Kurz darauf waren auch beide Ohrläppchen mit ähnlichen Aus- wüchsen im wahren Sinne des Wortes besäet. Im weiteren Verlaufe schritt dann die Afiektion von den Ohrmuscheln auf die benachbarten Partien der Wangen über und von hier breitete sich dieselbe immer breiter und breiter an den Wangen aus. Gleichzeitig erschienen einige Eifloreszenzen an der Grenze des behaarten Kopfes und der Stime und auch an den Augenlidern, besonders auf den oberen, im weiteren auf dem Kinn und auf der oberen und unteren Lippe. Die ursprüngliche papillomatdse Exkreszenz in der rechten Nasenöflhung vergrößerte sich bedeutend, auch in der anderen Nasenöffnung entwickelte sich ein ähn- liches Krankheitsbild, so daß durch diese Veränderungen das Gesicht des Kranken zum Verkennen deformiert wurde. Die beiden Lidspalten verschwanden fast gänzlich infolge der mächtigen Vegetationen, beide Lippen waren stark am Umfange vergrößert, Kinn und Wangen besäet mit zahlreichen papillomatösen Vegetationen. Aus dieser Entwicklungsphase, dem Höhepunkt des ganzen Verlaufes, stammt unser beigelegtes Bild, auf welchem bloß die oben er- wähnten Ohrmuschel Veränderungen fehlen; die Effloreszenzen an den Ohrmuscheln sind nämlich ähnlich deigenigen, welche auf dem behaarten Kopfe saßen, verschwunden. Rückwärts am Halse horte die Affektion an der Grenze des be- haarten Kopfteiles auf und nur hie und da im Nacken saß eine ver- einzelte, papillomatöse Wucherung. Ein Stückchen derselben wurde zur mikroskopischen Untersuchung ezcidiert. — Es erscheint jetzt noch not- wendig von den primären Hautveränderungen, auf deren Grunde es cur Bildung der papillomatösen Effloreszenzen kam, Erwähnung zu tun. Hier ließ sich folgendes konstatieren: An einer mehr weniger begrenzten Stelle bildete sich eine mäßige Hyperämie und Schwellung aus, und im weiteren Verlaufe erschienen dann teils kleine stecknadelkopfgroße hellrote Papeln, welche an der Spitze ein kleines Pustelchen tragen, dessen Inhalt hie und da zu einer gelb- lichen Kruste vertrocknete. An anderen Stellen schien die Haut auf jenen erythematösen und geschwollenen Herden geborsten zu sein ; es bildeten sich von der Homschichte entblößte, nässende Stellen aus, und nach und nach, so wie auf der Basis der nässenden Stellen, als auch auf jener der Pusteln erhoben sich hellrote, papillomatöse Effloreszenzen, welche eine bedeutende Menge einer Fl&ssigkeit sezernierten. Nirgends im ganzen Verlaufe konnten wir irgend eine Blase oder einen Substanzverlust wahrnehmen, deren Unter- 8 Samberger. gmnd dann Ursprang der nachträglichen papillomatösen Bildungen ge- wesen sein könnte. Seit jener Entwicklangsphase aber, welche in beigeschlossener Ab- bildung wiedergegeben ist, trat wieder im Verlaufe der Zeit eine be- deutende Veränderung ein. Die Effloreszenzen an beiden Augenlidern fcind beinahe gänxlich yerschwnnden, so daB der Kranke, welcher beinahe gar nichts sab, jetzt schon wieder fast normale Lidspalten besitzt; an den Wangen sind gleichfalls die meisten Kffloreszenzen verschwunden, so daß wir jetzt nnr auf dem der Mittellinie zugewendeten Rande eine Reihe dicht nebeneinander liegender, serpiginös angereihter Ge- Bchwühtchen finden, wogegen die Umgebung vor den Ohrmuscheln bei- nahe effloreszenzenlos ist und nur pigmentierte Flecke, keine Narben, verraten den bereits abgelaufenen Prozeß. Auch die mächtigen papillo- matösen Auswüchse auf dem Kinne sind bedeutend kleiner geworden, verflachten. Unverändert blieb bloß der Befund an der Nase und beiden Lippen. Während der ganzen Zeit blieb der übrige Teil des Körpers von den oben erwähnten Veränderungen gänzlich verschont. Jene bei dem ursprünglichen Bilde nach der Ankunft des Kranken oben beschriebenen Effloreszenzen in der Achselhöhle und an dem Unterleibe sind völlig ver- schwunden, es blieb bis jetzt nur ein nußgroßer Auswuchs in der Gegend des inneren Epicondylus der rechten oberen Extremität zurück, dessen Oberfläche jedoch trocken und epidermisiert erscheint. Hie und da am Körper sind zwar kleine Pustelchen zum Vorschein gekommen, dieselben sind jedoch bald vertrocknet und gänzlich ver- schwunden, ohne weitere Veränderungen nach sich gelassen zu haben. Der subjektive Juckreiz minimal. Der mikroskopische Befand. Das excidierte Haut- stUck mit einer frisch papillomatösen Exkreszenz wurde in Alkohol fixiert und gehärtet, in Celloidin eingebettet. Die Schnitte wurden vertikal zur Hautoberfiäche gefuhrt. Einzelne Präparate wurden dann nach den verschiedensten Tinktions- methoden (D e 1 a f i e 1 d sches Hämatoxylin, polychromes Methylen- blau mit nachfolgender Differenzierung mittelst Glyzerinäther nach Unna, nach van Gieson, Triacidfärbung nach Ehr- lich) gefärbt An den mit Hämatoxylin gefärbten Übersichtspräparaten finden wir bei kleiner Vergrößerung, daß die hauptsächlichen krankhaften Veränderungen sich in der subpapillären Schichte befinden, welche ein reichliches, kleinzelliges, in Streifen in die Papillen sich ziehendes Infiltrat aufweist. Gegen das Corium zu ist das Infiltrat ziemlich scharf begrenzt, gleichfalls auch gegen das gesunde Gewebe. Dasselbe ist keineswegs an den Verlauf der Blutgefäße gebunden, und setzt sich auch keineswegs aus einzelnen Herden zusammen, sondern bildet einen zusammenhängenden, gleich- förmigen Streifen unter den Papillen. In dem gesunden Nachbar- Dermatitis framboesiformis. 9 gewebe finden wir kein Infiltrat. Die Papillarschichte ist ver- breitert; die Papillen sind bedeutend verlängert und zwischen dieselben dringt in mächtigen Zapfen die hypertrophierte Epi- dermis ein. Bei der detaillierten Durchsicht des Übersichtspräparates sehen wir an der Oberfläche ein dünnes, weißliches Plättchen der Homschichte, in welchem an zahlreichen Stellen noch ein- zelne, flache, diese Schichte zusammensetzende Zellen wahr- zunehmen sind. Unterhalb denselben tritt deutlich die scharf begrenzte, stellenweise ziemlich starke Eörnerschichte auf. Die Zellen des Bete sind vermehrt, die interpapillare Stachelzellenschichte herrscht in Bezug auf die Mächtigkeit gegenüber jener, welche sich oberhalb der Papillen befindet, vor. Jede einzelne dieser Zellen nimmt die Färbung gut an, gleichfalls ihr Kern. In den Zellen der Basalschicht viel Pigment. Nirgends Yacuolisation, Die Interzellularräume der einzelnen Stachel- zellen sind ganz gut erkennbar, ja sogar erweitert, die Stacheln schsrf markiert. Zwischen einzelnen Stachelzellen finden wir eine ziemlich bedeutende Menge von Lymphocyten, welche je- doch nirgends in einem begrenzten Herd angehäuft, sondern diffus hie und da zerstreut erscheinen. Die Kerne dieser Zellen färben sich gut und nehmen die verschiedensten Formen an. In einigen epithelialen Zapfen finden wir zwiebelartig ge- formte Bildungen, welche an Cancroidperlen erinnern. Die Papillen in dem subepithelialen Teile sind hell, aus einem sehr dünnen Gewebe zusammengesetzt und enthalten dilatierte Blut- und Lymphkapillaren. Das Endothel sowohl der Blut- als auch der Lymphkapülaren wird durch sehr deutliche Zellen mit gut tingierbarem Kern und Körper gebildet. Etwas weiter gegen die Pars reticularis corii hin erscheint schon in den Papillen das kleinzellige Infiltrat, welches dann unterhalb der Papillen, wie schon oben erwähnt, einen gleichförmigen Herd bildet. Nirgends in diesem Herd läßt sich eine noch so geringe Degeneratioustendenz konstatieren (Riesenzellen usw.). Das Gros der Zellen des Infiltrates wird durch mononucleäre Leukocyten gebildet. Neben derselben finden wir aber auch Zellen mit zwei, ja mehr Kernen und deutlichem Protoplasma- körper. Unter diesen Zellen finden wir auch zahlreiche Mast- zellen und dann auch Zellen mit einem eliptisch ausgezogenem Kern, also Zellen, die den fixen Bindegewebszellon entsprechen. Wie schon oben erwähnt, bindet sich dieses Infiltrat keineswegs an den Verlauf der Kapillaren, welche dilatiert und mit zahl- reichen lymph. Zellen gefüllt erscheinen, unter welchen ein bedeutender Teil nach Triacid eosinophile Körnchen zeigt. 10 Samberger. Die Blatgefafie im strat. retic. corii, hanpittchlich das Tenöae Netz sind auffällig dilatiert. Die großen Arterien beim Übergange in das Unterhaatzellgewebe zeigen eine anffiallende Verdickung der Media und gewissermaßen eine Verengerung des Lumens. Das Stratum reticnlare corii und das Unterhaatzellgewebe bis auf die oben angeföhrte Verdickung der Gefäßwände zeigt keine besondere Veränderungen. Was die Hautadnexe also Haare, Haarbalg und Talg- drusen betrifft, so zeigen dieselben keine besondere Alteration. Dafür finden wir aber an den Schweißdrüsen folgenden Befund: Die Knäuel dieser Driisen sind eingelagert in einem sehr dünnen Gewebe, welches den Charakter eines myxomatösen Gewebes besitzt Die einzelnen Gewebsfasem sind weit auseinander ge- zerrt, die fixen Bindegewebszellen gut gefärbt, hie und da ver- zweigt. — Der Zellenkörper dreikant^ mit ausstrahlenden protoplasmatischen Ausläufen, der Kern klein, dunkel gefärbt. Die eigenen, das Knäulchen zusammensetzenden Kanälchen, zeigen keine Veränderungen, ihr Lumen ist normal breit In der Umgebung der Knäuel keine pathol. Veränderungen, speziell kein kleinzelb'ges Infiltrat. Jenes oben beschriebene Gewebe, in welchem die Kanälchen eingebettet sind, ist gegen das übrige Gewebe scharf begrenzt und läßt sich bis zu der Stelle verfolgen, wo aus dem Knäuel ein einfacher Ausführungsgang hervortritt. Die Ansführungs- gänge des Knäuels vom Beginne bis zu der Oberfläche sind mäßig dilatiert An dem mit polychrom. Methylenblau gefärbten Präparat finden wir sehr schön entwickelte, kernhaltige, verzweigte, mit braunem bis schwarzem Pigment gefüllte Bil- dungen. Diese Bildungen sind unter der Basalschicht einge- bettet und dringen mit ihren Ausläufern tief zwischen die Epithelieu ein. Außer diesen von der Basis auslaufenden Pigmentoforen finden wir ähnliche auch in der Stachelzellen- schichte, wo sich dieselben mit ihren feinen Ausläufen zwischen den einzelnen Zellen durchflechten. Diese Bildungen entsprechen vollkommen deigenigen, welche unlängst Ehr mann gemein- schaftlich mit Oppenheim in den breiten luetischen Kondy- lomen beschrieb. Ob diese Bildungen besondere mit Pigment gefüllte Zellen sind oder ob das Pigmentströme sind, welche dadurch, daß sie einzelne Epithelzellen umfließen, Bildungen besonderer, ver- zweigter Zellen darzustellen scheinen, wie Unna behauptet, wollen wir nicht entscheiden. Wie auB dem oben SDgefohrten Dekursus ersichtlich, dachten wir vor ftllem bei der Aufnahme des Kranken an Lues und swar an Syphilis cutanea vegetans. Denn es war unser Fall sehr ähnlich jenem, Dermatitis framboesiformis. H welchen Browne im J. 1878 besohrieb. Manche Momente Bprachen zwar gegen diese Diagnose — so z. B. die vollständig negative Anam- nese, völlig negativer Befand ad genitalia, ahaolnter Mangel an subjek- tiven Beschwerden, die die Lues gewöhnlich begleiten (Kopf-, Hals- sohmerzen etc.)* Trotzdem aber waren wir uns völlig bewußt, daß wir nicht im stände sind, trotz allen diesen Einwendungen, bei der ersten Untersuchung des Kranken mit apodiktischer Sicherheit die Lues auszu- schließen und deshalb leiteten wir eine antiluetische Schmierkur ein. Bald aber mußten wir diese Behandlung aufgeben. Das allgemeine Befinden des Kranken verschlimmerte sich auffallend, es stellte sich Appetitlosigkeit ein und das Körpergewicht nahm ab. Aber auch die lokalen Veränderungen an den EfHoreszenzen selbst gestalteten sich der- art, daß wir die Schmierkur einstellen und dem Kranken Zittmannsches Decoctum abwechselnd mit Syrupus Giberti ordinierten. Aber auch diese Behandlung führte zu keiner nennenswerten Verbesserung. Es trat nicht nur keine Sistierung der krankhaften Symptome ein, sondern wir beob- achteten, daß trotz dieser Behandlung die Krankheit im Fortschreiten begriffen ist. Selbst die lokale Applikation des grauen Pflasters hatte eher eine Verschlimmerung als Besserung zur Folge. Dies alles konnte dennoch kein genügender Grund sein gegen eine Diagnose auf Lues. Wir können aus der Literatur solche Fälle von Lues, wo Syphilis vegetans lange Monate, ja Jahre (^Kaposi 20 Mon., Unna 20 Jahre) jeder spezi- fischen Behandlung trotzte. Aber heute, wo wir schon ein ganzes Jahr die Gelegenheit hatten, den Kranken gründlich zu beobachten, sind es noch andere Momente, die gegen unsere ursprüngliche Annahme, es handle sich um eine Syphilis vegetans, sprechen. Kaposi macht die Diagnose von Lues vegetans abhängig von dem Beweis eines basalen Infiltrates und eines spezifischen Geschwürs rings um solche Vegetation herum, und wenn diese beiden im Verlaufe der Zeit verschwunden sind, betont er bei der differenz. Diagnose hauptsächlich die besondere Lokali - sation und das Aussehen der Narben, oder etwaige entferntere Momente. Und wenn wir die Arbeiten, welche sich mit den Fällen der Syphilis vegetans befassen, durchlesen, finden vvir, daß bei allen den Fällen immer neben diesen papillomatösen Exkreszenzen andere Manifestationen der Lues noch am Körper des Kranken nachgewiesen wurden, oder es bestanden noch Geschwüre, auf deren Grund die vegetierenden Formen dann entstanden. In unserem Fall aber waren wir nicht im stände, weder bei Aufnahme des Kranken, noch im ganzen Verlaufe etwas ähnliches zu konstatieren. Es kam weder ein Infiltrat noch ein Geschwür zum Vorschein, auf dessen Grunde sich dann die papillomatösen Exkreszenzen entwickeln würden, nirgends endete der Prozeß mit einer Narbe, sondern nior mit einem pigmentierten Fleck. Obzwar der behaarte Kopf, wie ans der Krankengest^hichte ersichtlich, bei der Aufnahme des Kranken mit zahlreichen Vegetationen fast besäet war, so en stand dennoch nach deren Verschwinden keine Alopecie. Und was am wichtigsten erscheint, wir konnten während der ganzen Beobachtungsdauer nicht das geringste 12 Bamberg er. Symptom am Körper der Kranken beobachten, das man als Lues deuten könnte, während die beiden oben angeführten Autoren (Kaposi, Unna) bemerken, daß bei ihren Fällen im Verlaufe der Zeit am Körper der Kranken Symptome auftraten, die über die Natur der Krankheit keinen Zweifel ließen. So macht Kaposi bei seinem Falle ^ine Erwähnung von tief zerfallenen, großen Geschwüren, die am Körper des Kranken hie und da entstanden, im Falle Unnas zeigte der Kranke außer den hartnäckigen Vegetationen auf dem behaarten Teile des Kopfes ein am Stamme zerstreut auftretendes tabero-kmstöses Exanthem. Etwas ähn- liches konnten wir bei unserem Kranken während der ganzen Beobach- tungszeit nicht konstatieren, obzwar sich die Krankheit keineswegs schon im regressiven Stadium befand, sondern im Gegenteil von der Stelle der ursprünglichen Lokalisation aus sich auf die benachbarten Partien ver- breitete. Einige weitere differenzial-diagnostische Momente werden wir noch später besprechen, hier möchten wir nur noch anführen, daß unser Fall durch die reichliche seröse Sekretion der Effloreszenzen sich auch von ähnlichen Fällen vor Lues, welche, wie Zo bisch bemerkt, nie allzusehr sezernieren, unterschied. Neben diesen klinischen Momenten ist es auch der histologische Befund, der die Annahme von Lues widerlegt. Vergleichen wir die Beschreibung der Syphilis vegetans, wie sie Unna in seiner Histopatho- logie mitteilt, mit dem was wir in unseren Präparaten fanden, so sehen wir, daß unser Fall sich hauptsächlich durch den Mangel an krankhaften Veränderungen der Hautadnexe, Haare, Talg- und Schweißdrüsen, durch den Mangel an typischen Veränderungeu der Gefäß wände von dem Falle Unnas unterscheidet. Nachdem die Diagnose: Syphilis nach Erwägung aller dieser Motive verlassen werden mußte, wurde darnach geforscht, ob wir es mit einer anderen von den Krankheiten, in deren Verlaufe manchmal Vegetationen beobachtet zu werden pflegen, zu tun haben. Wie aus (der Kranken- geschichte ersichtlich, wurde unser Fall einer genauen bakteriologischen Untersuchung unterzogen. Es vnirden nach yerschiedenen Methoden gefärbte mikroskopische Präparate verfertigt, das Sekret aus der Ober- fläche und aus der Tiefe wurde auf verschiedene Nährböden verimpft. Die Untersuchung in dieser Richtung ließ uns jedoch vollkommen im Stich. In den Präparaten und in den Kulturen auf verschiedenen Nähr- böden (gewöhnl. und glyz. Agar, menschl. Blutserum, gewöhnl. Bouillon und Bouillon mit Glyz.) wurden bloß übiquitäre Mikroben konstatiert, welche die Entstehung der papillomatösen Exkreszenzen keineswegs erklären können. (Staphylococcus pyog. aureus, Streptocoocns pyog., Mikrococcus albus). Durch diesen negativen Befund konnten wir jedoch mit Sicherheit einige Krankheiten, namentlich Trichophytie ausschließen, bei welcher es oft zur Bildung papillomat. Vegetationen zu kommen pflegt. Außer dem Sekret wurden auch die epilierten Haare, welche durch die papill. Auswüchse hindurchgingen, wiederholt und zwar immer mit negativem Erfolg untersucht. Dermatitis framboesiformis. 13 Es kam weiter in Betracht der Pemphigus vegetans, eine Abart des Pemphigus^ welche zuerst Neu mann beschrieb. Wir hatten in der leisten Zeit kurz vor der Aufnahme dieseb Kranken Gelegenheit, zwei Fälle von Pemphigus vegetans zu beobachten, von welchen einer in der Wien. med. Wochenschrift 1902, Nr. 10, 11, und der andere in Neissers stereosk. Atlas, Taf. 562—568, publiziert wurden. Infolgedessen schwebte nns das klinische Bild dieser Krankheit stets vor den Angen. Wir wiesen gleich von Anfang her die Annahme ab, daß es sich in diesem Falle um Pemphig. veget. handeln könnte, denn wir sahen nirgends am Körper des Kranken eine Blase oder einen Rest von Blasen, welche beim Pemphigus vegetans neben den kondylomatösen Effloreszenzen sich vorfinden. Der weitere Verlauf dieser Erkrankung rechtfertigte vollkommen unsere anfängliche Skepsis, denn niemals konnten wir bei dem Kranken irgend- eine Blase konstatieren, auf deren Grund dann jene Vegetation sich ent- wickelt hätte. Folglich war auch Pemph. vegetans auszuschließen. Die Annahme eines ev. Lupus exulcerans entkräftigte außer dem klinischen Verlaufe der Krankheit die Heilung ohne Narben, der Mangel an Knötchen etc., sowie auch der mikroskopische Befund, welcher bei weitem eine derartige Diagnose nicht zuläßt. Auf dieselbe Art konnten wir auch eine eventuelle Hautgeschwulst (Sarkom), welche manchmal in der Form von vegetierenden Geschwülsten vorzukommen pflegt, aus- schließen. In weiterer difif. diagnostischer Betrachtung sind noch die toxischen Granulome zu erwähnen. Diese können, wie Bosselini in einer unlängst publizierten Arbeit behauptet, entweder durch Toxine eines etwaigen Mikroben oder durch etwaige eventuell als Arzneimittel dem Organismas einverleibte Stoffe hervorgerufen werden. Beide diese Mög- lichkeiten sind jedoch bei unserem Kranken abzuweisen. Schon der histo- logische Befund widerspricht dieser Annahme. Die toxischen Granulome lokalisieren sich mit Vorliebe rings um die Hautdrüsen herum, welche wahrscheinlich bei der Elimination dieser Schädlichkeit aus dem Organis- mus eine wichtige Rolle spielen. Bei unserem Fall sehen wir aber, daß bis auf jene oben beschriebenen Veränderungen der Schweißdrusenknäuel, welche keineswegs den durch Reizung hervorgerufenen Veränderungen entsprechen, jene Organe vollkommen von etwaigen Veränderungen frei sind. Außerdem ist zu erwägen, daß bei unserem Kranken außer der nur kurze Zeit andauernden Verabreichung des Jodkali, kein derartiger Stoff, welcher die Entstehung der toxischen Granulome zur Folge haben könnte, dem Körper zugeführt wurde. Was dann die mikrobiellen Toxine betrifft, so wurde eine eventuelle derartige Annahme vollkommen durch einen Versuch widerlegt. Doz. Honl spritzte nämlich einem Kaninchen eine darch Zerreibung eines derartigen Geschwulstes gewonnene Emulsion ein. . Das Tier ging zwar zu Grunde, aber erst nach einer Reihe von Tagen, und das Bild bei der Sektion entsprach bloß einer kokkogenen Sepsis. Unmittelbar nach der Einspritzung zeigte das Tier keine abnormen Er- scheinungen. Hätte es sich um eine derartige toxische Dermatitis ge- bandelt, hätte das Tier notwendig gleich nach der Einspritzung einige 14 Samberger. IntozikatioDsiyinptome — denn das Toxin bat kein Inknbations- stadiom — zeigen mfisien. Dies war jedocb keineswegs der FalL Was die Haliopeansche ^Pjodermite ▼egStante*' betrifft, glaube ich der Exaktheit entsprochen za haben, wenn ich auf dieser SteDe ein Zitat ans der flallopeauschen Arbeit anfnhre, welche derselbe im 45. Bd. des Arch. fSr Dermat und Syph. publiziert hat £r sagt nämlich u. a.: jyWir fühlen uns also bestimmt als erwiesen anzunehmen, daß die Krankheit, welche wir unter dem Namen „Dermatitis pustulosa chronica in Herden mit peripherer Ausbreitung^ und letzthin als „Pyodermite y^dtante** beschrieben haben, nichts anderes ist als eine eitrige Form des Pemphigus vegetans N eumann.* Dieses Zitat, glaube ich, berechtigt uns, im weiteren darauf, was wir fr&her bei der Analysis der diffl Diag- nose zwischen dem Pemphigus vegetans und der Krankheit unseres Falles angeföhrt haben, hinweisen zu können. Unlängst beschrieben Hartzell und Jamieson eine besondere Erkrankung, welche aaf den ersten Blick mit unserem Fall manche Ähn- lichkeit aufweist. Jene Erkrankung wurde unter dem Namen Dermatitis vegetans beschrieben und charakterisiert sich dadurch, daß am Körper der Beranken Pusteln zum Vorschein kommen, welche mit einem schmalen, erjthematösen Hof umsäumt sind und auf deren Grunde dann kondylo- matöse Effloreszenzen auswachsen. Die Effloreszenzen verschwinden ohne Narben und lassen bloß pigmentierte Flecke zurück. In dem Blute der betreifenden Individuen ließ sich eine bedeutende Eosinophilie nach- weisen, das Gesamtbefinden wird durch diese Krankheit keineswegs alte- riert. Die Erkrankung heilte durch lokale Behandlung. Gewiß also eine auffallende Ähnlichkeit. Bei einem detaillierten Vergleich unseres Falles mit jenen von Hartzell und Jamieson frappiert jedoch folgender Umstand. Wie schon oben erwähnt, ist die primäre EfBoreszenz der Dermatitis vegetans eine Pustel, auf deren Grund dann kondylomatöse Bildungen sich erheben. Am Rande dieser Auswüchse, wie Jamieson angibt, lassen sich hie und da Reste von Epidermis nachweisen, welche die ursprünglichen Pusteln bedeckte; deswegen sah sich Jamieson ver- anlaßt, bei seinem Falle die diff*. Diagnose dieser Krankheit gegenüber dem Pemphigus vegetans näher auszuführen. Und gerade dieser Umstand gebietet uns eine gewisse Reserve beim Vergleich der beiden erwähnten Krankheiten. Es bleibt noch eine Krankheit übrig, welche hier in Erwähnung zn ziehen ist und zwar die sogenannte Framboesie (oder Yaws oder Pian. etc.). Nachdem aber, wie es noch später deutlicher hervorgehen wird, die Krankheit unseres Kranken in gar manchem dieser tropischen Affektion ähnelt, erlaube ich mir, mich mit dieser Erkrankung ausführ- licher zu befassen. Die Framboesie wurde zuerst als eine Erkrankung sui generis von Sauvages beschrieben und durch folgende Beschreibung charakterisiert: ^Fongi coloris rosei rel pallide rubri, granulosi sen papillis ezasperati, muco refuscente continuo madidi, nulli ulceri sed cuti adhae- rentes." Wenn wir einige Zeilen weiter lesen, so erfahren wir, daß diese Dermatitis framboesiformiB. 15 Affektion durch Quecksilber heilt. Dieser Umstand ist sehr verdächtig, nnd zwingt inr Annahme, daß Sauvages in jenen Fällen, welche darch Queoksilber heilten, keine besondere Erkrankung yor sich hatte, sondern SyphiÜB. Wir kennen aber andererseits nicht behaupten, daß seine sämt- lichen Fälle Syphilis wären, denn sonst hätte er als charakteristisches Moment seiner Krankheit nicht die Worte schreiben können, „fungi nulli nlceri sed cuti adhaerentes^. Dieser Beobaohtungsfehler hatte jedoch bedeutende Mißverständnisse sur Folge. £& versteht sich von selbst wenn wir bei der difierenziellen Diagnose zwischen der Syphilis und einer derselben ähnlichen Krankheit die Möglichkeit, beide durch Queck- silber zu heilen, zulassen, daß wir dadurch das wichtigste dififerenzial- diagnostisehe Hilfsmittel aufgeben und daß eine genaue Diagnose in einigen Fällen zur Zeit, wo die Impfung von Syphilis auf Tiere fast erfolglos bleibt, keineswegs so leicht möglich ist. Das Resultat in solchen Fällen kann dann ein zweifaches sein. Entweder werden die Ärzte Fälle von Syphilis unter dem Namen jener anderen Krankheit beschreiben, oder werden sie alle der Syphilis ähnliche Erkrankungen dieser Art zur Syphilis zählen nnd die Existenz einer etwaigen Erkrankung sui generis verneinen« So maßte es zwingend auch hier geschehen. Auch hier gibt es Autoren, welche Fälle einer besonderen Framboesie genannten Erkrankung be- schrieben, wo auf den ersten Blick aus ihrer Beschreibung ersichtlich ist, daß es sich um Syphilis und keine besondere Erkrankung sui generis handelte. Hieher gehört Plenck, welcher die Framboesie folgender- maßen beschreibt: „Morbus hicce Amencanis est endemicus et licet mercurio curetur, et per coitum inficiat, tarnen venereus non censetur" und einige Zeilen weiter „genitalia maxime afficif. Das Prototyp des zweiten Extrems ist Alibert. Wenn wir jetzt erwägen, daß auch andererseits eine ganze Reihe von speziellen, für gewisse Gegenden ende- mischen Erkrankungen, wie Skarljewo in Istrien, Sivvens in Schott- land, Radesyge in Norwegen beschrieben wurde, welche von erfahrenen Beobachtern als endemische Syphilis diagnostiziert wurden, werden wir uns keineswegs wundem, daß Männer wie Virchow, Hehr a, Kaposi gleichfalls den Pian (Framboesie) für eine Erkrankung sui generis nicht aner- kannten, sondern daß sie die unter diesem Namen beschriebenen Fälle für eine besondere Art der Syphilis hielten. Speziell Kaposi verbleibt bei diesem Standpunkte noch in der letzten Auflage seines Lehrbuches. Er registriert zwar bei der Schilderung der Syphilis cut. das von Charlouis bewiesene Faktum, daß es möglich ist, einem Menschen, der an Framboesie leidet, die Syphilis einzuimpfen, als ein sehr beachtens- wertes Faktum, aber verbleibt dennoch bei seinem Skeptizismus in dieser Frage. Andererseits aber beschreibt eine ganze Reihe von französischen nnd englischen Autoren die Framboesie als eine Erkrankung sui generis , welche in den Tropen endemisch auftritt und der Syphilis zwar ähnlich, jedoch keineswegs mit ihr identisch ist. Nach einer ausgezeichneten Besehreibung in der amerikanischen Enzyklopädie Morrows beginnt die Krankheit mit einem Inkubationsstadium, in welchem Anorexie, Iß äamberger. Insomnie, Schmerzen in den Gelenken und Extremitäten, Fieber und AbgeBchlagenheit und eine Uyperidrose mehr weniger in die Erscheinung treten« Nach diesem 8—12 Tage dauernden Stadium tritt das Stadium eruptionis ein. Einige Autoren beschreiben in diesem Stadium erythema- tose, leicht erhabene Flecke auf der Haut und behaupten, daß es durch direkte Umwandlung dieser Flecke zu einer Bildung papullöser Efflores- zenzen kommt, andere, hauptsächlich Charlouis, yemeinen dies und behaupten, daß die primäre Effloreszenz dieser Krankheit in einer steck- nadelkopfgroßen Papel besteht, an deren Spitze es bald zur Bildung eines kleinen Pustelchens kommt. Diese Papeln nehmen sowohl in der Breite wie in der Höhe am Umfange zu und bedecken sich mit gelblichen Krusten. Diese mit Krusten bedeckte Papeln können die Größe eines Knotens erreichen. Die Krusten fallen ab und es entstehen so wahre papillomatöse Auswüchse, deren Oberfläche eine reichliche, widrig riechende Flüssigkeit sezerniert. Die Gestalt dieser Gebilde ist himbeer- oder maulbeerförmig. Die entwickelten Papillome können mit anderen in breite Gebilde zusammenfließen. Nachdem der Auswuchs seinen Höhepunkt erreicht hat, fängt er an, sich zu inolvieren, seine Farbe nimmt ein dunkleres Kolorit an, seine Oberfläche fängt an einzutrocknen. Endlich nach Wochen oder Monaten yerschwindet die Wucherung Yollständig und an der Stelle, wo er saß, verbleibt nur noch ein dunkel pigmen- tierter Fleck, der mit der Zeit auch einer normalen Haut Platz macht. Andere Erscheinungen, Geschwüre etc. sind immer sekundär und sind bloß als Folgen der Vernachlässigung der Krankheit zu betrachten. Die Übergänge der Haut in die Schleimhaut bilden Prädilektionsstellen der Krankheit: Die Umgebung der Augenlider, der Mund, die Nase, Ohr- muschel, Kinn, die regio circumgenitalis und circumanalis etc. Die Prognose ist gut sowohl quoad vitam als auch quad valetudinem. Es ist zwar möglich, daß durch die Bezidive die Dauer der Krankheit sich durch mehrere Monate ja Jahre hinziehen kann, aber wenn keine Kom- plikation sich zugesellt, wird dadurch der endgültige, benigne Verlauf nicht geändert. Einzelne Tumoren können 2 — 8 Monate lang persistieren. Wir wollen jetzt die Motive kdurchgehen, die von den einzelnen Autoren für die Selbständigkeit dieser Krankheit angeführt werden, anders gesagt betrachten wir näher wie diese Autoren differenzial-diag- nostisch die Framboesie von Syphilis unterscheiden. In dieser Beziehung verfahrt am ausiührlichsten, wenn auch nicht vollkommen erschöpfend Jeanseime in „La pratique Dermatologique^. Nachdem wir gewillt sind, am Ende dieser Abhandlung uns auf diese Arbeit auch in Betreff unseres Falles zu berufen, halten wir für notwendig jene Übersicht hier zu wiedergeben, welche der genannte Autor in differenzial-diagnostischer Beziehung zwischen Syphilis und Framboesie in der oben zitierten Arbeit mitteilt. Syphilis. 1. Pandemische Krankheit. 2. Krankheit durch Heredität und Kontakt übertragbar. Framboesie. Tropische Krankheit. Übertragbar nur durch Kontakt. Dermatitis framboesiformis. 17 3. Beginn mit pathognem, prim. Afifektion. 4. Die erworbene Immunität bei Syphilis ist fast komplett. 5. Alle Versuche der Autoino- knlation negativ (.s Verfasser). Die prim. Affektion ist nicht konstant und unterscheidet sich nicht von späteren Effloreszenzen. Die Reinfektion möglich. Die Antoinokulation möglich in einer ziemlich langwährenden Zeit. Framboesie kann sich bei einem Syphilitischen entwickeln. Die Eruption der Framb. ist monomorph. Papillom. Die Papillome der Framb, ver- schwinden, ohne eine Narbe zurück- zulassen. Alle Manifestationen der Framb. sind identisch, mögen sie noch so alt sein. Framb. verschont die Schleim- häute. Framb. ist bloß eine Haut- erkrankung. Framb. ja. Framb. heilt ohne eine Alopeoie zurückzulassen. 6. Die syphilitischen Erschei- nungen können am Körper eines an Framboesie leidenden zum Vor- schein kommen. 7. Die Manifestationen der Syphilis sindpolymorph. 8. Die syph. Effloreszenzen hauptsächlich des III. Stadiums heilen mit Narben. 9. Die syph. Manifestationen verlaufen gewöhnlich unter dem Typus des I., II. et III. Stadiums. 10. Die Syph. lokalisiert sich an den Schleimhäuten. 11. Syph. greift auch die Innen- organe des Körpers an. 12. Syph. juckt nicht. 13. Die Syph. ist von Alopecie begleitet. Dieses Schema ist nach unserer Meinung noch zu ergänzen durch den Satz, daß Syphilis mehr weniger prompt mit Quecksilber ausgeheilt werden kann, während die Kranken mit Framboesie diese Behandlung nicht vertragen. Auf diesen Umstand macht hauptsächlich Sehe übe aufmerksam. Im weiteren glauben wir, ist auch erwähnenswert, daß Framboesie bei total indifferenter Behandlung eine günstige Prognose gibt, wogegen die Syphilis vegetans, welche hier nur in Betracht kommen kann, gewöhnlich eine maligne Abart der Lues darstellt, die nicht spezi- fisch behandelt eine Prognose hat, die man als günstig keineswegs bezeichnen kann. Es erscheint notwendig, einige oben zitierte differenzial-diag- nostische Momente näher zu besprechen. Über die Autoinokulation bei Syphilis können wir uns kurz fassen ; es ist bekannt, daß von derselben häufig Anwendung gemacht wurde, schon bei der primären Affektion, zur Entscheidung, ob es sich im gegebenen Falle um eine Sklerose oder ein Ulcus molle handelt. Was die Framboesie betrifft, so ist die Autoinokulation nach verschiedenen Autoren noch nach Wochen, ja Monaten nach eingetretener Infektion möglich« Hat sich aber die Krankheit vollständig verbreitet, dann hört auch hier die Möglichkeit der Autoinokulation auf, wie zweifellos die Versuche Gewands beweisen. Interessant ist die Mitteilung von Daniels, daß auf den Fidjiinseln fast alle Kinder von dieser Krankheit befallen werden und daß Kinder, welche spontan diese Krankheit nicht akquirieren, von den eigenen Eltern selbst mit diesem Leiden geimpft Arcb. f. DermAt. a. Syph. Bd. LXXII. o X8 Samberger. werden, dsmifc tie es noch im Eindesftlter dorchmaehen. Bei neuge- borenen Kindern kommt Framboesie nicht Tor; niemaU erscheint sie vor 20— ao Tage nach der Gebort. Ein sehr wichtiges Moment ist das, was snb 6 angeführt wurde, nämlich die Beobachtung, daß die Framboesie bei Syphilitischen vor- kommen kann und umgekehrt, daß eine Persoui die mit Syphilis behaftet ist, die Framboesie noch dazu akauirieren kann. In dieser Beziehung ist entscheidend der Versuch, welchen Charlouis gemacht hat. Er impfte ninüich einem Framboesiekranken das Gift der Syphilis ein. Der Patient wurde selbstverständlich vor dem Versuche über die möglichen Folgen dieses Verfahrens belehrt und ließ sich dennoch dazu herbeL Bei diesem Versuche konnte sich Charlouis Ton der Entwicklung der primären sowie der sekundären Manifestationen der Lues überzeugen. Die Impfung geschah an der rechten Seite des Thorax mit dem Sekrete eines harten Geschwürs. Nach einem Monate entwickelte sich an der Imp6telle eine typische Sklerose und nach 8Vt Monaten entwickelte sich eine charakte- ristische Makulose, die sich bald in Papulose umwandelte. Zu derselben Zeit fanden sich am Körper des Kranken Tumoren der Framboesie, die in keiner Weise durch die Syphilis alteriert waren. Es ist weiter notwendig, etwas näher das sab 9 angefahrte Moment zu besprechen. Kaposi schildert die Syphilis vegetans folgendermaßen: „Pfennig- bis talergroße, plaqaesartigre, drusige, rote oder graubelegte, eine viscöse, fibelriechende Flüssigkeit absondernde oder mit schmierigen, gelbbraunen Knoten bedeckte, aaf infiltrierter Basis sitzende Knoten und Geschwülste, welche durch feinen ibre Basis umsäumenden, harten Infil- trationsrand von der gesunden Umgebung abgegrenzt erscheinen. Öfters auch ist zwischen Infiltrationsraum und Vegetationen ein ringsum oder um einen Teil der Peripherie laufendes, farchenartiges Geschwür von scharf abgesetzten, steilen und zackigen Rändern und graabelegtem Grunde eingegraben. Die Diagnose der Syphilis cat. veget. ist demnach mit dem Nachweise jenes basalen Infiltrates und des spezifisch aussehen- den Randgeschwüres gesichert. Sobald jedoch diese letzteren geschwunden sind und nur noch die Vegetationen bestehen, bleiben fär die Beurteilung des betreffenden Affektes nur jene Behelfe übrig, die wie besondere Lokalisation, Gruppierung, Form und Aussehen der Narben oder ent- ferntere Momente eine Wahrscheinlicbkeitsdiagnose za machen gestatten.*' Aus diesem Zitate und aus der oben gegebenen Besprechung der Fram- boesie geht hervor, daß die Verwechslung dieser beiden Krankheiten möglich wäre nur bei einer oberflächlichen und einzigen Untersuchung des Kranken, denn die Framboesie heilt, ohne Narben zurückzulassen, ihre Effloreszenzen sitzen an einer in der Umgebung ganz normalen Haut. Bleibt der Kranke längere Zeit in Beobachtung, dann ist eine Verwechslung nicht so leicht möglich. Die Framboesie wird nur durch papillomatöse Effloreszenzen allein charakterisiert, bei Syphilis vegetans können wir aber gewöhnlich am Körper des Kranken außer Vegetationen noch andere Manifestationen der Lues bemerken. Einige andere Momente aas dem oben angeführten Schema werden wir später noch besprechen. Dermatitis framboesiformis. \Q Wenn wir nun den eben beschriebenen Verlauf der Fram- boesie- mit dem Verlaufe der Krankheit unseres Kranken ver- gleichen, werden wir uns des Eindruckes nicht erwehren, daß diese beiden Krankheiten gewissermaßen ähnlich sind. Während der ganzen Jahresfrist, in welcher sich der Kranke auf unserer Klinik befindet, sahen wir, daß wir eine in Betreff ihrer Mani- festationen sehr monotone Erkrankung vor uns haben. Immer und immer zeigten sich papillomatöse Auswüchse und keine anderen Veränderungen, keine Blasen, keine Geschwüre, auf deren Basis die Effloreszenzen sich erheben würden. Die Ent- stehung dieser Auswüchse, wie wir Gelegenheit hatten es zu beobacnten, ging auf zweierlei Art vor sich. Es entstand ent- weder auf einem gewissen Hautterritorium ein mäßiger, gewöhn- lich nicht scharf begrenzter Erythem, auf dessen Oberfläche die Haut scheinbar barst und auf so entstandenen, oberfläch- lichen Substanzverlusten der Epidermis entwickelten sich jene papillomatöse Geschwülstchen, oder es entstand zuerst eine kleine Papel, an deren Spitze sich bald ein Pustelchen ent- wickelte, deren Inhalt zu einer Kruste vertrocknete. Die Papel nahm langsam am Umfange zu, die Kruste löste sich ab und es kam so ein himbeerartiger Auswuchs zum Vorschein, welcher eine Menge seröser Flüssigkeit sezemierte. Diese Auswüchse verbleibcA dann ohne eine weitere Veränderung eine Zeitlang auf der äaut, darnach langen sie an kleiner zu werden, bis sie vollständig verschwinden und auf der Stelle, wo sie saßen, ver- bleibt bloß ein braun-violetter Fleck, keine Narbe. Auch in dem behaarten Kopf hinterließen die Papillome außer den an- geführten Flecken keine Veränderungen, obzwar sich da eine sehr große Zahl von ihnen vorfand. Speziell das Haar blieb vollkommen intakt. Endlich ist es notwendig, noch einmal mit Nachdruck zu betonen, daß der Kranke trotz der langen Dauer der Krankheit sich immer einer vollständigen subjektiven Euforie erfreute und daß die antiluetische Behandlung, so oft sie eingeleitet wurde, immer scheiterte: also durchwegs Symp- tome, welche für die Annahme einer großen Ähnlichkeit mit der, in den Tropen unter dem Namen Framboesiu bekannten Krankheit, s[)rechen. Außer diesen klinischen Momenten ist es aber auch der histologische Befund, welcher die Verwandt- schaft beider Affektionen bekräftigt. Vergleichen wir unseren Befund mit der Arbeit über die Framboesie, welche unlängst aus Vircho WS Institut von Glogner publiziert wurde, sehen wir, daß wir in den Hauptumrissen bei unserem Kranken das- selbe gefunden haben, was Glogner bei der tropischen Fram- boesie. Wir sehen, daß die hauptsächlichsten Verände- rungen bei der trop. Framboesie ähnlich wie in unserem Falle in dem subpapillären Teile des Goriums liegen und zwar in 2* 20 äamberger. diesem Infiltrat, welches geeen den Scheitel der Papillen immer schmächtiger wird und in dessem Bereiche die Papillen stets länger und breiter sind als de norma. Zwischen diese hyper- trophierten Papillen greifen die interpapillären Zapfen der üppig gewucherten Epidermis ein, welche hie und da Bildungen von Gancroidperlen enthalten. Weder das Bindegewebe noch das elastische Gewebe ist nach G logner vermehrt, sondern es zieht sich in verschieden starken Streifen durch das Infiltrat, in seinen Maschen die Infiltratzellen umschlieBend. Die Blut* gefäße in den Papillen fand G logner dilatiert, hie und da eine spindelförmige Pigmentzelle. Bei kleineren Tumoren, und um Untersuchung derartiger handelte es sich auch in unserem Falle, konnten weder G logner noch wir konstatieren, daß die Blutgefäße oder Schweißdrüsen der Sitz wären, woher der Proliferationsprozeß seinen Ursprung nehmen würde. Nur in einem Momente weicht der Befund Gl o g n e r s von unserem ab, und zwar darin, daß G. in seinen Präparaten Biesenzellen fand, nach welchen wir in unseren Präparaten fruchtlos suchten. Mit diesem negativen Befunde stehen wir jedoch keineswegs vereinzelt da, sondern wir wissen, daß auch andere Autoren, namentlich Unna in den Präparaten der tropischen Framboesie gleichfalls keine ähnlichen Bildungen fanden. Interessant ist in unserem Falle der Befund sehr charakteristischer Pigment- zellen, von welchen wir bei der Besprechung des histologischen Bildes bereits Erwähnung getan haben. Hier ist nur beizufügen, daß dieselben Bildungen auch Unna in seinem Falle der tropischen Framboesie fand und deren häufiges Auftreten durch den Umstand erklärt, daß sein Präparat von einem Individium mit schwarzer Haut stammt. Wie aus unserem Befunde ersichtlich, finden wir auch bei In- dividuen mit weißer Haut dasselbe. Daß diese Zellen für die Framboesie nicht vielleicht etwas typisches sind, ersehen wir am besten aus der Studie, welche über diese Zellen in breiten luetischen Kondylomen Ehr mann vornahm. Es ist selbstverständlich, daß wir auf dieser Grundlage weiter suchten und namentlich daß wir alles, was in der Literatur über die Framboesie angeführt ist, auch im unseren Falle näher studierten. Wir machten daher zuerst einen Auto- inokulationsversuch. Es wurde wiederholt auf einen gesunden Teil der Haut des Kranken etwas Sekret aus den papillomatösen Auswüchsen eingeimpft. Der Erfolg blieb negativ. Dieser Um- stand würde daher gegen die Annahme der Identität beider Krankheiten sprechen; es ist aber folgendes zu erwägen. Die Autoinokulation bei der Framboesie ist zwar ein positives, aber keineswegs ständiges Merkmal: sie gelingt nach Jeanseime bloß einige Wochen oder höchstens einige Monate nach dem Ein- Dermatitis framboesiformis. 21 tritte des spez. Virus in den Organ Ismus, später gelingt sie nicht. Das Nachforschen nach einem spezifischen Agens war schon a priori sehr problematisch, nachdem auch bei der Framboesie bis jetzt mit Bestimmtheit ein Mikrobe nicht bekannt ist, welcher diese Krankheit verursacht. Es fand eine ganze Reihe von Autoren die verschiedensten Bazillen oder spezifische Mikro- kokken (wie Eikmann, Breda, Pierez, Nicholls, Watts, Hirsch), aber diese Befunde sind nicht im stände, die Behauptung Jeanseimes zu widerlegen, daß der spezifische Mikrobe d er Framboesie erst zu finden ist. Und selbst, wenn wir auch die letzten Mitteilungen, welche Breda gemeinschaftlich mit F i o c c o in Betreff des Bubasbazillus machten, in Betracht zogen, blieb unsere Untersuchung sowohl im mikroskop. Präparate, als auch auf den Nährböden vollkommen negativ. Das, was vorgefunden wurde, waren ganz gewöhnliche, ubiquitäre Mikroorganismen. Das Versuchskaninchen, welchem die im destill. Wasser zer- riebenen papulösen Efiloreszenzen eingespritzt wurden (Doz.H o nl), ging zwar einige Tage nach dem Versuche zu Grunde, aber der Sektionsbefund bei demselben entsprach einer gewöhnlichen Sepsis. Scheube erwähnt in seinem Lehrbuche „Krankheiten der warmen Länder'^, daß auch bei den Hennen eine Art Framboesie vorkommt, bei welcher Pierez einen ähnlichen Mi- kroben fand, welchen zu kultivieren auch bei der menschlichen Framboesie gelang. Wir versuchten daher die Krankheit aut junge Hennen zu überimpfen (Doz. Honl). Das aus der Tiefe der ESloreszenz frisch gewonnene Sekret wurde einem Hahn in den Kanmi eingeimpft Auch dieser Versuch war negativ. Das Tier lebt noch jetzt etwa 3 Monate nach dem Versuche und ist von allen Symptomen frei. In der letzten Zeit erschien über diesen Gegenstand eine Arbeit von Calder, in welcher neuerdings die bedeutende Ähnlichkeit der Framboesie bei den Menschen und bei der Henne betont wird, nur mit dem Unter- schiede, daß bei den Hennen die Affektion, wenn sie nicht be- handelt wird, letal endet; gleichzeitig aber wird bemerkt, daß die Versuche, die menschliche Framboesie auf die Hennen zu überimpfen, resultatlos blieben. Dadurch wäre auch unser negative Erfolg zu erklären. Alle unsere Versuche — die Autoinokulation, das Auf- finden eines spezifischen Mikroben, das Überimpfen auf das Tier — fielen in unserem Falle vollkommen negativ aus. Daraus, was wir bei den einzelnen Fällen angeführt haben, ist jedoch er- sichtlich, daß dieser negative Erfolg unsere Ansicht über die Ähnlichkeit der tropischen Framboesie mit der Erkrankung unseres Patienten keineswegs zu erschüttern vermag. — Daraus, was wir bis jetzt angeführt haben, geht hervor, daß bei der Vergleichung beider Krankheiten jener Umstand befremdet, 22 Samberger. daß die Framboesie eine tropische Erkrankung ist, während unsere Erkrankung ein Individuum betraf, welches aus seiner Heimat so zu sagen keinen Schritt sich entfernte. Wenn wir aber die Literatur durchlesen so finden wir Momente, die auch diese scheinbar nicht überschreitbare Grenze keineswegs un- verrückbar erscheinen lassen. So erfahren wir aus dem Werke von Hirsch von einer Krankheit, die dadurch charakterisiert ist, daß auf der Haut der Kranken kleine, rote Flecke zum Vorschein kommen, die nach und nach über das Niveau der Haut sich erheben und zu erbsen- bis nußgroßen Geschwülstchen heranwachsen. Die Farbe dieser Auswüchse wird immer blasser, zugleich wird die Epidermis, die sie bedeckt, dünner, bis sie am Ende vollständig verschwindet und der so entblößte papilläre Auswuchs sezemiert eine Menge seröser Flüssigkeit, die zu dicken Krusten einzutrocknen pflegt. Die Haut in der Umgebung der Papillome ist völlig normal Nach längerer Zeit verkleinem sich die Geschwülstchen, die Krusten fallen ab, und auf den be- treffenden Stellen bleiben dann nur rötliche Flecke zurück, die mit der Zeit ebenfalls verschwinden. Die Krankheit dauert ge- wöhnlich viele Monate, alteriert jedoch in keiner Weise das Gesamtbefinden des Kranken. Es wird gewiß einem jeden sofort die auffallende Ähnlichkeit der Yaws mit Aieser Krankheit ersichtlich. Die Krankheit wurde in Irland beobachtet und unter dem Namen „Button scurwy" von Autenrieth, Wallace, Corrigan u. a. beschrieben. H ir s ch begleitet die Historie dieser Krankheit mit folgenden Worten: „Über die Geschichte dieser Krankheit herrscht ein nicht zu lichtendes Dunkel. Wann und wo sie sich zuerst in Irland gezeigt hat, ist nicht bekannt, nur 6o\iel steht fest, daß sie in neuerer Zeit seltener als früher beobachtet worden und soweit aus dem vollkommenen Schweigen über dieselbe seitens irischer Ärzte aus der neuesten Zeit ge- schlossen werden darf, jetzt ganz erloschen ist. Alle oben ge- nannten Berichterstatter stimmen überein, daß die Krankheit entschieden nicht, wie früher behauptet worden, syphilitischer Natur ist, in ihrer Gestaltung aber eine frappante Ähnlichkeit mit Yaws erkennen läßt. Ich halte mich den oben genannten Berichterstattern und namentlich Ärzten wie Wallace, Fayl, Corrigan gegenüber nicht für berechtigt, die Geschichte dieser Krankheit als ein Phantasiestück bzw. das ganze als auf diagno- stischen Irrtümern beruhend anzusehen. ** Es wird uns also hier eine dem tropischen Yaws ganz ähnliche Krankheit beschrieben, welche von Autoren geschildert wird, deren Beobachtungstalent keinen Zweifel zuläßt. Wir haben hier eine der tropischen Framboesie ähnliche Krankheit, die sich von dieser nur dadurch unterscheidet, daß dieselbe nicht in den Tropen auftrat. Es ist also klar, daß diese Einwendung, Dermatitis iromboesiformis. 23 die einzig in unserem Falle im Wege stand, um unsere Krankheit mit der tropischen vergleichen zu können, dadurch bedeutend an Stichhältigkeit verliert. Aber nicht genug daran. Im Jahre 1882 demonstrierte Lewin in der Berliner Gesellschaft der Ärzte einen Fall, der unserem sowohl klinisch wie histologisch ganz ähnlich ist. Wie wir so wies auch Lewin in der Diffe- rentialdiagnose darauf hin, daß sein Fall keinem Typus der bei uns vorkommenden Krankheiten ähnlich ist und daß es daher notwendig ist, einen solchen Fall als sporadisch auftretende Framboesie zu bezeichnen. Es ist also, soweit ich mich in der diesbezüglichen Literatur orientieren kann, unser Fall der zweite der beweisen möchte, daß nach Lewin eine tropische, endemisch in gewissen südlichen Ländern vorkommende und eine sporadische Framboesie zu unterscheiden ist, welche letztere auch in unseren Gegenden vorkommen kann, und in keiner Weise sich von der tropischen unterscheidet, nur dadurch, daß sie nicht in den Tropen vorkommt Trotz aller dieser Momente teilen wir dennoch den Standpunkt Lewins in dieser Frage nicht und akzeptieren für unseren Fall den von Herrn Prof. Pick für denselben vorgeschlagenen Namen : Dermatitis framboesiformis, weil wir uns dessen völlig bewußt sind, daß verschiedene Ursachen ein und dasselbe Bild der Krankheit auf der Haut hervorrufen können und daß also, 80 lange uns der Erreger der tropischen Framboesie nicht bekannt ist, wir nicht im stände sind, mit apodiktischer Sicher- heit über die Identität einer Krankheit mit Framboesie, möge auch die Ähnlichkeit beider noch so groß sein, ein endgültiges Urteil zu fällen. Wir fühlen uns zum Schluß der Arbeit verpflichtet, unserem Chef Herrn Prof. Dr. Janovsky herzlich zu danken für die vielen Anregungen, welche uns derselbe in der vor- liegenden Arbeit gab. Literatur. A aspitz. Herpes vegetans. Arch. f. Derm. u. Syph. 1869. Barone. Ein Fall von Sypbiloderma papilläre des behaarten Kopfes. Ref. Arch. f. Derm. n. Syph. Bd. XX. Bosellini. Granuloma herpetiforme ezotionm. Monatsh. f. prakt. Dermal. 1908. Breda und Fiocco. Der Bazillus des Boubas. Ref. Monatsh. f. prakt. Derm. 1903. Calder und Fox. Framboesie beim Geflügel. The Brit. medic. Joornal 1908. Dyer. Framboesia. (Morrow: A System of genito urinary Dise- ases, syphilology and Dermat. Vol. III. 1894.) 24 äamberger. Ehr mann. Über Melanoblasten etc. Arohiv f. Dermatologie und Syph. 1908. 6 log n er. Über Framboesie und ahnliche Erkrankungen in den Tropen. Virchows Archiv 1902. Grünfeld. E-Y. in der Wiener dermat. Ges. Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. XXIV. Hallopeau. Zweite Mitteilung über Pyodermite vegöt. Arch. für Dermat u. Syph. 1894. Hartzel. Dermatitis vegetans. Journal of cut. and genito-urin. diseases 1901. Hirsch. Handbuch der historisch-geografischen Path. 1883. Mirivino. Elin. u. histol. Beitrag zum Studium einiger neoplas- tischer Formen der Haut zweifelhafter Katnr. (Giorn. intern, delle scienz. med. 1902.) Kef. Monatsh. f. prakt. Derm. 1903. Jamieson. Dermatitis vegetans. The Brit. Joum. of Derm. 1902. Jeanseime. Pian. La pratique dermatol. UI. I. 1902. — Gours de Dermatologie exotique 1904. J arisch. Die Hautkrankheiten. 1900. Kaposi. Syphilis. 1891. — Pathol. u. Therap.. d. Hautkrankh. 1899. Eohn. (Kaposi.) Über die sog. Framboesia. Arch. f. Dermatol. u. Syph. 1869. Kund rat. Über Yegetationsstörungen. Wien. klin. Woch. 1893. Lewin. Fall von sporadischer Framboesie. BerL klin. Woch. 1882. Lobisch. Über papillom. Vegetationen im Verlaufe der Syphilis. Inaug. Dissert. München 1895. M anasse. Über syph. Granulationsgeschwülste der Nasenschleim- haut. Virch. Archiv. 1897. Bd. 147. Morrow. siehe Dyer. Neumann. K. V. in der Wien, dermat. Gesellsch. Kef. Arch. für Dermat. n. Syph. 1901. Pontopidan. Yaws u. Framboesie. Vierte^jahresschrift für Dermat. u. Syph. 1882. Ripault. Syphilides nasales v6getantes k la periode secondaire de la ^ph. Rev. de Laryng. etc. 1895. Secchi. Osservazioni istol. sui granulomi infettivi Riforma med. 1902. Ref. Annales de dermatol. et de syph. 1903. Sehe übe. Die Krankheiten der warmen Länder. 1896. Tenneson, Leredde, Martin et. Sur un granulome innominä. Annales de dermatol. et de svph. 1896. Unna. Die Histopathologie der Hautkrankheiten. 1894. Erklärung der Abbildungen auf Taf. I u. II. Taf. I. Photogramme des Kranken zur Zeit der Akme des krank* haften Prozesses. Taf. II. Fig. 1. Photogramm des Übersichtsnraparates Oc. 4, Obj.2. Fig. 2. „Pigmentophoren"* in der Stachelschichte Oo. 8, Obj. 8. Fig. 8. Ver- schiedene Typen von Zellen des Infiltrates Oc. 8, Obi. 8. Fig. 4. Das Canoroidkörperchen Oc. 3, Obj. 4. Fig. 6. Das Knäulchen der Schweiß- drüse in einem dem myxomatösen ähnlichen Gewebe eingelagert. Oc. 3, Obj. 4. Archiv f.DepmatDla3ieu.Syphilis Band LXXH. Samberger DennaLitis fVamboesiforini>i Ans der dermatologischen üniyersitätsklinik von Professor Jadassohn in Bern. über senile (und präsenile) rein hyper- plastische Talgdrüsentumoren, speziell des Gesichts, mit einer Bemerkimg über die Färbimg der Aeari foUicnlorum in Schnitten. Von Dr. B. Hirsehfeld, Spezialant fdr Hautkrankheiten In Berlin, ehem. Yolontärauistent der Klinik. Trotz der gi'oßen Aufmerksamkeit, welche man besonders im let-zten Jahrzehnt auch den klinisch unscheinbaren benignen Tumoren der Haut geschenkt hat, gibt es noch immer Formen, welche in der Literatur nicht oder nicht genügend beachtet worden sind. Eine dieser Formen, die auch ein gewisses all- gemein-pathologisches Interesse hat, möchte ich in der folgen- den kurzen Mitteilung beschreiben. Man findet — worauf Professor Jadassohn schon seit Jahren aufmerksam gemacht hat — nicht selten an der Haut des Gesichtes älterer Personen, wie es scheint häufiger bei Männern als bei Frauen, gut charakterisierte Knötchen, selten in derEinzahl, meist in mehreren, nicht aber nach unseren bis- herigen Beobachtungen in sehr vielen Exemplaren. Sie lokalisieren sich am häufigsten unregelmäßig disseminiert an der Stirnfläche, seltener an den Wangen und der Nase, sind weder symmetrisch noch linear angeordnet noch gruppiert, sind Stecknadelkopf- bis fast linsengroß, leicht erhaben, flach, scharf umrandet, unregelmäßig rundlich oder etwas polygonal; 26 Hirsobfeld. sie haben einen weißlichen bis weißgelblichen oder leicht bräun- lichen Farbenton, oft ziehen feine Gefäßreiserchen über sie fort ; ihre Oberfläche ist glatt; meist sieht man auf ihr eine etwas erweiterte Öffnung, aus der sich Talg expriaüeren läßt, manch- mal deren 2 oder 3 und mel^. Die Knötchen liegen anscheinend oberflächlich in der Cutis, sind mäßig derb, weder auf Druck noch spontan emp- findlich und jucken nicht. Die Haut der Menschen, bei denen man diese Gebilde — - fast immer nur als gelegentlichen Nebenbefund — konstatiert, weist außer den gewöhnlichen senilen Veränderungen Abnor- mitäten nicht auf; speziell sind weder Seborrhoe noch Rosacea noch die Symptome der sogenannten Seemannshaut bei ihnen in irgend einem auffallenden Grade zu konstatieren. Einige Male waren neben diesen Gebilden mehr oder weniger reichlich Gomedonen in der Stirnhaut zu finden« Die Patienten, die ich untersuchen konnte, gehören der klinischen Praxis an; aber auch bei Privatkranken sind von Prof. Jadassohu diese Gebilde nicht selten beobachtet worden. In Bezug auf die Intelligenz, den psychischen Zustand, das Nervensystem sind uns, wie ich wegen des später zu bespre- chenden Vergleichs mit den bekannten sogenannten multiplen Talgdrüsen-Adenomen des Gesichts betonen muß, Besonder- heiten nicht aufgefallen. Die Träger dieser Gebilde wissen meist über den Zeit- punkt ihres Entstehens und über Art und Schnelligkeit ihrer Entwicklung Angaben nicht zu machen. Was wir — in maximo einige Monate — beobachten konnten, machte einen ganz sta- tionären Eindruck. Das Aussehen der einzelnen Knötchen erinnerte am ehesten an die multiplen Talgdrüsen-Naevi des Gesichts, die sogenannten Adenomata sebacea. Doch fehlte die charakteristische Lokalisation dieser und das Vorkommen im höheren Alter (bei Individuen unter 40 Jahren — meist waren die Affizierten wesentlich älter — haben wir diese Gebilde bisher nicht gesehen) bedingte eben- falls einen wesentlichen Unterschied; denn die erwähnte Talg- Über senile rein hyperplastische Talgdrüsentamoren etc. 27 drÜBen-Afifektion entwickelt sich bekanntlich meist schon in früher Jugend. Es war also notwendig, die beschriebenen Gebilde auf ihre histologische Struktur zu untersuchen. Ich habe im vergangenen Jahre Gelegenheit gehabt, 6 Stücke Yon 4 Patienten zu schneiden. Eine Wiedergabe von Ejrankengeschichten und detaillierten Beschreibungen dieser Fälle erübrigt sich, denn das Bild ent- sprach immer dem, was ich eben im Zusammenhang geschil- dert habe. Auch die Präparate brauchen nicht im einzelnen be- sprochen zu werden ; denn die Ergebnisse der histologischen Un- tersuchung waren in den verschiedenen Fällen in allem wesent- lichen identisch und können sehr kurz abgemacht werden. E s handelte sich in der Tat um dasselbe Bild, welches bei den reinen Talgdrüsen-Naovis zu konstatieren ist, d h« um eine circumscripte massenhafte An- sammlung Yon großen Talgdrüsen, welche sich wesentlich weiter in die Tiefe erstrecken als die der Umgebung. Die Drüsen waren in ihrer Struktur normal, nur in den Ausführuugsgängen waren an verschiedenen Stellen Erweiterungen und Ansammlungen von Hornmassen zu kon- statieren ; einzelne Drüsen standen in Zusammenhang mit einem Lanugohaar, andere mündeten in einen Ausführungsgang ohne Haar. Bald bildeten diese Drüsenmassen mehr einen circum- scripten, sich aus kleineren und größeren Läppchen zusammen- setzenden Knoten, bald waren sie über eine etwas größere Fläche ausgesprengt. Bald waren sie mehr regelmäßig rosetten- artig um einen zentralen Ausführungsgang angeordnet, bald war Form und Anordnung der einzelnen Drüsenläppchen eine ganz unregelmäßige. Das Epithel der Drüsen war normal, am Rande der Drüse war bald nur eine, bald mehrere Lagen der Zellen un verfettet. Im Innern fanden sich auch noch Streifen von unverfetteten Zellen, welche sich bei v. Gieson-Fäi'bung meist als Randpar- tien — von feinen Bindegewebssepten durchsetzt — erwiesen. An den äußeren Wurzelscheiden der Haarbälge waren hie und da unregelmäßige Epithelverdickungen zu konstatieren. 28 Hirschfeld. Arrectores pilorum habe ich nicht, Schweißdrüsen in der Umgebung der Talgdrüsenpackete in geringer Zahl und in nor- maler Form gefunden. Die Epidermis war normal, der Papillarkörper hie und da ausgeglichen; in ihm an einzelnen Stellen ein erweitertes Kapillargefäß. Im Bindegewebe fanden sich wenige unbeträchtliche rundliche AnsammluDgen von Rundzellen, in denen sich im Verlauf der Serie ein Haarbalg nachweisen ließ. Naevuszell- nester fehlten immer. Das elastische Gewebe weist an den Stellen der Talgdrüsenansammlung und auch in der weiteren Umgebung Degenerationszeichen auf, welche durch das Alter der Patienten und die Lokalisation der Knötchen im Gesicht zur Genüge erklärt sind. Speziell fiel die Blaufärbung der ela- stischen Fasern bei meinen Uämalaunpräparaten auf.') Bei den Orceinpräparaten war oft die bekannte Verklumpung des ela- stischen Gewebes deutlich zu konstatieren.^) In den Orceinpräparaten haben wir bei 3 Stücken noch einen Befund erhoben, der uns bei anderen Färbungen nicht aufgefallen war: nämlich die Anwesenheit zahlreicher Acari folliculorum in den verschiedensten Durchschnitten in den erweiterten Ausfuhrungsgängen der Talgdrüsen. Die Acari färben sich mit dem säuern Orce'in recht gut ; sie nehmen auch die Weigert sehe Farbe für elastische Fasern an. Das ist von einem gewissen Interesse, weil es Kraus^) nicht gelungen ist, in Schnitten die Acari mit dem von ihm in Trockenpräparaten verwendeten Earbolfuchsin deutlich zu machen ; bei Vergleichen konnte ich feststellen, daß in der Tat bei Schnittpräparaten die Orceinfarbung bei weitem den Vorzug verdient. ^) cf. Himmel. Dieses Archiv Bd. 64. pag. 60. *) Diese Beteiligung des elastischen Gewebes braucht hier nicht zur Erklärung des gelblichen Farbentons herangezogen zu werden, wie das Eothe (cf. dessen noch weiterhin zu erwähnende Arbeit, p. 19 des Separatabdruckes) für die gelbe bis braunrote Farbe der „Adenomata sebacea" tun will in Anlehnung an Jnlinsbergs Bemerkung über die Bedeutung der Degeneration des Elastins für die Hervorbringung gelber Farbentöne. Denn bei Talgdrüsengeschwülsten mit erhaltener Funktion erklärt das Fett der Talgdrüsen den gelben Ton ganz zur Genüge. *) Dieses Archiv 68, p. 86. über senile rein hyperplastische Talgdrüsentumoren etc. 29 Leider hatte ich kein Material mehr, am diese Frage weiter zu verfolgen, möchte aber hier noch ganz kurz folgende Punkte betonen: einmal, daß im Gegensatz zu der von Kraus erhaltenen Totalfarbung der Acari in meinen Präparaten nur die a Chitinhülle ^ gefärbt wai*; dann, daß in meinen Schnitten die elastischen Fasern in ungefähr dem gleichen Ton aber etwas dunkler erschienen als die Acaruskonturen, was aber die Erkennung der letzteren, die doch immer in den Talg- drüsenausfährungsgängen respektive im Lumen der Acini liegen, nicht beeinträchtigt. Ferner daß in dem Körper der Acari durch Hämalaun und Methylenblau dunkel gefärbte Kömchen, welche auf den ersten Blick Kokken außerordentlich ähnelten, mehrfach sehr zahlreich zu sehen waren« Ob diese Gebilde mit den zahlreichen gelben Körnchen identisch sind; die L. Landois') im Abdomen des Acarus beobachtet und die nach ihm vielleicht den Fettkömchen der Arthropoden analog sind, ob mit den Eiern im Ovarium oder mit den braun- roten kugeligen Bildungen, welche angeblich der Leber ent- sprechen sollen,^) kann ich nicht entscheiden. Endlich wurde durch die Orceinfärbung der Nachweis ermög- licht, daß die Acari in meinen Präparaten erstaunlich tief in die Talgdrüsen eindringen und in der Mitte der Drüsenläppchen unmittelbar an dem verfetteten Epithel in Quer- und Schräg- schnitten zuerkennen waren, deren Diagnose ohne die Kenntnis der Orceinfarbbarkeit dieser Gebilde recht schwierig gewesen wäre.^) Diese tiefe Lage wäre nach Rählmann (1. c.) sehr außergewöhnlich, da die Milbe nach ihm „ausschließlich in den Haarbälgen meistens im Fundus desselben lebt; und nur, wenn sie in größeren Mengen den Haarbalg ausfüllt (was in meinen Präparaten nicht der Fall war); kann sie in den Ausführungs- gang der Talgdrüsen, der in den Haarbalg mündet, hineingeraten.^ Nach dieser kurzen klinischen und histologischen Be- schreibung fragt es sich, als was wir diese Tumoren auffassen und wie wir sie bezeichnen sollen. ^) Realencyklopädie III. Aufl. 1894, p. 158. *) cf, Rä hl mann. Deutsche med. Wochenschr. 1898. 50. 61. ') Anm. hei der Korrektur. Ein ganz analoger Befund ist seit- her an einem Fall von Rhinophyma von Herrn Arndt erhoben worden. Jadassohn. 30 Hirschfeld. Zwei Möglichkeiten liegen, soweit ich sehe, Tor: es könnte sich um circumscripte Hyperplasien auf Grund irgend einer bestimmten Ursache oder um Tumoren handeln, welche in diejenige Qruppe gehören, die von den einen jetzt als Adenomata sebacea, von den anderen als Naevi sebacei be- zeichnet werden, und in letzterem Falle müßte man ihnen das Attribut „tardive* oder „senile** erteilen. Die Frage, ob für Tumorbild ungen ohne nachweisbare Ursache, welche in ihrer Struktur vollständig oder fast vollständig die normale Struktur der Drusen aufweisen, die Bezeichnungr ^ Adenom^ geeignet ist, ist in letzter Zeit so eingehend erörtert worden, daß ich auf sie nicht von neuem in extenso eingehen möchte. Seitdem sie Wink 1er in diesem Archiv in dem Sinne besprochen hat, daß ans allgemein pathologischen wie aus Nomenklaturgründen der Käme Adenom fär die sogenannten multiplen Talgdrüsen-Adenome wie für die strichförmigen aus Talgdrüsen zusammengesetzten Tumoren besser nicht zu gebrauchen sei, sind wieder zwei Arbeiten erschienen, welche sich im entgegengesetzten Sinne aussprechen. Audry hat in seiner Mit- teilung (Annal. de Derm. 1903, Nr. 7, pag. 363) den Standpunkt vertreten, daß man von Naevus nicht sprechen könne, „wenn die histologischen Elemente fehlen, welche, wie wir wissen, charakteristisch für die Naevi sind*'. Mit diesen Elementen meint er, wie aus einer anderen Stelle hervorgeht, die „Naevuszellen**. Dadurch würde der Begrifif Naevus ein- geschränkt werden auf die „weichen" Naevi; die Gefäß-, die reinen Pigment- und andere Naevi würden dann aus diesem Begriff herausfallen ; Naevus würde statt eines ätiologischen Begriffs ein anatomischer werden. Es ist oft genug dargelegt worden, daß dann alle die zahlreichen Misch- fölle sehr schwer zu rubrizieren sind. Wenn Audry unter Talgdrüsen- Adenom einen Tumor versteht, welcher von einer „Neubildung mehr oder weniger modifizierter aber immer erkennbarer Talgdrüsen" besteht, so kann er natürlich auch die Naevi hineinrechnen, falls er Vergrößerung und Vermehrung sonst in allem wesentlichen normal sich verhaltender Talgdrüsen schon als eine genügende Modifikation ansieht. Wer aber eine atypische Entwicklung für die Definition des Adenoms für notwendig hält, wird auch Audrys Fa)l von „Adenome sebac6 circonscrit*' nicht zu den Adenomen rechnen — denn die Gystenbildung in den Aus- führungsgängen und die Vacuolen in den Acini kann man nicht zu den Atypien der Drüsenentwicklung rechnen, da sie sehr wohl in rein mechanischer Weise zu erklären sind. Der Fall Audrys würde also — wie meine Beobachtungen — entweder bei den Hyperplasien auf Grund einer bestimmten Ursache oder bei den tardiven Naevis unterzubringen sein. Die Tatsache, daß sich die Talgdrüsenneubildung an einer Stelle entwickelt hat, an welcher über senile rein hyperplastische Talgdrüsen tnmoren etc. 31 swei Jahre vorher eine Yerletsnng stattgefanden hatte, läßt eher an die ersterwähnte Möglichkeit denken. Es könnte ja das Trauma in einer ans allerdings noch völlig unverständlichen Weise als Wachstomsreiz speziell for die Talgdr&sen gewirkt haben; der Fall würde dann an die bekannte Beobachtung Casparys erinnern, bei welcher die Entwicklung soge- nannter multipler Talgdrüsen-Adenome sich an Variola anschloß. Die zweite Arbeit, welche in dieser Frage gegen die Ansicht Stellung nimmt, daß die multiplen Talgdrüsen-Adenome zu den Naevis gerechnet werden, ist die von Eothe (dieses Archiv B. LXYIII). Manches von dem, was Eothe für seine Anschauung vorbringt, scheint uns schon in der Arbeit Winklers, die vorher erschienen ist, Eothe aber bei der Drucklegung seiner Arbeit noch nicht bekannt sein konnte, vrider- legt — soweit man auf einem Gebiete von Widerlegen sprechen kann, auf dem begriffliche Bestimmungen den Ausgangs- und Mittelpunkt der Diskussion bilden. Eine ausführliche Antikritik der vielfachen kritischen Bemerkungen Eothes und eine Besprechung einer Reihe von Mißverständnissen, die sidi eingeschlichen haben, würde hier viel zu weit führen. Ich möchte daher nur in aller Eürze folgende Punkte den An- sichten Eothes gegenüberstellen: 1. Eothe sagt (pag. 19 des Sep.-Abdr.), man sollte, solange eine Möglichkeit, eine Krankheit pathologisch-anatomisch zu rubrizieren, vor- handen ist, dieselbe, auch wenn sie kongenitaler Natur ist, grundsätzlich nicht unter die Naevi einreihen; man „dürfe nicht die Existenz eines pathologisch-anatomischen Namens einfach hinwegleugnen". Mit diesen kategorisch ausgesprochenen Sätzen aber kämpft Eothe doch wohl gegen eine Meinung, die gar nicht verteidigt worden ist. Der Name Naevus sebaceus enthält unserer Auffassung nach die pathologisch-anatomische Beschreibung, indem er mit dem Beiwort sebacens für jeden des Gebietes kundigen die Angabe bringt, daß es sich um einen aus normalen, resp. in allem wesentlichen normalen Talgdrüsen zusammengesetzten Tumor handelt. Es ist in Winklers Arbeit erörtert worden, daß die pathologische Anatomie für solche aus an sich normalen« Gewebsbestandteilen zusammengesetzte Tumoren noch keinen Namen hat, und daß Alb recht in dem Gefühl dieses Mangels einen neuen Namen „Hamartom^ einzu- führen für nötig hielt. Wenn alle Naevi Geschwulst formen entsprächen, für die wir schon pathologisch-anatomische Bezeichnungen besitzen, so würde sich ein prinzipieller Widerspruch gegen die rein pathologisch- anatomische Bezeichnung nicht erheben lassen. Wir könnten dann von Angioma oder Cavemoma oder von Hyperpigmentatio circumscripta congenita sprechen, könnten die weichen Naevi je nach unserer Auf- fassung Epithelioma metaplasticum oder Lymphangioma oder Fibro- blastoma congenitale etc., könnten die hyperkeratotischen systematisierten Naevi Hyperkeratoma circumscriptum congenitale lineare etc. nennen. Und in diesem Sinne könnten wir auch, wenn wir den Begriff des 32 Uirscüteid. Adenoms in dem Sinne von W. Pick, Aadry, Eothe definieren, von Adenoma sebacenm sprechen. Aber selbst dieser Standpunkt hat enorme praktische Schwierig- keiten, wie gerade der Fall Eothes beweist; denn hier waren eben ancb an yerschiedenen Stellen des Körpers histologisch ganz verschiedene Tnmoren vorhanden, von denen wohl auch Eothe zugeben wird, daß sie ätiologisch im letzten Grunde identisch sind. Wenn also Kothe seinen Fall pathologisch -anatomisch bezeichnen will, so muß er sagen Adenomata sebacea faciei, Fibromata reg. femoral. etc. Selbst in den Knötchen an den Augenlidern waren „die Veränderungen an den Talgdrüsen zu gering, als daß man hier von Adenoma reden könnte". Der Fall Kothes ist ein sehr eklatantes und wertvolles Beispiel für die seit Jadassohns Fall verschiedentlich bestätigte Erfahrung, daß auch am selben Menschen an verschiedenen Körperstellen augenscheinlich pathogenetisch zusammengehörige Tumoren einen verschiedenen Bau haben können und macht die auch von Wink 1er vertretene Annahme Hallopeaus noch wahrscheinlicher, daß die multiplen Gesichtsnaevi (Type Darier) mit den sog. multiplen Adenomata in ihrer Ätiologie identisch sind. 2. Kothe legt großen Wert auf die wenn auch „geringen Ab- weichungen vom normalen Typus der Talgdrüsen** bei den sog. Adenomata im Gegensatz zu den Naevis. Von diesen Abweichungen aber ist die erste auch bei den Naevis zu finden, nämlich die Lagerung in allen Schichten des Goriums (cf. hierzu die Mikrophotographie bei Jadassohn). Die zweite ist das «eigentümliche Verhalten der peripheren epithelialen undifferenzierten Zellen der Drüsenläppchen, welche normaler Weise nur eine einzige Lage bilden**, nach der Beschreibung Kothes in seinem Falle aber in mehreren Lagen übereinander lagen. Das aber ist nach Unna (Histopathologie pag. 818) ein Symptom, das allen Hypertrophien mit regelmäßiger Exkretion des Sekretes eigen ist. Mag diese Anschauung richtig sein oder nicht, die größere oder geringere Zahl dieser Lagen läßt doch bloß auf verschiedene Sekretionszustände schließen. Jedenfalls ist dieser Befand kein regelmäßiger, wie aus den Abbildungen Pezzolis und W. Picks hervorzugehen scheint und ganz analoges konnten wir auch an strichförmigen kongenitalen, also „eigentlichen** Talgdrüsennaevis finden. Auch die Differenzen, die Pezzoli bezüglich der Zahl und Größe der Fettröpfchen angibt, können wohl als unwesentlich ange- sehen werden. Wenn Kothe aus seinen Befunden den Schluß zieht, daß sich die Talgdrüsen bei den „Adenomen" im Zustande vermehrter Proliferation befinden, während ihre sekretorische Tätigkeit vermindert ist, so muß man dem gegenüber fragen, wohin denn diese vermehrte Proliferation fuhrt ? Wären in der Tat solche aktive Prozesse in diesen Tumoren vorhanden, so könnten diese doch nicht die relativ so große Stabilität haben, die sie in allen bisher beobachteten Fällen gehabt haben. Es ist weder für die Talgdrüsen — trotz ihrer unregelmäßigen Form, ihrer kleinen An- über senile rein hyperplastische Talgdrüsentumoren etc. 33 hänge etc. — noch für die , Ausstülpungen ** des Epithels der Worcel- scheiden erweisbar, daß es sich hier um wirklich progressive Bildungen handelt. (Vermehrung der Mitosen?) £s liegt vielmehr näher anzunehmen, daß auf Grund einer immanenten Anlage zu einer bestimmten Zeit eine Wucherung stattgefandeu hat, und daß nach Erreichung der Wachstums- grenze — welche bedingt ist durch das Verhältnis der immanenten Wuohe- mngs- Anlage einerseits und des Gewebs Widerstandes andererseits — auch diese Teile dauernd in dem einmal erreichten Zustande mit all den morphologischen Wucherungserscbeinungen erhalten bleiben. 8. Unverständlich ist mir die Anschauung Eothes, daß man nur an solchen Stellen die Naevusnatur der Talgdrüseotumoren anerkennen könnte (ihre kongenitale Anlage als bewiesen vorausgesetzt), an denen normaler Weise wenig Drüsen vorhanden sind. In der Gesichtshaut sind zwar auch normaler Weise sehr viele und große Talgdrüsen; aber wenn sie bei einzelnen Menschen an bestimmten circumscripten Stellen ganz besonders groß und zahlreich sind, so ist das eben ganz so pathologisch und ganz so im Sinne der Naevi zu deuten, als wenn an einer Eörpei- stelle mit normaler Weise wenig und kleinen Drüsen so große und zahl- reiche vorhanden sind, wie de norma im Gesicht. Es wäre die Be- hauptung Kothes etwa in Analogie zu setzen mit der Behauptung: Ein Weißer kann Pigmentnaevi haben, ein Mulatte aber nicht. Wie schon wiederholt betont worden ist, handelt es sich bei der Erklärung der extrauterin auftretenden Maevi gar nicht um die Notwendigkeit der An- nahme embryonaler Keime, sondern es genügt die immanente Anlage bestimmter Gewebselemente zur Wucherung über die ihnen de norma gesteckten Ghrenzen hinaus. 4. Die bereits erwähnte Kombination verschiedener Neubildungspro- zesse an demselben Individuum, so zwar daß ihre Gleichartigkeit klinisch angenommen wurde, während das mikroskopische Bild ihre Ungleichartigkeit verrät, spricht f^r ihre ätiologische Einheitlichkeit — auf diesen wichtigen, für die Naevusnatur seines Falles sprechenden Punkt geht E o th e gar nicht ein. Aber auch die Kombination verschiedener, den anerkannten Naevis zu- gehöriger Neubildungs formen in loco spricht in dem gleichen Sinne; so wenn Talgdrüsentumoren und Angiomatose oder Fibromatose (cf. pag. 25 des Sep.-Abdr. bei Kot he) sich kombinieren und bald mehr das eine bald mehr das andere überwiegt, ja das eine das andere geradezu ersetzen kann und dabei doch Lokalisation und klinisches Aussehen bestehen bleiben. Wir halten es also nach wie vor für berech- tigt, die Tumoren, welche aus in allen wesent- lichen Punkten normalen Talgdrüsen bestehen, dann als Naevi zu bezeichnen, wenn ihr gesamtes klinisches Verhalten (strichförmige oder sonstige typische Lokalisation z. 6. in der Form der multiplen symmetrischen Areh. f. Donnat. a. Syph. Bd. LXXII. o 34 Hirschfeld. Gesichtsnaevi, frühzeitiges Auftreten, familiäre Disposition) auf einen kongenitalen Ursprung hinweist. Bei den von uns beschriebenen kleinen Neubildungen aber müssen wir — gerade mit Rücksicht auf ihre späte Ent- wicklung — in allererster Linie die Frage erörtern, ob sie nicht als Hyperplasien auf Grund irgend einer erkeimbaren Ursache aufzufassen sind. Eine Infektion, Acne, Traumen könnten einen solchen Einfluß gehabt haben — aber nach- weisen konnten wir das nicht. Wir dachten sogar daran, daß die Acari als die Ursache für eine solche Hyperplasie angenommen werden könnten. In- zwischen aber hat eine Anzahl von Untersuchungen, welche nach meiner Abreise von Bern Herr Dr. Max Winkler freundlichst vorgenommen hat, ergeben, daß Acari aus den Talgdrüsen an der Stirn zu häufig zu exprimieren sind, als daß wir ihnen eine pathogene Bedeutung für die in Frage stehenden Bildungen zuschreiben könnten. Wenn wir also auch auf diese spezielle Erklärung verzichten müssen, so ist damit doch keineswegs gesagt, daß nicht eine anders bedingte Hyperplasie vorliegen könnte. Ein naheliegendes Analogon dazu böte das Bhinophyma, bei welchem allerdings auch andere pathologisch- anatomische Störungen in viel größerem Umfange nachweisbar sind, bei welchem aber doch die Talgdrüsen-Hyperplasie eine sehr wichtige Rolle spielt. Wir müssen nach dem ganzen klini- schen Bild des Rhinophyma diese Talgdrüsen-Hyperplasie auf eine Ursache zurückführen, die kaum kongenitaler Natur sein kann, wenngleich die Disposition auch dabei eine große Rolle spielt Aber beim Rhinophyma können Zirkulationsverhältnisse eine vrichtige pathogenetische Bedeutung haben, was bei den von mir beschriebenen kleinen disseminierten Geschwülstchen viel unwahrscheinlicher ist. Die andere Erklärungsmöglichkeit wäre die, daß es sich um Naevi tardivi oder seniles handelt. Diese Auffassung wird vielen zunächst sehr fremdartig erscheinen. Aber mannigfache Analogien machen sie doch annehmbar. Ich will gar nicht davon sprechen, daß die bekannten Angiomata senilia von manchen Seiten ebenfalls als kongenital angelegte Neoplasmen angesprochen werden, weil bei diesen Gebilden die Möglichkeit, über senile rein hyperplastische Talgdrüsentamoren etc. 35 daß es sich nur um Teleangiektasien, nicht aber um Neoplasmen im eigentlichen Sinne handelt, vorliegt Ich will auch die An- schauung Unnas, welcher die Verrucae seniles als senile weiche Naevi ansieht, hier nicht anfuhren, weil andere Unter- suchungen wie auch die nicht yeröffentlichten von Taege an der Bemer Klinik ergeben haben, daß bei diesen Gebilden die NaeTuszellennester fehlen, — und diese bildeten das wesent- lichste Argument, welches für ihre Naeyusnatur angeführt werden konnte. Dagegen ist die Tatsache, daß die meisten Gebilde, welche wir ohne weiteres als Naevi bezeichnen, erst im extrauterinen Leben, und manche relativ spät, entstehen, jetzt wohl fast allgemein anerkannt.^) Die Tumoren der eben- falls auf eine fötale Anlage zurückzuführenden Reckling- hau senschen Sjrankheit wachsen oft noch sehr spät hervor. Wir können aber noch einen Schritt weiter gehen. Es ist bekannt, daß erst im höheren Alter bei manchen Individuen an einzelnen Prädilektionsstellen starke Haare sprossen, so auf der Nase, an den Ohrläppchen etc. Diese senile Hypertrichosis ist eigentlich nichts anderes als die Wucherung einzelner Talg- drüsen oder Talgdrüsengruppen im höheren Alter, welche die von mir beschriebene Affektion ausmachen. Bei diesen Talg- drüsen können wir ganz ebenso wie bei jenen Haaren an- nehmen, daß sie die ^immanente Potenz^ (Cohnheim) besitzen, zu einer bestimmten und zwar späten Lebenszeit zu — für die betreffende Hautstelle — abnorm stark entwickelten Gebilden heranzuwachsen. In diesem Sinne könnte man jene Haarhyperplasien auch als reine senile Haarnaevi bezeichnen — nur sind sie nicht genügend circumscripte Neubildungen, um dem üblichen Begriff des Naevus zu entsprechen. Eine ganz analoge Deduktion ist auch bezüglich der bekannten Talgdrüsen in der Mundhöhle gemacht worden. Eine Entscheidung der Frage, ob die circumscripten An- häufungen von abnorm großen Talgdrüsen als H7pei*plasien auf Grund bestimmter, uns unbekannter Läsionen oder ob sie als senile Naevi aufzufassen sind, kann ich nicht geben. Die Gründe, *) cf. hierzu die Dissertation von Michel: Beitrage sur Kenntnis der Naevi. Bern 1898. 8* 36 Hirschfeld. welche für die eine und die andere Anschauang sprechen, sind im vorhergehenden zum Teil schon enthalten; fui* die Naevus- natur ist aoßer der normalen Struktur der Drüsen vor allem anzuführen: Die, soweit wir wissen, beschränkte Entwicklung dieser Gebilde bis zu einer bestimmten Größe und ihre Analogie mit den jetzt schon ziemlich allgemein, anerkannten Typen von Talgdrüsennaevis. Diese sind bekanntlich entweder multipel und symmetrisch (Naevi sebacei multiplices symmetrici ÜEU^iei) oder sie sind strichförmig (systematisiert) oder auch isoliert oder multipel ohne bestimmte Anordnung. Sie sind femer entweder wirklich reine Talgdrüsen- oder sie sind kombinierte Naevi. Zu diesen klinisch und histologisch gut charakterisierten Typen würde dann also noch ein weiterer, nach unseren Er- fahrungen keineswegs seltener hinzu kommen: der der senilen Talgdrüsennaevi In der Literatur finde ich nur ein einziges genauer be- richtetes Beispiel, das diesem Typus entsprechen könnte. Das ist der Fall von W. Pick,^) in welchem ein 43jähriger Mann Träger von linsengroßen und kleineren, leicht gelblichen Knötchen an der Stirn und an den Jochbeinen war. Diese er- wiesen sich (mit Ausnahme eines in ein Epithelioma adenoides cysticum umgewandelten) als reine Talgdrüsenhyperplasien und werden von W. P i c k als Adenome bezeichnet, dabei aber ihre Naevusnatur vollständig anerkannt.^) Die Lokalisation und die Struktur war also ganz dieselbe wie bei meinen Fällen; auch hatten einzelne Knötchen an der Stirn erweiterte Follikel- öfihungen. Das Alter des betreffenden Patienten war ein relativ jugendliches. Analoge Dinge hat möglicherweise Unna gesehen. Er beschreibt') „als eine selbständige Geschwulstart^ „indolente Pfefferkorn- bis erbsengroße oder noch größere, indolente, sehr langsam wachsende, gelblichweiße, nicht transparente, die Haut halbkugelig überragende (in meinen Fällen waren die Knötchen flacher), zuweilen aber nicht immer mit klaffenden Follikel- ) nündungen versehene Geschwülstchen " . Unna bezeichnet ») Dieses Archiv, Bd. LVIII. *) cf. die Diskussion über diesen Fall bei Wink 1er 1. c. *) Histopathologie pag. 816 ff. über Benile rein hyp^rplastische Talgdrüsentumorea etc. 37 diese als selten und meint, daß sie „häufig, wo sie vereinzelt vorkommen, mit Milien, Xanthomen oder seborrhoischen Warzen verwechselt, dann meist erst bei der anatomischen Untersuchung erkannt werden^. Er stellt sie neben die sogenannten multiplen Adenome. Histologisch beschreibt er sie als starke Vermehrung und kugelige Auftreibung der Drüsenacini ; auf den meisten Schnitten findet man gar keine Ausführungsgänge, sondern nur kreisrunde oder gegen einander abgeplattete Querschnitte und seitliche Querschnitte kleinerer und größerer Acini, welche von dichten, meist zellenarmen bindegewebigen, zum Teil gefäß- haltigen Septen getrennt werden. Fehlen der Haare und Knäuel- drüsen, Atrophie der Hautmuskeln, Druckschwund des elastischen Gewebes yervollständigen das histologische Bild, das in den wich- tigsten Punkten mit meinen Befunden übereinstimmt. Aber Unna betont nicht das Vorkommen besonders an der Stirn älterer Individuen. Ober die Ursache dieser umschriebenen Talgdrüsenhypertrophien spricht er sich nicht aus. Was dieklinischeDiagnose der von mir beschriebenen Gebilde angeht, so ist dieselbe für denjenigen, der sie einmal genauer untersucht hat, nicht schwer. Die vier Fälle, die ich untersucht habe, waren von Prof« Jadassohn als die gleiche, ihm klinisch schon lange bekannte Affektion bezeichnet worden und hatten alle den gleichen histologischen Bau. Von den von Unna angeführten Gebilden (Milien, Xanthome, seborrhoische Warzen) sind sie sehr leicht unterscheidhar ; sie haben Follikelöffnungen und nicht den weißen Ton wie die Milien; die Xanthomfarbe und die warzige Oberfläche fehlt ihnen. Eher kann einmal die Ver- wechslung mit weichen Naevis, mit Trichoepitheliomen oder mit kleinen Mollusca contagiosa in Frage kommen. Uns scheint bei einer Abwägung der verschiedenen Momente die Auffassung, daß die beschriebenen Gebilde senile Naevi sind, vorerst die größere Wahrscheinlichkeit für sich zu haben. Aber es wäre doch sehr wohl möglich, daß eine genauere Beobachtung speziell der ersten Entwicklung solcher Knötchen weitere Anhaltspunkte für die Annahme einer durch externe Eeize bedingten Pathogenese liefern könnte. Wenn man also in der Namengebung möglichst wenig präjudizieren will, kann 88 Hirschfeld. man die hier geschilderte Form zur gegenseitigen VerständigoDg zunächst als senile (resp. präsenile) rein hyperplastische Talgdrüsentumoren (speziell des Gesichts) be- zeichnen. Herrn Professor Jadassohn, meinem hochverehrten Lehrer und Chef, spreche ich an dieser Stelle fBr die Anregung zu dieser Arbeit und die liebenswürdige Unterstützung bei An- fertigung derselben meinen verbindlichsten Dank aus. Aus der Sgl Universitäts-Foliklinik far Eant- nnd Seschleclits- krankheiten in Berlin. (Direktor: Prof. E. Lesser.) Über eine eigenartige Form rezidivierende!*, wandernder Phlebitis an den unteren Extremitäten. Von Privatdozent Dr. A. Busehke, bisher I. Assistent der Poliklinik, Jetst dirigierender Ant der städtischen Abteilang für Gesohleehtskrankheiten am Urb&n in Berlin. (Hiezn Taf. m.) Die Erkrankungen der Venen im Verlaufe von Infektions- krankheiten und Stoffwechselanomalien haben in den letzten Jahren eine größere Bedeutung gewonnen, indem sich heraus^ stellte, daß die Venen häu6ger, als man früher annahm, selb- ständig erkranken, und auch gar nicht so selten Venenaffektionen den Ausgangspunkt besonders auch bestimmter Hautaffektionen darstellen. Ich erinnere an die Phlebitiden im Verlaufe der Syphilis, auf welche Proksch in einer ausfuhrlichen Literatur- Übersicht hingewiesen und auf welche neuerdings Hoffmann durch Mitteilung zweier interessanter auch durch die histolo- gische Untersuchung wertvoller Fälle und Max Markus e die Aufmerksamkeit gelenkt haben; ferner die Bedeutung, welche die Venen fiir die Genese des Erjthema nodosum vulgare und syphiliticum, für die Entstehung mancher Formen von Tuber- kuliden haben, (cf. Philippson, Barthelemy, Pinkus u. a.) Ich weise femer auf die Venenerkrankung im Verlaufe der Influenza, Scarlatina, Pneumonie, Polyarthritis, Malaria hin, von denen doch bereits eine nicht so sehr spärliche Kasuistik vorliegt, und ich erwähne noch die von Ried er besonders hervorgehobene Beteiligung der Venen bei der Ent- 40 BuBchke. Wickelung des Primäraffekts und ihre Bedeutung für die Pro- pagation des syphilitischen Eranhheitsprozesses. Gegenüber der alten Lehre von der Phlebitis, die ja einstmals eine so große Rolle in der Pathologie überhaupt spielte, fußen unsere heutigen Kenntnisse allerdings auf klaren und besonders auch anatomisch und ätiologisch besser fundierten Beobachtungen. Immerhin scheint es doch noch Formen von Venenerkrankungen zu geben, die in ihrer Genese nicht völlig aufgeklärt sind ; und hier kann ja nur eine objektive Beobachtung jedes einzelnen wenn auch nicht völlig geklärten Falles allmählich dazu führen, unsere Gesamtkenntnis auf diesem klinisch, anatomisch und ätiologisch wichtigen Gebiet zu vertiefen. Von diesem Gesichts- punkt aus möchte ich kurz über einen Fall berichten, welcher in der Kgl. Universitatspoliklinik für Hautkrankheiten im Sommer vorigen Jahres zur Beobachtung gelangt ist und in seinen klinischen Frscheinungsformen so eigenartig beschaffen war, daß er unter die bisher bekannten Formen von Venen- erkrankungen sich nicht ohne weiteres rubrizieren ließ, zumal auch seine Ätiologie absolut nicht aufgeklärt werden konnte.') Der SOjährige Arbeiter G. R. konsultierte die Poliklinik am 19. Juni wegen einer mit starken Schmerzen besonders an den Füßen einher- gehenden Affektion der unteren Extremitäten beiderseits und swar besonders der Unterschenkel. Die Anamnese ergibt: Die Eltern des Patienten leben nicht mehr, der Vater starb 1887 an Delirium tremens, die Mutter 1897 an Leber- und Magenkrebs ^ eine Schwester und vier Stiefgeschwister leben und sind gesund. Patient weiß nicht, daß er sonst in seinem Leben ernstlich krank gewesen sei, besonders gibt er an, sich an Einderkrankheiten nicht erinnern zu können und stellt jedenfalls mit ganzer Sicherheit in Abrede, daß er irgend eine ernstere Infektions- krankheit durchgemacht hat, besonders auch in Hinsicht auf die Zeit, in der sein jetziges Leiden sich entwickelte. Im Sommer 1898 akquirierte er eine Gonorrhoe, die in einigen Wochen geheilt sein soll. Gleich darauf entwickelte sich ein Schanker, der vom behandelnden Arzt für weichen Schanker erklärt wurde, und nach 14 Tagen auf Lokaltherapie mit Jodoform und Umschlägen heilte. Irgendwelche weiteren auf Syphilis hinweisenden Symptome hat Patient niemals gehabt und ist auch niemals antisyphilitisch behandelt worden. In Bezug auf die uns beschäftigende Affektion sei hier gleich hervorgehoben, daß dieselbe schon deswegen ^) Eine histologische Untersuchung konnte nicht ausgeführt werden, da P. nur ambulant behandelt wurde; aus letzterem Grunde ist auch die Beobachtung keine lückenlose. üb. eine eigenart. Form rezid. wand. Phlebitis a. d. u. Extr. 41 wahrscheinlich nicht mit den zuletzt besprochenen Affektionen in Zusammen- hang gebracht werden kann, weil nach den Angaben des Patienten dieses Leiden bereits im Sommer 1894 begonnen hat, also 4 Jahre vor der Gonorrhoe und dem Ulcus molle. Patient ist seit 1897 verheiratet. 1898 hatte die Frau zweimal eine Fehlgeburt das erste Mal im 5. Monat, dann im 2. Monat und im Laufe der folgenden Jahre noch 3 Fehlgeburten ; sie befand sich niemals in ärztlicher Behandlung. Die gynäkologische Untersuchung in der Frauenklinik ergab, daß dio Frau gesund ist ; und es wurde ihr nur anempfohlen zur Zeit der Gravidität sich zu schonen. Das jetzige Leiden des Patienten begann ohne besondere Ursache im Sommer 1894 ziemlich plötzlich, indem unter starken Schmerzen rote Knoten an den Füßen und an den Unterschenkeln sich bildeten. Die Attacke dauerte einige Wochen, dann bildete sich das Leiden ganz zurück und Patient fühlte sich gesund. Im Laufe der nächsten Jahre nun bis zum heutigen Tage traten ganz gleiche Beschwerden und Symptome in unregelmäßigen Zwischenräumen von Wochen und Monaten auf, welche auch dieselbe Lokali sation an den Unterschenkeln, weniger an den Oberschenkeln und an den Füßen aufwiesen und den Patienten während dieser Zeit entweder ganz oder fast völlig arbeitsnnfthig machten besonders wegen der hochgradigen Schmerzen an den Füßen. £r war vielfach in ärztlicher Behandlang, wurde mit Umschlägen, Salben, Hochlagerang der unteren Extremitäten und Ruhe traktiert. Das Leiden bildete sich auch immer von Zeit zu Zeit zurück, am dann ohne besondere Ursache von neuem wieder aufzutreten. Durch eine Verletzung ist ihm die kleine Zehe des linken Fußes vor ca. einem Jahr zerquetscht worden. Die Zehe fehlt, die Haut darüber ist intakt und zeigt eine glatte Narbe. Im übrigen sind die anamnestischen Angaben in Bezug auf den Verlauf des Leidens, was durch die lange Dauer desselben und anscheinend den Wechsel der Symptome bedingt ist, nicht ganz zuverlässig, da im Ver- laufe häufigerer Kontrolle der Anamnese sich Verschiedenheiten ergaben. Aber so viel scheint in der Tat sicher zu sein, daß die Affektion seit 1894 besteht und in Intervallen unregelmäßiger Art auftrat, Wochen bis Monate dauerte, und allem Anscheine nach in letzter Zeit die Attacken häufiger wurden und länger — bis Über viele Monate —• sich hinzogen. Status: Die objektive Untersuchung ergibt folgendes: Patient ist ein mittelgroßer, kräftiger, gut genährter Mann. Die allgemeine Untersuchung des übrigen Körpers, der inneren Organe ergibt normale Verhältnisse. £s bestehen keine nennenswerten Drüsenschwellungen, an der Haut keine Residuen, die auf event. frühere Lues hindeuten. Die Besichtigung der unteren Extremitäten ergibt an der Haut des linken Oberschenkels und zwar im Bereiche des unteren Drittels der Innenfläche bis herab zum Kniegelenk, dann dicht oberhalb der rechten Patella, femer in größerer Zahl an der Hinterfläche, weniger an der Vorder- flaehe, also an den Ober- und Unterschenkeln und an beiden Fußrücken eine Ansahl von Knoten, welche flach prominieren, ziemlich scharf begrenzt sind« meistens eine längliche Form haben von ca. Vi — l cm Breite und 42 Bnschke. 1 — 4 cm Länge. An einselnen Stellen gabeln dieselben sieb dentlicb, 80 daß man sofort den Eindruck bat, daß sie zu dem anter der Haut gelegenen Yenensystem in Beziehung stehen mfissen. An der Waden- gegend beiderseits tritt ganz besonders schon bei der Inspektion die Beziehnng dieser Knotenbildung zum oberflAohlicben Yenennetz henror, indem diese Knoten, wie es deutlich ans der Abbildung hervorgeht, direkt netzartig angeordnet sind, im übrigen aber dieselbe Besehaffenheit haben wie die anderen geschilderten Knoten. Die Farbe dieser Knoten ist teils mehr rot, teils mehr livide. Bei der Palpation ergibt sich, daß sie ziemlich scharf begrenzt sind, von m&ßig fester Konsistenz, auf Druck und auch spontan ziemlich schmerzhaft; sie liegen teils kutan teils sub- kutan, so daß man die Haut über ihnen entweder nur leicht ftlteln oder richtig zusammenschieben kann. Bei der Palpation tritt der netzartige Charakter ebenfalls sehr deutlich hervor, indem sich das ganze Netz deutlieh abtasten läßt. Zwischen diesen Knoten sieht man nun ebenfalls vielfach länglich gestaltete bräunliche Pigmentierungen, die teils unregel- mäßig hie und da gelegen sind und nach Angabe des Patienten Stellen entsprechen, an denen früher Knoten vorhanden gewesen sind. Teils bilden diese bräunlichen Pigmentiemngen die Fortsetzung resp. liegen in der Fortsetzung der Linien, welche die Knoten darstellen, sodaß man deutlich den Eindruck gewinnt, daß auch diese bräunlichen Pigmentierungen dem Yerlauf der Yenen folgen. Besonders deutlich tritt dies auch im Bereich der oben geschilderten netzartigen Anordnung hervor, wo viel- fach diese Pigmentierungen die Fortsetzung der Knoten darstellen, in welohe sie allmählich übergehen. Dazvrischen sieht man dann die ober- flächlichen Yenen in ihrer normalen Form und Farbe hindurchschimmern, teils unabhängig von den oben geschilderten Effloreszenzen, teils aber auch als direkte Fortsetzung derselben, so daß hierdurch die Be- ziehung der Effloreszenzen zu den Yenen noch deutlicher wird. Eine nennenswerte Yaricenbildung besteht weder an den Unterschenkeln noch an den Oberschenkeln. Ganz besonders auffällig ist nun außerdem die ganz dunkle Cyanose der Füße, besonders in ihren distalen Zweidritteln. Die Haut ist hier in ganz diffuser, nicht fleckf5rmiger Form dunkelblau- rot sowohl am Rücken des Fußes wie an der Fußsohle und den Seiten- rändem. Diese Färbung geht nach der Fußgelenksregion allmählich in die normale Hautfarbe über. An den Unter- und Oberschenkeln ist die Hautfarbe normal. Während nun an den Unterschenkeln und Ober- schenkeln die Knoten, wie oben geschildert, spontan und auf Druck schmerzhaft sind, ist diese Schmerzhaftigkeit doch nicht so groß, daß der Patient davon sehr intensiv gequält wird. Dagegen sind die Füße besonders im Bereich der Cyanose besonders spontan, weniger auf Druck intensiv schmerzhaft; es bestehen bohrende, ziehende und stechende Schmerzen, so daß dem Patienten das Stehen und Gehen außerordentlich erschwert wird, und er beim Liegen und besonders bei der Hochlagerung der Füße erst eine sehr wesentliche Erleichterung empfindet, die Schmerzen hiebei allerdings nicht völlig geschwunden sind. Dabei sind die oben gesohil- üb. eine eigenart. Form rezid. wand. Phlebitis a. d. n. Extr. 43 derten Knoten am Fnfirüoken beiderseits nur spärlich vertreten, an der Fußsohle fehlen sie ganz. Bei der Palpation der ganzen erkrankten Region fnhlt man aofier den geschilderten schon dorch die Inspektion wahrnehmbaren Infiltraten nnn sowohl oberflächlich in der Hant nnd auch vielfach in reihenförmiger Anordnung, teils allem Anschein nach anch in der Tiefe (letzteres ist allerdings zweifelhaft) erbsen- bis ca. haaelnnßgroße Knoten in größerer Zahl. Dnrch die geschilderte An- ordnung und auch durch ihre Beziehung zu den sichtbaren oberflächlichen Efifloreszenzen erscheint es hier ebenfalls wahrscheinlich, daß sich diese Knoten an Venen anschließen; sie verhalten sich palpatorisch und in Bezug auf die Sohmerzhaftigkeit analog den vorhergeschilderten Knoten. Die übrige Untersuchung der Haut, besonders auch in Bezug auf die Sensibilität ergibt einen vollkommen normalen Befund. Von Interesse ist nun der weitere Verlauf. Wir haben den Patienten bis etwa Mitte September beobachtet, dann blieb er weg. Während dieses Vierteljahres ist das Leiden nie völlig verschwunden, sondern wir konnten beobachten, wie die Affektion sich an einer Stelle zurückbildete, und an anderen immer in demselben Erkrankungsgebiet neue Knoten auftraten, die alten mit Hinterlassung von Pigmentierungen ebenfalls wieder in länglichen Streifen und Netzform abheilten, so daß an dieser Stelle kaum noch etwas zu fühlen war, und an anderen Stellen wieder neue Knoten zum Vorschein kamen. Dabei bildete sich die Gyanose an den Füßen zeitweise etwas zurück, ohne im übrigen ganz zu verschwinden. Ebenso ließ die Sohmerzhaftigkeit nach, um dann wieder stärker zu werden. In den Intervallen, in denen eine Besserung des Leidens eintrat, konnte Patient leichte Arbeit verrichten, dann mußte er aber wieder aussetzen, so dass er fortwährend zwischen Arbeit und Rübe wechselte. Ich möchte nun nicht die verschiedenen an den einzelnen Daten erhobenen Befunde hier mitteilen, weil sie mit Modifi- kation der äußeren Form und Lokalisatiou sich immer ziemlich gleichförmig darstellten, und möchte nur einen genauen Status, wie ich ihn am 11. Juli erhoben habe, noch mitteilen: Man sieht und fühlt an einzelnen Venen der rechten inneren Wadenregion schmerzhafte Knoten mit geringer livider Ver- färbung der Haut, die sich im Verlaufe der letzten 2 Tage nach Angabe des Patienten entwickelt haben; dazu gehörige Venen sieht man als Fortsetzung dieser Knoten bläulich durch- schimmern. Man fühlt auch an den bei der Inspektion normal erscheinenden Venen diesen Beginn an einzelnen Stellen, ein genoges, längliches Infiltrat, welches allmählich verschwindet. An der Hinter- und Außenfläche der Waden sieht man besonders rechts, weniger links das früher als erkrankt ge- schilderte Venennetz nun in Form eines blaßbräunlichen Pigmentnetzes hervortreten; aber an diesen Stellen fühlt man kaum noch hie und da eine Spur Infiltration, und die Sohmerz- haftigkeit ist vollständig geschwunden. Dagegen ist ein bläuli- 4i Buacbke. eher erythemäbnliclier Knoteo mebr nach der Icnetifiäche der rechten Wade vorhanden von rundlicher Gestalt, etwa PfennigstiickgrÖße, unregelmäfiig begrenzt, spontan und bei der Palpation schmerzhaft, zu konstatieren. Dicht darüber sieht und fühlt man zwei ähnliche etwas größere Knoten i alle drei sind hinter einander in Längsrichtung, also anücheineod wieder im Verlaufe einer Vene, angeordnet. Auf dem rechten Fußrücken und zwar nach dem ÄuBenrande zu, etwa 2 Finger breit von demselben entfernt, zieht sich ein etwa 1 */, cm langer und ungefähr ^f^cm breiter bläulich infiltrierter schmerzhafter Streifen entlang.') Neu hinzugetreten in den letzten Tagen sind nach '1er Angabe des Patienten und auch nach unseren Notizen nahe dem inneren Fußrande auf dem Fuß und auf der Fußsohle je ein ähnlich verlaufender und gestalteter Bchmerzhafter Knoten, Im übrigen ist der rechte Fuß un- gefähr in seiner distalen Hälfte dunkel cyanotiach, die Fuß- gelenksregion im ganzen ein wenig ödematös. Am linken Fuß, der in analoger Weise in seiner vorderen Hälfte cyanotisch verfärbt ist, zeigen sich einige längliche 8treifenfi3rmig ange- ordnete Knoten teils von mehr roter, teils von livider Färbung an der Innenfläche und auf dem Fußrücken ebenfalls bei der Berührung und spontan sehr schmerzhaft. An der linken hinteren Wadenregion sieht man, wie oben bereits erwähnt, wenn auch in geringerer Ausdehnung das früher erkrankte Veuennetz ia Form bräunlicher netzartiger Pigmentierungen sich abzeichnen. Hier fühlt man an manchen Stellen noch deutlich Längsknoten entsprechend der bräunlichen Verfärbung der Haut, während frischere Knoten hier zur Zeit nicht vor- handen sind. Dagegen sind die eben geschilderten Infiltrate bei der Palpation noch schmerzhall. Die früher beobachteten und auch auf der Zeichnung siebtbaren streifenförmigen Knoten am linken Oberschenkel sind bis auf geringe In<rate und bräunliche Verfärbnng entsprechend den früheren Knoten ver- schwunden. Das Stehen fällt dem Patienten heute außer- ordentlich schwer, er hat anscheinend ganz furchtbare Schmerzen dabei. £r schildert dieselben so, daß er die F.mp&ndung hat, als wenn die Füße voll Kui^eln wären, die sich überall durch die Haut hervordrängen wollten. Besondere sind die Schmerzen an den Fußrücken und dea Fußgeienksgegenden besonders rechte lokalisiert, aber auch an einit^en der frischeren Kuoten hat er besonders beim Stehen dasselbe drängende Schmerz- gefühl. Im Verlaufe der weiteren Beobachtung schien die Affektion in den nächsten Wochen allmählich zurückzugehen, ■) An dieiem Taf(o wurde noch einmal eine Kenaae Untersuchung des Nerve DByitemi, der Milz, des Herzen« und de« Urins aasgefahrt, r>bi)e Hau sich irgend etwas Patbologiichea ergab. Üb. eine eigeoart. Form rezld. wand. Phlebitis a. d. a. Extr. 45 aber es kamen immer wieder neue Attaquen von Gyanose, Sehmerzen und Knotenbiidung im Verlaufe von Venen. Wir haben versucht durch Ruhe, feuchte Umschläge mit Liquor aluminii acetici, Borsäure, durch interne Verabreichung von Arsen, Jodkali, Chinin auf die Affektion einzuwirken. Der Patient selbst hat sich von Zeit zu Zeit kalte oder sehr warme Umschläge mit Wasser gemacht, indem er glaubte, die Be- obachtung gemacht zu haben, daß gelegentlich heiße und gelegentlich eiskalte Umschläge günstig wirkten. Vielleicht war auch gelegentlich ein symptomatischer Erfolg zu ver- zeichnen, eine dauernde und intensivere Einwirkung der Behandlung ist sicher nicht zu konstatieren gewesen. Wir haben den Patienten dann aus den Augen verloren, und ich habe ihn auch trotz großer Mühe nicht wieder erreichen können. Aber nach dem ganzen Verlauf erscheint es wohl wahrschein- Uch, daß er nicht geheilt ist, vermutlich nun wieder andere Hilfe aufgesucht hat, wie er im Verlauf seines ganzen Leidens naturgemäß von Arzt zu Arzt ging, um Heilung von diesem so unangenehmen und ihn in seiner ganzen Erwerbsfähigkeit so störenden Leiden zu finden. Wenn ich also rekapituliere, so handelt es sich bei dem im Übrigen anscheinend völlig gesunden Mann um eine ohne sicher nachweisbare Ursache ziemlich plötzlich auftretende Affektion, dessen einzelne Effioreszenzen ziemlich akut entstehen und sich in Tagen und Wochen unter Hinterlassung bräun- lichen Pigments, das schließlich anscheinend auch verschwindet, zurückbilden, während an anderen Stellen neue gleichartige Knoten sich entwickeln. Die Effioreszenzen stellen meist längliche rote und livide Knoten dar, welche teils kutan, teils subkutan liegen, und wohl nach ihrer Anordnung und Beziehung deutlich nach- weisbaren Venen wenigstens zum allergrößten Teile, vielleicht immer dem Verlauf der Venen entsprechen und deswegen wohl mit großer Wahrscheinlichkeit in der Wand derselben liegen^ wobei dann bald in geringerer bald in größerer Ausdehnung das benach- barte Gebiet, besonders der anliegenden Haut entzündliche Infiltrationen und Schwellungen aufweist. Die Knoten sind spontan und auf Berührung schmerzhaft. Nach ihrer Rück- bildung bleibt anscheinend noch längere Zeit ein Infiltrat in der Venenwandung sitzen, daß schließlich völlig verschwindet. Gleichzeitig entsteht in wechselnder Stärke Cjanose und hoch- 46 Baschke. gradige Schmerzhaftigkeit besonders in den distalen Zweidritteln der Füße und in den Fußgelenksregionen gelegentlich mit geringer ödematöser Schwellung an letzteren Regionen, während sonst kein Ödem und keine elephantiastische Verdickung der Haut zu konstatieren ist, wie sie im Anschluß an chronische Pblebitiden sonst doch leicht entsteht. Diese Attacken dauern Wochen und Monate und sind von TÖllig oder fast völlig freien Intervallen unterbrochen. Bemerkenswert ist nun, daß allem Anscheine nach die Venen zwar vorübergehend (daher die Cyanose) verlegt sind, aber im wesentlichen schließlich ihre Durchgängigkeit trotz dieser häufigen Wandentzündung wieder- erlangen; wie der Umschnürungsversuch beweist, indem hier- bei eine Füllung der erkrankten Venen zu konstatieren war. Dieser Umstand wie auch die gesamten klinischen Erscheinungen scheinen dafür zu sprechen, daß es sich hier wohl um eine Entzündung handelt, die vielleicht die äußere Schicht der Venenwand, die Adventitia und Media im wesentlichen ergreift und die Intima vielleicht gar nicht oder nur in geringem Umfange betrifft. Für die Pathogenese der ganzen Affektion erscheint dies insofern nicht unwesentlich, als wir hieraus vielleicht den Schluß ziehen dürfen, daß die Affektion sich möglicherweise nicht vom Lumen der Venen aus, sondern viel- leicht auf dem Wege der Vasa vasorum entwickelt. Im ganzen haben wir es mit einem eminent chronischen über viele Jahre sich hinziehenden Leiden zu tun, das sich aus einzelnen akuten unter dem Bilde eigenartig angeordneter entzündlicher Knoten verlaufenden Attacken und nach dem ganzen Aspekt wohl sicher als Phlebitis zu deutenden, mit hochgradigen zeitweisen venösen Stasen, starker Schmerzhaftigkeit an den Füßen ein- hergehenden Leiden zu tun. Als wir den Patienten zuerst sahen, die Anamnese noch nicht kannten und über den Verlauf und die Entstehung der einzelnen Effloreszenzen noch nicht orientiert waren, dachten wir einen Augenblick an eine Affektion, etwa sich anlehnend an das Erythema induratum Bazin. Allein hierbei handelt es sich ja um ein stationäres chronisches, gelegentlich zu Ulzerationen führendes Leiden, das ja wohl auf tuberkulöser Basis beruht und das eben einen ganz anderen stabileren Charakter trägt. Da es sich, wie oben üb. eine eigenart. Form resid. wand. Phlebitis a. d. n. £xtr. 47 auseinandergesetzt, ja offenbar um einen phlebitischen Prozeß handelt, so habe ich die Literatur besonders auf Phlebitiden, wie sie sich an die Gicht und Infektionskrankheiten anschließen, studiert. Was speziell die syphilitischen und besonders die im Frühstadium vorkommenden Phlebitiden betrifft, so können diese sich ja auch in Form von Knoten ähnlich dem Erythema nodosum evtl. in Kombination mit richtigen längs verlaufenden Phlebitiden entwickeln, aber sie haben keineswegs, wie besonders aus der Arbeit von Hoff mann hervorgeht, auf welche ich yerweise, diesen transitorischen wechselnden und wandelnden Charakter; auch fehlt die sehr große Schmerzhaftigkeit in der Weise, wie sie hier zu beobachten war, und es bleiben doch meistens, wenn auch hierbei die Durchgängigkeit der Venen erhalten bleiben kann, ganz starke Verdickungen der Wandungen zurück, so daß die Vene sich wie ein starrer Strang anfühlt, während in unseren Fällen schließlich anscheinend eine resti- tutio ad integrum stattfindet. Wegen des ganzen Charakters der Phlebitis und auch wegen des Mangels einer sicheren Anamnese und der Abwesenheit jeglichen Residuums von Lues, ohne daß eine Behandlung stattgefunden hat, scheint es nicht sehr wahrscheinlich, daß diese Krankheitsursache vorliegt. Die Aborte der Frau müssen anderseits immerhin wiederum den Verdacht einer syphilitischen Affektion wachrufen, wenngleich dieselben auch durch andere Ursachen bedingt gewesen sein können. Minkowski schildert in seiner Abhandlung über die Gicht im Notnageischen Handbuch Phlebitisanfälle in An- schluß an Gicht besonders im Gebiet der Vena saphena. Auch hier handelt es sich um schwere stationäre Phlebitiden evtl mit Thrombose. Im Anschluß an den akuten Gelenk- rhenmatismus siod von Schmidt 17 Fälle von Phlebitis geschildert worden und Pf ihr am hat selbst häufiger besonders Endophlebitis mit Venenthrombose im Anschluß an diese Krank- heit gesehen. Hauptsächlich sind es die Venen der unteren Extremitäten, besonders die Vena saphena, in einem Falle auch die Vena cruralis ; seltener sind es Venen an den oberen Extre- mittten; die in Form einer- Endophlebitis mit Thrombose hierbei erkranken. Auch bei diesen Fällen handelt es sich um eine mehr lokalisierte und auch, wie aus den konsekutiven 48 Bttschke. Veränderungen hervorzugehen scheint, wahrscheinlich von der Intima aus entstehende Affektion. Leichtenstern beschreibt Phlebitis und Venenthrom- bose besonders in der Vena femoralis und in den Wadenvenen häufig symmetrisch im Anschlüsse an Influenza. Nicht so selten sind es sogar ganz leichte Influenzafalle, bei denen diese Komplikation sich entwickelt. Auch hierbei sind besonders die unteren Extremitäten, aber auch die oberen befallen, und es kann zu hochgradiger Cyanose im befallenen Gebiet, sogar zu Gangrän kommen. Analoge Phlebitiden mit Thrombose besonders an den unteren Extremitäten sind im Verlaufe der Malaria beobachtet worden. Alle diese Krankheitsbilder unter- scheiden sich durch ihre klare Ätiologie und die Beziehung zum ursächlichen Leiden und ihren ganz andersartigen klinischen Charakter vollkommen von der oben geschilderten Affektion. Dagegen geht aus dem Literaturstudium der Venenerkrankungen hervor, daß bei allen diesen Affektionen ganz vorMriegend die Venen der unteren Extremitäten befallen werden, und die Autoren nehmen an, daß wohl wegen der schlechteren Zirkulationsverhältnisse hier eine gewisse Prädisposition für die Lokalisation von Krankheitsursachen geschaffen wird, wie das ja selbst bei einer so chronisch verlaufenden Infektions- krankheit wie der Syphilis, wenn auch nicht ausschließlich, so doch häufig der Fall ist. Auch die Symmetrie, wie sie in unserem Falle im gewissen Umfange sich findet, ist bei sonstigen Venenaffektionen gar nicht so selten. Irgend eine der geschil- derten Ursachen, auch beispielsweise Influenzaattacken haben wir in unserem Falle überhaupt nicht nachweisen können, ebensowenig Malaria oder rheumatische Affektionen. Auch spricht gegen eine infektiöse Natur des Leidens, daß niemals, so oft wir daraufhin untersucht haben, eine Temperatur- steigerung, Milzschwellung zu konstatieren war, und auch sonst das Allgemeinbefinden des Patienten, abgesehen von der Schmerzhaftigkeit durch die Affektion nicht gestört wurde. Ob vielleicht irgend eine Stoffwechselanomalie vorliegt, womit wir eine gewisse Analogie zu der gichtischen Phlebitis haben würden, ist nicht ganz auszuschließen, wenngleich ein objektiver Anhaltspunkt hiefür nicht vorlag; damit würde der chronische üb. eine eigenart. Form rezid. wand. Phlebitis a. d. a. Extr. 49 Charakter der ganzen Affektion ja event. auch eine befriedigende Erklärung finden. Erinnern möchte ich ganz kurz an eine Affektion, die ja im übrigen klinisch und auch anatomisch sich ganz anders verhält: nämlich an die Endarteriitis obliterans Toa Winiwartor, bei der es sich um kräftige und sonst ganz gesunde Männer handelt, bei denen diese meistens zu Gangrän führende Affektion in den Arterien der unteren Ex- tremitäten sich entwickelt, ohne daß wir bis jetzt für die Ätiologie des Leidens irgend einen Anhaltspunkt haben. Während wir hiemach in allen diesen Beobachtungen keine befriedigende Analogie mit unserem Fall finden, so möchte ich zum Schluß auf einen im Jahre 1903 von Ernst Neisser in der Deutschen medizinischen Wochenschrift unter der Be- zeichnung „Wandernde Phlebitis^ geschilderten Krankheitsfall genauer eingehen, der mit unserer Affektion große Ähnlichkeit hat, wenngleich auch wesentliche Differenzen zu bestehen scheinen : Ein 46jähriger Arbeiter erkrankt Jnli 1901 mit Schmerzanfällen im Genicky die anfangs mehrere Stunden anhielten. Meist traten die Be- schwerden nachts auf, so daß er nicht schlafen konnte und ließen gegen Morgen nach. Er konnte znr Zeit der AnfUle den Kopf vor Schmerzen nicht beugen. Es trat unter örtlicher Behandlung Ende Februar 1902 Besserung ein, aber erst Juni 1902 wurde er schmerzfrei. Einige Wochen darauf entstand zwischen Genick und rechtem Ohr eine Anschwellung, die schmerzhaft war und unter Schmerzen am Halse herab bis zum Schlüsselbein wanderte. Als sie in Höhe des Eieferwinkels war, konnte P. YOr Schmerzen den Kieferwinkel nicht öffnen. Nach 14 Tagen besserte sich dieses Leiden und die Geschwulst wanderte weiter herab und war Oktober 1904 an der Innenseite des r. Oberarms angelangt. Sie war ent- zündet und schmerzhaft. Dann wanderte sie nach der Ellenbeuge, teilte sieh dort und wanderte teilweise nach außen teilweise nach innen bis zur Mitte des Vorderarms. Im November entwickelte sich ein ähnlicher Knoten in der 1. Achselhöhle und wanderte an der Innenfläche des Vorder- armes herab, wo N. ihn beobachtete. Bei der Untersuchung Ende November 1902 sah und fühlte man in der Mitte des r. Vorderarms an der Außen- und Innenseite je eine subkutan gelegene, unter der Haut verschiebliche, längliche, ca. 2Vs — 3 cm lange, Y, cm dicke, spindelförmige Anschwellung, die spontan, bei Be- wegung und auf Druck schmerzhaft war. Die Haut darüber ist nicht gerötet und zeigt keine Ödeme. Eine ganz ähnliche, kleine Geschwulst befindet sich an der Innenseite des 1. Musculus biceps. Keine sonstigen Störungen. Die 8 Knoten wurden zur Untersuchung exstirpiert. Arch. f. DeriDAt. n. Sypb. Bd. LXXTI. 4 50 Buschke. Die histologische Untersuchung ergab bei den der Y. basilica, cephalica und braohialis angehörende Tumoren entzündliche Infiltrate um die vasa vasorum, mit reichlicher Vaskularisation in der Media und Adventitia, die Intima wesentlich intakt. In den Herden, wie auch dicht unter dem Endothel freiliegende rote Blutkörperchen. Die elastischen Fasern «ind durch die Infiltrate weit auseinandergedrängt. Es handelt sich also allem Anseheine nach um einen von den vasa vasorum ausgehenden, im übrigen nicht spezifischen Entzündungsprozeß. « . Im weiteren Verlauf entwickelten sich nun neue Knoten im sulcus bicipitalis internus recht«, 2 neue an der 1. Ellenbeuge; 2 von diesen hatten dieselbe Beschaffenheit wie die beiden zuerst geschilderten, während einer mit einem flftchenhafte^^jC&B,^en, geröteten Infiltrat der anliegenden Haut kombini^rTMC^'^^ei^j^b^^t^ Behandlung mit Jodkali und Injektionen von Hvdra^yrum salicyliiniii^^i^d Schmierkur ging — nachdem in der 6. Wooin^noch ein neuer entzündlftsher Knoten im linken sulcus bicipitalis aufgetreten f^^giQ— 2^ l^^ffieA^tidn zurück. P. ist anschei- nend jetzt gesund. (P.\l||itte vor 20 Jahren Gonorrhoe und Ulcus?, in den 80er Jahren Geschw^e i^ der Haut, sonst Anamnese auf Lues negativ.) Unter der BeobachtubyJ^fl^ s1toh\etnjgiit6dem einzelner Knoten an den Venen entlang deutlich konstatieren. N. drückt sich in der Beurteilung des Falles sehr vorsichtig aus, h< es aber doch f&r sehr wahrscheinlich, daß eine spätsyphilitische Venenaffektion vorlag. Dieser Fall nun zeigt in Bezug auf die Chronizität, die zeitweisen großen Schmerzen und das Wandern an den Venen in der Tat eine gewisse Analogie mit unserer Beobachtung. Aber auf der anderen. Seite sind die mehr akuten Entzündungs- symptome in unserem Falle gegenüber dem Fehlen der Ent- zündung in der Haut in mehreren der von Neisser beobach- teten Knoten zu verzeichnen. Der Vergleich Neissers in Be- zug auf die Mitbeteiligung der Haut bei dem einen Knoten mit Hutchinsonscher gummöser Phlebitis scheint auch darauf hin- zudeuten, daß ein doch anscheinend viel torpiderer Krankheits- prozeß vorlag; denn bei meinem Falle erscheint ein Vergleich mit gummöser Phlebitis wenigstens auf Grund der von uns be- obachteten klinischen Erscheinungen kaum zulässig. Ja das ganze Leiden machte in seinen einzelnen Effloreszenzen einen 80 akuten Eindruck, daß wir an eine spezifische Quecksilber- behandlnng nicht dachten. So ergibt also eine Vergleichung beider Fälle in manchen Punkten eine gewisse Ähnlichkeit, in anderen aber wieder Differenzen. Ob also beide zusammengehören oder aber ver- schiedene Erankheitsbilder darstellen, wird auf Grund dieser 2 Einzelbeobachtungen nicht zu entscheiden sein. Ob. eine eigenart. Form rerid. wand. Phlebitis a. d. a. Exir. 51 • Nach alledem wollte ich eben nur ganz objektiv diese merkwürdige und doch für den Patienten sehr schwere AiFek- tion der Venen hier geschildert haben, in der Hofihung, daß Tielleicht dann weitere Beobachtungen zur Klärung dieses Krankheitsbildes beitragen. Literatur. L. V. Seh rotier. Die Erkrankungen der Gefä&e. 1899. Nothnagel» spesielle Pathologie und Therapie. ■ A. Pfibrara. Der akute Gelenkrheumatismus. Ebenda. O. Minkowski. Die Gicht. Ebenda. Leichtenstern. Influenza. Ebenda. — Malaria. Ebenda. J. K. Proksch. Über Venensyphilis. Bonn 1898. Erich Hoff mann. Über strangförmige Phlebitis im Frühstadium der Syphilis. Dermat. Zeitschr. Bd. X. H. 6. — Über Erythema nodosum und multiforme syphilitischen Ursprungs. Charite-Annalen. 27. Jahrgang. Max M a r k u s e. Über nodöse Syphilide („Erythema nodosum syphüitioum'') und syphilitische Phlebitis. Arch. f. D. u. S. Bd. LXm. p. 3. Stanislaus Schmidt. Phlebite rhumatismale. Gasette des hop. 1884. Nr. 88. M. Lannois. Sur un cas de phlebite rhumatismale. Rev. de m^d. 1881. Juni. p. 493. Widal. Phlebite rhumatismale avec autopsie. Rev. m^d. de Test. Nancy 1897. Rieder. Histologische Untersuchungen im Primärstadium der Syphilis. Deutsche med. Wochenschr. 1898. Nr. 9. Ernst Neisser. Über wandernde Phlebitis. Deutsche med. Wschr. 1903. Nr. 37. r 52 Basohke« Erklärung der Abbildungen auf Tai III. 1. Bachte nntere Extremität: An der Patella ein kleiner Knoten. An der Wadenregion netzartig angeordnete Knoten, Ewischen denen Pigmentlinien verlaufen entsprechend zurückgegangenen Infiltraten. Klei- nere Knoten an der Malleolargegend und dem Fußrücken. 2. Linke Knieregion: Vereinzelte streifenförmige und ein sich ga- belnder Knoten. Archiv f Dermatologie u,Syphili3 Band IXtU. Buschke-Rezi(iinciTiid<'v,-andiTiiilePhl.>bitis \ Ans der dermatologisclien Universitätsklinik von Professor Jadassohn in Bern. Zur Histologie der Skabies, Von Dr. Richard Tolk aus Wien. Es ist eine, seit man Pyodermien und Ekzeme zu sondern bemüht ist, wohl ziemlich allgemein anerkannte Anschau- ung, daß die bei der Skabies so oft auftretenden pustulösen und krustösen Effloreszenzen als nicht zum Ekzem gehörig von diesem abzutrennen und als Sekundärinfektionen; als Pyodermien aufzufassen sind. Daß für ihre Entstehung das Eratzen, d. h. die Entstehung kleiner Nekrosen und die Einimpfung von Staphylokokken in diese oder in die Follikel an sich schon eine genügende Erklärung abgeben kann, erscheint mir zweifellos. Anders verhält sich die Frage bezüglich des komplizieren- den und eigentlichen Ekzems. Von klinischer Seite bis in die letzte Zeit fast überall angenommen, fand diese Ansicht Ein- 4 gang selbst in die neuesten Lehrbücher, so von Lang, Neisser- Jadassohn etc. Ich zitiere beispielsweise Jarisch: „Morpho- logisch lassen sich die sekundären Krankheitserscheinungen charakterisieren als verschieden gestaltete Excoriationen, als papulöse, vesikulöse und selbst nässende Ekzeme etc.'' (p. 602), und Dubreuilh: „L'eczema est en effet la plus frequente des eruptions scabi6iques. H s'agit tantöt d'un eczema sec et squa- meux, tantöt d^un eczema humide, suintant ou croüteuz, com- plique souvent de suppuration .... Du reste, plus que toute autre eruption scabieique l'eczema est capable de se genera- liser et de s'etemiser.*' 54 Volk. Als Ursache dieser Ekzemeruption wurde gemeinhin das Eratzen angenommen, eine Ansicht, die auch in den eben zitierten Lehrbüchern vertreten ist Nachdem aber Unter- suchungen Yon Török und Rona ergeben hatten, daß man durch Scheuem und Eratzen der Haut selbst prädisponierter Individuen Ekzem nicht erzeugen konnte, waren auch die sogenannten „Eratzekzeme^ einer erneuten Prüfung bedürf- tig. Bona, welcher sich dieser Aufgabe unterzog, fand auffallenderweise unter 152 SkabiesfaUen 116, bei denen nur „hyperämisch-ödematöse Enötchen", die sich nie in Yesikeln verwandelten, zu konstatieren waren; bei den übrigen 34 waren nur sekundäre Infektionen, die sich natürlich auch bei den andern Fällen neben den Enötchen fanden, vorhanden. Von den erwähnten hyperämisch-ödematösen Enötchen hat Bona nur eines histologisch untersucht; EfBoreszenzen, welche er klinisdi und histologisch als Ekzem diagnostizieren konnte, üand er bloß in einem Falle und bei diesem glaubt er, daß nicht Skabies, sondern Schweiß die Ursache des Ekzems war. Er kommt zu dem Schlüsse, daß „bei den 152 Skabies- kranken unmittelbar durch die mechanischen Insulte keine solche Läsionen entstanden sind, welche wir mit Recht als „Ekzem** betrachten könnten*'. Nach R 6 n a gäbe es also bei der Skabies — von seltenen durch koinzidierende Momente zu erklärenden Eomplikationen abgesehen — außer den Gängen und außer den papulös-öde- matösen Enötchen nur die als Pyodermien zu deutenden Efflo- reszenzen. Zwei Erscheinungen aber bei der Skabies sind geeignet, gerade in Rücksicht auf die Ekzemfrage unser Interesse wach- zurufen: das sind einmal diejenigen Gänge, welche zu einem Teile über einem wasserhellen Bläschen verlaufen und dann kleine Papulo- Yesikeln und Yesikeln ohne makroskopisch nach- weisbaren Gang, wie sie sich speziell an den Händen nach meiner Erfahrung in nicht seltenen Fällen neben blaß- bis ziemlich intensivroten Enötchen und neben Pusteln (aber auch ohne solche) vorfinden. Der Milbengan^ selbst ist bekanntlich genan studiert nnd bescbrieben, zoletzt von Török, Unna nnd Schischa. Ans diesen üntersocfaungen Zur Histologie der Skabies. 55 ergibt sieh, daß er, wie dies schon R i e h 1 angenommen hatte, innerhalb der Homsohicht liegt; dort, wo letztere bq dönn ist, z. B. am Penis dringt zwar das Weibchen bis in die Eömersohicht yor, diese wird jedoch bald kerati- nisiert So schafft sich die Milbe also selbst das ihr zasagende Milieu, eine Erscheinung, die in ihren feineren Details allerdings noch des nähe- ren Stadiums bedarf. Dagegen ist jene Form, bei welcher der Gang über einem klaren Bläachen verläiift, histologisch wenig beachtet. Schi sc ha konnte bei einem Gange unterhalb der Milbenhöhle ein im Rete gelegenes Bläschen auffinden; bei allen Milbengängen war, wie dies auch schon Unna be- scfaveibt, eine Erweiterung der Saftspalten zwischen den Retezellen und eine Einwanderung von Leukocyten zu bemerken. Ich excidierte, am dieser Frage näher zu treten, einen Milbengang aus der Haut des kleinen Fingers, der über einer ziemlich großen, vollkommen klaren Blase verlief. Er wurde in Alkohol gehärtet, in einer Serie geschnitten, und teils mit polychromem Methylenblau, teils mit Haemalaun-Eosin gefärbt. Es bot sich folgender Befund: Die große Blase erweist sich als ein Hohlraum, der inner- halb des Epithels liegt und dessen Decke durch die Hom- Schicht und eventuell noch durch 1 — 2 Lagen Epithel gebildet wird ; über ihr ist der Milbengang samt MUbe und Eiern inner- halb der Homschicht au£sufinden, eine Kommunikation mit dem Bläschen besteht nicht; soweit stimmt mein Befund mit dem Unnas überein. In meinem Falle gewahrt man jedoch ferner neben dieser Blase, andere z. T. kleinere ebenfalls intraepithelial liegende Bläschen in den mittlidren und tieferen Schichten der Epidermis, deren Wand aus etwas gequollenen, auseinander- gedrängten Epithelien besteht und die mit der ersten nicht in Zusammenhang sind. Einzelne Bläschen werden durch Epithel- stränge septiert. Bei den größeren Blasen werden die wand- ständigen Epithelzellen offenbar durch den Druck wieder zusammengepreßt, so daß sie etwas in die Länge gezogen er- scheinen. In den Epithelschichten des Blasenbodens kann man an einzelnen Stellen wieder eine typische spongioide Umwand- lung und damit die Vorbereitung zu neuen Bläschen entdecken. Der Inhalt sämtlicher Blasen, auch der größten, besteht aus verhältnismäßig wenigen, meist mononucleären Leukocyten, ein- zelnen aus dem Zusammenhang gelösten Epithelien und einem feinen Netzwerk von geronnener Lymphe. Von Bakterien konnte ich nichts entdecken. Unna beschreibt im Bereiche der Körner- und obersten Stachelschicht interepitheliale Bläschen, die sich rasch nach ab- wärts und nach der Seite vergrößern ; auch das Auftreten kleinster Hornschichtbläschen erwähnt er und gerade diese Befunde ver- anlassen ihn, die Skabies zu den „feuchten Hautkatarrhen^ zu 56 Volk. rechnen. Ich möchte, um Wiederholungen zu ersparen, später im Zusammenhange mit anderen Befunden, zu deren Schilde- rung ich jetzt fibergehe, auf diesen Punkt zurückkommen. Wie schon erwähnt, sind die sogenannten sekundären Er- scheinungen bei der Skabies histologisch wenig untersucht. Wieder ist es Unna, der sich ihrer, allerdings wohl nur mehr gelegentlich angenommen hat: er excidierte 2 Bläschen in der Nähe Ton Milbengängen, von denen das eine durchscheinend, das andere undurchsichtig gelb war und ein weiteres Stadium des ersteren zu sein schien. Indes ergab die histologische Untersuchung, daß das gelbliche Bläschen eine Impetigo staphylogenes, das andere ein nach Unnas Meinung typisches Ekzembläschen war. Es handelte sich also bei beiden um eine Infektion, das einemal mit Staphylokokken, das anderemal jedoch mit Morokokken; die postskabiösen Bläschen waren diäier yerschiedener Natur. Wenngleich Unna die Morokokken im ursprfinglichen Sinne nicht mehr aufrecht erhält, so ist er doch von der para- sitären Natur des Ekzems noch überzeugt. Alle diejenigen, welche das Ekzem für eine ursprünglich bakterienfreie Er- krankung halten, werden dem zitierten Befunde Unnas gegen- über annehmen müssen, daß es sich auch bei seinem Ekzem- bläschen um eine bereits infizierte Effloreszenz — yielleicht ursprünglich ekzematöser Natur — gehandelt habe, wofür auch die zahlreichen Leukocytengruppen sprechen. Von den bei der Skabies auftretenden Knötchen, Papnlo- Vesikeln und reinen Yesikeln möchte ich die ersten wenigstens zum Teil mit den von Röna beschriebenen hyperämisch-öde- matösen Knötchen identifizieren. Bei dem einen von ihm unter- suchten solchen Gebilde fand Röna nur „eine kleine Erosion mit minimalem papillären und subpapillaren ödem und gering- fügiger perivaskulärer Infiltration", also nichts, was für eine Ekzemeffloreszenz spräche. Ich machte mir daher zur Aufgabe, gerade solche einzeln stehende Papelchen, resp. seröse Bläschen, die man, wie ich nochmals hervorheben möchte, sicher und nicht zu selten finden kann (wie im Gegensatz zu Rönas Befunden aus der Literatur und aus meinen Erfahrungen hervorgeht), auf ihren histologischen Bau zu untersuchen, um womöglich daraus Schlüsse auf den Prozeß ziehen zu können. — Solche Effloreszenzen findet man, wie bereits erwähnt, am besten und am reichlichsten am Dor- sum manus, wo sie sich offenbar infolge der dicken Hornschicht verhältnismäßig lange halten und vor sekundären Infektionen bewahrt bleiben. Durch 11 Ezcisionen gewann ich Material zur Untersuchung aller Effloreszenzen vom Knötchen bis zur Pustel, wovon die Mehrzahl allerdings makroskopisch reine Papelchen Zur Histologie der Skabies. 57 waren. Es wurden stets Serien geschnitten, mit Hämalaun- Eosin, Methylenblau, nach Gram, yan Gieson, nach der Weigert sehen Fibrinmethode gefärbt. Um midi nicht in Wiederholungen zu ergehen, möchte ich das Gesamtresultat der histologischen Untersuchung geben und nur einzelne, mir bemerkenswert erscheinende Details an- fuhren. Was zunächst die makroskopisch als Knötchen erscheiuen- den Effloreszenzen anlangt — ich möchte heryorheben, daß Herr Prof. Jadassohn die Güte hatte, die meisten mitzu- beobachten — so ließ sich selbst in den kleinsten mikroskopisch ein Bläschen nachweisen. Die Epithelien waren am Rande etwas gequollen und auseinandergedrängt durch ein intra- und inter- epitheliales Ödem; solche Epithelien bildeten auch die Um- grenzung des Bläschens. — Der Inhalt desselben bestand vor* zugsweise aus geronnener Lymphe, mit sehr gerioger Bei- mischung von mononucleären Leukocyten und losgelösten, sich etwas schlechter färbenden Epithelien, sehr selten kleinen Epithelkomplexen. Die rein serösen Bläschen waren von verschiedenster Größe, lagen teils yoUständig intraepithelial, oder auch so hoch, daß die Blasendecke nur durch die Homschicht gebildet wurde, deren unterste Lamellen mitunter zerstört waren. — Die Be- grenzung bildeten gelockerte und etwas geblähte Epithelien^ den Inhalt bald mehr, bald weniger, doch nie wirklich reich- liche Leukocyten, abgestofiene Epithelien und Lymphe, während Fibrin kaum nachzuweisen war. Bildete sich ein solches Bläs- chen in der Gegend eines Follikels, so war dessen Wand voll- kommen gut erhalten, auch das Epithel des FoUikelhalses nicht zerstört. Veränderungen iu der Homschicht in Form von Para- keratose waren zuweilen vorhanden. Trotz sorgfältigster Durchmusterung vieler Schnitte konnte ich weder in der epithelialen Wand, noch auch im Inhalt Bakterien nachweisen. In der darimterliegenden Cutis bestand nur leichte entzündliche Reaktion. Einen Fall möchte ich hervorheben. Es handelte sich um ein ganz kleines, hellrotes, nicht sehr scharf begrenztes Knöt- chen, das aus der Gegend des Handgelenkes eines Mannes exddiert wurde. Mikroskopisch entpuppte sich dieses Knötchen als seröses Bläschen, über dem die Homschicht in ihren ober- sten Lagen zerwühlt war; bald zeigten sich auch ovale, gelb- braune Körperchen, die weiters in einen kurzen, bis in die Mittellagen der Homschicht reichenden Gang zu liegen kamen, so daß deren Identifizierung mit Milbeneiern nicht schwer war. — Es handelte sich also um einen Milbengang über einem Bläschen der oben beschriebenen Art^ das sich als abakteriell 58 Volk. erwies. Eine Kommunikation zwischen beiden ließ sich nicht nachweisen. Makroskopisch hatte man von dem kleinen Gange nichts bemerkt. Einen ganz anderen Anblick bot ein kleines Pustelchen; in diesem fanden sich sehr zahlreiche, und zwar hauptsächlich poljnucleäre Leukocyten, yiel weniger Epithelien; die kutane Infiltration und Gefaßerweiterang war viel bedeutender. Den- noch ließ die ganze Anordnung und ein zweites in der Nähe sitzendes, intraepitheliales Bläschen Tom Charakter der früher beschriebenen den Gedanken auftauchen, daß ee sich um ein sekundär infiziertes seröses Bläschen handle; Bakterien konnte ich darin nicht sicher nachweisen. Ein an der Kuppe durchscheinendes, ziemUch großes, blaßrotes Knötchen bot die deutlichen Charakteristika einer FoUikulitiS; wie sie von Sabouraud präzisiert wurden: der Follikel in seinem oberen Teile, besonders am Follikelhals, kon- sumiert, zu beiden Seiten eitrige Bläschen, in denen sich, wenn auch spärlich, Kokken nachweisen lassen. Zur Kontrolle wurde auch eine Probeexcision von der Hand bei einer „Dysidrosis^ gemacht. Es standen auf einer sehr wenig geröteten Basis dichte, blasse, leicht durchscheinende Knötchen, bei deren Anstechen eine winzige, etwa Stecknadel - spitzgroße Menge vollkommen klarer Flüssigkeit zum Vor- schein kam. Im Mikroskop zeigt sich ein Bläschen, das nach oben yon der . dicken Homschicht, nach den anderen Seiten vom Epithel begrenzt wird; im Epithel unterhalb des Bläschens deutiiches intra- und interepitheliales Ödem, wodurch es zur Bildung kleinster Hohlräume kommt. Daneben findet sich ein vollständig intraepithelial gelegenes Bläschen; auch dieses vergrößert sich offenbar durch spongioide Umwandlung der umgebenden Epi- thelien. Der Inhalt besteht aus mehr weaiger reichlichen Leuko- cyten, denen besonders beim zweiten isolierte Epithelien bei- gemengt sind. Bakteriennach Färbung mit polychromem Methylen- blau nicht nachweisbar. Der Patient bekam im Verlaufe seiner Erkrankung ein über Rumpf und obere Extremitäten ausgebreitetes, papulöses Ekzem, wie dies schon Hutchinson als häufiges Vorkommnis beschreibt. In zwei excidierten Stückchen aus der Rückenhaut konnte ich kleinste intraepitheliale, seröse Bläschen erkennen, deren Begrenzungsepithelien spongioid umgewandelt waren. — Von Bakterien war nichts zu entdecken. Züchtungsversuche sowohl vom Ekzem des Rückens als auch von den Dysidrosisbläschen ergaben ein vollständig negatives Resultat. — Ebenso erwiesen sich die serösen Bläschen als steril, während ich von 2 Pusteln in der einen Zur Histologie 4er Skabies. 59 nur Staphylokokken, in der anderen neben diesen Strepto- kokken nachweisen konnte. Noch einer Effioreszenzform möchte ich Erwähnung tun, die bei der Skabies nicht selten vorkommt und auch zu diagno- stischen Irrtümern Anlaß geben kann. Es sind das jene papu- lösen Effloreszenzen am Präputium und an der Glans, die mitunter so derb und groß werden können, daß sie den Verdacht einer spezifischen Papel, ja so^^ar eines Primäraffektes erwecken. Ich excidierte eine solche Papel, femer auch ein etwas derberes, rotgefärbtes Infiltrat an der Unterseite des Präpu- tiums. — Beides bot histologisch dasselbe Bild. In der Cutis fand sich bis ziemlich tief hinab ein ausgedehntes, in der Mitte mehr einheitliches, an der Peripherie mehr auf die Oefaß- Umgebung beschränktes, lockeres kleinzelliges Infiltrat, das Gewebe durch starkes ödem auseinandergedrängt, die Gefäße erweitert. Von syphilitischen Effloreszenzen fällt die histologische Unterscheidung wohl nicht schwer, wenn man beachtet, daß Gefaßwandveränderungen nicht aufzufinden sind ; Plasmazellen konnte ich zwar eingestreut zwischen den Leukocyten nach- weisen, doch nie in solchen Massen, daß sie ein wirkliches Plasmomgewebe bildeten. Das Epithel zeigte an einer Stelle eine leichte Blutung, mehrfach streckenweise Parakeratose, die oft so weit ins Bete hinabreichte, daß die Stachelschicht ganz fehlte; an solchen Stellen war die Infiltration oft bis ins Epithel zu verfolgen. Der Skabiesgang war augenscheinlich schon exfoliiert. Der histologische Befund erklärt die klinisch wahrnehmbare Tiefe und Derbheit dieser Infiltrate. Ich glaube, daß durch das vorstehend mitgeteilte histo- logische Material eine alte klinische Erfahrung ihre histologische Bestätigung auch im modernen Sinne erfahren hat. Diese Er- fahrung kann man jetzt so formulieren: Neben den durch Sekundärinfektion an der Haut zustandekommen- den Pyodermien gibt es bei der Skabies auch noch eigentliche Ekzem- Effloreszenzen. Nach den Untersuchungen von Unna, Sabouraud, Ereibich, Scholtz, Frederic und mancher Anderen kann man als histologische Charakteristika des papulo-vesi- kulösen Ekzems wohl aufstellen : Intraepitheliale Bläschen, deren Inhalt vorwiegend serös ist — mit nur geringer Beimengung Ton Leukocyten und Epithelien; die Entstehung derselben er- folgt durch spongioide Umwandlung des Epithels, die sich auch noch in der Bläschenwand erkennen läßt; die Hornschicht zeigt 60 Volk. oft parakeratotische Veränderangen. — Als wichtiges Charakte- ristikum fuhren die meisten Untersucher noch das Fehlen yon Bakterien in den Bläschen an, während besonders Unna be- kanntlich an die bakterielle Natur des Ekzems glaubt. Beim Vergleich der vorhergehenden Schilderung der Knötchen und Vesikeln bei der Skabies mit der Ekzem-Be- schreibung ergibt sich die Behauptung, daß bei der Skabies sicher eine Eruptionsform zu stände kommt, die sich histo- logisch vom „Eczema vrai^ (im morphologischen Sinne) nicht unterscheiden läßt. Ich möchte auch noch mit eim'gen Worten auf den Fall yon „Dysidrosis" zurückkommen, da er mir in zweierlei Hin- sicht interessant zu sein scheint. Er beweist zunächst, daß das Bläschen zumindest nicht immer anfangs unmittelbar unterhalb der Homschicht liegen maß, wie dies Unna annimmt, dem sich auch Scholtz anzuschließen scheint; denn das zweite unserer Bläschen lag innerhalb der Reteschichten. Andererseits ist aber entgegen der Ansicht Unnas das Bläschen der Gheiro- pompholyx nicht als reines Verdrängungsbläschen aufzufassen, da sich dessen Vergrößerung durch spongioide Umwandlung des Epithels, wenigstens in meinem Falle, deutlich erkennen läßt. — Ohne auf die Bedeutung der yon Unna als Erreger angegebenen Bakterien mangels eigener Erfahrung eingehen zu können, glaube ich, daß histologisch (wie dies Jadassohn auch für die Klinik dieser Form behauptet hat) ein prinzipieller Unterschied zwischen Dysidrosis und Eczema yrai nicht zu zu machen ist, — Gewisse Eigentümlichkeiten der ersteren lassen sich wohl durch die Beschaffenheit des Bodens, auf dem sie entsteht, erklären. Es bleibt mir noch übrig, auf die Pathogenese der Ekzem- efHoreszenzen bei Skabies einzugehen. Zunächst wäre natürlich an das Jucken und das damit verbundene Kratzen zu denken. Doch konnte Török durch Scheuem der Haut nie eine solche Serumexsudation heryorrufen, daß eine Bläscheneruption auf- getreten wäre. Röna vermochte ebenfalls nie durch Kratzen ein vesikulöses Ekzem zu erzeugen, sondern nur Excoriationen, flüchtige reaktive Hyperämie und geringes Ödem, nur in be- sonders günstigen Fällen kam es zur Lichenifikation. — Wollte man trotzdem an der ätiologischen Bedeutung des Kratzens festhalten, so könnte man sie nur für die Papeln supponieren, während man für das Zustandekommen der Vesikeln andere Ursachen annehmen müßte, eine Auffassung, die umso ge- zwungener wäre, als histologisch wenigstens in allen von mir untersuchten Papeln schon Bläschenbildung nachweisbar war. Zar Histologie der Skabies. gX Eine andere Erklärungsmöglichkeit wäre die durch supponierte Ekzemerreger, die wir mit unseren Methoden nicht nadiweisen können; denn Staphylokokken als solche anzu- nehmen, dafür konnte ich durch meine Untersucbuugen ahsolut keinen Anhaltspunkt gewinnen ; dies steht auch in bester Über- einstimmung mit den Befunden der meisten anderen Unter- sucher. Doch könnte man immerhin noch die Möglichkeit zugeben, daß durch die Skabies die Haut des Betreffenden zur ekzem- artigen Erkrankung disponiert wfirde; es müßte die letztere i'a nicht durch Staphylokokken provoziert werden, son'äem es Lönnten deren Toxine genügen. — Dagegen spricht jedoch zweierlei: Angenommen selbst, daß die Experimente von Bockhardt, Bender und Gerlach wirklich die staphylo- toxische Natur des Ekzems bewiesen hätten, so wäre es sehr aufiEEJlend, daß bei der Skabies ekzematöse Effloreszenzen so häufig aufträten — selbst in Fällen, in denen Pyodermien nicht oder nur sehr spärlich Torhanden sind, während andere mit Jucken, Kratzen und Pyodermien einhergehende Dermatosen (z. B. die durch Pedicuü yestimentorum bedingten) zu diesen nicht (oder sehr viel seltener?) Veranlassung geben. Man könnte sich kaum yorstellen, warum gerade die Skabies die Disposition für diese Termeintliche Staphylo-Toxicodermie so besonaers er- höhen sollte. (Wenn ich sage, daß ekzematöse EfBoreszenzen bei Skabies häufig sind, so tue ich das nicht bloß auf Grund meiner eigenen f Erfahrung, sondern weil ich allerdings nach meinen histolo- gischen Befunden glaube, daß unter den hyperämisch-ödema- tösen Knötchen, welche R 6 na in 118 Fällen gefunden hat, ein guter Teil histologisch schon Papulo-Vesikeln gewesen sein mögen.) I Dann aber muß gegen die oben gemachte Annahme an- I gefuhrt werden, daß die Befunde yon Bockhardt, Bender I und G e r la ch einer kritischen Nachprüfung nicht stand hielten, wie M. Neisser und A. Lipstein berichten. Diese Autoren konnten ein Ekzem von annähernd gleicher Intensität wie durch Staphylotoxin, auch durch inaktiTiertes Toxin, ja durch reine Bouillon derselben Alcalescenz erzeugen, während durch Anti- staphylotoxin keine Neutralisierung der Toxinwirkung erzeugt werden konnte, weshalb sie das Ekzem nicht als spezifische Wirkung des Toxins, sondern als Reaktion auf ein chemisches Irritament (alkalische Bouillon) aufgefaßt wissen wollen. Schließlich wäre aber noch eine Erklärung möglich, und diese möchte ich für die wahrscheinlichste halten. — Zur Her- Yorrufung der ekzemähnlichen Bläschen bei der Skabies i 62 Volk. brauchte man gär nicht eine Dispositionserhöhung und eine der Skabies fremde Noxe anzunehmen, sondern die Skabies- milbe selbst, resp. deren toxische Substanzen können diese Ver- änderungen zu Stande bringen. Auch Jarisch meiöt, daß zu den primären Skabieseffloreszenzen rote, oberflächlich gelegene entzündliche Knötchen und Bläschen gehören, hervorgerufen durch die Einwirkungen der Milbenmännchen und Larven; sie unterscheiden sich klinisch durch nichts vom Ekzem. Für das sog^iannte sekundäre Ekzem nimmt er dagegen das Eratzen als Ursache an. — Bona macht für die Entstehung eines Teiles seiner papulo-ödematösen Knötchen Milben und deren Wirkungen auf die Haut verantwortlich. Strikte Beweise für diese Behauptungen hat keiner von beiden gebracht. Es ist mir, wie ich glaube, gelungen, diese Anschauung noch wahrscheinlicher zu machen. Ich verweise auf das Bläschen unter einem Milbengange und auf das Knötchen, über dem sich Milben- eier fanden ; beide erwiesen sich als histologisch typische, voll- kommen sterile Ekzembläschen, die, wie ich annehmen möchte, durch die Milbe selbst oder deren Stoffwechselprodukte hervor- gerufen worden sind. Wie der Palex, die Gimex, die Biene und viele andere höher organisierte Lebewesen durch ihr Gift bestimmte Veränderungen der Haut hervorrufen, so könnte das Reaktions- produkt auf die Schädlichkeit der Skabies ein Ekzembläscheu sein. Bei der raschen Vermehrung der Milben, bei der großen Anzahl der männlichen Milben, von deren Wirkung wir eigent- lich noch wenig wissen, wird es uns nicht wundernehmen, daß es bei längerer Dauer der Erkrankung zu Eruptionen gleicher Art auch sonst auf dem Körper kommen kann, während dies zunächst an den Lieblingsorten der Milbe der Fall ist. — Für diese Anschauung spricht auch, daß die Papeln und Papulo- Vesikeln, in denen man histologisch nichts von Milben oder Eiern findet, histologisch ganz übereinstimmen mit den Bläschen, wie ich sie unter einem typischen Gange gefunden habe. Der zwingende Beweis für diese Behauptung wäre nur so zu fuhren, daß man Milben züchtete und sie dann auf die Haut einriebe. — Damit hätte ich die Jarisch- R6 nasche Hypothese dahin erweitert, daß ich das ganze Bild der Skabies mit Ausnahme der SekundärinfektioDen einheitlich auf Milbenwirkung zu- rückführe. Zur Histologie der Skabies. 63 Akzeptiert man diese Annahme, so muß man die ekzema- tösen Effloreszenzen bei Skabies als durch den Parasiten resp. durch dessen Gifte entstanden auffassen. Es würde damit ein neuer Beweis dafür erbracht sein, daß bestimmte chemische Substanzen Effloreszenzen herrorrufen können, welche den ekzematösen klinisch und histologisch gleich sehen — wobei es vorerst gleichgültig ist^ ob die toxischen Wirkungen, die wir bei der Skabiesmilbe voraussetzen müssen, nachOerlachs Annahme (zit nach J arisch) auf Eantharidin oder auf einer anderen reizenden Flüssigkeit beruhen. Es wäre dieser Fall dann ein neuer Beweis für den von Fr6deric versuchten Nachweis, daß sich zwischen manchen artefiziellen Dermatitiden, resp. Toxikodermien und ekzematösen Effloreszenzen prinzipielle Unterschiede nicht auffinden lassen. Damit wäre aber zugleich von neuem die große Schwierigkeit erwiesen, im Sinne mancher französischer Autoren eine Grenze zu ziehen zwischen dem ^Eczema maladie" und dem „Eczema Syndrome^. Zum Schlüsse ist es mir angenehme Pflicht, Herrn Prof. Jadassohn für das mir stets bewiesene Interesse an der vorliegenden Arbeit meinen besten Dank auszusprechen. 6i Volk. Literatur. Bender, Boekhardt und Gerlach. Monatshefte ftür pr. Der- matologie. Bd. 83. Dnbrenilh. La pratiqae dermatoL T. n Fr^d^ric. Manch, med. Woch. 1901. Jadassohn. Eczem. Internat derm. Congr. Paris 190D. J arisch. Die Hantkrankheiten. Nothnagels Handb. Bd. 8i. Ereibieh. AnnaL de dermatoL 1900. Festschr. f. Kaposi. Lang. Lehrb. d. Haatkrankh. Neisser-Jadassohn. Krankheiten der Haat in Ebstein-Schwalbe, Handb. d. prakt. Mediz. M. Neisser und Li p stein. Die Staphylokokken in KoUe- Wasser- mann. Handb. d. pathog. Mikroorgan. RiehL Wien. med. Bl&tter 1888. B6na. Arch. f. Dermat Bd. 63. Sohischa. Arch. f. Dermat. Bd. 68. Sc holt z und Raab. Annal. d. Dermat. 1901. Scholtz. Yerhandlongen d. deutsch, dermat. Qes. Breslan 1900. Tdrök. Arch. f. Dermat. Bd. 63. Unna. Histopathol. d. Haatkrankh. Ans dem I. anatomischen Institute der k. k. üniversit&t Wien. Zur Technik der intramuskulären Injektionen. Von Dr. Siegfried Grosz. . (Mit einer Figur im Texte.) In dem Maße, als die InjektionsbebandluDg der Syphilis sich steigender Anwendung erfreut, macht sich das erhöhte Bestreben geltend die Mängel, welche dieser Methode anhaften, zu beseitigen. Als solche sind vor allem die nach der In- jektion auftretende lokale Schmerzhaftigkeit, ferner die Aus- bildung von Infiltrationen, Indurationen, Erweichungen des Ge- webes, Blutungen,'} ei^dlich das allerdings seltene Ereignis einer Embolie zu nennen, Zufälle, welche der souveränen Anwendung der Injektionstherapie entgegenwirken« Als literarische Belege seien genannt die bezüglichen Mitteilangen von Smirnoff, Bnneberg, Lukasiewicz, Harttang, Jadassohn und Zeising, Lesier, Watraszewski, Quincke, Oedmannsson, und andere. Wolters bemerkt, daß einige Zeit nach der Injektion „bei ge- nauer Palpation der Glutaei in der Tiefe regelmäßig kleine, feste Knoten von ungefähr Kirschgroße su tasten sind, die, wenn ziemlich frisch, auf ^) Möller (Archiv für Dermatologie 1896, 37) schreibt: „Auch Arterien können bei der Ii^ektion lädiert werden. In einem meiner Fälle entstand fast unmittelbar nach dieser eine bedeutende intramuskuläre Blutung mit sehr starker Auftreibnng der Olutäalregion und eine mehr als flachhandgroße Suffusion. Die Schmerzen des Patienten waren ungefähr 14 Tage sehr stark, doch widersetzte er sich einem operativen Eingrifl. Endlich kam es zu brandiger Abstoßung, obgleich ziemlicli oberflächlich und zuletzt zur Heilung und Resorption.^ Areh. f. Derxnat. n. Syph. Bd. LXXII. 5 C6 Gross. tUriceren Dmck teliBierzliaft waren. Bei Patienten, welche mehrere lo- jektionaknren dorchmachen, gerät man mit der Ii^ektionniadel nicht selten in einen derartigen festen Herd, der einen bedeutenden Widerstand bietet nnd der dadurch ebenso wie doreh die intensire Schmerzhaftigfceit die Injektion an dieser Stelle nnmögüeh macht*. Diese £r£üimngen Ton Wolters, die sich anf nnlösliche Prä- parate (speziell Salisjlqaecksilber) besiehen, gelten mntatis mntandts aach für die löslichen Salze. Der Unterschied in der lokalen Wirkung der Injektion, die sich ans einer mechanischen und chemischen Kom- ponente zusammensetzt, kann wohl nur ein gradueller sein. Zweifellos sind die erwähnten Inkonvenienzen seltener ge- worden, seit wir mit einwandsfreien Präparaten und mit den Behelfen der modernen Asepsis arbeiten. In der Suche nach neuen quecksilberhaltigen lösUchen und unlöslichen Verbindungen gipfeln auch gewöhnlich die Be- strebungen aaf diesem Gebiete; der Zusatz anästhesierender Substanzen zur Injektionsflässigkeit (Cocain, Orthoform, An- ästhesin) hat keine nennenswerten praktischen Erfolge gebracht Im Gegensatze hiezu nehmen die im Nachstehenden mit- geteilten Versuche die Frage auf nach dem Orte, an welchem das intramuskuläre Quecksilberdepot mit Vorteil abzugeben sei. Unsere Versuche betreffen ausschließlich die für die intramuskulären Injektionen besonders bcTorzugte Regio glutaealis. Sie wurden an der Leiche aus- geführt. Die erwähnte Region wurde durch ein Feldersystem abgeteilt, das die genauere Bezeichnung bestimmter Punkte ermöglichte und ihre Aufifindbarkeit immer wieder mühelos gestattete. An solchen Punkten wurde die Nadel einer Pravaz sehen Spritze senkrecht eingestochen und der Spritzeninhalt (1 cm^ blauer Gelatine) entleert. Beim Zurückziehen der Nadel wurden in den Gang einige Tropfen der Gelatine gespritzt, um derart bei der nachfolgenden Präparation Gang und Depot leichter auffinden zu können. Die Länge der yerwendeten Kanüle betrug 3 bis 3Vs cm. Da die durch yorgängiges Erwärmen yerflüssigte Gelatine nach der Einspritzung in loco erstarrt, war es möglich, die nach dem Orte der gesetzten Injektion schwankende Form des Depots zu bestimmen, ein Umstand, der auch für die lokale Wir- kung der Einspritzung nicht ohne Bedeutung scheint Zur Teclinik der intramoskul&ren Injektionen. 67 Das erwähnte Feldersystem war durch folgende Linien gegeben : 08 GroBz. a) eine Horizontale, welche die beiden Tubera ossis ischi verbindet und beiderseits nach außen verlängert wird (a) ; ß) eine Horizontale, welche die beiden Trocbanteren ver- bindet (ß) ; y) eine über die dorsale Rumpffläche verlaufende, die beiden Spinae anteriores superiores verbindende Horizontale (/) ; d) eine Senkrechte durch die Tubera ossis ischi auf Linie a jederseits (d); e) die Entfernung zwischen Trochanter und dem Schnitt- punkt von a und d wird halbiert, daselbst eine Senkrechte errichtet (e). Aufierdem werden die Halbierungspunkte der genannten Linien, femers die Schnittpunkte der Diagonalen der ent- standenen Rechtecke bestimmt Die bei der Präparation gewonnenen Resultate sollen nun- mehr in der Reihenfolge der einzelnen Ii^ektionsstellen wieder- gegeben werden. (Siehe Figur.) Punkt I: Das Depot liegt dem Nervus ischiadicus auf. Neisser, Dopter und Tanten beobachteten das Auftreten einer Neuritis nervi ischiadici nach intramuskulärer Injektion; in einem Falle mit konsekutiver Muskelatrophie. Punkt H: Das Depot liegt noch teilweise im M. glutaeus maximus, zum Teil in dem unter dem Glutaeus gelegenen fett- reichen Bindegewebe, das durch die Urspmngsstelle des M. bieeps femoris etwas vorgewulstet ist. Lateral von diesem Wulst, aber viel tiefer ist der Nervus ischiadicus zu tasten. Punkt III: Das Depot liegt unter dem M. glutaeus maximus, dem Nervus ischiadicus dicht auf. Eine kleine Partie des Depots liegt unterhalb des Nervus ischiadicus an seiner lateralen Seite in dem Bindegewebe, das dem M. qua- dratus femoris auflagert. Punkt IV: Ein Teil des Depots sitzt im M. glutaeus maximus, während der tiefere Anteil desselben an der lateralen Seite des Tuber ossis ischi gelagert ist. Über die freie Fläche des Tuber zog in einem Falle ein starker Ast der Arteria glutaea inferior mit zwei Begleitvenen. Normalerweise sind diese Gefäße sehr schwach. Zur Technik der intramaskalären Injektionen. g9 Punkt V: Ein Teil des Depots liegt dem Periost des Taber ossis ischi auf, ein weiterer Teil ist längs dem medialen scharfen Bande des Ligamentum tuberoso-sacrum in die Tiefe gegangen und hat sich in der Nähe der Yasa pudenda interna, zum Teil sogar im Bereiche des M. obturator internus aus- gebreitet Punkt VI : Das Depot liegt im M. glutaeus maximus und reicht bis in den M. glutaeus medius hinein. Punkt VU: Depot im M. glutaeus maximus. Dieser ist hier als nahe an seiner Ursprungsstelle muskelschwächer. Ein Teil des Depots an der lunenfläche des M. glutaeus maximus unmittelbar auf der Austrittsstelle des A. glutaea inferior, welche hier unter dem Ligamentum tuberoso-sacrum hervor- kommt. Punkt VIII: In der Tiefe, etwas nach außen vom Depot, die Yasa glutaea inferiora und der Nerr. Punkt IX : Das Depot liegt gut abgegrenzt im M. glutaeus medius. Punkt X: Das Depot liegt gut abgegrenzt im M. glutaeus maximus. Punkt XI : Das Depot liegt in der Substanz des M. pyri- formis, da die Injektionsnadel an der lateralen Seite des An- satzes des Ligamentum tuberoso-sacrum am Sacrum selbst vorbei in diesen Muskel geraten ist. Unterhalb des Depots der Plexus sacralis. Punkt XII: Das Depot sitzt in dem hier schon ver- dünnten M. glutaeus maximus, verteilt sich entsprechend der Fasemng desselben von innen oben nach außen unten. Tiefer liegt das Depot auf dem aponeurotischen Abschnitte des M. glutaeus medius, perforiert noch den Muskel und reicht bis in das epiperiostale Fettgewebe. In diesem eine Anzahl stärkerer Venen angehorig dem Gebiete der Y. glutaea inferior. Eine interessante Analogie zu dieser Tendenz des In- jektums sich nach den gegebenen lokalen Gewebsverhältnissen auch flächenförmig auszubreiten, bieten die von Harttung mitgeteilten Injektionsversuche (mit Ealomel) bei Tieren. Er berichtet: „Bei Hunden und Kaninchen, denen ich intramuskuläre Injektionen machte, fand sich 2 bis 3 Stunden nach der Ein- 70 GroBz. spritzung das Kaloxnel je nach dem Orte der Injektion nicht gleichmäßig verteilt. Im Muskel waren die Zerreißungen und der Zerfall der einzelnen Fasern sehr erheblich; hier lag auch nicht alles Ealomel an einem Orte, es fanden sich jedesmal mehrere allerdings wenig räumlich getrennte Haufen, deren jeder an seinem Platze erhebliche traumatische Veränderungen geschaffen hatte. Im ganzen gewann man den Eindruck, als sei durch die aktive Tätigkeit des Muskels nach den Injektionen eine Fortbewegung des Salzes bewirkt, da besonders zwischen den ein- zelnen Fibrillen sich lange Streifen des deutlich erkennbaren Ealomels hinzogen/ Das Ergebnis unserer Versuche lehrt nun, daß nicht nur die aktive Muskeltätigkeit den Transport des Depots besorgt, sondern auch die lokale Beschaffenheit der Gewebe, die Schwere, der bei der Einspritzung wirkende Druck eine Fortbewegung des Injektums veranlassen können. Diese Beispiele — als solche sollen die angefahrten Aus- züge unserer Protokolle angesehen werden — genügen, um unserem Vorgehen bei der intramuskulären Injektion Richtung und Ziel zu geben« Wir sind ims vor allem wohlbewußt, daß die an der Leiche erhaltenen Resultate die beim Lebenden zu gewärtigenden outrieren, da hier der Turgor des blutdurchströmten Qewebes die zu durchdringenden Schichten dichter und resistenter macht. Aber einerseits ist es möglich, daß bei fett- und muskelarmen Personen die Verhältnisse denen an der Leiche nahekommen, anderseits genügt ja in vivo, daß das im Anschlüsse an die Injektion sich ausbildende Infiltrat auch in weiterer Nach- barschaft von Gefäßen und Nerven durch Druck auf diese Ge- bilde schädigend einwirkt Das Studium der einschlägigen Literatur gibt uns für jede dieser Möglichkeiten Belege zur Hand. Nur zu oft setzt sich die tägliche Praxis über jene ana- tomischen Tatsachen hinweg, die schon ein flüchtiges Studium der Topographie der Regio glutaealis zu lehren vermag, und darum kann es nur von Gewinn sein, an Stelle dieses Agierens auf gut Glück ein Handeln nach festen Normen zu setzen. Ah Ergebnis unserer Untersuchungen geht hervor: Zur Technik der intramaskulären Injektionen. 71 Das Dreieck, das durch unsere Punkte VI, IX und X gegeben ist, ergibt mit seinen Seiten und der durch sie begrenzten Fläche jene Zone, in welcher die intramuskulären Injektionen aus- geführt werden sollen. Punkt VI liegt in der Trochanterenlinie und zwar in der Mitte zwischen Tuber ossis ischi und dem Trochanter. Punkt IX liegt in derselben Sagittalen und zwar in der Mitte zwischen VI und der Spinalinie. Punkt X liegt in der Höhe von Punkt IX, in der Mitte der Entfernung zwischen Trochanter und Grena ani. Es empfiehlt sich auch an diesen Punkten die Nadel nicht senkrecht einzustoßen und den Spritzeninhalt zu entleeren,, sondern vielmehr, sowie man den Widerstand des Muskelgewebes spurt, die Nadel (indem man die Spritze senkt) von außen unten nach innen oben zu führen,^) da man so mit Sicherheit in der Muskelsubstanz des M. glutaeus maximus bleibt und der Flüssigkeit die Ausbreitung entlang der schrägen Faserung dieses Muskels erleichtert Bei fettreichen Personen muß man dementsprechend um vieles längere Kanülen verwenden. Wir sind über die lokalen Wirkungen der gesetzten De- pots unlöslicher Quecksilberpräparate durch zahlreiche Arbeiten dahin belehrt, daß es sich hiebei um reaktive muskuläre und bindegewebige Entzündungen handelt, die in ihrer Intensität nach der Menge und den Eigenschaften des verwendeten Prä- parates variieren (Wolters, Allgeyer u. a.)* Die durch lösliche Salze hervorgerufenen Erscheinungen am Orte der In- jektion sind von den ersteren offenbar nur graduell verschieden. Immer wird die Reaktion dort geringer sein, wo das 6e- fuge des Muskels der flächenhaften Ausbreitung der einge- spritzten Flüssigkeit weniger Widerstand bietet, wo eventuell die vorgebildeten Gewebswege einem Abfließen nach den tiefer gelegenen Partien günstig sind. ') Vergleiche hieza eine gelegentliche Bemerkung Barth^lemyB (Annftles de dermaiologie 1901, p. 861): fj\ faut faire lea injeotions obliquement, beancoup plus en dehors de la fesse qu^on ne le fait g^neralenient et en tont caa jamais en pleine fesse.'' 72 Gross. Bezeichnet somit die gefundene Zone jene Punkte der Glutaealregion, welche bei der intramuskulären L^jektion den Vorzug verdienen und« betreffs Vermeidung der yerschiedenen örtlichen Nebenwirkungen die gfinstigsten Chancen bieten, so kann selbstverständlich auch die tibrige Glutaealpartie benätzt werden, wenn man die Technik der Einspritzung in der an- gegeben Weise modifiziert, so daß man die Gewißheit hat, in der Muskelmasse des Glutaeus maximus zu bleiben. Man wird also beispielsweise in der Nähe der Glutaealfalte den Muskel in der Richtung von unten nach oben durchstechen müssen. Vergleichen wir nunmehr die gewonnenen Resultate mit den in der Literatur vorliegenden Angaben, so haben wir hier zunächst zu nennen: a) Den Punkt von Smirnoff: la fossette retro- trochanterienne. Die Regio trochanterica setzt sich gegen die Hinterbacke durch eine bei muskulösen Menschen immer deut- liche Grube ab, welche die Grenze des Muskelfleisches des M. glutaeus maximus bezeichnet. Auch nach vorne wird die Gegend durch eine seichte Einsenkung begrenzt, welche am hinteren Kontur des M. tensor fasciae latae herabzieht. Ist die Muskulatur schwächer oder wird der Fettgehalt des Sub- kutangewebes ein stärkerer, was beim weiblichen Geschlechte sehr gewöhnlich auch in dieser Gegend der Fall zu sein pflegt, dann verstreichen diese Gruben vollständig und machen einer gleichmäßigen Rundung Platz. (Fr. Merkel, Handbuch der topographischen Anatomie, EL Band.) Man injiziert hier also durch die Aponeurose des M. glutaeus maximus in das darunterliegende Muskelfleisch und die an Ge- fäßen und Nerven reiche Schichte, welche sich zwischen Glutaeus maximus und medius ausbreitet, gerät überdies bei langen Stichkanälen in bedenkliche Nähe des Hüftgelenkes. Der laterale Rand des Muskelfleisches des M. glutaeus maximus entspricht in der Höhe der Trochanterenlinie etwa unserem Punkt VI. Es empfiehlt sich nicht nach außen von diesem Punkt zu gehen. b) Den Punkt von Galliot Er ist gegeben durch den Schnittpunkt zweier Linien. Die Horizontale zieht zwei Zur Technik der intramaskulären Injektionen. 73 Querfinger breit aber dem Trochanter jederseits, die Vertikale zieht über das innere Drittel des Gefäßes herab. Demnach li^gt der Galliotsche Punkt zwischen unseren Punkten I und XI in der auf den Tuber ossis ischi errichteten Senkrechten. Er ist nicht zu empfehlen. (Siehe Figur: b.) e) Den Punkt Ton Barthelemy. Er liegt in der Mitte einer Linie, welche den Gipfel der Crena ani mit der Spina anterior superior verbindet, entspricht etwa unserem Punkt X und ist als sehr günstig zu bezeichnen.^) (Siehe Figur: c.) Nach D 0 p t e r und Tanten^) liegt die ,,Zone dangereuse^ des Nervus ischiadicus in einer Linie, welche zwei Querfinger nach außen von der Spina posterior superior beginnt und gegen den Schnittpunkt zwischen Glutaealfurche und der Achse des Oberschenkels verläuft. Über Versuche an Leichen berichtet Maguus Möller.^) Er injizierte an drei verschiedenen Stellen der Glutaealregion eine Paraffinsuspension von essigsaurem Thymolquecksilber und zwar: 1. Im obersten Teile des M. glutaeus maximus, ungefähr 3 bis 5 cm von der Crista ileL Die Iigektionsmasse wurde jedesmal im M. glutaeus maximus 0*5 — I cm von dessen Oberfläche gefunden. Kein Gefäß von bemerkenswerter Größe konnte in der Nähe des Depots kon- statiert werden. 2. Ungefähr 2 cm hinter und 1 cm oberhalb der hinteren oberen Spitze des Trochanter major. Das Depot wurde in einem Falle im M. glutaeus maximus nahe an dessen unterer Fläche gefunden; zweimal in dem 1) Fournier: Traitement de la Syphilis. Alfred Levy -Bing: Lee iigeetiona intra-muscnlaires dans la syphilia. Paris 1908. *) Semaine medicale 1901, p. 812. *) Magnna Möller: Zur Frage von der Iniektionstechnik bei der Behandlung der Syphilis. Archiv f&r Dermatologie und Syphilis, XXXIX. Band, 1897. 74 Gross. lockeren Bindegewebe zwischen diesem Muskel einerseits und dem M. glutaeus medius und pyriformis anderseits; einmal unter dem H. pyriformis im Bindegewebe zwischen diesem und dem M. .glutaeus minimus. 3. In dem Mittelpunkte zwischen der Spina ilei posterior superior und der unteren Fläche des Tuber ischi, 6 cm von der Medianlinie. Fünf an dieser Stelle applizierte Injektionen wurden an nahezu demselben Orte angetro£Een, nämlich unter dem M. 'glutaeus maximus, unter dem unteren Rande des M. pyriformis, in dem lockeren Gewebe um die Yena ischiadica (oder den reichen Venenplezus, welcher sich fiüher oder später zu einer Vena ischiadica sammelt), an der Arteria ischiadica und dem Nervus ischiadicus, in unmittelbarer Nähe derselben. In einem Falle war die Injektionsmasse in die Vena ischiadica gedrungen, von wo aus dieselbe bis in die Vena hypogastrica und deren Verzweigungen yerfolgt werden konnte. Möller rät endlich, man möge sich bei den intra- muskulären Injektionen an jene Teile der Glutaealregion halten, welche oberhalb der Horizontallinie liegen, welche die obere Spitze des Trochanter major tangiert* Wir erwähnen endlich eine bezügliche Angabe von J a d a s- sohn,^) welche lautet: „Alle diese Injektionen werden am besten in der Glntaealgegend gemacht und zwar im äußeren and oberen Quadraten derselben (die Grenie zwischen ftußerem und mittlerem Drittel einer vom Trochanter aus nach dem ol>eren Ende der Crena ani gezogenen Linie stellt etwa den Mittelpunkt der geeignetsten Region dar).^ In diese Region wären somit auch einbezogen: Die fossa trochanterica, die man besser nicht be- nützt, unser Punkt YII, der ebenfalls zu vermeiden ist. Auch von Epstein, Grouven werden die oberen äußeren Qua- dranten der Glutaealgegend bei den Injektionen bevorzugt. Diesen Literaturangaben wäre noch manche gleichlautende anzufügen, in vielen Lehr- und Handbüchern vermißt man jedweden bezäglichen Hinweis, so daß das Bedfirfiiis entstand, die Frage durch exakte Versuche einer Lösung zuzuführen. Dieselbe ist durch Vorstehendes angebahnt. *) Handbuch der praktischen Medizin von Ebstein und Schwalbe. 1900. Zur Technik der inirmmuskulären IniektioDen. 75 Wir wollen hoffen, daß die Würdigung unserer Versuche dazu Terhilft, die unangenehmen Zufälle und Gefahren der intramuskulären Injektionen weiter zu beschränken und so der Anwendung dieser Methode neue Freunde zu gewinnen. 76 Grosz. Literatur. 1. Allgeyer. Über YerändernDgen im menschlichen Mnskel nach Ealomelii^jektionen. Arch. för Dermal, n. Syphilis. LY. Band. 2. Dan loa. Annales de dermat. 1899. 8. Epstein. Archiv für Dermat. 1897. 40. 4. Epstein. Über Orthoform bzw. Orthoform neu als Znsatz zn Qaeoksilberparaffinemalsionen. Dermat. Zentralblatt. 1899. 5. Grouven. Über Nebenwirkungen bei intramuskulärer In- jektion von Hydrargyrnm salicylicam. Arch. f. Dermat. und Syphilis. Band XLII. 6. Harttun g. Deutsche med. Wochenschr. 1887. 7. Harttun g. Yirtelj. f. Dermat. 1888. 8. Harttun g. Deutsche med. Wochenschr. 1894. 9. Jadassohn und Z ei sing. Yiertelj. f. Dermat. 1888. 10. H. Loeb. Monatshefte für prakt. Dermatologie. Bd. XXYH. 11. Schulze. Archiv für Dermat. 1897. 89. 12. Touton. Zoster femoralis im Anschlüsse an eine intra- muskuläre Salizylquecksilber-Injektion. Arch. f. Dermat. 1899. 21. 18. Wolters. Archiv fAr Dermat. 1895. Bd. XXXII. 14. Wolters, ibid. 1897. Bd. XXXIX. Ausführliche Literatnrangaben bei Proksch: ^.Literatur über die venerischen Krankheiten" und Alfred Levy-Bing loo. cit. Ein Beitrag zur Statistik der Epididymitis gonorrhoica. Von Dr. Arth. Jordan, ord, Ant am MJaMOitzki* Hospital eu Moskau. Eb gibt zwar eine ganze Reihe statisÜBclier Arbeiten über die gonorrhoische Nebenhodenentzündnng, diese häafigste aller Tripper- komplikationen, aber, so viel ich weiß, nar wenige über die Verhält- nisse in BnBIand. Anfierdem hält Finger^) die Daten über die Häufig- keit der Epididymitis nicht für genau, da die Statistiken dem Hospital- material entnommen sind. Ähnlich äußert sich Schaff er,') indem er sagt: «über die Häufigkeit der Erkrankung auf die Gesamtzahl der Gonorrhoen des Mannes berechnet, lassen sich keine genauen Angaben machen, da die zahlreichen diesbezüglichen Statistiken große Differenzen (▼OB weniger als 4 Prozent bis zu fast 40 Prozent) aufweisen**. In dem- selben Sinn spricht sich auch v. Z e i s s 1') aus, da es in seinem Lehrbuch der venerischen Krankheiten heißt: «Die Angabe über die Häufigkeit dieser Komplikation wird von verschiedenen Autoren mit 10— 30^/« der ▼on ihnen im Krankenhause beobachteten Tripperkranken angegeben. An den Tripperkranken der Priyatprazis, die sich zweckmäßiger ver- halten können, tritt die Nebenhodenentzündung relativ seltener auf.** Die Bedenken der Autoren hinsichtlich des Wertes der Kranken- hansetatistiken scheinen nur zu berechtigt zu sein, da die Tripperkranken das Hospital meist erst bei schon eingetretenen Komplikationen aufzu- suchen pflegen. Aber auch die ambulatorisch behandelten Tripperkranken können nicht ohne weiteres ein richtiges Bild liefern, da es nur einen ^) Finger. Die Blennorhoe der Sexualorgane. Leipzig 1901* p. 293. ') Lesser. Enzyklopädie der Haut- und Geschlechtskrankheiten. Leipzig 1900. pag. 123. ') M. V. Zeissl. Lehrbuch der venerischen Krankheiten. Stutt- gart 1902. pag. 107. 78 Jordan. bestimmten, oft verhältnismäßig kurzen Zeitraum ihres Lebern wider- spiegelt, denn der Patienten, welche bei venerisohen Leiden dauernd sich an einen and denselben Arzt wenden, gibt et nicht viele. Um eine möglichst genaoe Vorstellung von der Häufigkeit der Epididymitis zu erhalten, müssen wir viel größere Lebensperioden der Patienten übersehen können, als es bisher bei den Statistiken der Fall war. Diese Lücke auszufüllen, ist nur die Anamnese im stände, welche freilich, insbesondere bei yenerischen Kranken recht unzuverlässig angesehen wird. Wenn aber von kompetenter Seite bei viel ernsteren Fragen wie z. B. bei der Tabes auf Grund der Anamnesenerhebung weitgehende Schlüsse gezogen werden, sehe ich nicht ein, warum es nicht für die Epididymitisfrage geschehen kann. Eines Versuches scheint mir jedenfalls die Sache wert, zumal da die akute Nebenhodenentzündung so stürmisch zu verlaufen pflegt, daß sie sich selbst ungebildeten Patienten dauernd dem Gedächtnis einprägt. Andererseits gibt es freilich auch fi>anke, welche ihre Leiden gern übertreiben und vorübergehende Hodenschmerzen als Entzündung dieses Organes deuten. Diesen gegenüber bieten die in der Regel nach Epididymitiden d achbleibenden Litiltrate ein sicheres Kriterium. Eine Trennung der Orchitis von der Epididymitis kann selbstredend auf Grund der Anamnese nicht vorgenommen werden, jedoch betreffen die gonorrhoischen Erkrankungen in der Regel zuerst den Nebenhoden und greifen nur gelegentlich auf den Hoden über. Natürlich muß die Möglichkeit zugegeben werden, daß die eine oder andere pseudogonor- rhoische Epididymitis bei diesem Modus der Bestimmung mitunterläuft, auf deren Vorkommen in letzter Zeit mehrfach die Aufmerksamkeit ge- lenkt worden ist, so durch Bockhart'), Elsenberg}') Legrain et Legay,') Galew8ky,^)Porges*)u. a., aber das können nur vereinzelte Fälle sein. Mir ist bloß ein einziger derartiger Fall in der Praxis be- gegnet. Verwechslungen mit gummöser oder tuberkulöser Hoden- erkrankuDg sind noch weniger wahrscheinlich, weil diese schmerzlos ver- laufen und erstere nicht ohne sonstige syphilitische Erscheinungen bleibt, letztere stets zur Operation führt. Eher könnten Verwechslungen vor- kommen mit den als Begleiterscheinung infektiöser Krankheiten, wie z. B. Parotitis epidemica oder auch ganz idiopathisch vorkommenden *) Bockhart. Ober die pseudogonorrhoische Entzündung der Harnröhre und des Nebenhodens. Monatshefte für prakt Dermat. 1886. Nr. 4. Refl Virchow-Hirsch 1886. pag. 660. *) Elsenberg. Gibt es eine idiopathische Nebenhoden- u. Hoden- entzündung. Wiener med. Presse 1898. Nr. 81 und 82. ') Legrain et Legay. Sur un cas dWethritis sans gonocooques avec complication d'^pididymite. Ann. des mal. genitourinaires 1891. p. 706. ^) Galewsky. Über ehr., nicht gonorrhoische Urethritis. Zentral- blatt f. die Kr. der Harn- u. Sezualorg. 1903. Bd. XIV. H. 9. ^) F. Porges. Über nicht gonorrhoische, metastasierende Ure- thritis. Prager med. W. 1903. Nr. 53. Ein Beitrag zur Statistik der Epididymitis gonorrhoica. 79 Hodenschwellnngen. Unlängst sah ich einen derartigen Fall, wo bei einem Herrn, im Anschloß an Typhos abdominalis, eine linksseitige Orchitis anfbrat, für die eine andere Erklärung fehlte. Das sind aber auch nur Ansnahmeerscheinungen, so daß die anamnestisoh erhobene Epididymitis, bei bestehendem oder bei bestandenem nnd nicht yöllig geschwundenem Tripper, mir nicht ohne Bedeutung sa sein scheint. Wenden wir uns nun meinen Beobachtungen zu, so be- treffen sie einerseits genau yerfolgte Tripperfalle aus meiner Priyatpraxis und aus einigen Ambulatorien, wo ich Kranke empfange. Andererseits aber betreffen sie Kranke, welche sich wegen Hautleiden, Syphilis etc. ebendaselbst an mich wandten und nach ihren Aussagen Tripper gehabt hatten. Die von mir in Berücksichtigung gezogenen Ambulatorien gehören an: dem Moskauer Eyangelischen Hospital, der Gesellschaft russischer Ärzte auf dem Arbat, der Post und endlich einer kleinen Fabrik. Da ein jedes dieser Ambulatorien vorwiegend von einer bestimmten und von der anderen verschiedenen Oesellschafts- klasse besucht wird, so handelt es sich um ziemlich mannig- faltige Verhältnisse. Was nun die erstere Reihe meiner Beobachtungen anbetrifft, so umfeißt dieselbe 812 Tripperfalle, von denen 91 durch Nebenhodenentzündungen kompliziert wurden. Das wäre 11"7%, was den von Finger*) tür seine Poliklinik gefundenen 12*5% u^d ebenso den 12% ^on Le Clerc Daudry^) genau entsprechen würde. Andere Autoren haben freilich teils niedrigere, teils höhere Zahlen erhalten, so z. B. Geber t^) für die Blaschkosche Poliklinik 77oi Berg*) 7-57o und W a g a p o w *) 8-47o. Die beiden letzteren in aer Privatprazis. Höhere Prozentzahlen als Finger, Daudry und ich fuhren beispielsweise Pezzoli nnd Porges®) an, welche, nach einem im Jahre 1903 er- schienenen Bericht über die Tätigkeit des Fing ersehen Ambulatoriums, unter 3934 Fällen von unkomplizierter und *) Finger. Die Blennorrhoe der Sexaalorgane. Leipzig and Wien 1901. pag. 298. *) Le Clerc Dandry. Ober Epididymitis gonorrh. Journal med. de Brazelles 1901. Nr. 32. Ref. München med. W. 1902. pag. 49(5. *) Gebert. Therap Mitteilungen. Ther. MonaUh. 1893. pag. 169. ^) Berg, zit. nach Finger 1. o. ^) Wagapow. 108 Fälle von Epididymitis ac. Sitzungsber. der Moskauer venerol. dermatol. Ges. 1896. Bd. lY. pag. 2. *) Pezzoli n. Forges. 12.000 Fälle von Haut- u. Geschlechtskr. Bericht ans Prof. Fingers Ambnlatoriam Leipzig and Wien 1903. p. 77. 80 Jordan. komplizierter Urethritis 560 Epididymitisfalle hatten, was 14'27o gleichkommen würde. Noch größer ist das Verhältnis in dem Moskauer Stadtambolatorium^) für vener. Krankheiten, wo Tichomirow, Pusenkin und Smirnow in den Jahren 1897 bis 1901 inklusiye 2336 Tripperfälle mit 406 Neben- hoden- resp. Hodenentzündungen beobachteten, was 17'37o ft^* macht. So viel höher diese Ziffer als die meinige ist, er- gänzt sie letztere, weil sie die Verhältnisse unter der ärmsten BeTÖlkeruDg Moskaus wiedergiebt« Berücksichtigen wir nun weiter aber auch die Anamnese, so gaben von meinen 812 Tripperkranken, unter denen 363 Personen zum ersten Male einen solchen hatten und 449 bereits mehrfach daran erkrankt waren, 135 Kranke an, daß sie bereits Hodenschwelluogen ge- habt hätten. Es wird dadurch die von mir beobachtete Zahl Ton 91 Nebenhodenentzündungen um 135 Fälle erhöht, wo- durch die gefundene Verhältniszahl 11*7 auf 27'87o steigt So gewaltig hoch diese Ziffer erscheint, entspricht sie doch über- raschend genau den Hospital Verhältnissen, denn es fanden in solchen: J. Simonis«) 27-57o, Rollet») 27-97o, Weber*) 28-27o, Finger*) 29-97o und Baraczynski gar 327o Epidi- dymitiden. Nur Tarnowskj®) und Jullien^) geben ganz niedrige Prozentzahlen für die unter ihnen stehenden Hospi- täler an, nämlich 12*2 resp. 15'27o) also nicht mehr, als andere in der ambulatorischen Praxis sahen. Auffallenderweise stimmt Tarnowskys, für Petersburg gefundene, Angabe ge- nau überein mit der Anzahl der Epididymitisfalle unter den Tripperkranken der Moskauer Stadthospitäler, wie sie im städtischen Bericht für das Jahr 1900^) yerzeichnet ist, nämlich 77 Epididymitisfalle unter 657 Trippererkrankungen oder ir77o* Leider liegt eine derartige Mitteilung für die Moskauer Stadthospitäler nur für dieses eine Jahr vor, indem ^) Berichte über die Tätigkeit der Moskaaer Stadtärzte für die Jahre 1897, 1898, 1899, 1900 u. 1901. Moskau. ') Zit. nach M. Joseph. Lehrb. der Haut- u. Geschlechtskr. 190K Bd. II. pag. 385. ') Zit. nach Finger 1. c. *) Weber. Beiträge zur Häufigkeit der Tripperkomplikation beim Manne. Inang.-Dissert. Wdrzburg 1890. ') Finger 1. c. *) Ref. nach Dermatol. Zeitsch. 1903. pag. 306. *) Finger 1. c. *) Bericht über die Anstalten der allg. Fürsorge, welche sich unter Aufsicht der Moskauer Stadtverwaltung befinden, für das Jahr 1900» Moskau 1901. Ein Beitrag zur Statistik der £pididymiti8 gonorrhoica. 81 bei den späteren Berichten die gonorrhoischen Epididymitideu nicht mehr getrennt von den Tripperfallen angegeben werden. Eine Erklärung können diese aofierordentlich niedrigen Verhältnis- zahlen nur dadurch finden, daß in Petersburg, Moskau und auch Paris die Tripperkranken der ärmeren Klassen nicht nur ausschließlich bei eingetretenen Komplikationen das Kranken- haus aufsuchen müssen. Zum Vergleich und andererseits zu noch vielseitigerer Beleuchtung der uns interessierenden Frage zog ich, wie schon gesagt, auch alle meine sonstigen Patienten in den Kreis der Betrachtung. Es erwies sich, daß unter 957 Kranken mit ver- schiedenen Haut- und Geschlechtsleiden, außer Tripper, im Alter von über 19 Jahren, 493 einen solchen gehabt zu haben verneinten und 464 einen solchen bejahten. Von letzteren wiederum erklärten auf meine Frage, nach dem Vorkommen einer schmerzhaften, mit Hitze verlaufenen Hodenschwellung, 152 eine solche gehabt zu haben. Das macht 32*77o Epidi- dymitiden. Obgleich diese Ziffer alle bisher angegebenen über- tnfft, findet sie doch ein Analogen in den 337o Nebenhoden- entzündungen bei Gonorrhoe, welche, wie erwähnt, Baraczynski im Rudolfspital zu Wien beobachtet hat. Wenn meiner letzt- genannten Zahl auch nur ein approximativer Wert beizulegen ist, wirft sie doch ein ernstes Licht auf die Bedeutung des Trippers in sozialer Hinsicht, indem 48% meiner Patienten einen Tripper gehabt zu haben zugaben, von denen Vs durch eingetretene Hodenentzündungen dauernd geschädigt worden waren. Beiläufig sei bemerkt, daß — nach einer jüngst er- schienenen Statistik von E r b^) — unter 600 männlichen Patienten seiner Klientel, über 25 Jahren, 507o ^ioen Tripper gehabt hatten. In Japan scheinen die Verhältnisse noch schlimmer zu sein, indem nach einer Statistik von Okamura*) 60—70% der erwachsenen Männer an Blennorhoe leiden. Nach dieser Abschweifung kehre ich wieder zur Be- trachtung der persönlich von mir beobachteten 91 Fälle von Nebenhodenentzündung zurück. Hinsichtlich ihrer Lokali- sation gilt, daß es sich 49 mal um den linken, 32 mal um den rechten und 10 mal um beide Nebenhoden handelte. Ahnlich war das Verhältnis bei den 135 Tripperkranken, welche, ihren Worten gemäß, bereits Hodenschwellungen gehabt hatten, in- dem dieselbe 55 mal auf der linken, 45 mal auf der rechten, 29 mal auf beiden und 6 mal unbekannt auf welcher Seite gewesen sein sollte. Es überwiegt somit, nach meinen Er- ') Erb. Syphilis u. Tabes. Berl. klin. W. 1904. pag. 41. '; Okamnra. Die Verbreitung der vener. Kr. Ref. Mooatth. f. prakt. Dermatol. 1904. Bd. XXXYIH. pag. 346. Areb. f. Deraiat. n. Sypb. Bd. LXXII. ^J 82 Jordan. fahniDgeD, die linksseitige Nebenhodenentzfindung ein wenig über die rechtsseitige, wenn auch die Unterschiede nur geringe sind. Das widerspricht den Angaben einzelner Autoren, wie Finger, Max Joseph, Gebert etc., welche ein geringes Überwiegen der rechten Seite fanden, im übrigen sich aber dahin aussprechen, daß beide Seiten fast gleich häufig er- kranken. Völb'g einverstanden erkläre ich mich mit der all- gemeinen Ansicht, daß ein gleichzeitiges Befallenwerden bei- der Nebenhoden zu den größten Ausnahmen gehört. In allen meinen derartigen Fällen ließ sich stets ein Nacheinander der Erkrankung beider Nebenhoden sicher feststellen. Gewöhnlich erkrankt der zweite Nebenhoden einige Tage bis Wochen später. In einigen Fällen beobachtet man, daß die Patienten bei neuen Trippererkrankungen immer wieder auf ein und der- selben Seite die Nebenhodenentzündung bekommen, in anderen dagegen, daß bald der eine, bald der andere Nebenhoden er- krankt. Dieses alles spricht entschieden dafür, daß beide Nebenhoden gleicherweise zur Erkrankung neigen. Unter den äußeren Ursachen, welche eine Erkrankung begünstigen, denkt man unwillkürlich Tor allem an den Beruf. Meine Er- fahrung aber lehrt, daß die Nebenhodenentzündung so ziemlich bei jeder Berufsart Torkommen kann, ja daß sie häufig dort vermißt wird, wo sie dem Beruf nach zu erwarten wäre. Es kommt nicht so sehr auf die Beschäftigung an, als auf die Möglichkeit, sich während des Trippers vor forzierten Be- wegungen, wie Sturz, Sprung, Stoß etc. schützen zu können. Weiter spielen der Coitus und vor allem instrumentelle Ein- griffe nicht nur im akuten, sondern auch im chronischen Stadium eine maßgebende Rolle. Unter den instrumentellen Eingriffen sind vor allem Bougierungen zu nennen, aber auch Tielspritzungen und Jane t sehe Waschungen können dieselbe unangenehme Folge zeitigen. Ist es aber einmal zu einer Epididymitis gekommen, dann genügt eine unvorsichtige Be- wegung im Bett oder die stärkere Anwendung der Bauchpresse, um eine Erkrankung auch des anderen Nebenhodens herbeizu- führen. Über das Alter meiner Tripperkrauken und derjenigen von ihnen, welche Nebenhodenentzündungen hatten, geben folgende Tabellen Aufschluß: Ein Beitrag snr Statistik der Epididymitit gonorrhoica. 83 Alter der Tripperkranken: ■5 Ol ©il Unter 16 Jahren r 2 -3 2: 'S ^ 1 ■3 1 .- § f9 •-» H» ^ ^ H» H» «'S s CO o s s ^ »? ö ^ «4 1 CO 1 5 1 1 ^ s OQ 2 96 268 285 99 47 84 17 • 7 5 2 812 Aiter dar Tripparkrtnkan mit Epididymitis : « d» S 4; 4) 1 V « o; 4> u 1.« »« In b In h 1 Unter ■3 t 1 ■3 Jah 'S 1 s O lO o tO o kO o kO s 1 jS •? 16 Jahren 1 09 1 00 1 CO 1 1 1 1 *=8 (0 09 s 00 CO CO 55 >o s a a s OQ 12 31 20 11 5 4 4 2 1 — — 91 Nach diesen Tabellen ist das Alter von keinem nennens- werten Einfluß auf die Nebenhodenentzündung, es sei denn yielleicht, daß einerseits sehr jugendliche Patienten, welche weniger als 16 Jahre zählen und andererseits die über 45 jährigen Tripperkranken verhältnismäßig öfter von dieser KomplibEktion befallen werden. Die Zahlen sind aber so klein, daß sie sich nicht zu irgendwelchen Schlüssen eignen. Es ist früher einmal von Finger,^) auf Grund von Beobachtungen an der Zeisslschen Klinik, die Vermutung ausgesprochen worden, daß die Jahreszeiten für die Entstehung der Nebenhodenentzündung Bedeutung haben, insofern als das Maximum derselben „in die Zeit der anhaltenden Trockenheit und bedeutendsten Hitze* fallen soll. Eine Bestätigung dieser 1) Schmidts Jahrbücher 1882. Bd. GXCIII. pag. 202. 84 Jordan. Vermutiing haben meine Fälle nicht gebracht und auch sonst scheint dieselbe, soweit ich die Literatur yerfolgen konnte, keinen Anklang gefunden zu haben. Dagegen ergaben meine Beobachtungen einen entschiedenen Einfluß einer bestimmten Zeitperiode des Trippers auf das Zustandekommen der Nebenhodenentzündung, wie folgende Tabelle beweist: Zeit des Auftretens der Epididymitis nach der Dauer des Trippers In der: In dem : 1. 2. 8. 4. 6. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Woche 12 11 10 2 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. M 0 a t 1 1. 2. Jahr- zehnt a B 0) P 3 17 08 B S p CO 91 Das Maximum der Nebenbodenentzündungen fällt dem- nach auf die 2. — 5. Woche des akuten, resp. subakuten Trippers oder in die Zeit, wo der Tripper auf die p. posterior über- zugehen pflegt. Seltener kommt die Epididymitis im ehr. Stadium vor und nur ausnahmsweise nach dem ersten Jahr. Sehr merkwürdig ist das Auftreten von Epididyniitis Jahr- zehnte nach dem Tripper bei bestehenden Resten desselben. Ob nicht in diesen Fällen die beginnende Prostatahypertrophie verhängnisYoll wird, indem durch das stärkere Drängen und Pressen beim Urinieren der Blutzufiuß zu den Geschlechts- organen gesteigert wird und eventuell eingekapselte Gonokokken zum Aufleben kommen. Lucas, ^) Golombini^ und andere haben gefunden, daß die gonorrhoische Epididymitis überhaupt ^) 6. Lucas. Besoltats de toacher rectal dans 285 cas d'6pidi- dymites blennorrhagiqaes. Annal. de dermatol. et de syphiligr. 1894. p. 1167. ') Colombini. Über die Häufigkeit der Prostatitis, Yesicolitis etc. Ref. Monatsh. f. prakt. Dermatol. 1896. Bd. XXIII. pag. 49. Ein Beitrag inr Statistik der Epididymitis gonorrhoica. 85 oft mit Prostatitis yerbunden ist, nämlich in 64 resp. 62*57o* Lucas gibt außerdem an, daß die Veränderungen der Prostata fast immer auf deijenigen Hälfte der Vorsteherdrüse zu konstatieren sind, welche der Nebenhodenentzündung ent- spricht. Leider habe ich versäumt, alle meine Epididjmitis- fälle auf diesen Punkt hin zu untersuchen, kann daher nur im allgemeinen bestätigen, daß Veränderungen der Prostata die Epididymitis begleiten. Dieselben waren aber, nach meinen Erfahrungen, stets nur geringfügiger Natur. Keinmal habe ich eine akute parenchymatöse Prostatitis bei Epididymitis gesehen. Veränderungen der Prostata bei Epididymitis sind mehr als natürlich, wo das Zustandekommen einer Nebenhodenentzündung beim Tripper doch gewiß durch ein Weitergehen des Prozesses Yon der Urethra zu den höher gelegenen Organen zu erklären ist Mitbeteiligungen des Samenstranges in bald stärkerem, bald schwächerem Grade gehören daher zur Regel. Baer- manns^) Behauptung, daß jede Epididymitis, die im Verlauf einer gonorrhoischen Urethritis auftritt, auf eine Oonokokken- inyasion zurückzufuhren ist, hat viel Wahrscheinlichkeit für sich. Überblicken wir kurz das Gesagte: 1. Epididymitis gonorrhoica beobachtete ich in ll'77o aller ambulatorisch behandelten Tripperfälle. 2. Bei Berücksichtigung der Anamnese ergab sich aber, daß bei denselben Ej^nken die Verhältniszahl der Epididymitis zum Tripper 27-87o beträgt. 3. Die Ton verschiedenen Autoren für die Spitalpraxis gefundene Ziffer Yon ca. 30% gonorrhoischer Epididymitis scheint daher der G^samtyerhältniszahl der Epididymitis gonorrhoica näher zu kommen als diejenige der ambulanten Praxis. 4. Beide Nebenhoden erkranken gleich häufig, jedoch seken gleichzeitig und dann stets nacheinander und nicht auf einmal« ^} Baermann. Über die Pathogenese der gonorrhoischen Epidi- dymitis ete. Deutsche med. W. 1903. pag. 720. 86 Jordan. 5. Der Beruf, das Alter der Patienten und die Jahres- zeiten sind von keinem nennenswerten Einfluß für das Ent- stehen der Epididymitis. 6. Forzierte Bewegung, Coitus, instrumentelle Eingriffe sind die häufigsten Ursachen. 7. Die meisten Erkrankungen an Epididymitis gonorrhoica fallen in die 2.-5. Woche des akuten, resp. subakuten Trippers. Der lokale Einfluß erhöhter Muskelfonktion auf die anormale Ernährung der Haut/^ Von Dr. Jacob Halpern, Torstand der poliklinischen Abteilang für Hantkranke im St. Rochns-Spital in Warschau. Der günstige Einfluß der Muskelfunktion auf den Organis- mus ist ein doppelter: erstens der wohlbekannte allgemeine, zweitens der lokale. Der allgemeine, wie ich es an einer anderen Stelle^) gezeigt habe, ist die Folge des günstigen Ein- flusses dieser Funktion auf die Endigungen der sensiblen Nerven in den Muskeln und der reflektorischen Verbreitung dieses Einflusses auf die Nerven verschiedener Organe. Es ist dies einer der vielen Einflüsse, welche als ein günstiger Einfluß der Funktion oder der Ernährung oder auch entsprechender äußeren Reize irgendwelchen Organs auf die Endigungen dessen sensiblen Nerven entstehen und sich mittelst dieser auf dem Wege des Nervensystems auf andere Organe, auf den ganzen Organismus übertragen und in den zentralen Nervenorganen als das sogenannte „allgemeine Gefühl^ erscheinen, in den verschiedenen anderen Organen einen günstigen Einfluß auf ^) Nach einem Yortragei gehalten in der Warschauer Gesellschafl der Ärzte am 7. Jnni 1904. ') Znr Entstehung der Krankheiten durch Reflexe. Wiener allgem. med. Ztg. 1891. 8S Haplern. ihre lokale iDnerration aasüben and sieb vorallererst iu er- höhter EniähruQg kundgeben. Der zweite Einfluß der Muskelfunktion ist der lokale. Kr erecbeint io der näcbsten Nacbbarscbaft der funktionieren- den Muskeln, unabhängig vom Einflasee auf das „allgemeine Gefühl, " das beifit unabhängig vom Einflüsse auf die zentralen Nervenorg&ne. In dieser Hinsicht ist folgender Fall von Hy- peridrosis manoom beachtenswert. Er betraf eioea ISJährijea Madu, welcher lubon Beit einigen Jahren an der «rwihnten Anomalie gelitten hatte. Er war bei dem Baaen einet HauEes betchlfUgt und alt er einei Tages anf Brettern ging, die nchleoht auf den Balken gelegt waren, verlor er das Gleichgewicht. ergriS aber nährend dei Fallena den Ballten und bUeb ao einige Minaten hingen, die Gewalt der Maekeln aufi höohite anstrengend, bi» man ihn uu der gefahrlichen Loge rettete. Eb war dies ein eretitches Individunm, waa «□gleich mit dem Schrecken nnd dem aDBerordentlich foriierten Spanaen der Mntkeln der OberextremitSten na Folge hatte, daB er eine lange Zeit nachher ein onüberwindlichea, „nervöaes" Bedärfiiii der erhöhten Funktion der erwähnten Maikeln hatte. Diese erhöhte Funktion bestand darin, dafi er die Oberextremititen fiaat in «llen Gelenken mit der gröQten Gewalt bengte nnd streckte, und, um diese gröfite Gewalt in ertielen, druckte er die sich insammeneiebenden Mntkeln nnd hinderte dieselben auf jede mögliche Weite sich zusammenEnziehen. Er war nicht froh über diese „icblechte," wie er sie nannte, Oewohnheit, aber nach Verlauf von einigen Monaten solchen Yerfahrens bemerkte er, dafi das Schwitzen der li&nde vollkommen anfgebört hatte. Dieser Fall erregte meine Aufmerksamkeit, und seit jener Zeit fing ich an bei der Behandlung der Hyperidrosis manuum die erböbte Muskelfunktioo der Oberextremitäten und besonders der Hände anzuwenden. Die vielfache Beobachtung überzeugte mich, daß diese erhöhte Funktion wirklich günstig auf das genannte Leiden wirkt. Es zeigte sich, daß nach mehreren mit entsprechenden Pausen verbundenen forzierten^ Bewegungen die Hände sehr oft eine bis zu den höchsten physiologischen Zahlen erhöhte Temperatur zeigten, wobei diese Erhöhung sich nicht durchaus unmittelbar nach den stattgefondenen Be- wegungen äuBertfl, sondern gewöhnlich nach dem Essen, tind diese Erhöhung der Temperatur wurde nicht vom Schwitzen der Hände, sondern von Tollstäadigster Trockenheit derselben begleitet Diese Ersuheinung war bei den in Rede stehen- den Kranken eine vollkommen nngewöbuHcbe. Der lok. Einfl. «erhöht. Muskeif, auf d. anorm. Ern. d. Haut. 89 Dieser günstige Einfloß der erhöhten Muskelfanktion auf die benachbarte Haut zeigte sich gleichfalls in vielen Fällen von anormaler sekretorischer Tätigkeit and bei Neigung zu Furunkelbfldung. Außerdem zeigte sich ein günstiger Einfloß erhöhter Muskelfunktion auf einige temporäre Pigmentierongen der Haut So z. B. bei syphilitischen Pigmentierungen an symmetrischen Körperteilen verschwanden die Pigmentierungen der einen Seite früher im Falle erhöhter Muskelfunktion der- selben. Auch ist das Verhältnis zwischen erhöhter Funktion der Muskeln und dem Lupus der deckenden Haut erwähnens- wert. Da es sich bekanntlich nicht selten trifft, daß der Lupus nach einigen Rezidiven auf viele Jahre, ja sogar auf immer verschwindet, nur Narben nach sich hinterlassend, so ist es schwer im Falle von solchem Verschwinden zu behaupten, es habe dies oder jenes Verfahren dieses Verschwinden verursacht, aber das Verhältnis zwischen der erhöhten Funktion der Muskeln und der Häufigkeit und Intensität der Rezidive des Lupus der benachbarten Haut machte auf mich nicht einmal den Eindruck des günstigen Einflusses der erwähnten Funktion auf den Verlauf des Lupus. — Auch auf die deckende gesunde Haut wirkt die erhöhte Muskelfunktion in auffallend günstiger Weise sowohl in hygienischer, als auch kosmetischer Beziehung. Auf einige Erscheinungen des Einflusses erhöhter Funktion der Muskeln auf die benachbarten Organe richtete man schon längst die Aufmerksamkeit. So beobachtete man, daß unter Um- ständen, unter welchen die Hypertrophie der Atmungsmuskeln und des Herzens hervorgerufen werden, die Entwicklung der Lun- gentuberkulose verhindert wird. Dieser Tatsache widerspricht gar nicht das Zusammentreffen der erwähnten Krankheit mit einem Herzfehler oder mit Emphysem, denn erstens ist für die Entwicklung der Hypertrophie in einem entsprechenden Grade eine gewisse Kraft des Organs notwendig, und deshalb kann sich bei schwächlichen Personen ein Herzfehler oder Emphysem ohne genügende Hypertrophie entsprechender Mus- keln entwickeln, zweitens siega;^: im. Kampfe, zwischen den Bedingungen der Lungentuberkulose nicht immer die un- günstigen« 90 Ilalpern. Der erste Gedanke, den das erwähnte Verhältnis zwischen der Hypertrophie der genannten Mnskehi und der Entwicklung der Lungentuberkulose aufdrängt, ist der, daß die erhöhte, zur Hypertrophie führende Funktion der Muskeln günstig auf die Ernährung der benachbarten Gewebe wirkt, denn nur die yerbesserte Ernährung kann die Gewebe vorteil- hafter gegen die schädlichen Bedingungen beeinflussen. Auf dieselbe Weise kann man durch den Einfluß auf die Ernährung, auf die Innervation und Zirkulation der Haut die günstigen Erscheinungen in den erwähnten Fällen bei der erhöhten Funktion der benachbarten Muskeln erklären. Der Mechanismus dieser Wirkung der Funktion der Mus- keln auf die Ernährung benachbarter Organe ist leicht zu er- klären. In der erwähnten Publikation (Zur Entstehung der Krankheiten durch Reflexe) habe ich Beweise geliefert, daß die Funktion sowohl als die Ernährung eines jeden Organs in entsprechender Weise die Endigungen der sensiblen Nerven in diesen Organen reizen und daß sich diese lokale Reizung auf dem Wege des Nervensystems weiter verbreitet und ent- sprechende Folgen in den näheren und weiteren Organen her- vorruft. Dementsprechend reizen die Vorgänge in den funktio- nierenden Muskeln und in den mit denselben mitarbeitenden Organen die in ihnen befindlichen sensiblen Nerven, und diese Reizung verbreitet sich unter anderem auch auf die Vasomo- toren dieser Organe, wodurch eine reichlichere Blutzufuhr hervorgerufen und somit die Ernährung verbessert wird. Nach wiederholten solchen Hyperämien kommen dieselben immer leichtei* zu stände infolge des allgemeinen Gesetzes von der Verbreitung der Nerveneinflüsse, und so erscheint das Organ in besseren Verhältnissen der Ernährung auch dann, wenn der unmittelbare Einfluß seitens der erhöhten Muskelfunktion nicht vorhanden ist« Was nun den Blutreichtum der Muskeln bei ihrer Funk- tion anbetrifit, ist der Mechanismus, nämlich der Reflex auf die Vasomotoren, leicht zu verstehen. Einer näheren Erklärung bedarf der Mechanismus dieses Blutreichtums in den den funktionierenden Muskeln benachbarten Geweben. In diesen letzteren ist der Mechanismus etwas kompliziert. Diese Gewebe Der lok. £infl. erhöht. Maakelf. aaf d. anorm. Em. d. Haat. 91 nehmen teils einen mechanischen Anteil an der Funktion der Muskeln, dieser Anteil bedingt eine mechanische Reizung der Gewebe resp. der in ihnen endigenden sensiblen Nerven; teils erscheint die durch die Muskeltätigkeit erhöhte Temperatur als ein erregendes, reizendes Moment für die benachbarten Gewebe, resp. ihrer sensiblen Nervenendigungen; außerdem spielt eine nicht unwichtige Bolle auch die Tatsache, daß bei der erhöhten Blatzufuhr zu den Muskeln, die benachbarten Gewebe die Möglichkeit haben, auch bei der schwächsten, nie ganz aus- bleibenden Reizung ihrer sensiblen Nerven, eine leichte Blut- zufnhr zu bekommen. AUe diese Momente erklären zur Ge- nüge, warum bei der Funktion der Muskeln die benachbarten Gewebe reichlich Blut erhalten. Daß die erhöhte Funktion der Muskeln wirklich einen so günstigen Einfluß auf die Blutzirkulation in der Haut ausübt, beweisen die oben erwähnten Veränderungen in der Pigmen- tierung der Haut. Wie ich schon an einer anderen Stelle') gezeigt habe, wird der bekannte Zusammenhang zwischen den Hautpigmentierungen einerseits und den Alterationen im Ner- vensystem oder Reizzuständen in der Haut andererseits dadurch bedingt, daß es sich dabei um eine anormale Blut- und (Säfte- zirkulation handelt, und diese begünstigt offenbar (höchstwahr- scheinlich durch die Verlangsamung des Stromes) die spon- tanen Bewegungen der Chromatophoren, diese Bewegungen aber sind die unmittelbare Ursache der Bildung des Pigmentes in den Chromatophoren, was schon daraus erhellt, daß die Quantität des Pigmentes in den Chromatophoren konstant der Zahl und Größe deren Ausläufer entspricht, welche bei reich- lichem Pigmentgehalt kolossale Diiiiensionen erreichen und im Gegenteil bei spärlichem Pigmentgehalt kaum entwickelt sind. Was nim das oben erwähnte beschleunigtere Verschwinden der syphilitischen Pigmentierungen unter dem Einflüsse erhöhter Funktion benachbarter Muskeln betrifft, so zeigt dies offenbar darauf hin^ daß diese Funktion eine regelmäßigere, schnellere lokale Zirkulation der Säfte bedingt, denn nur bei solchen Be- *) Über einige Indikationen zar Emeuerang der antisypliilitiaohen Behandlung. Arch. f. Derm. u. Syph. 1901. 92 Halpern. dingongen vermindern sich die spontanen Bewegungen der Ghromatophoren und dementsprechend auch die Quantität des in ihnen sich bildenden Pigmentes, was schließlich das Ver- mindern des Pigmentgehaltes in der Epidermis zur Folge hat. Auf solche Weise haben wir in der Muskelfunktion ein wichtiges Agens, welches auf die Erhöhung der lokalen Blut- zufuhr Einfluß hat; dieses Agens ist um so wichtiger, als es nicht mit den schädlichen Bedingungen yerbunden ist, welche bei der Tätigkeit äußerer Agentia gewöhnlich vorhanden sind. Offenbar ist anzunehmen, daß die erhöhte Funktion der Muskeln einen günstigen Einfluß nicht nur auf die Ernährung der benachbarten Haut, sondern auch auf andere benachbarte Organe ausüben kann. Bericht über die Leistunpii auf dem Gebiete der Dermatologie "und Syphilis. I Bericht über die Verliandlungeii des VIII. Kongresses der Deutschen dermatologisclien Gesellscliaft in Sarajevo vom 21.— 23. September 1903. I. Sitzung. Montag, den 21. September 1903 im Festsaale des Regierungspalais. Am Fräsidententische : Der Geschäftsleiter des Kongresses Sanitätsrat Dr. Glück, der Präsident der Deutschen dermatologischen Gesellschaft Prof. Pick und der Generalsekretär derselben Geh. Medizinalrat Prof. N ei 88 er. 1. Sanitätsrat Glück eröffnet die Versammlung mit folgenden Worten : „Hochansehnlicbe Versammlung! Während des VI. Kongresses in Straßburg ist im Kreise der Mit- glieder der Deutschen dermatologischen Gesellschaft der Gedanke auf- getaucht, gelegentlich eines der folgenden Kong^resse in Wien oder Budapest einen Ausflug nach Sarajevo zu unternehmen. Dank der Ini- tiative unseres hochverehrten Präsidenten und dem zustimmenden Votum einer sehr großen Anzahl der Mitglieder ist aus dem Ausfluge ein Kongreß geworden. Es ist das erste Mal, daß sich die Deutsche dermatologische Ge- sellschaft außerhalb einer Universitätsstadt vereinigt und ferne von einer dermatologisohen Universitätsklinik zu tagen beabsichtigt. Es ist dies ein Versuch, der hoffentlich günstig ausfallen wird. Daß aber bei diesem Versuche die Wahl gerade auf Sarajevo fiel, ist wohl hauptsächlich dem Umstände zuzuschreiben, daß unser so schönes, der modernen Kultur neu eröfi&ietes Land auf jeden Naturforscher eine große Anziehungs- kraft auszuüben vermag, und daß besonders der Dermatologe hier manches finden kann, was für ihn als Fachmann ein hervorragendes Interesse beansprucht. Die Richtigkeit dieser Annahme wird durch die überaus zahlreiche Anwesenheit hervorragender Männer der Wissenschaft zu unserer Freude bestätigt. Das Lokalkomitee war bestrebt, alles aufzubieten, um den ver- ehrten Teilnehmern den Aufenthalt im Lande so angenehm und lehrreich i 9g VerhsndlungeD tii möglich en gestalten; ich wöniche nnr von Herien, dafi di«M« ß«- ■trel«n aaoh tatsächlich rMliriert werde. Indem iob nno die hoehaniehnliche TerBammlnng als Geiohtfttleiter des Kongresses namens des Lokal- komitees berzliohst begrüße nnd mich anfriohtig frene, so viele hervorragende Vertreter nnieres Faches hier vereinigt zn sehen, erkUre ich den Till. EongreB der Deutschen dermatologiao hen Gesellschaft f(kr erCffnet und bitte den Herrn Professor Pick als Prisidenten unserer Geieilschaft den Yorsita übernehmen sa wollen. ' Prof. Pick Ghemimmt da« Pr&sidium und erteilt das Wort dem Vertreter der Luidesregieroug Reglenmgsnt Kobler. ,Im Auftrage nnd namens der Lftndea- regiemog als der obersten Sanit&tsbebörde des Landes habe ich die Ehre, die liochansehnliche Versammlang anf das Wirmste zn begrüßen. Obwohl die nächste Aufgabe Ihres Kon^essee die wissenschaftliche Forsohnng und die wissenschaftliche Diakossion ist, so nimmt doch die Sanitätaverwaltang als die auf das Staatskben angewandte mediEinitche Praxis das lebhafteste Interesse an den Ergebnissen Ihrer Beratangen, wail jede lielbewnSte Sanitltspflege daranf ausgehen maß, die Resnltate der mediiinischen Wissenschaft stetig lär das öffentliche Wohl zu ver- werten und untcbar za macheu. Gerade Ihre Disziplin nnd deren Ver- treter verdienen überdies bei nns den heriliohsten Willkomm, weil die Dermatologie in unseren Ländern seit dem Bestehen der österreiehisoh- ungariachen Verwaltnngibahnbrechend fQr die Popularisierung der modernen Heilknnde gewirkt hat, Zoniohst waren et hiersulande die Krankheiten konstitutioneller Nutur, welche sich so oil an der Haut manifestieren, welche den ersten Antrieb lur rationellen syatematisehen Behandlung gegeben babea. Die bosnischen BeiirksspiUler , einsig in ihrer Art nnd Muster in ihrer hnmanil&ren Tendens, sind lunächst ah Sjrphilis- spitäler kreiert worden nnd aus solchen wurden sodann die Anstalten für die Behandlung aller übrigen Krankheiten. Noch jetzt ist ein großer und wicbtii;er Teil der Tätigkeit unserer ärztliohen Organe der Be- kämpfung der Hantleiden nnd Verhindamng ihrer Propagation gewidmet. Begreiflich daher, daß alle nnsere Ärcte, die der Dienst freiließ, herbei- atröroten, um von den illustren Vertretern der Dermatologie nnd Sjphilido- logie, iweier so wichtiger medirinisoher Disiiplinen, neue Anregungen nnd Belehrungen in empfangen. Daß wir alle in unseren Hofl'nnngen und Erwartungen nicht getinicht werden, dafür bürgt der Verlauf Ihrer bisherigen Kongresse, das reiche Programm, welches 3ie ßr die hiesige Yereanunlung in Aussiebt genommen haben und der Rnl und die Be- deutung der Vortragenden und übrigen Teilnehmer. Für das Gebotene hoffen wir indessen auch Ihnen einiges bieten EU können. Sie werden sehen, daß in einem erat jüngst der euro- päischen Kultur übergebenen Terrain in ruhiger und vonichtiger, aber des VIII. Kongr. der Deutseben dorm. Oes. in Sarajevo. 97 energischer Weise, Vorurteile bekämpft, die Sanitätspflege auf rationeller Basis organisiert wurde und daß keine Errungensobaft der modernen Wissenschaft unseren Bestrebungen ferne geblieben ist. Mit enormer Teilnahme und freudigem Interesse begrüße ich daher, im Namen der Landesregierung, der Sanität s Verwaltung und damit anch der Arzte unseres Landes die Deutsche dermatologische Qesellschaft und wünsche Ihren Arbeiten Erfolg und Ihnen, meine Herren, das Gefühl voller Befriedigung." Nezir Eflf. Skaliö, Bürgermeister der Landeshauptstadt Sarajevo. „Hochgelehrte Herren! So oft auswärtige gelehrte Gesell- schaften unsere wohl alte, an kulturellen Errungenschaften jedoch noch sehr junge Stadt besuchen, erfüllt uns dies mit großer Freude. Auch in Ihrem Besuche sehen wir ein Zeichen dessen, daß unser Vaterland und unsere Hauptstadt heute zu den Heimstätten der Kultur gezählt werden. Besonders erfreut uns der gegenwärtige Kongreß, denn Sie, meine Herren, werden sich davon überzeugen können, daß unsere Stadt in sanitärer Beziehung nicht zurückgeblieben ist, sie hat eine Wasser- leitung, eine moderne Kanalisation und zahlreiche sonstige Institutionen der modernen Gesundheitspflege geschaffen. Von Ihnen werden wir so vieles noch lernen können und Ihre Verhandlungen deshalb mit großem Interesse verfolgen. Ich begrüße Sie im Namen der Landeshauptstadt." Dr. RakoTae (Agram). Als Präsident der kroatioch-slavonischen Gesellschaft der Ärzte in Agram gereicht es mir zur angenehmen Pflicht j und zur größten Freude, im Gchönen Sarajevo, der Perle Bosniens, den I hier tagenden VIII. Kongreß der Deutschen dermatologischen Gesellschaft als nächster Nachbar herzlichst zu begrüßen. Indem ich sowohl der hohen Landesregierung als auch der löblichen Stadtvertretung für den uns Kongreßmitgliedern mit wahrhaft brüderlicher Gastfreundschaft be- reiteten glänzenden und dabei gemütlichen Empfang ergebenst danke, wünsche ich dem Kongresse zu seiner Tagung den besten Erfolg 1 Primarins Dr. Preindlsberger (Sarajevo) begrüßte als Mitglied der französischen Gesellschaft für Urologie in Paris die Versammlung im Namen der Gesellschaft und verliest ein diesbezügliches Schreiben des Generalsekretärs Herrn Dr. E. Desnos. Prof. Petersen (St Petersburg) begrüßt in russischer Sprache die Fest Versammlung und schließt seine Begrüßungsrede in deutschen Worten. Der Präsident, Prof. Piek, hebt unter Hinweis auf die gehaltenen Reden hervor, daß der Beschluß, den Vlli. Kongreß der Gesellschaft in Sarajevo abzuhalten, sich als ein äußerst glücklicher erwiesen habe, denn nächst der Tatsache, daß die Mitglieder ein ethnographisch höchst inter- essantes Land kennen lernen, werden sie in die Lage kommen, auch dermalo- logisch Vieles zu erfahren. Mit warmen Worten gedenkt der Redner des Geschäftsleiters des Kongresses Dr. Glück, der sich durch umsichtige Vor- bereitung der Versammlung große Verdienste erworben habe, sowie des äußerst emsigen Lokal komitees, der Regierung und ihres anwesenden Vertreters des Herrn Regiernngsrates Dr. Kobler, welche die Zwecke Arch. f. Dormat. n. Sjph. Bd. LXXII. 7 98 Verhandlnngen der YenammluDg in der zayorkomm endeten Weise fordern, dankt dem Bfirgermeister und der Hauptstadt für den herzlichen Empfang and den Herren, welche die Yersammlnng im Namen ihrer Nation begrößten, fnr diese ZuYorkommenheit. Die Deutsche Dermatologische Gesell- schaft sehe die Mitarbeiterschaft anderer Nationen bei Erfüllung ihrer wissenschaftlichen Aufgaben und Forschungen sehr gerne und sei hiefur besonders dankbar. Über Antrag des Vorsitzenden werden zu Ehrenpräsidenten der Versammlung gewählt die Herren : Hayas, Neisser, Petersen, Veiel, Wolff, Ehrmann, Mradek, Rona, Eobler, Wodynski, Rakovac und Jovanov iö-Batut. Hierauf trat eine viertelständige Pause ein, nach deren Ablauf die wissenschaftlichen Vorträge folgten. 2. Kobler (Sarajeyo): Die Impfung in Bosnien und der Herzegowina und deren Einfluß auf das Vorkommen der Blattern. Eine Darstellung der Erfolge der Impfung in einem größeren Gebiete erscheint um so wertvoller, als sich kaum je irgendwo und irgendwann Gelegenheit geboten hat, in einem europäischen, von der Impfung bisher völlig freigebliebenen Lande eine systematische Durch- impfung innerhalb knapp eines Dezenniums vorzunehmen und so ein Experiment im großen durchzuföhren. Dieses Experiment erschien um so bedeutungsvoller, als Bosnien und die Herzegowina vor der Okkupation durch Österreich- Ungarn in hohem Grade mit Blattern verseucht waren. Jeder Einheimische hatte in der Jugend geblättert, der größte Teil der Erblindungen, Verlust des Gehöres sind auf überstandene Blattern zurückzuführen. Die Bevölkerung betrachtete die Seuche als eine ge- wöhnliche Erscheinung unter der Jugend, ja sogar als eine unausweichliche Kinderkrankheit Mit der energischen Inangriffnahme der Impfung verlor die Seuche sehr bald ihren epidemischen Charakter und gerade als die Bevölkerung durchgeimpft war, kamen die Pocken in Bosnien nnd der Herzegowina zum völligen Erlöschen, wodurch der Wert des Impfschutzes in schlagender Weise seine Bestätigung fand. Seit dem Jahre 1882 be- gannen die regelmäßigen Nachweisungen über den Stand der Blattern, in den Jahren 1888, 1889 erreichte die Zahl der Blatternfälle eine Höhe von 14.177, resp. 18.640, im Jahre 1889 blieben nur 4 Bezirke blattern- frei. Langsam beginnen die Impfungen unter Verwendung humanisierter Lymphe und von Arm zu Arm, jedoch konnte sich das Impfwesen in den ersten Jahren nur mühselig, schrittweise durchringen. Hemmend wirkte die zu geringe Anzahl der Ärzte, der Fatalismus, die Indolenz der Bevölkerung, die direkte Abneigung der Mohammedaner gegen die Impfung. Doch im Laufe der Jahre stieg das Vertrauen der Bevölkerung zum Impfschutze, so daß von Jahr zu Jahr die Zahl der Impflinge stieg. (m Jahre 1887 faßte die Landesregierung den Entschluß, das ganze Land in Zwischenräumen von je 2 Jahren durohimpfen zu lassen. In den Jahren von 1888—1898 wurden 772.691 Personen geimpft, also wohl des VIII. Kongrr. der Dentachen derm. Ges. in Sarajevo. 99 beinahe die gesamte jagendliche Generation^ die Zahl der jährlich Ge- impften betrug zirka 55.000, welche Ziffer der durchschnittlichen Ge- bartenanzahl entspricht. Der Erfolg der systematischen Durchimpfung ist aoch ein entsprechender. Seit der 2. Hälfte 1891 wurden nur g^anz kleine epidemische Herde beobachtet, und im Jahre 1892 erlosch die Krankheit vollständig. Später flackerten die Blattern an einzelnen Orten wieder in vereinzelten Fällen auf, das Jahr 1895 blieb jedoch blattemfrei. Nach dem Jahre 1895 fanden sieh die spärlichen Blatternfälle nur in den Grenzgebieten, die Erkrankungen können daher mit vollem Rechte ab Einschleppungen aus den Nachbarländern bezeichnet werden, wie die Türkei, Montenegro, wo beständig die Blattern wüten. Auch die aus Galizien und Russisch- Polen eingewanderten Kolonisten entbehrten der Schutzimpfung und bildeten eine neue Quelle der Ansteckung. In den letzten Jahren und selbst im Vorjahre kamen wiederum Blattemherde zum Vorschein, jedoch betrafen diese fast ausschließlich die mohammedanische, weibliche Bevölkerung, denn diese entzog sich zum Teil der Schutz- impfung. Diesem Übelstande wurde die Anstellung weiblicher Amtsärzte abzuhelfen gesucht. Nachdem nun die Einscbleppungen von Erkrankungen in den letzten Jahren gezeigt haben, daß die im 2— 3jährigen impffreien Zwischenräume geborenen Kinder eine Gefahr für das Aufflacken der Blattern bedeuten, ordnete die Landesregierung die alljährliche Impfung im ganzen Lande an. 3. Glüek (Sarajevo). Über die Bekämpfung der Volks- syphilis in Bosnien und der Herzegowina. Die Syphilis in Bosnien und der Herzegowina ist eine Volkskrankheit, die hauptsächlich durch den Familien- und Nachbarverkehr propagiert wird; aus diesem Grunde müssen im Kampfe gegen diese, andere Maßregeln, als nur die Regelung der Prostitution allein in Anwendung gebracht werden. Die Haupt- aufgabe bei der Bekämpfung der Syphilis ist die sachgemäße, antiluetische Behandlung der größtmöglichen Anzahl Luetischer. Die Syphilis nimmt dort einen epidemischen resp. einen endemischen Charakter an, wo die Außeracht- lassung der ärztlichen Behandlung, teils aus Unkenntnis der Krankheit, teils aus Indolenz an der Tagesordnung zu finden ist. Die Unkenntnis der Ver- breitungs weisen, die mangelnde körperliche Reinlichkeit, der Fatalismus sind Hauptmomente für das unbehinderte Fortwuchern der Krankheit. Der Zeitpunkt, zu welchem die Syphilis nach Bosnien eingeschleppt wurde, läßt sich nicht mit Sicherheit feststeilen; jedoch scheint dieselbe nicht einer Quelle zu entspringen, sondern zu verschiedenen Zeiten an verschiedene Orte importiert worden zu sein. In ausgedehnterem Maße scheint sie erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts aufgetreten zu sein. Der Franziskanermönch Jukiö berichtet, daß sie um das Jahr 1780 zum ersten Male von den Osmanen nach Bosnien eingeschleppt wurde, ebenso glaubt das Volk, daß dieselbe von den Truppen des Sultans nach Bosnien importiert worde, nur bezüglich des Zeitpunktes, wann dieses geschah, variieren nach den verschiedenen Herden im Lande die Angaben. Auf den Zusammenhang zwischen der Invasion der türkischen Truppen 7* 100 Verhandlungen and dem Auftreten der Syphilis in Bosnien deutet der Umstand, daß die Benennung derselben türkischen Ursprunges ist. Aus dem tfirkiBchen Worte Frengi hastalük oder Frengi illeti wurde Frenga oder Frenjak gebildet. Die einzelnen Herde im Lande sind verschiedenen Alters und beweisen die zu verschiedenen Zeiten erfolgte Einschleppung. In den Jahren 1880 und 1881 gelangten die ersten Nachrichten über das gehäufte Auftreten der Krankheit zur behördlichen Kenntnis, doch die Unbotm&ßigkeit und das Mißtrauen der Bevölkerung ver- hinderten jedwede Eindämmung der Krankheit. Vor der Okkupation lagen die sanitären Verhältnisse sehr in argem. Um nun das Mißtrauen der Bevölkerung gegen die Arzte zu brechen, mußte langsam, ja schritt- weise vorgegangen werden; von Jahr zu Jahr wurden dio ärzt- lichen Stellen vermehrt und Spitäler in größeren Städten errichtet. Bis zum Jahre 1889 wurden 1 1 Spitäler begründet. Allmählich begann die ein- heimische Stadtbevölkerung, und erst später die Landbevölkerung in diesen Hilfe zu suchen. Im Jahre 1890 stellte der vom gemeinsamen Finanzministerium berufene Prof. Neumann auf Bekämpfung der Syphilis hinzielende Anträge. Derselbe wollte in den Hauptorten jener Bezirke, die am meisten heimgesucht waren, Syphilisbaracken einrichten. Doch eine von der Landesregierung einberufene Enquete beschloß, statt der Syphilisbaracken den Bau sogenannter Bezirksspitäler zu empfehlen, in denen die Bevölkerung in allen ihren Leiden und nicht nur gegen die Syphilis ganz unentgeltliche, sachgemäße Behandlung finden könnte, da- durch wurde diesen neu zu errichtenden Anstalten das Odium der Spezialität und der Charakter eines Provisoriums benommen. Nach An- nahme dieses Vorschlages wurde der Bau von 4 derartigen Spitälern ge- nehmigt. Im Jahre 1891 wurden 3, 1891 das 4., in den folgenden noch 5 weitere solche Anstalten eröffnet. Ein weiterer gewaltiger Fortschritt geschah im Jahre 1894 mit der Eröffnung des bnsn.-herzegowinischen Landesspitales in Sarajevo, welches den Kranken alle Mittel und Kur- behelfe der modernen medizinischen Wissenschaft zu bieten und überdies ein Zentrum medizinischer Forschung am Balkan zu bilden, bestrebt ist. An dieser Anstalt befaßt sich eine selbständige, große dermatologische Abteilung mit der Behandlung der Luetiker. Mit den 10 von der Regierung erbauten und 16 von Gemeinden errichteten, vom Landesärar subventionierten Spitälern stehen Ambulatorien mit unentgeltlicher Ordination in Verbindung. In den Ambulatorien der Bezirksspitäler erhält sogar jeder Kranke ganz kostenlos die notwendigen Medikamente, ebenso ist die Behandlung der einheimisehen Patienten in den Bezirksspitälem ganz unentgeltlich. Im Landesspital und in den Gemeindespitälem trägt das Landesärar die Verpflegskosten für mittellose einheimische Syphilitiker. Ein wesentlicher Fortschritt in der Ausgestaltung der sanitären Einrichtungen des Landes und ein bedeutender Behelf im Kampfe gegen die Syphilis bildete die Errichtung sogenannter Gemeindeambulatorien, die unter der Leitung der Bezirks«, bzw. Gemeindeärzte stehen. Diese des YIII. Eongr. der Deutschen derro. Ges. in Sarajero. 101 worden in jenen Bezirken errichtet, wo keine Spitäler vorhanden sind, and zwar zn dem Behnfe, nm der Bevölkemng unentgeltliche ärztliche Behandlang zu teil werden zn lassen. Bis Ende 1902 wurden 42 derartige Anstalten eroffiiet. Die Kosten der Errichtung und der Erhaltung dieser Ambulatorien tragen die Gemeinden, doch stellt die Landesregierung kostenlos dio Medikamente zur Behandlung der Syphiliskranken bei. Hand in Hand mit der Errichtung Ton Spitälern und Ambulatorien wurde jährlich die Anzahl der Ärzte vermehrt, bei deren. Anstellung auf die fachliche Qualifikation großes Gewicht gelegt, namentlich auf (leren Ausbildung in Syphilis Rücksicht genommen, und schließlich wurden 4 weibliche Ärzte zur Behandlung der islamitischen Frauen im Landesdienste angestellt. Die Ärzte sind verpflichtet, genaue Aufzeichnungen über die Anzahl der Erkrankungen in ihren Bezirken an die oberste Sanitätsbehörde in viertel- und ganzjährigen Berichten zu leiten, damit die Landesregierung in die Lage versetzt ist, einen immer klareren Einblick in die Morbiditäts*. Verhältnisse der Be7Öl(ase hervortritt. Lesser kann kein Gharakteristicum für die Diagnose Lupus erythematodes auffinden. 7. Blasehko stellt eine 45jährige Patientin vor, welche an schwerer Hysterie leidet, die in Form von Lähmungen und Anästhesien aufgetreten ist. Seit % Jahren leidet die Patientin an einer Affektion des behaarten Kopfes, welche in Form von kleinen Bläschen auftritt, die sich peripher ausbreiten und schließlich zu einer Narbeabildung mit Schwund der Haare fuhren. Von Zeit zu Zeit treten in den alten Narben immer wieder neue Eruptionen auf. Die Haut ist an diesen Stellen außerordent- lich empfindlich. Lues ist mit Bestimmtheit auszuschließen^ Die Affek- tion gehört in diesem Falle nicht zu den traumatischen Dermatoneu- rosen, aber es ist denkbar, daß die Hysterie in diesem Falle die Rolle des Traumas spielt. Immerwahr fragt, ob die Patientin an Jucken leidet, da man überall deutlich Kratzaffekte bemerkt. Blasehko erwidert, daß das hervortretende Symptom in heftigem Brennen besteht. B. hat frische Eruptionen gesehen, die nicht auf das Kratien mit dem Nagel zurückzufahren sind. Ledermann macht darauf aufmerksam, daß derartige Erschei- nungen auch auf anatomischen Veränderungen des Zentralorgans beruhen können. So hat er einen Fall mit Affektion der Kopfhaut gesehen, welche den Vorläufer eines sarkomatösen Tumors der Hirnhäute bildete. 8. Hollstein stellt einen Fall mit ausgebreitetem Lupus der Extremitäten vor. Die ganze linke Seite ist infiltriert und auch am 124 Verbandlungen rechten Oberschenkel zeigt sich ein zweiter kleinerer Plaque* Größere Narben sind an den Armen nnd an der Brost sichtbar. Der Fall wurde als syphilisverdächtig angesprochen, indessen da Jodkali vollst&ndig wirkungslos blieb, nebenbei eine Ankylose der Schultergelenke besteht und die mikroskopische Untersuchung ein deutliches Bild yon Lupus- knoten mit zahlreichen Riesenzellcn ergab, so ist die Diagnose Lues aus- zuschließen. 9. Hoffmann stellt eine Patientin vor, welche an einer Primel n- derroatitis leidet. Ferner zeigt er Präparate einer Dermatitis, welche nach Scylla maritima entstanden sind. Von zwei Fällen, die EL beobachtete, hatte sich in dem ersten Falle die Patientin die Blätter der Meerzwiebel auf eine kleine Brandwunde am Finger gelegt. In dem zweiten Falle hatte die Patientin die Meerzwiebel dazu benutzt, um mit Fleisch zusammen einen Brei von Ratten griftkuchen herzustellen. In beiden Fällen entstand eine Dermatitis vesiculosa mit ziemlich starkem ödem. Lesser erinnert daran, daß die Scylla maritima früher als Vesi- cans benutzt wurde. 10. Wechselmann stellt eine kleine Patientin vor mit einer Affektion des Vorderkopfes, welche seit zwei Jahren besteht und sich durch zu Borken eintrocknenden Pusteln mit Übergang in narbige Atrophie auszeichnet. Das Leiden stellt sich als Folliculitis crustosa atro- phicans dar. Man muß annehmen, daß in allen Affektionen, wie z. B. Sykosis, Ulerythema u. s. w., welche, wie das vorliegende Leiden, zu Atrophie führen, neben der gewöhnlichen Entzündung noch eine zweite Noxe hinzutreten muß, welche das elastische Gewebe um die Haarbälge und Talgdrusen zerstört. 10. JOiskassion über den Vortrag von Michelsohn: Über das Vorkommen von idiopathischer Orchitis. Rosenthal hat dieser Affektion seit längerer Zeit seine Aufmerk- samkeit gewidmet und berichtet einen Fall, in welchem bei einem ver- heirateten Kollegen eine heftige Epididymitis aufbrat, ohne daß vorher zu irgend einer Zeit Gonorrhoe bestanden hat. Nachdem die Epididy- mitis abgelaufen war, wollte sich Patient in eine Lebensversicherung aufnehmen lassen. Die Untersuchung des Urins ergab einen eitrigen Gehalt und als Ursache eine Pyelitis calculosa. Der Kollege wurde operiert und wieder vollständig hergestellt. Wahrscheinlich sind in diesem Falle Bakterien direkt von der Niere in die Blase und die Urethra gelangt und mittelst der Lymphbahn in die Testes übergeführt worden, genau wie es bei der gonorrhoischen Nebenhodenentzündung geschieht. Auch die Fälle von Parotitis gehören hierher ; sie deshalb auszuscheiden, wie es der Vortragende getan hat, weil sie mit starkem Fieber einher- gehen, ist nicht angängig, da auch bei gonorrhoischer Epididymitis das Auftreten vou hohem oder geringem Fieber ein ganz verschiedenes ist. Bei der Parotitis geht die Infektion von der Wangenschleimhaut aus und die Frage ist, ob die im Verlaufe dieser Krankheit auftretende Hoden- entzündung durch metastatische Embolie oder durch Ausscheidung des Infektionsträgers durch die Nieren vor sich geht. Nach Rs. Ansicht liegt der letztere Modus vor. Die Krankheitserreger werden durch die Nieren ausgeschieden, gelangen auf diese Weise in die Urethra und von der Berliner dermatologischen Gesellschaft. 125 dort in die Lymphbahnen des Testis resp. der fipidjdimis. Orchitiden und Epididymitiden gehören auch bei anderen Infektionskrankheiten nicht zu den Seltenheiten, so bei Typhus, Variola, Erysipel, akutem Qelenk- rheomatismns und Nierenaffektionen. Das Ausscheiden des Typhasbazillus durch den Urin gibt auch für fthnliche bakterielle Krankheiten eine ge- nügende Erklärung für die Entstehung der in Frage kommenden Affek- tion. Therapeutisch erwähnt R., daß durch das Einnehmen von Desin- fixienten, wie Urotropin, die Typhusbaiillen im Urin binnen kurzer Zeit beseitigt werden. Ist nun die Annahme richtig, daß bei der Paro* titis und ähnlichen in Frage kommenden Affektionen die Krankheits- erreger in den Urin übergehen können, so dürfte auch das Einnehmen ▼on Desinfizienten wie ürotropin und ähnlichen Präparaten im stände sein, bei Parotitis eine Erkrankung der Testis hintanzuhalten. L e 8 s e r betont, daß möglicherweise bei den Infektionskrankheiten metastatische Prozesse eine hervortretende Rolle spielen, vielleicht sind aber beide Entstehungsarten denkbar. Rosenthal bestreitet nicht die Möglichkeit der metastatischen Emboli e, glaubt aber, daß seine Annahme eine leichtere Erklärung für die Erkrankung der Testes abgibt, besonders da sehr häufig alle anderen parenchymatösen Organe verschont bleiben. Sitzung vom 5. Juli 1904. Vorsitzender: Lesser. Schriftführer: Saalfeld. 1. Mayer, Theodor, stellt die Patientin mit einem Tuberkulid (Folliklis) der Handrücken wieder vor, welche er bereits im April dieses Jahres gezeigt hatte. Einzelne Effloreszenzen haben bis 6 Wochen zu ihrer Entwicklung gedauert und sind unter ziemlich indifferenter Be- handlnng bei charakteristischer Narbenbildung, perlweißer Farbe und einer rotlichbraunen Lisiöre, abgeheilt. 2. Mayer, Theodor, stellt aus der La ssar sehen Klinik eine Pa- tientin vor mit einer psoriasisähnlichen Affektion, welche die oberen und unteren Augenlider kreisförmig umgibt. Bei näherer Besichtigung stellt sich heraus, daß die Schuppen sehr fein sind und sich zapfenartig in die Follikel fortsetzen, und nebenbei eine deutliche Atrophie besteht. Die Haare in den Augenbrauen sind stark verdünnt. Die Affektion erinnert an Keratosis pilaris und an ülerythema ophryogenes. M. stellt die Diagnose Lupus erythematodes und glaubt, daß die Affektion an den Augen mit dem ülerythema identisch ist. 3. Wechselmann stellt einen Fall von Lupusoarcinom vor. 4. Wechselmann stellt einen Patienten mit syphilitischem Primäraffekt am Septum der Nase vor. 5. Piuku§ stellt einen Fall von Adeuoma sebaceum im Ge- sicht und einem halbseitigen Naevus des Bauches vor. 6. Pinkus zeigt eine Frau mit ausgebreiteten multiplen Fibromen. 7. Saalfeld zeiget zwei Fälle von Dermatitis herpetiformis. Bei der einen Patientin besteht die Afiektion seit 27, Jahren, bei der 126 Verhandlttxigen zweiten, einem 19jährigen Mädchen, begann die Affektion seit drei Jahren and tritt nnr anfallsweise auf. 8. Saalfeld stellt eine verheiratete Frau von 32 Jahren vor, welche zwei Kinder hat. Die Affektion besteht seit drei Jahren und zwar zeigten sich innerhalb drei Wochen drei Flecke auf der linken Seite der Nase und zwei auf der Stirn. S. faßt die Affektion als den vaskulären Typus des Lupus erythematodes auf. Außerdem zeigt die Pa- tientin einige rote Flecke, die nur zur Zeit der Menstruation stärker hervortreten und einen erhabenen roten Wall zeigen. Die Affektion dürfte vielleicht als K.rythema perstans bezeichnet werden. Die The- rapie war ohne £influß. 9. Saalfeld stellt eine Patientin vor, welche 27 Jahre alt ist und seit 2Vs Jahren an einer Affektion leidet, welche sich innerhalb drei bis vier Monaten über den ganzen Körper ausgebreitet hat. Neben starkem Juckreiz bestand eine deutliche Lichenifikation. S. betrachtet die Affek- tion als Erythema premycosique. Bedeutende Besserung ist unter Chinindarreichung eingetreten. In einem analogen Fall hat S aal fei d vom Chinin ebenfalls gute Resultate gesehen. Ledermann hatte die Patientin vor drei Monaten gesehen und findet eine deutliche Besserung. Die erythematösen Flächen sind unter Pigmentation abgeheilt. Die Flächen- Infiltrate scheinen durch Chinin nicht beeinflußt zu sein. 10. Lesser, Fritz: Zur allgemeinen Patho lo gi e d er Syphilis. Lesser unterscheidet 1. papulöse (infiltrierende) Prozesse, 2. proli- ferierende Prozesse mit Gummibildung und regressiver Metamorphose, 3. proliferierende interstitielle Prozesse. Die Gummata gehen erst aus dem interstitiellen Prozeß hervor, sind aber für Syphilis charakteristisch; daher müssen sie besonders rubri- ziert werden. Bei den papulösen EfHoreszenzen ist auf die Form, die Farbe und die Konfiguration zu achten. Die interstitiellen Prozesse sind oft schwer festzustellen; sie sind noch wenig studiert. Charakteristische Merkmale sind 1. die Lokalisation, 2. das herdweise Auftreten in einem Organ, 8. das herdweise Auftreten in mehreren Organen desselben Indi- viduums, 4. das Auftreten in frühem Alter, 6. die besonderen Prädilek- tionsstellen an manchen Organen. Die Papeln werden durch Quecksilber, die Gnmmata durch Jod am schnellsten beseitigt. Die interstitiellen Prozesse resgrleren träger auf Quecksilber und Jod und gehen in Narbeugewebe über. Eine strenge Trennung der einzelnen Prozesse ist nicht durchzuführen, weil häufiger ein Übergang stattfindet. Je stärker das Virus, desto reichlicher ist der entzündliche infiltrierende Prozeß. Die interstitiellen Prozesse kommen am häufigsten an inneren Organen, die proliferierenden auf der Haut vor. Die Papeln bestehen oft nur Tage lang, Knoten und tuberöte Formen dauern oft Monate. Das Gumma ist meist solitär mit nekroti- schen käsiffen Massen. Das tuberöse Syphilid tritt meist multipel auf und zeigt keine Nekrose. Die rein interstitiellen Prozesse sind als quar- täre zu bezeichnen. Die ulzerösen Prozesse sind mit den gummösen nicht zu identifizieren, da sie durch sekundäre Infektion, häufig bei be- stehender Kachexie auftreten. Die parasyphilitischen Erkrankungen, zu diesen gehören Tabes und progressire Paralyse, entstehen auf syphiliti- scher Basis, und sind als Folgezustände syphilitischer interstitieller Lokalprozesse aufzufassen. Duron Quecksilber und Jod findet aber bei ihnen keine Restitutio ad integrum statt. Lesser, E. Die Anschauungen von Fritz Lesser sind zum Teil auch die seinigen. Eine strenge Teilung, wie sie aber Fritz Lesser der Berliner dermatologischen Gesellschaft. 127 ▼omehmen will, hat etwas Gewaltsames an sich. Ob man yon einem sekundären oder tertiären, von einer frühen oder späten Syphilis» von einem infiltrierenden oder proliferierenden Prozeß spricht, tnt nichts zur Sache. Die Hauptsache ist nur, daß man einen allgemein verständlichen Namen findet. Die Erklärungen, die Fritz Lesser über die Wirkung des Syphilisgiftes gegeben hat, sind nicht recht verständlich. Ebenso hat sich der Redner nicht davon frei gehalten, die klinischen Beobachtungen seinem Schema unterzuordnen. Der von ihm angegebene unterschied der sekundären, papulösen und der tertiären Knötchen, welcher darin be- stehen soll, daß die ersten ephemer sind und die letzteren mehrere Mo- nate bestehen, trifft nicht zu. Auch mit der Erklärung der malignen oder galoppierenden Syphilis ist £. Lesser nicht einverstanden. Nicht die Virulenz des Giftes oder das hohe Alter, oder sonstige zur Kachexie fuhrende allgemeine Ursachen sind ätiologisch heranzuziehen. Ihm er- scheint die Erklärung eines französischen Arztes am verständlichsten, daß in diesen Fällen die Lymphdrüsen nicht reag^ieren und nicht als Filter wirken, so daß das Gift in großen Mengen ungehindert in den Organis- mus übergehen kann. Kalomel wirkt nach Fourniers Vorgang über- raschend gut. Heller fragt, welchen Beweis Fritz Lesser für seine Behauptung habe, daß bei gummösen Bildungen die vorhandene Zellenentwicklung auf eine Wucherung der fixen Bindegewebszellen zurückzuführen ist. Bisher war es nicht möglich, bei entzündlichen Prozessen den Weg der Zellenfiltration mit Sicherheit festzustellen. Nach Heller ist das tuberöse Syphilid kein Analogen der interstitiellen Prozesse der inneren Organe, wie Lesser angibt. Bindegewebswucherung der Haut tritt bei Keloid- bildung und bei Elephantiasis auf. Das Gumma ist auch Dach Virohow nicht als käsig zu bezeichnen, sondern darin besteht der Unterschied zwischen Gumma und Tuberkulose, daß das erstere eine Verfettung, das letztere eine Verkäsung darstellt. Schließlich soll man nicht von Gummata sondern von Gummi oder Gummiknoten sprechen. Rosen thal betont, daß Fritz Lesser die parasyphilitischen Pro- zesse als solche nicht anerkennt und als rein syphilitische anspricht. Dieser Standpunkt wird in Frankreich besonders von Leredde gegen- über Fournier vertreten. Das Charakteristikum aller spezifischen Pro- zesse bildet aber die Einwirkung von Jod und Quecksilber. Liegen rein syphilitische Prozesse vor, so müssen diese Medikamente wirken. Handelt es sich aber um postsyphilitische Affektionen, dann liegt kein rein syphi- litischer Prozeß mehr vor. Nun steht Rosenthal auf dem Standpunkt, wovon er sich in den verschiedensten Fällen selbst überzeugt hat, daß Tabes bei zweckentsprechender Behandlung absolat heilbar ist. Bei Para- lyse hat er bei der allgemeinen Kur nur Nachteile gesehen. Kromayer hebt hervor, daß bei der Untersuchung sekundärer oder tertiärer Produkte ein gradueller aber nicht ein prinzipieller Unter- schied besteht. Schon bei den ersten syphilitischen Papeln ist eine Pro- liferation des Bindegewebes zu konstatieren. Ob die Zelle aus dem Blut 128 Verhandlungen der Berliner dermatologisch eu Gesellschaft. oder aus dem Bindegewebe stammt, ist nicht zu erkennen. Charakteristisoh für die syphilitischen Produkte ist die Einwirkung auf das restierende Bindegewebe, bei welchem sich die Tendenz zur Zerstörung unter Zu- grundegehen der feinen elastischen Fäserchen zeigt Die Zellen schachteln sich so ineinander ein, daß sie durch Färbung kaum mehr auseinander zu kennen sind. Bei den sekundären und tertiären Produkten liegen nach dieser Richtung hin nur graduelle Verschiedenheiten vor. Quecksilber wirkt bei tertiären Produkten ebenso gut wie Jod. Blasohko ist ebenfalls mit der Unterscheidung zwischen Exsudat und Bindegewebszellen- Wucherung nicht einverstanden. Auch wandelt sich die fixe Bindegewebszelle bei tertiären Erscheinungen nicht immer in Bindegewebe um, um nachher eine Narbe zu bilden. Dagegen ist die scharfe Trennung der gummösen von den rein interstitiellen Prozessen anzuerkennen. Die neue Bezeichnung quartär einzuführen ist nicht an- gebracht. Meyerhardt möchte das Auftreten der verschiedenen Formen nicht auf die stärkere oder schwächere Virulenz des Kontagiums, sondern auf den Grad des Reizes, den das Kontagium ausübt, zurückführen. Fritz Lesser erwidert, daß Virulenz und Reiz miteinander paral- lel gehen. H 0 f f m a n n hält den Punkt der quartemären Syphilis für erledigt. Den von Lesser gemachten Unterschied zwischen infiltrierenden und proliferierenden Prozessen bei sekundären und tertiären Formen halt Hoff mann nicht für berechtigt. Schon bei sekundären papulösen In- filtraten lassen sich an den Endothelien und Perithelien Wucherungen nachweisen. Auch die Riezenzellen gehen vielleicht auf diesem Wege hervor. Vor allen Dingen möchte Hoff mann hervorheben, daß schon in frühem Stadium bei papulösen Syphiliden die Blutgefäße teilnehmen und sich gummöse Plaques besonders an den Unterschenkeln häufig an phle- bitische Prozesse anschließen. Vielleicht erklären sich manche schnelle Zerfallsprozesse dadurch, daß die Gefäße verstopft sind und zur Nekrose Veranlassung geben. Eromayer betont noch, daß Gummata und interstitielle Prozesse histologisch und pathologisch anatomisch gleichwertig sind, nur ist die Anordnung eine verschiedene. Fritz Lesser erwidert, daß V i r c h o w den Magerkäse mit der Tuberknlose, den Fettkäse mit der Syphilis in Vergleich brachte. Daß Gummi durch Bindegewebsentwicklung entsteht, hat Virchow aus- einandergesetzt. Leukocyten sind niemals an dem Aufbau von Binde- gewebe beteiligt. Der Ausdruck interstitiell ist nicht der Gegensatz von parenchymatös, sondern dient nur als Bezeichnung einer Bindegewebs- wucherung. Das Quecksilber und Jod wird bei Tabes zu spät gegeben. Gummata können das Bild dieser Krankheit vortäuschen. Die papulösen Prozesse entstehen durch die Leukocyten ; sie involvieren sich stets ohne Narbenbildung. Auch das Nässen der Papeln spricht ebenfalls für ihren Ursprung. 0. Rosenthal. Hautkrankheiten. Akute und ehronische Infektionskrankheiteu. Poneet et Ib^venot. De Pactinomycose hamaine en France et k Petranger. 6az. des höp. 1903. Nr. 67. Poncet und Tb^venot haben die in den letzten 6 Jahren in Frankreich und im Auslande publizierten Fälle von Aktinomykose zu- sammengestellt und kommen zu dem Resultat, daß diese Krankheit in allen Ländern, vielleicht mit Ausnahme der Schweiz, wo sie seltener ist gleich stark verbreitet ist. Seit 1898 wurden in Frankreich 86, in Deutschland 101, Amerika 102, Rußland 189, Österreich 79, in der Schweiz 6 Fälle veröffentlicht etc. Die Aktinomykose ist auf dem Lande häufiger als in der Stadt, femer häufiger in Landstrichen, wo viel Cerealien gepflanzt werden. £in feuchtes, sumpfiges Klima liefert einen günstigen ßoden für die Entwicklung der Krankheit. Fröderic (Straßburg i. E.). Lyon, Palm er, H. undTVlierry, W. B. A Gase ofinfectious Dermatitis in Chronic Morphiuism, Accompanied by an Unknown Diplococcus Resembliug Micrococcus Gonor- rhoeae. Amer. Medic. VL 401. 5. September 1903. Lyon und Wherry beobachteten bei einem Chinesen, der sich rohes Morphium teils gelöst teils ungelöst in ziemlich roher Weise (nicLt selten 5 Injektionen aut dieselbe Stelle) selbst eingespritzt hatte, eine besonders auf die Brust, Oberschenkel und Arme beschränkte Dermatitis mit ausgebreiteter Krusten und Geschwürsbildung. Bemerkenswert ist der Befund im Eiter etc. eines dem Gonococcus sehr ähnlichen, viel- leicht mit R. Pfeiffers Micrococcus catarrhalis identischem Diplococcus, über dessen bakteriologisches Verhalten eingehend berichtet wird. Ähn- liche Fälle sollen im Osten (Philippinen) nicht selteu sein, doch konnten die Autoren nur einen einzigen weiteren Fall finden. H. G. Klotz (New- York). Andrsehejewgky, Iw. Über Hautflecken bei Malaria als eins der Symptome einer Malariaerkrankung der Blutge- fäße. Pract. Wratsch. 1903. Nr. 28—31. Areta. f. Dermat. vl Syph. Bd. LXXII. 9 130 Bericht aber die Leistangen auf dem Gebiete Die von Andrscbejewsky als Symptom einer Malariaerkranknog der Blutgefäße gedeuteten Maculae dokumentieren sich als purpurae, yibices, Petecchien und eccbymoses spontaneae mit besonderer Bevor- zugung der Unterextremitäten; ähnliche Erscheinungen treten auch auf den Schleimhäuten auf. Mitunter kann das Erankheitsbild große Ähnlich- keit mit der Werl hof sehen Krankheit bekommen, umsomehr als Fieber nicht immer zu konstatieren ist. Aus den angefahrten Krankengeschichten ergibt sich eino gewisse Periodizität beim Auftreten der Flecken und eine deutliche Wirksamkeit des Chinins. S. Prissmann (Libau). Harris Graham. Dengue: A study of its mode of propa- gation and Patbology. New-York. med. record. 9. Feber 1902. Die Literatur über das tropische Dengue-Fieber ist ziemlich groß, die Ätiologie bisher nicht klargestellt. Fpidemien wurden in Kuba, Jamaika, Ostindien, Madagaskar, Kairo etc. beobachtet. Es scheint, daß die Krankheit gewisse höher gelegene Regionen nicht mehr erreicht. Oelegentlich einer Epidemie in Syrien beobachtete Graham Tat- sachen, welche ihm sicher die Übertragung durch Moskitos zu erweisen schienen. Er ordnete auch durch Abtotung aller Moskitos mit Chlor- räucherungen in einzelnen Krankenzimmern vergleichende Versuche an, welche stets zu einem positiven Resultat führten im Sinne der alleinigen Möglichkeit, daß nur durch die Moskitos eine Weiterverschleppung statt- finden konnte. Gleichzeitig fand in allen Präparaten sich ein so übereinstimmen- der Blutbefand vor, daß Verf. nicht ansteht, ein malariaähnliches Plas- modium, dessen Abbildung gegeben wird, als vermutliche Qrsache anzu- sprechen. Abbildungen mit genauer Beschreibung müssen im Original nachgesehen werden. Löwenhardt (Breslau). Erythematöse, ekzematöse, parenchymatöse Entzüiidungsprozesse. Rievel. Zur Ätiologie der Urticaria. Deutsch, med. Woch. Nr. SO. 23. Juli 1903. HIIII Dem Berichte von Bendiz (Deutsch, med. Woch. Nr. 14, Yereins- beilage) über Urticaria bei jungen Kindern nach £iergenuß fügt Rievel einige einschlägige Beobachtungen hinzu. Bei einer 29jährigen Frau trat sofort nach dem Verzehren, gleichviel wie zubereiteter Eier eine heftige Urticaria auf, welche nach 30 — 45 Minuten meist mit Zurücklassung grau- roter Pigmentationen wieder verschwand. Während (rroßeltern, Eltern, Ge- schwister der Frau frei von dieser Idiosynkrasie sind, vererbte sich dieselbe auf das jetzt 5jährige Töchterchen der Patientin. Beide sind sonst gesund, haben normale Verdauung und den auch von Bendix erwähnten schönen klaren Teint. Milch und Fleischeiweiße erzeugen keine Symptome. Max Joseph (Berlin). der Hantkrankheiten ]31 Wei§s, Ladwig^. Pityriasis rosea. An Erytheraatoas Eruption of Internal Origin. Journal Amer. Med. Assoo. XLI. 20. 4. JoH 1903. Der Titel von Weiss* Artikel deutet bereits die Absicht an, Pityriasis rosea als auf inneren allgemeinen Ursachen beruhend darzu- stellen, begründet namentlich auf die Anwesenheit gewisser Prodrome und die Eruption begleitender Symptome von Seiten der Yerdanungs- Organe und des Allgemeinbefindens, die als Folgen einer Autointoxi- kation angesehen werden, sowie auf die negativen Befunde betreffend Parasiten. Histologisch soll die Krankheit nicht wie die bekannten, my- kotischen Hautkrankheiten in der Epidermis ihren Anfang nehmen, sondern in Veränderungen der Qeftßwände, welche den Prozeß den ery- thematösen anreihen, Wucherung von Spindelzellen um die Gutisgefaße, Veränderungen leichter exsudativer Entzündung mit nachfolgendem Ödem und seröser Durchtrankung der Cutis und der Epidermis. Klinisch hält Weiss fftr besonders wichtig und beinahe pathognomisch, daß im Beginn der Entwicklung auf Flecken, die noch völlig glatt auf der Oberfläche erscheinen, durch Kratzen mit dem Fingernagel eine leichte Schnppung in der Mitte hervorgebracht werden kann. Dieses Verhalten konnte Weiss bei keiner anderen Effloreszenz von erythematösem Charakter finden. Die Differentialdiagnose berücksichtigt besonders das makulöse Syphilid. Eine Behandlung hält Verfasser nicht für nötig. Bei der Diskussion ist die Stimmung sehr entschieden zu Gunsten der Annahme einer äußeren Ursache der Krankheit. H. G. Klotz (New- York). Croljaehowski, F. P. Ein Fall von Urticaria pertans mit Pigmentati onen und Alopecia areata. Journal russe de mal. cut. Tom. V. p. 328. Der erste Fall von Urticaria perstans, der in der russischen Lite- ratur zur Veröffentlichung kommt. Zelenew machte die Diagnose: die Kombination der Angioneurose mit Alopecia wird auf eine gemeinsame Ursache, die Neurasthenie des Patienten zurückgeführt. Der Fall selbst gibt zu besonderen Bemerkungen keine Veranlassung. Richard Fischel (Bad Hall). Bmek. Zur Therapie des flüssigen Erythems der Nase. Allg. med. Ztrl.- Zeitung. 58. 1902. Brück empfiehlt zu schneller temporärer Beseitigung der Nasen- rötung das Andrücken einer mit Benzin Petrolei getränkten Mallkom- presae für einige Sekunden an die betroffene Stelle. Auch prophylaktisch angewendet soll das Benzin dies Auftreten des Erythems verhindern. Stein (Görlitz). Renault, Alex. Les formes atypiques de la rosöole lern diagnostic. La Medecine moderne 1902. Nr. 24. Renault unterscheidet bei den Spätformen der Roseola 4 Arten: 1. Die blasse Roseola: sie ist außergewöhnlich blaß, tritt spärlich auf, vorzugsweise auf den Seitenteilen, seltener auf der Rückseite dea Thorax auf. 9* 132 Beriebt über die Leistongen auf dem Oebiete 2. Die Ros^ole piqaet^e ou granolease, eine Form, die sich dadurch auszeichnet, dafi anf einem Roseolafleck 5 — 10 miliare Hervorragnngen durch hypertrophische Haarfollikel gebildet sind. Diese Form ist sehr selten. 3. Die Ros^le ortiense on papolease: sie ist etwas erhaben über die Haot, nrtikariell, unterscheidet sich von Urticaria dadurch, daß letz- tere blässer ist und iuckt. 4. Die Ros6ole circin^e, welche gewöhnlich Ende des ersten Jahres bis zum dritten Jahr erscheint und häufig rezidiyiert. Alle diese Roseolaformen zeigen klinisch gewisse Eigentümlich- keiten: Sie sind auf ein kleines Gebiet beschränkt; besonders eine seltene von Beurmann und Dalem beschriebene Form, welche bandförmig auf der Rückfläche des Thorax längs eines Interkostalraumes auftritt. — Femer sind alle diese Roseolaformen durch die geringe Zahl der Efflo- reszenzen ausgezeichnet, oft nur 6 — 20 Flecken. Dafür ist aber der ein- zelne Fleck großer als bei gewöhnlicher Roseola, oval- oder mandel- förmig, unterscheidet sich von dem gewöhnlichen Erythem durch fehlendes Fortschreiten nach der Peripherie. — Femer zeichnen sie sich aus durch langsame Entwicklung und wooheo- bis monatelange Dauer, welche aller- dings durch die Behandlung abgekürzt werden kann. Sie rezidivieren leicht, unabhängiger von der Art der vorangegangenen Behandlung; sie müssen daher intermittierend behandelt werden, sogar bis 8 Jahre nach dem letzten Rezidiv, ein Prinzip, das sich anf vielfache klinische Erfah- rungen stützt. — Das sogenannte Erytheme tertiaire, auch Roseole tertiaire genannt, kommt gewöhnlich frühestens sechs Jahre nach der Infektion, ist rein rot, hat 3 — 15 cm im Durchmesser. Je älter die Infek- tion, desto größer die Form, desto kleiner die Zahl der Effloreszenzen und die befallene Fläche ; entweder kreisförmig oder ovalar oder circinär. Lieblingsstellen sind die Seitenteile des Thorax, Oberschenkel, Lumbai- gegend und Arm. Dauer 3 Monate bis zu einem Jahr. Die Therapie des Erytheme tertiaire besteht in Quecksilberzufuhr, es ist dagegen oft sehr resistent, daher von manchen Ärzten als parasyphilitische Erscheinung betrachtet. Fournier hält es für eine Krankheitsform sui generis und nicht für eine rezidivierende Roseola, da sich bei den Kranken erst viele Jahre nach der Infektion diese Erscheinung zeigt, ohne daß intermediäre Roseola aufgetreten wäre. Julius Baum (Berlio). Jacob§oil, Nathan. Haemorrhagic Appendicitis as the First Manifestation of Purpura-Haemorrhagica. New- York, med. record February 7, 1903. Ein Fall von Purpura haemorrhagica, bei dem das erste Anzeichen in Hämorrhagien in dem Appendix bestand, welche dieselben Symptome wie eine Appendicitis hervorriefen, so daß Jacobson operierte. Gastrointestinale Symptome bei genannter Erkrankung wurden unter anderen von H e n o c h (Berliner klinische Wochenschrift 21./XII. 1874) der Hautkranklieiten. 133 pnbliziert, doch ist dort nichts von Mitbeteiligfang des Warmfortsatzea erwähnt. Ulzerationen des Ileams and Peritonitis sind ebenfalls bekannt. Loewenhardt (Breslau). Stengel, Alfred. Jodio purpnra with fever. The Thera» peutio Gazette. Jannary 15. 1902. Der Verfuser hebt in der Arbeit hervor, daß die Diagnose der Jodpurpnnt gewöhnlieh leicht ist, aber doch gegenüber der Parpara Simplex manchmal Schwierigkeiten machen kann, wenn Verdacht auf Herzfehler besteht. Auch die Jodpurpnra kann mit Fieber einhergehen, wie Verfasser an zwei genau beobachteten Fällen von Jodismns berichtet. Femer kann der Symptomkomplex der Basedowschen Krankheit als Er- scheinung des Jodismns entschieden werden. Aber gerade die dabei auftre- tende Vergrößerung der Thyreoidea und die übrigen Symptome des Jodismns werden im allgemeinen die Diagnose leicht ermöglichen. Die Jodpurpura tritt gewöhnlich, nach größeren und längere Zeit dargereichten Jod* dosen auf, ausnahmsweise auch nasb geringen Dosen. Julius Baum (Berlin). Wood, Horatio G. Quinine rash, with report of a case. The Therapentie Oazette, Jannary 15. 1902. Ausführliche Schilderung der Symptomatologie der Chinin- exantheme au der Hand von 60 Fällen aus der Literatur und einer eigenen Beobachtung. Julius Baum (Berlin). Talamon, Gh. Lezonapneumonique. La medecine moderne. 1901. Nr. 17. Talamon ist im Oegensats in Hallopeau der Ansicht, daß bei gleichzeitig mit Pneumonie auftretendem Herpes zoster eine Beziehung zwischen beiden Erkrankungen besiehe und teilt drei selbst beobachtete derartige Fälle mit. In dem ersten derselben beAodet sich die Herpes- eruption (am Auge) ebenso wie in dem von Hallopeau mitgeteilten Falle (am Bein) nicht auf derselben Seite wie die Pneumonie. In den beiden anderen Fällen ist der Herpes auf der von der Pneumonie befal- lenen Brustseite und tritt hier auch gleichzeitig mit dieser Afifektion auf, während er in dem Falle von Hallopeau der Lungenerkrankung um 10 Tage voraufgeht und nach Ablauf derselben ein zweiter Schub folgt. Zu dem dritten Falle Talamons folgte der Herpes zoster der Pneu- monie nach 2 Monaten, während welcher der Patient an konstanten Interkostalneuralgien zu leiden hatte. — Talamon hat indem Bläschen- inhalte zwar keine Mikroorganismen gefunden und hält es auch für wenig wahrscheinlich, daß sich solche nachweisen lassen. £r glaubt vielmehr, daß eine Herpeseruption bei Pneumonie nicht direkt durch die Pneumo* kokken hervorgerufen werde, sondern daß sie der Ausdruck einer tro- phischen Hautstörung sei, die durch eine Reizung der Nerven mittels Pnenmotoxins hervorgerufen werde. Bruno Ski arelr (Berlin). Bindonnann, J., Wien. Abteilung v. ZeissL Kasuistische Mitteilungen. Wiener medizin. Presse. 1903. Nr. 31. 134 Bericht über die LeiBicixigen auf dem Oebiete Unter den mitgeteilten Fällen ist besondert bemerkenswert ein Fall Ton Herpes zoster bei einem 77j§Iirigen Manne, bei dem et nach Aofschieflen der Bläscbengmppen im Interkostalraam, sowie am Vorder-, Oberarme nnd Hohlhand anter großen Schmerzen zur Entwicklung eines Ödöms, sowie eines Ergusses in die Fingergelenke nnd nach 4 Wochen auch zum Ergnsse ins rechte obere Sprunggelenk kam. Im Harne keine abnormen Bestandteile. Viktor Bandler (Prag). Ehrmaiiii, S., Wien. Über Herpes progenitalis und Schmerzen in der Regio pubica bei Plattfuß. Wiener klinische Wochenschrift. 1903, Nr. BL Ehrmann hat schon im Jahre 1891 in der dermatologischen Gesellschaft auf den Zusammenhang von Herpes praeputialis mit Platt- fuß hingewiesen und im Jahre 1894 in einem Referate über Herpes genital, labial und fac. in Lubarscht Ergebnisse desselben, sowie der Ingpuinalneuralgien Erwähnung getan, so daß seine Priorität gegenüber Pals Ansprüchen bewiesen ist. Die Hautnerven des Membrum virile samt denen des Skrotums stammen aus dem Nervus ilio-inquinal und Nervus pnb. pnb. und Nervus pud. comm. n. s. w. Von allen diesen Nerven kommt fftr die Frage des Herpes nur der Nervus pud. comm. in Betracht. Es ist klar, daß die Stellung des Oberschenkels auf den Verlauf dea N. pud. comm. nur dort einwirkt, wo er aus dem For. ischiad. maj. in das ischiad. minus tritt. Durch die Abduktionsstellimg im Haftgelenk mit leichter Rotation nach innen wird das Lig. pubo femorale und jenes Ver* stftrknngsband der Oelenkskapsel, das sich an jener Stelle inseriert, wo auch in geringer Entfernung das Lig. spinoso saor. von der Spina poste- rior entspringt, das letztere Band muß den Nervus pud. comm. kreuzen und hier liegt nach Ehrmanns Ansicht die Ursache der Provokation des Herp. progenit.; bei Druck wird die Schmerzhaftigkeit an der Spina poster. lokalisiert. Durch die starke Abduktion werden die Fasern dauernd gezerrt und der darüber ziehende Nerv gedrückt und so kommt es zu neurotrophischen Entzündungen in der Haut und Hyperämie der Harn- rohrenschleimhaut. Ehrmann sah 862 Fälle von Plattfuß mit inguinal. Schmerzen, bei 10 7^ der Fälle war Herpes rccidiv, bei 807e konnte der Schmerz nur durch Einlagen behoben werden. Viktor Bandler (Prag). Staili§law§ki, Wl. J. Über die sogenannte dystrophische Form der Epidermolysis bullosahereditariavel. congenita. Journal russe de mal. cut. Tom. V., pag. 521. Die vom Autor mitgeteilte Krankengeschichte stimmt mit den von Hallopeau, Rona und anderen mitgeteilten Fällen überein. Es findet sich die angeborene Neigung zur Blasenbildung unter dem Einfluß äußerer Reise an den Ellbogen, Knien etc. Blasenbildung selbst auf künstliche Reize an anderen als den beschriebenen Stellen wurde nicht beobachtet. Weißliche, über die Haut erhabene, derbe runde oder ovale Herde von nrtioariaartigem Aussehen wurden ebenfalls beobachtet, im Gegensatz zu Hallopeau nicht sekundär an der Stelle der Blasen (auch nicht nach der Hautkrankheiten. 135 Kaniharidenpflaster), sondern primär auftretend. Auch die stecknadelkopf- großea Epidermiscysten fehlten im Bilde nicht. Aus dem mikroskopischen Befände sei hervorgehoben, daß such die normal aussehende Haut Ver- änderungen zeigt: Periarteritis und Periphlebitis, Atrophie des ela- stischen (Gewebes der Papillär- uud oberen Gutissohicht. (Näheres siehe im Original.) Die Bezeichnung Hallopeaus „dystr. Form der Epidermolysis*' hält Stanislawski schon mit Rücksicht auf die Gefößyeränderungen nicht für entsprechend, sondern glaubt, daß es sich um ein selbständiges Krankheitsbild, das zur Gruppe der Hautatrophieu oder Dystrophien ge- hört, handelt. Richard Fi sc hei ^Bad Hall). Monfort. Pemphigus acutus der oberen Luft- und Ver- dauungswege. Revue hebdomadaire de laryngologie, d'otolog^e et de rhinologie, Bd. XXII. , 12. Die Erkrankung der Schleimhäute beim Pemphigus acutus ist all- gemein bekannt; sie tritt zur selben Zeit auf wie die Erkrankung der Haut oder folgt ihr sehr bald nach, kann aber nach Beobachtungen von M e 8 n a r d and D i c k s o n der Hauterkrankung um mehrere Tage voraus- gehen, so daß man nach Ansicht der Autoren vou „primärem Pemphigus der Schleimhäute^ sprechen kann, eine Bezeichnung und Sonderstellung dieser Form, die wohl ziemlich überflüssig ist. Nach allgemeinem Urteil fribt die Mitbeteiligung der Schleimhäute eine äußerst üble Prognose. Im Gegensatz hierzu berichtet Monfort über 6 Fälle von „iso- liertem Pemphigus der Schleimhäute*^, die er ausflihrlich be- schreibt und für eine Krankheit sui generis angesehen wissen will. Wegen der Einzelheiten muß auf das Original verwiesen werden. Er betont hauptsächlich die relative Häu6gkeit dieser Erkrankung (er sieht in jedem Jahr mindestens 2 Fälle) und ihre fast absolute Gutartigkeit, die jede Behandlung überflüssig macht. Ueberschär (Breslau). Charles. Akute und chronisch rezidivierende Form des Pemphigus der Schleimhäute. Revue hebdomadaire de laryngo- logie, d'otolog^e et de rhinologie, Bd. XXII., 88. Charles berichtet über 3 von ihm beobachtete Fälle von iso- liertem Schleimhautpemphigus. Er hält den isolierten Pemphigus der Schleimhäute ebenfalls für eine besondere, vom Pemphigus der Haut zu trennende Erkrankung, und unterscheidet eine akute, in wenigen Wochen ablaufende, und eine chronisch rezidivierende Form, die siuh über Monate und Jahre erstrecken kanu. Auch nach seiner Erfahrung ist die Prognose qnoad vitam stets günstig, dagegen soll es bei Erkrankung des Gaumen- segels und der Konjunktiven leicht zu Synechien bezw. Symblepharon kommen (wie beim Pemphigus malignus 1). Im Blaseninhalt konnten Bak- terien nicht nachgewiesen werden, Überimpfung blieb erfolglos. Ueberschär (Breslau). Beck, Cornelius und Grösz, Julius. Über Liehen scrophulo- Borum und dessen Beziehungen zu den „Tuberoulides cuta- nees Darier«. Archiv für Kinderheilkunde XXXIV. Bd., 1. Heft. 136 Bericht über die Leistangen auf dem Gebiete Nach einer sehr anschaulich gebrachten Krankengeschichte des Falles, dessen Affektion Gegenstand obiger Untersuchung ist, beschreiben Beck und Grosz die histologischen Terandemngen, welche sie in den verschiedenen Entwicklungsstadien gefunden haben. Die Veränderungen, welche das mikroskopische Bild lehrt, treten zunächst in dem Cutis- bindegewebe perifollikulär als entzündliche Infiltration mit Bildung von Riesenzellen auf. Das Infiltrat dringt aufwärts bis in die Papillarschicht; nach Zerstörung der interpapillären Epithelzapfen und der Malpighischen Schicht kommt es unter der Homschicht zu kleiner Pustelbildung. Gleich- zeitig kommt es zu einer regenativen Epithel wuchemng aus der Malpighi- schen Schicht, welche von unten die kleine, oberflächliche Pustel yer- schließt; welche sodann zur Kruste eintrocknet. Da aber das Virus — vielleicht tuberkulotische Toxine — fortwirkt, so erscheint der Prozeß mit der Krustenbildung nicht abgeschlossen, sondern der ganze Verlauf beginnt von nenem, und neuerdings wandern von demselben Punkte der Cutis wie anfangs Leukocytenhaufen ins Epithelgewebe nach oben, die zerstörende Wirkung, wie auch die konsekutive Epithelregeneration wiederholen sich; daher die etagenförmige Anordnung der Läsionen. Den Autoren gelaug es weder mikroskopisch, noch bei Impfversuchen Tuberkelbazillen nachzuweisen. Auch die Gutartigkeit, spontane Rück- bildung, sowie der Mangel jeder ÜJzeration bestimmen die Autoren obige Affektion strenge von wahrer Hauttuberkulose zu unterscheiden, trotzdem aber möchten sie auf die prämouitorische Bedeutung der „Exantheme der Tuberkulose^ hinweiseo. Rud. Bunzel (Prag). Himmel, J. M. Dermatitis psoriasiformis nodularis. Journal russe de mal. cut. Tom. III., pag. 659. In diesem Archiv Bd. LXV., pag. 47 als Originalartikel erschienen. Eichard Fischel (Bad Hall). Adrian, G. Über Arthropathia psoriatica. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie. XI. Band, 2. Heft. Adrian stellt im Anschluß an einen von ihm beobachteten Fall von Psoriasis kompliziert mit Arthropathia psoriatica, der wegen eines Blasencarcinoms zur Aufnahme in die Straßburger chirurgische Klinik kam und bei dem die Arthropathia psoriatica als zufalliger Befund er- hoben wurde, die gesamte ihm zugängliche Literatur über Arthropathia psoriatica zusammen (93 Beobachtungen, die meisten, 67, aus französischen Spitälern) und gibt auf Grund dieser Literatur und seiner eigenen Be- obachtung ein ausführliches Bild der Arthropathia psoriatica. Adrian glaubt das Wesen des Krankheitsbildes am verständlichsten erklären zu können durch Annahme einer Erkrankung des Nervensystems als gemein- samer Ursache der Psoriasis sowohl als des Gelenkleidens. Welcher Art diese Erkrankung des zentralen oder peripheren Nervensystems sei, müsse auf Grund mangelnder pathologisch-anatomischer Untersuchungen z. Z. dahingestellt bleibeu« In dem von Adrian selbst beobachteten Falle waren ausschließlich Veränderungen der Finger- und Zehengelenke vorhanden, alle anderen Gelenke waren frei. Über die Art der Verän- der Haatkrankbeiten. 137 denmgen geben beigefügte Photographien und Böntgenaufnabmen ein denüiches Bild. Yoß (Breslaa). Patry, £. L-oedeme dar da dos de la main. Revue m^dicale de la Soise romande. 1903. Nr. 6. Jahrg. XXIII. p. 326. Patry weist in seinem interessanten Aufsatz nach, daß das zuerst Ton H. Secretan (Rev. med. de la Saise romande, jaillet 1901) be- schriebene und auch von Gheinisse (Semaine raedioale, mars 1903) ge- sehene Ödeme dar du dos de la main nichts anderes ist, als eine ab- sichtlich herbeigefahrte ünfallsversichemngskrankheit. Einige wenige Fälle scheinen wirklich durch Unfall bedingt za sein; das Gros aber gehört zu den simalierten Unfällen. Hiefur bringt der Verfasser eine große Anzahl von Granden bei; die hauptsächlichsten sind: 1. Die Krank- heit existiert erst seit der großen Ausdehnung der Unfallversicherungs- gesetze. Patry hat in der Genfer Unfallversicherung von 1896 — 99 nur einen, von 1899 — 1902 dagegen 48 solche Fälle gesehen. 2. Sie kamen alle bei Italienern vor, die meist aus derselben Stadt stammten und zum großen Teil in einem Hause zusammen wohnten. 3. Drei Viertel der Fälle betrafen die linke Hand. 4. Die angenommenen Entschädigungen waren viel zu klein im Verhältnis zur anscheinenden Schwere der Ver- letzung. 6. Weitaus die Mehrzahl kam am Ende der Saison (September bis November) zur Beobachtung. 6. Unter den 48 Fällen konnte lOmal sicher Simulation oder Versuch die Versicherungsgesellschaft zu be- nachteiligen nachgewiesen werden. Zweimal hat der Verfasser inzidiert und ist auf Hämatome gestoßen ; nicht alle Fälle sind also durch seröses Exsudat bedingt. Laut glaub- würdiger Aussage wird die Afifektion folgendermaßen hervorgerufen: Die Hand wird mit einem Tuch umwickelt, auf einen harten runden Gegenstand (Flasche etc.) aufgesetzt und dann einige Zeit mit kleinen Schlägen bearbeitet ; diese Prozedur wird so oft wiederholt, bis sich das Ödem zeigt. A. Gassmann (Basel-Leukerbad). Sti'iner, R. (Levico). Zur Balneotherapie der Acne vul- garis. Journal russe de mal. cut. Tom. IV. Nr. 7, 8. Siehe die deutsche Mitteilung in der Festschrift zu Ehren Kaposi 1901: „Über die lokale Applikation des Arsen bei Dermatosen **. R. Fischöl (Bad Hall). LandsehewskL Ein Fall von rezidivierender Gangraen der Haut. Journal msse de mal. cut. Tom. V. p. 32. Infolge von lang andauernden „Wadenkrampf ein zirka silber- mbelgroßer Gangraenherd der Haut über der Tibia, nach neuerlichen Krämpfen Rezidive. Richard Fischöl (Bad Hall). Philippson, L. Sulla neorosi secca circoscritta della pelle da influenze atmosferiche. Giornale Ital. delle malattie veneree e della pelle. 1902. 832. Philippson beschreibt einen Fall dieser seltenen Krankheit, welche bei einer 28jährigen Frau seit dem 3. Lebensjahre stets in den Monaten Feber, März und April aufgetreten war. In dem Jahre, als die 158 Bericht über die Leistangen auf dem Gebiete Kranke vom Autor beobachtet wurde, trat das Leiden auch im Oktober und Noyember auf, was früher nie der Fall gewesen war; unter Jucken entwickelten sich umschriebene trockene Schorfe an Nase, Wangen und Ohren. An einem ausgeschnittenen Stuckchen vom Ohrläppchen ergab die histologische Untersuchung einen Befund, welcher mit denen von Bowen und Mi belli im wesentlichen übereinstimmt; das Infiltrat, das weiter als man vermuten möchte, in die Tiefe greift, ist sehr reichlich und besteht vornehmlich aus einkernigen Leukocyten. Das Exsudat ist am reichlisten im Papillarkörper. Die violetten Flecke rühren von Stase in den Kapillaren her; die Nekrose, hauptsächlich Epidermis und Papillar- körper betreffend, tritt frühzeitig ein, und ist nicht durch die Entzündung veranlaßt, sondern tritt mit und neben ihr auf; die vorhandene entzünd- liche Stase genügt nicht zur EIrklärung der Nekrose. Demgemäß be- zeichnet der Autor auch die Bezeichnung Hydroa vacciniforme als unge-, eignet und als geeignete Bezeichnung Necrosis sicca circumscripta oder Dermatitis escharotica circumscripta. Spietschka (Brunn). Metseherski, 6. J. Kalomel bei Behandlung des Ulcus cruris. Journal russe de mal. cut. Tom. V. pag. 678. Yemarbung eines inveterierten Ulcus cruris nach 4 Kalomelinjek- tionen (ä 0*05) und Rückgang der Elephantiasis der Extremität um 4 em im Umlang. Lokal bloß Borwasserumschläge. Richard F i s c h e 1 (Bad Hall). Bildungsanomalien. Alessandri, Roberto. Bakteriologische Untersuchungen bösartiger Geschwülste. Zentral blatt far Bakteriologie, Bd. XXXIII. pag. 682. Alessandri hat zu seinen Versuchen 38 Tumoren und 9 Dräsen- metastasen solcher verwendet, die erhaltenen Stücke unter allen Kautelen verarbeitet, aber nie ein positives Resultat erzielt, speziell nie Blasto- myceten gefunden. Unter den Tumoren befanden sich Epitheliome und Sarkome. Auf je einer Platte, die mit Fibrosarkom und Spindelzellen- sarkom geimpft war, traten Kulturen auf, die Sarcime ähnlich waren aber weitere Resultate nicht ergaben, da sie auch auf Tiere verimpft nicht nachweisbare Veränderungen erzeugten. Wolters (Rostock). Tsehlenow, M. Über multiple spontane Keloide. Nach einer ausführlichen Literaturübersioht, in der das Für und Wider der Ansichten der Berechtigung der Unterscheidung der Begriffe „Spontan und Narbenkeloid** klar beleuchtet wird, wird je ein Fall dieser Affektion beschrieben. Der Fall von Spontankeloid stellt durch die Menge der entwickelten Geschwülstchen (bis haselnußgroß, 431 an der Zahl) ein Unikum dar. Akne gab den Grund zur Entwicklung einiger, aber gewiß der Hautkrankheiten. 139 nicht aller vorhandenen Keloide. Der genaae histologische Befand muß im Original nachgelesen werden. Hier die Schlußsätze des Autors: 1. Unter dem Namen „Keloid** versteht man eine besondere Haut- affektion, welche in mancher Hinsicht an eine Neubildung erinnert und welche fürs erste, bis zu einer genaueren Erklärung seiner Ätiologie zur 2. Gruppe der Neubildungen und zwar des Fibroms zu rechnen ist. 2. Zur Gruppe der Keloide gehören nur die sogenannten ,ipri- mären" entsprechend der Bezeichnung früherer Autoren „wahren**) und sekondären (j^Narben**) Keloide. Die hypertrophische Narbe muß streng ans dieser Gruppe ausgeschieden werden. HIV3 3. Sowohl die klinischen als auch histologischen Befunde zeigen, daß die frühere strenge Einteilung der Keloide in primäre und sekun- däre keinen berechtigten Grund hat, da diese beiden Arten von Keloiden sich nach ein- und demselben Typus entwickeln. Trotzdem kann eine solche Einteilung, im Interesse der Bequemlichkeit fiir das klinische Denken beibehalten werden. 4. Die histologischen Veränderungen beim Keloid sind auf eine verstärkte Wucherung des Bindegewebes (mit gleichzeitigem Untergang des elastischen Gewebes) längs den Blutgefäßen zurückzuführen, wobei als Ausgangspunkt dieser Veräuderungen das Gutisgewebe anzusehen ist, zu denen sich sekundäre Veränderungen hinzugesellen. 5. Die früher gültigen histologischen Unterschidde zwischen den primären und sekundären Keloiden (hauptsächlich Erhaltung der papil- lären Schicht bei ersteren und Zerstörung derselben bei den letzteren) können nicht mehr als wesentliche angesehen werden. 6. Die Ätiologie der Keloide muß als dunkel bezeichnet werden. 7. Als Hauptgrund für die Entwicklung der Keloide muß man bisher eine besondere persönliche, familiäre oder Rassen-Disposition an- sehen, woher die Haut auf häufig nur ganz unbedeutende Roize mit Keloidbildung ^reagiert (dabei aber nicht auf jeden Reiz und nicht an allen Stellen). Hierdurch erklärt sich auch die ganz außerordentliche Neigung der Keloide zu Rezidiven. 8. Was die Pathogenese der Keloide anbetrifft, so spielt das GefiU}- system bei Entwicklung derselben eine unzweifelhaft sehr große Rolle aber über die genauere Beteiligung desselben müssen uns noch weitere Untersuchungen aufklären. 9. Das Keloid stellt weder eine Narbe, noch eine einfache Hyper- plasie des Bindegewebes dar und unterscheidet sich auch in seinem Bau von dem infektiösen Granulom und Fibrom, aber die sichere Klassifikation desselben ist augenblicklich noch unmöglich. 10. Die Ursachen für den beobachteten, spontanen Stillstand des Wachstums der Keloide sind noch unbekannt. 11. Die Prognose der Keloide ist im allgeuieinen wenig be- friedigend. 12. Die Behandlung der Keloide fordert vom Arzt eine große Aus- dauer und ist im allgemeinen eine undankbare Aufgabe. Richard Fischöl (Bad Hau). 1 40 Bericht über die Leistangen auf dem Gebiete Montgomery, Doaglass W. PapillomaoftbeSole. Journal Amer. Med. Assoo. XLI. 100. 11. Jali 1908. Montgomery berichtet über 7 Falle der wohl nicht so seltenen, aber recht unangenehmen und oft schwer su beseitigenden Warzen auf den Fußsohlen. Dieselben scheinen sich nie mit Warzen an anderen Körperteilen zu vergesellschaften und meist auf lokalen, namentlich an- haltenden oder oft wiederholten (l)ruck-)ln8ulten zu beruhen. Mont- gomery empfiehlt die schonende Entfernung der harten Epidermis- bed eckung, um die Warze selbst der üblichen Behandlung zugänglich zu machen. H. G. Klotz (New-Tork). Glawtsehe, E. S. Zur Frage der Fibromatose. Journal russe de mal. cut. etc. 1902, pag. 855. An der Entstehung der Keloide sind zwei Momente beteiligt: die Disposition und Reizung. Bei dem beschriebene Falle, bei dem es sich um Narbenkeloidbildung am Stamme und an den Extremitäten, und nm plastische Verhärtung der Schwellkörper des Penis handelte, wird die Verbrennung bezw. die Gonorrhoe als Reizursache angesehen. Die Dis- position zur erhöhten Zelitätigkeit äußerte sich auch in einer Vereite- rung des Nebenhodens. Die Disposition zur Fibromatose, ein dem Autor zur Bezeichnung des Krankheitsbildes am geeignetesten erscheinender Ansdruck, ist in diesem Fall vielleicht durch die infolge der bestehenden Lebercirrhose nicht zurückgehaltenen Toxine und Ptomaine bedingt. Richard Fischel (Bad Hall). Thomas, H. M. A Gase of Ne uro-Fibromatosis (Von Recklinghausens Disease) with Paralysis and Muscular Atrophy of Arms and Legs. Johns Hopkins Hospital. Bulletin XIV. 204, Aug. 1903. Thomas' Fall ist hauptsächlich von Interesse wegen der die Neu- bildung begleitenden Erscheinungen seitens des Nervensystems. Bei der 51jährigen Patientin hatten von früher Kindheit an zahlreiche Tumoren der Haut, über den ganzen Körper verstreut, bestanden, die während der letzten 5 Jahre bedeutend an Zahl zugenommen hatten. Seit derselben Zeit sind brennende, stechende Schmerzen zuerst im linken Fußgelenk, allmählich nach aufwärts auf beide untere Extremitäten sich verbreitend, aufgetreten, seit 1 — 2 Jahren auch in Armen und Schultern aufgetreten; dieselben treten blitzartig, mit großer Intensität und in Anfällen auf. Gleichzeitig sind auch motorische Störungen in den Extremitäten aufge- treten, welche jetzt zu Kontrakturen in Knien und Hüften gef&hrt haben, sowie zu Funktionsstörungen in den oberen Extremitäten: in der letzten Zeit sind auch Blasen- und Schluckbeschwerden aufgetreten. Die Verän- derungen an der Haut wiesen weder klinisch noch histologisch Abwei- chungen auf von den typischen Neurofibromen (Fibroma mollascum) der Haut. Tumorbildungeu an den peripheren Nerven, welche die Symptome seitens des Nervensystems erklären könnten, waren nicht nachweisbar. Nach Vergleichung mit ähnlichen Fällen aus der Literatur, namentlich der von Zinno, Haushalter und Sorgo, erscheint es wahrscheinlich, der Haatkrankkeiteo. 141 daß 68 sich in dem vorliegenden Fall am eine langsam fortschreitende, weit verbreitete Affektion des unteren motorisclien Segments handelt, als deren Ursache an den vorderen Wurzeln anftretende Neurofibrome anzusehen sind; die der Ganda eqaina wurden jedenfalls am frühesten befallen, die zervikalen erst in der letzten Zeit. Obwohl objektive, senso- rielle Störungen nicht nachweisbar sind, so macht doch das von Anfang an beobachtete Auftreten der blitzartig auftretenden Schmerzen eine Be- teiligung der hinteren Wurzeln höchst wahrscheinlich. H. G. Klotz (New- York). Drs. Fraenkel, Joseph und Ramsay Huat, J. On Neuro- fibromatosis. New-York, med. record June 13, 1903. Fraenkel und Ramsay Hunt teilen die Neurofibromatosis klinisch ein in: 1. Tttbercula- dolorosa (kleine schmerzhafte Hautknoten der sen- siblen Hautnerven, welche gelegentlich Parästhesien, Kontrakturen, Reflex-Spasmen und selbst epileptiforme Anfalle hervorrufen). 2. Multiple Neurofibrome der Haut (v. Recklinghausen: Fibroma moUuscum). 3. Nearofibrome von einzelnen größeren Nervenstammen (am häu- figsten Medianus und Ischiadicus). 4. Plexiformes Neurom (Ranken- Neurom) mit ev. Elephantiasis und Pachydermatocele. 5. Allgemeine Neurofibromatose der Haut, der cerobrospinalen und sympathischen Nerven. Tier klinische Beobachtungen folgen; 1. Kompressions-Myelitis, hervorgerufen durch ein intravertebrales Fibrom ; mit Sektionsbericht. 26jährige Frau. In der linken Unterbauch- gegend fand sich ein plexiformes Neurom der Haut, ebenso ein Neuro- fibrom des linken Vagus, sowie Fibr omatose cervikaler und lumbaler Nerven. 2. Isoliertes Neurom des Nervus tibialis und communicans peronei« 18jährige Frau. 3. 36jährige Frau mit zahlreichen Fibromata mollusca und kleinen Gefaß-Nävi ohne Symptome. 4. 60jähriger Patient mit Neuralgien und Spasmus im linken Arm, einem Naevus vascularis auf dem Abdomen, Knoten im linken Plexus brachialis, halbweichen zahlreichen Fibromen auf Armen und Rumpf bis zu Kirschengröße. Verfasser machen darauf aufmerksam, die Anwesenheit von Nävi oder Haut-Fibrom als diagnostischen Hinweis auf ähnliche tiefer gelegene Neubildungen bei unklaren Nervenleiden in Betracht zu ziehen. Loewenhardt (Breslau). DuboiSy Charles. Naevus verruqueux generalise. Revue medicale de la Suisse Romande 1903. Nr. 8, pag. 570. Dubois beschreibt einen Fall von ausgedehntem systematisiertem, doppelseitigem, papillomatösem und pigmentiertem Homnävus. Histo- 142 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete logisch fand sich Verdickung des Rete und der Homschicht; im Derma war kein Pigment, um die Gefäße Zellvermehrung (namentlich Mast- Eellen). — Die Intelligenz ist vermindert, öfters treten epileptische An- fälle auf. An ergriffenen Partien sind die Kopfhaare fein, kurz und depigmentiert, an kleinen gesunden Stellen jedoch kräftig, dunkel und lang. — Gautier hat den Fall (eodem loco) 1890 als „Maturite pr6coce et m^lanodermie chez un gargon de 6 ans et demi** beschrieben- Der allgemeine Eörperzustand ist seitdem durchaus stationär geblieben Die vom Nävas befallene Haut war jedoch damals völlig glatt und nur pigmentiert. A. Gassmann (Basel-Leukerbad). Piccardi, G. Gisto-epithelioma corneo o cistoacantoma corneo (Epithelioma perlaceo). Giomale Ital. delle malattie veneree e della pelle 1902. pag. 339. Piccardi beschreibt einen kirschgroßen Tnmor vom Bücken der Hand eines 6jjährigen Mannes; derselbe überragte die Haut um unge- fähr 3 Millimeter; war gut abgegrenzt, von schmutzig weißer Farbe, gegen die Peripherie von normaler Epidermis bedeckt, und zeigte im Zentrum eine Art Krater, aus welchem sich konzentrisch geschichtete Hommassen ablösen ließen; seine Konsistenz war elastisch knorpelbart; bereitete keine Schmerzen. Bei der histologischen Untersuchung erwies er sich ans einzelnen großen Cysten zusammengesetzt ; in der Nachbar- schaft fanden sich viele kleine, die in die großen einmündeten, die großen Cysten selbst mündeten mit großer Öffnung in die Epidermis, welche sich mit allen ihren Schichten in das Derma einstülpte und so die Cysten bildete. Die Höhlung war mit konzentrisch geschichteten Hommassen erfüllt. Die Wucherung, in Form von Zapfen beginnend, nahm ihren Ursprung vom Rete Malpighi ; sie schließt sich am besten an das Epithe- lioma perlaceum an; der Autor schlägt den Namen Cysto- Epithelioma cornenm oder Cysto- Acanthoma vor. Spietschka (Brunn). Soubeyran, P. L'epithelioma priraitif de Pnrdtre chez l'homme. Gaz. des höpit. 1903. Nr. 120. Der primäre Krebs der Harnröhrenschleimhaut ist eine seltene Affektiont Sonbeyran konnte ans der Literatur nur 23 Fälle zusammenstellen, was mit dem von ihm selbst beobachteten, der „Soci^td anatomique^ vorgestellten Fall zusammen im ganzen 24 Fälle ausmachte Besonders ältere Leute werden davon betroffen; die Ätiologie ist dunkel, doch scheinen Traumen und blenuorrhoische Striktaren ätiologisch eine gewisse Rolle zu spielen. Die Pars perinealis ist häufiger (in 19 Fällen) befallen, als die Pars pendula; in letzterer sitzt das Carcinom meistens in der Nähe der Basis der Eichel, zuweilen in der Mitte des Penis oder in der Fossa navicularis. Makroskopisch präsentiert sich die Neubildung als ein ulzeriertes, papilläres, über die Oberfläche hervorragendes Gewächs, hinter dem die Urethra meistens erweitert ist. Häufig finden sich Fisteln, besonders in der Perinealgegend. Histologisch handelt es sich um einen Pflasterepithelkrebs. Es bestehen dabei mehr oder weniger starke Schmerzen, Urinbeschwerden, Retention, septische Erscheinungen, wie der Haatkrankbeiten. 143 bei Siriktorkranken, blutiger oder seröser Ausfluß, in welchem mitimier Gareinomzellen gefunden werden, die dann die Diagnose sichern. In den ersten Stadien kann die Endoskopie die Natur des Tumors erkennen lasaen, was prognostisch von großer Wichtigkeit ist. Ist die Geschwulst schon starker gewachsen, so ist die Schwellung der Gewebe schon äußer- lich cu erkennen. Die Diagnose ist schwierig, die Prognose ungünstig; tbempeutisch kommen bei frühzeitiger Diagnose partielle Resektion der Urethralschleimhaut, meistens indessen Amputatio penis resp. Emascu- latio totalis in Betracht. Fr^d6ric (Straßburg i. £.). Janowsky, J. L. Zur Frage des Lippenkrebses. Archiv für klinische Chirurgie. Band LXV. 18. An der Hand einer Statistik von 178 Fällen kommt Janowsky ZQ folgenden Ergebnissen: Möglichst frühzeitiges operatives Eingreifen mit Entfernung der schon frühzeitig ergriffenen Drüsen. Hohes Alter ist keine Eontraiudikation, im Gegenteil wurden im Alter von 60 — 70 Jahren die besten Resultate erzielt. Gunstige Erfolge wurden in 49^/^ der Fälle ersielt. Rezidive zeigten sich in der Mehrzahl der Fälle im ersten halben Jahre, Bei sich wiederholenden Rezidiven kann man wenigstens die Lebensdauer verlängern. Bei Frauen ist Lippenkrebs lOmal seltener als bei Männern. Die Bevorzugung eines Standes oder einer Profession in Bezug auf die Erkrankung konnte nicht festgestellt werden. Die bösartig und schnell verlaufenden Formen stellen einen Prozentsatz von 257o Harn enthielten 0,1652 g JE. ff 20./XI. 1902. 1170 , „ „ 0,8995 „ JK. 21./XI. 1909. 1250 „ „ „ 0,3480 „ JK. Im Gegensatz zu deu Versuchen Li ons wurde bei diesen Experimenten der Jodkali- Vaselineverband 2—4 Tage auf der Haut belassen. Es lag nahe zu untersuchen, ob auch aus schwächerer Jodkalivaseline in entsprechend größeren Mengen eine Resorp- tion stattfindet. Bei 5%igen Salben hatten wir noch positive Resultate, dagegen gelang der Jodnachweis bei 50 g l^l^iger Salbe nicht (auch nicht, wenn die Salbe auf beide Arme yer- teilt wurde), trotzdem bei demselben Menschen mit 5 g lO^l^iger Salbe positive Resultate erzielt werden konnten. Zu einem von dem Li ons abweichenden Resultate führten uns auch die Versuche, welche wir mit Hinzufägung von Natr.- Thiosulfat zu den Jodkali-Salben vornahmen. Wie oben erwähnt, schloß Lion aus dem positiven Ausfall der Urinuntersuchung bei Natr.-Thiosulfat-Adepssalben, daß freies Jod (welches ja durch Natr. Thiosulfat gebunden wird) in seinen Versuchen nicht resorbiert sein könnte. Wir haben solche Versuche in großer Anzahl mit Jodkali- Vaseline und verschiedenen Konzen- trationen von Natr. -Thiosulfat gemacht und haben uns zunächst davon überzeugen können, daß allerdings bei geringeren Kon- zentrationen desselben der Urin ebenfalls Jodreaktion gibt. Bei größeren Mengen aber tritt unzweifelhaft eine Verzögerung und Verminderung der Jodreaktion des Urins ein. Zum Beweise hierfür gebe ich wiederum eine der von Herrn Professor Heffter vorgenommenen Analysen: 8./III. 1903 vormittags Verband mit Kai. jodat. Natr. thiosnlfat. m 5,0. Yaselin 40,0. 3./III. 1903 mittags 12— 4./III. 6 Uhr morg. ürinm. 2600,0— kein JK. 4./ni. 1908 morg. 6— 4./III. 12 , mittags „ 1300,0—0.0078 JK. 4./III. 1908 mittags 12- 6./III. 12 „ mittags „ 2500,0—0,0875 JK. 5.AIL 1908 mittags 12— 6./III. 12 „ mittags „ 2700,0-0,1404 JK. (Der Verband blieb vom 8.— 5./III.) Aus solchen Versuchen geht hervor, daß das Natr. thio- sulfat die Jodresorption nicht vollständig verhindert, aber über die Resorption Ton Jod aus Jodkali-Salben. 167 wesentlich yermindert und verzögert, und diese Tatsache scheint uns, ein erstes und wesentliches Argument gegen die Yon Lion angenommene Besorption von Jodkali durch die Haut zu sein. Es schien demnach die Möglichkeit vorzuliegen, daß aus der Jodkali-Vaseline auf oder in der Haut Jod frei wird, so zwar, daß es sich in der der Haut aufliegenden Salbe und in den Verbandstücken — denn hier haben wir es ebensowenig wie Lion nachweisen können — dem chemischen Nachweis entzöge, doch aber in relativ großen Mengen zur Besorption käme. Um dieser Annahme eine weitere positive Unterlage zu geben, machten wir auf Anraten von Herrn Professor Heffter Versuche mit einer 10%igen Jodlithion- Vaseline in der Hoffnung, daß es eventuell gelingen könnte, unter diesen Bedingungen zwar Jod, nicht aber das im Urin ja leicht und sicher nachzuweisende Lithion aufzufinden. Es ist klar, daß ein solcher Ausfall derartiger Experimente bei der ganz gleich- artigen Konstitution von Jodkalium und Jodlithion gegen die Besorption von Jodkalium als solchem und für die Besorption von freigewordenem Jod sprechen würde. Zwei dieser Versuche ergaben in der Tat ein positives Besultat in dem eben er- örterten Sinne. In dem ersten Experiment wurden 80 g einer lO^oig^i^ Jodlithion-Vaseline auf beide Aime verteilt. Der Verband blieb 2 X 24 Stunden liegen. Bei Abnahme desselben war eine leichte Bötung vorhanden. In dem Urin trat die Jodreaktion ein ganz wie bei Jodkali- Vaseline verbänden. In dem einge- dampften Urin (200 g) war Lithion nicht nachweisbar (Prof. Heffter). In dem 2. Versuch wurde zunächst, um eventuell die Besorptionsfähigkeit der Haut zu erhöhen, für 24 Stunden ein Verband mit 107oiger Salizylsäure- Vaseline angelegt. Bei Ab- nahme desselben war eine Beizung nicht vorhanden. Unmittel- bar darnach vmrde wiederum ein Verband und zwar 100 g 10%iger Jodlithion- Vaseline angelegt und 2 X 24 Stunden belassen. Die Haut der Oberarme war dann stark gerötet und stellenweise mit kleinen Knötchen besetzt und der Patient 168 Hirschfeld und Pollio. klagte über leichtes Brennen. Die Jodreaktion im Urin fiel positiv aus; dagegen konnte in 500 g eingedampften Urins Litbion nicht nachgewiesen werden. Anders aber fielen 2 weitere in der gleichen Weise angestellte Versuche aus. Bei diesen trat eine sehr starke Dermatitis auf und im Urin konnte sowohl Jod als Lithion nachgewiesen werden. Es liegt außerordentlich nahe, die Differenzen dieser Versuche auf den verschiedenen Reizzustand der Haut zurück- zuführen. Wir wissen aus der Literatur, daß Lithionsalze stark entzündungserregend auf die Haut wirken können. Daß eine hochgradig entzündete, mit Bläschen bedeckte und nässende Haut auch solche Substanzen resorbieren kann, welche bei intakter Epidermis nicht aufgenommen werden, ist selbstver- ständlich. Daß das so ist, davon haben wir uns auch noch dadurch überzeugt, daß wir auf eine durch Jodlithionvaseline gereizte Hautfläche einen Verband mit lO^f^xger Natr. SalizyL- Vaseline applizierten. Es gelang dann der Salicylnachweis im Urin, während von normaler Haut aus lO^/oiger Natr. Salizyl.- Vaseline nichts resorbiert wurde. Auf diese Weise kann der Lithion-Nachweis in den beiden letzten Fällen leicht erklärt werden. Dagegen ist das negative Resultat in Bezug auf Lithion bei gleichzeitigem positivem Jod- nachweis schwer anders zu deuten als durch die Annahme, daß das Jodlithion in der Haut zersetzt worden und Jod, nicht aber Lithion aufgenommen worden ist Der eventuell zu machende Einwand, daß im Urin Jod leichter resp. in ge- ringerer Menge nachzuweisen ist als Lithion. trifft, wie uns Herr Prof. Heffter freundlichst mitteilte, nicht zu, da der spektralanalytische Lithionnachweis ein außerordentlich feiner ist. So sprechen denn diese Versuche wie die mit dem Natr.- Thiosulfat dafür, daß das JodkaU nicht als solches, sondern nur Jod nach Zerlegung des Jodkali resorbiert wird. Li analoger Weise haben wir noch Versuche mit lO^/oiger Bromkali-Vaseline angestellt. Dabei aber konnte im mediz.- chemischen Listitut Brom im Urin nicht nachgewiesen werden. Die Haut blieb danach ganz imverändert. Noch in einem letzten Punkt stimmen unsere Beobach- tungen mit denen Lions nicht überein: Lion betont nämlich, Ober die Resorption von Jod aus Jodkali-Salben. I69 daß er bei seinen Jodkali-Vaselineyerbänden Reizerscheinungen auf der Haut nor in geringer Zahl beobachten konnte. Die Fälle, in denen er sie fand, schloß er aus, weil dann eben die Kesorptionsverhältnisse nicht mehr normal waren. Wir aber haben Hautreizungen in Form von kleinpapulösen und Tesikulösen Dermatitiden oder in Form stärkerer Rötungen oft gesehen. Dieser Unterschied kann in vielen Fällen sehr wohl darauf zurückzuführen sein, daß wir die Verbände länger liegen ließen als Lion — einige Male aber sahen wir eine solche Reizung schon nach 2 Stunden. Bei Jodkali-Lanolinverbänden blieben solche Reizerscheinungen ganz aus oder waren wesent- lich geringer. Noch in der letzten Zeit haben wir bei einigen Patienten auf symmetrische Stellen der Arme unter sonst ganz gleichen Bedingungen Verbände mit lO^o Jodkali- Vaseline und 10% Jodkali-Lanolin appliziert — meist gelang es bei Abnahme der Verbände nach 24 Stunden durch die Differenz der Reizung die Diagnose zu stellen^ welcher Arm mit Lanolin und welcher mit Vaselin yerbunden worden war. Jodkali-Vaseline also scheint die Haut zu irritieren. Li dem gleichen Sinne sprach ein Versuch, den wir bei einer Patientin mit starker Empfindlichkeit gegen Jod (sie hat auf eine einmalige Pinselung mit Jodtinktur eine sehr heftige Dermatitis bekommen) machten: Auf 107oige Jodkali- Vaseline trat ebenfalls eine recht lebhafte Entzündung ein; wurde aber Vs% Natriumthiosulfat zugesetzt, so war die Entzündung deutlich vermindert und bei Zusatz von 27o blieb sie sogar aus. Es liegt natürlich sehr nahe, diese reizende Wirkung mit der Resorption des Jod in Zusammenhang zu bringen- Wird, worauf alle unsere Versuche hinweisen, aus Jodkali- Vaseline Jod frei, so kann dieses natürlich die Haut in Ent- zündung versetzen. Es wäre wohl möglich, daß die entzünd- lichen Läsionen die Resorption des Jod erleichterten und auf diese Weise könnten wir vielleicht die oben angeführte Tat- sache erklären, daß die gleichen Mengen von Jodkali in einem größeren Quantum Vaselin auf eine größere Fläche aufgetragen nicht resorbiert werden, während sie in einem geringeren Quantum Vaselin von einer kleineren Fläche resorbiert werden ; denn bei der letzteren Versuchsanordnung muß naturgemäß die Reizwirkung eine stärkere sein. 170 Hirsohfeld und Pollio. Da8 aber die Entzündung allein zur Erklärung der Resorption des Jod resp. des Jodkali nicht ausreicht, geht aus Versuchen hervor, in denen 107oigö Jodkali- Vaseline mit Zusatz von 107o Natr. salicylicum verwandt wurde^ oder in denen nach dem Jodkali- Verband auf die gleiche Hautgegend ein Verband mit Natr. Salizyl-Vaseline appliziert wurde — in beiden Fällen war Salizyl im Urin nicht nachweisbar. Die Möglichkeit, daß diese Beizwirkung eine gewisse Bedeutung für die Resorption hat, ist voi banden, trotzdem Lion sie bei seinen kurzdauernden Verbänden nicht gesehen hat; denn sie könnte bei seinen Versuchen eben noch nicht manifest geworden sein. Eine andere Erklärung für die Diffe- renz in der Resorption schwächerer und stärkerer Salben gibt Herr Prof. Hoffte r unten. Viel wichtiger als dieser Punkt aber ist die Beantwortung der Hauptfrage: wird in den von Lion und uns angestellten Versuchen das Jod als solches oder als Jodkali resorbiert. Wir haben die einzelnen Gründe angeführt, warum wir uns im Gegensatz zu Lion für die Resorption von aus Jodkali- Vaseline freigewordenem Jod entscheiden zu müssen glauben. Wenn man diese Deutung akzeptiert, so erscheinen die Lion- schen Resultate zunächst gewiß viel weniger überraschend. Sie fügen sich besser in die uns bekannten Erfahrungen über die Hautresorption ein. Aber die von ihm beschriebenen und von UDS bestätigten Tatsachen bleiben noch immer auffallend genug. Speziell ist die Frage zu entscheiden, warum bei den Verbänden mit Jodkali- Vaseline weder in den Salbenresten auf der Haut noch in den Verbandstücken ireies Jod nachweisbar ist und warum sich Vaseline (und das von uns nicht unter- suchte Vasogen) so anders verhält als Lanolin. Was die erste Frage angeht, so verweisen wir auf die unten folgenden Bemerkungen von Herrn Prof. Heffter, die es auch verständlich machen, warum wir bei einigen Versuchen, Jodkali in Vaselin durch Verreibung mit Schuppenmassen zu zersetzen, negative Resultate erzielt haben. Was den zweiten Punkt angeht, so werden darüber weitere Untersuchungen angestellt werden müssen. Herrn Professor Jadassohn sprechen wir für die Anregung zu dieser Arbeit und für die liebenswürdige Unter- stützung bei deren Ausführung unseren verbindlichsten Dank aus. Ebenso sei es uns an dieser Stelle vergönnt, Herrn Prof. Heffter unseren Dank abzustatten. über die Resorption von Jod aus Jodkali- Salben. Bemerkungen zur Abhandlung der Herren Dr. Hirschfeld und Dr. Polllo. Von A. Heflfter, Bern. Der in den vorstehenden Versuchen erbrachte Nachweis, daß bei der Applikation von gewissen Jodkaliumsalben eine Abspaltung von Jod auf oder innerhalb der Haut stattfindet, steht in Einklang mit den älteren Erfahrungen, daß auf der Haut eingetrocknete Reste Ton Jodkaliumbädem oder aufge- streutes Jodkaliumpulyer zur Resorption yon Jod Veranlassung geben, die man einer allmählichen Zersetzung des Jodsalzes durch die Hautsekrete zugeschrieben hat. Auf welche Weise diese Reaktion stattfinden kann, soll in nachfolgenden Zeilen kurz erörtert werden. In einigen Lehrbüchern der Pharmakologie (Husemann, Nothnagel-Rossbach) wird angegeben, daß die Fett- säuren der Haut bezw. des Schweißes die Zerlegung des Jodkaliums bewirken. Es läßt sich indessen leicht zeigen, daß Propionsäure, Valeriansäure oder Eapronsäure weder in wässriger Jodkaliumlösung noch zu Jodkalium- Vaselinsalbe zugefügt ein Freiwerden von Jod bewirken. Die unrichtige Anschauung von der Wirkung der Fettsäuren konnte aber noch yiel schlagender widerlegt werden, wenn bei gleichzeitiger Neutralisation etwa auf der Haut vorhandener Fettsäuren durch Natriumbikarbonat Jod aus einer Jodkaliumsalbe resorbiert wurde. Herr Kollege Jadassohn hatte die Güte, einem Pat folgende Salbe als Verband auflegen zu lassen: 172 Heffter. Natr. bicarbon. EaL jodat. aa 5*0. Vaselio. ad 50-0. Im Harn der folgeoden 3 Stunden war bereits Jod quali- tativ nachweisbar. In den nächsten 21 Stunden wurden aus- geschieden 0'1219 Jod als Jodkalium berechnet, also eine Menge, die der bei Applikation nicht alkalischer Salben aus- geschiedenen Jodquantität nahezu gleichkam. Hieraus geht unzweifelhaft hervor^ daß eine Mitwiikung yon freien Fett- säuren bei der Zerlegung des Jodkaliums ausgeschlossen ist. Ebensowenig kann eine Zerlegung des Jodkaliums durch Kohlensäure angenommen werden, wie es Schwenken- becher^) zur Erklärung der Jodresorption aus Jodkalium- lösungen getan hat. R ö h m a n n und Malachowski') haben diese Anschauung hinreichend widerlegt. Das Freiwerden yon Jod im Organismus hat man durch die Anwesenheit yon salpetrigsauren Salzen zu erklären yersucht, die in Gegenwart von Kohlensäure zerlegend auf Jodkalium einwirken sollen. Auch speziell für die Abspaltung von Jod auf oder in der Haut ist diese Hypothese herangezogen worden. Es ist wiederholt nachgewiesen worden, daS aus ein- geführten Nitraten im Organismus durch Reduktion Nitrite entstehen können, die durch yerschiedene Drüsen sezemiert werden. Wie Röhmann^) zuerst gezeigt hat und ich bestä- tigen kann, enthält der menschliche Schweiß bisweilen Nitrite, die wahrscheinlich aus in der Nahrung enthaltenen Nitraten entstanden sind. Der nitrithaltige Schweiß kann aber nur dann Jod in Freiheit setzen, wenn zugleich saure Reaktion vorhanden ist, nicht aber bei alkalischer Reaktion. Die von mir unter- suchten, in einem Schwitzbade gewonnenen Schweißproben reagierten neutral und färbten, wenn sie nitrithaltig waren, erst nach vorherigem Ansäuern zugesetzten Jodkaliumstärke- kleister blau. Der unter normalen Verhältnissen abgesonderte Schweiß soll indessen nach zuverlässigen Angaben saure Re- aktion zeigen und könnte demnach bei Anwesenheit von Nitri- ') Engelmanns Archiv 1904, pag. 121. >) Therapeut. Monatsh. 1889 Juli, 1890 Janaar. ') Zeitschr. f. physiol. Chemie Y, 288. Bemerkungen zur Abhandl. der Herren Hirschfeld u. Pollio. 173 ten Jodkalium zerlegen. Der oben mitgeteilte Versuch mit der bikarbonathaltigen Salbe beweist aber, daß aucb bei alkalischer Reaktion Jodabspaltung stattfindet. Somit kann die Nitrit- hypothese für die Erklärung des Freiwerdens von Jod auf der Haut nicht in Frage kommen. Die bekannte Tatsache, dafi in mit Schweinefett ohne Thiosulfatzusatz bereiteter Jodkaliumsalbe sehr bald durch die Einwirkung der Luft Jod abgespalten wird, dürfte uns den Weg zum richtigen Verständnis des auf der Haut stattfindenden Vorganges zeigen. Wie ich^) an anderer Stelle gezeigt habe, beruht dieser Prozeß darauf, daß sich in tierischen Fetten (auch Cholesterinfetten) bei Gegenwart von Wasser und Luft in verhältnismäßig kurzer Zeit kleine Mengen von Wasser- stoffperoxyd bilden. Die Fette nehmen, besonders bei Be- lichtung, leicht Sauerstoff aus der Luft auf) und bei dieser Autoxydation findet eine Aktivierung des Sauerstoffes statt, die zur Bildung von Wasserstoffperoxyd Veranlassung gibt. Auf die Einzelheiten dieses Vorganges soll hier nicht näher einge- gangen werden. Wir dürfen annehmen, daß in gleicher Weise das Sekret der Talgdrüsen einer Autoxydation unterliegt und sich darin bei Anwesenheit von Wasser Wasserstoffperoxyd bildet, das im gegebenen Falle zerlegend auf Jodkalium ein- wirkt. Um diese Annahme experimentell zu bestätigen, hätte es größerer Mengen Hauttalg bedurft. In Ermangelung solcher iiabe ich frische blutfreie Vernix caseosa verschiedentlich unter- sucht und fast regelmäßig kleine Mengen von Wasserstoffper- oxyd darin nachweisen können. Wenn man bedenkt, daß die Gelegenheit zur Bildung von Wasserstoffperoxyd d. h. zur Autoxydation in frischer Vernix caseosa ungünstig ist, da sie erst nach der Geburt beginnen kann, so bestätigt der Nachweis auch nur von Spuren Wasserstoffperoxyd wohl die aufgestellte Hypothese — umsomehr, als sich zeigte, daß bei 2 — Stägigem Stehen an der Luft in Gegenwart von Wasser die Reaktionen ') Über die Zerlegung des Jodkaliums durch Fette. Schweizer Wochenschr. für Chemie und Pharm. 1904. pag. 320. *) Nach den Untersuchungen Scalas (ehem. Zentralbl. 1898, I. 4890 ist an der Sanerstoffaufnahme der Fette wesentlich die Ölsäure und ihre Ester beteiligt. 174 Haffier. zoaeheadB deatlicher wardoi und andi dann aoftraten, wenn de aoiangs Tennifit worden waren. Der Hanttalg beim Menschen ist in bestandiger Bernhrang mit Lnft nnd Wasserdampf, es sind also die Bedingungen für die Antoxydation und Wasserstofl^^eroxydbildnng sehr günstig. Der etwa erhobene Einwand, daß die jodabspaltende EigeDSchait des Wasserstofiperoxyds an die Anwesenheit Ton saurer Reaktion gebunden sei, nnd der Versach mit der bikar- bonathaltigen Salbe gegen unsere Darlegung spreche, ist nicht stichhaltig. Es läßt sich leicht zeigen, daß Wasserstofiperozyd oder älteres Schweinefett auch bei Anwesenheit Ton Natrium- bikarbosat Jodkaliumstärke bläut; nur sind dazu größere Kon- zentrationen der Jodkaliumlösong erforderlich. Das gleiche ist auch bei neutraler Reaktion der Fall. Dieses Verhalten stimmt sehr gut zu den Beobachtungen der Herren Hirsch- feld und Pollio, daß zwar bei Anwendung von 5 — 10% Salben eine Jodresorption stattfindet, nicht aber aus 1% Salben, selbst wenn sie in Mengen von 50 g aufgetragen werden. Daß es bisher nicht gelungen ist, in den Salbenrestcn auf der Haut freies Jod nachzuweisen oder ein auf die Haut gelegtes Jodkaliumstärkepapier zum Blauwerden zu bringen, scheint mir ebenfalls nicht gegen meine Hypothese zu sprechen. Denn wir wissen^ daß die Anwesenheit von Eiweißkörpern, die ja ein starkes Bindungsrermögen für Jod besitzen^ das Auf- treten der Jodstärkereaktion verhindert, und dürfen annehmen, daß das freigewordene Jod bei seiner ausgesprochenen Affini- tät zu den eiweißartigen Bestandteilen der Zellen von diesen sofort aufgenommen wird. Ans der Abteilung für Baut- und venerische Krankheiten des St. Stephanspitals (Vorstand Prof. Sr. S. Bona) in Budapest. Über das Syringom. Von Dr. J. Csilla?. (Hiera Tai. IV u. V.) Die Namen ^Lymphangioma tuberosum multi- plex^, ^Haemangioendothelioma'' und „Naevus cystepitheliomatodes** drücken am besten die her- Yorragendsten Anschauungen aus, welche man über das Wesen des unter noch mehreren anderen Namen bekannten Tumors h^t. Eaposi-Bisiadecki, Lesser-Beneke und neuer- dings Elschnig lassen den Tumor aus dem Endothel der Lymphgefäße der Haut, Jarisch, Wolters, Elschnig, Goth, V. Waldheim u. a. aus dem Endothel der Blut- gefäße, besonders der Kapillaren entstehen, während die übrigen Forscher einen epithelialen Ursprung desselben an- nehmen. Das Wesentliche der Frage besteht also eigentlich darin, ob der Tumor epithelialer oder endothelialer Natur sei. Die zwei letzten, mit dieser Frage sich befassenden Ar- beiten von V. Waldheim (1902) und yon Winkler (1903) ver- treten noch einen schroff entgegengesetzten Standpunkt, iu dem dieser für den epithelialen, jener für den endothelialen Ursprung eintritt. Dieser Umstand veranlaßte mich nun, nachdem ich in letzterer Zeit einschlägiges Material erhalten hatte, in dieser Riditnng weitere Untersuchungen vorzunehmen. Im Laufe dieser Untersuchungen hatte ich Gelegenheit unter anderem Erfahrungen zu machen, ob die in Rede 176 Csillag. stehenden Tumoren in der Tat an den unteren Augenlidern 80 häufig vorkommen, wie dies die Autoren der aus Ja da 8- sons Klinik stammenden Arbeit, Gassmann und Winkler hervorheben. Da nun meine Untersuchungen nicht erfolglos blieben, so glaube ich die Ergebnisse derselben schon mit Rücksicht auf die noch immer bestehenden schroffen Gegensätze der Meinungen veröffentlichen zu dürfen. Die Fälle, welchen ich das Materiale zu meinen Unter- suchungen entnahm, waren folgende: I. Fall. Syringoma am Stamme und den Augenlidern. M. B., 88jähr. Magd, wurde schon mehrmals wegen auf die gesamte Haut sich erstreckenden Juckens auf der Abteilung des Herrn Prim. Prof. R6na aufgenommen, letzthin am 28. September 1903. Außer dem Jucken fanden wir bei der Kranken auf der Brust und den Augenlidern nicht juckende Hautveränderungen, über welche sie nichts weiter anzugeben weiß, als daß sie dieselben vor ca. 6 Jahren wahrgenommen habe, und zwar zuerst auf der Brust, später auch auf den Augenlidern; auch will sie auf den Augenlidern ihres Vaters ähnliches bemerkt haben. Status praesens: Gut entwickelte und genährte Frau von mittlerer Statur. Auf beiden unteren Augenlidern bis zum Joohbeinbogen, zahlreicher am inneren Augenwinkel, spärlicher vor dem äußeren Augen- winkel, ja auch auf dem linken oberen Augenlid sind mohnkorn- bis hanfkomgroße normale Hautfarbe zeigende, oder etwas hellere, gelblich- weiße Gebilde zu sehen, welche unregelmäßig rundlich, etwas gelappt, sich nur sehr mäßig plateauartig über das Niveau der Haut erheben, sich etwas derber als die angrenzende normale Haut anfühlen, nicht ineinander fließen und keine miliumartige Gebilde in sich einschließen.. Auf der übrigen Gesichtshaut und auf der Kopfhaut ist nichts ähnliches zu finden. Auf der Brust, von der Höhe des Schlüsselbeines bis zur Magen- grube dichtgelagerte, am dichtesten über den Brüsten, kleine Stecknadel- kopf- bis hanfkomgroße, im Niveau der Haut sitzende, oder nur sehr wenig hervorragende, flache rundliche Gebilde von blaßgelblicher oder ins gelblichrötliche spielender Farbe, welche nicht ineinander fließen. Auf der übrigen Haut sind ähnliche Gebilde nicht zu sehen. • Dieser Fall war der zweite an unserer Abteilung, wo diese Haut- gesoh wülstchen sich auch am Stamme fanden. Der erste Fall wurde von H über 1899 der dermatologischen Gesellschaft vorgestellt In allen weiteren, unten folgenden Fällen waren derartige Verände- rungen bloß an den Augenlidern zu sehen. n. Fall. Syringoma ausschließlich auf den Augen- lidern. über das Syringom. 177 G. G., S7j&hr. Wäscherin, kam wegen eines Dacrey- Geschwürs anf die Abteilung. Die an ihren Augenlidern befindlichen kleinen Hautyeränderungen sollen, 80 weit sie sich erinnert, immer vorhanden gewesen sein, ohne ihr irgendwelche Uuannehmlichkeiten cu bereiten. In ihrer Familie hat sie bei niemandem ähnliches auf den Augenlidern bemerkt. Status praesens: Auf den unteren Augenlidern der gut ge- bauten und genährten Frau sieht man in der Höhe des unteren Orbita- randes linkerseits 6, rechters eits 4, in den inneren Augenwinkeln je 2, über dem linken Jochbeinbogen 4 kleine Stecknadelkopf- bis hanfkom- große, flache, unregelmäßig abgerundete, annähernd hautfarbene, oder blaßgelbliche bräunliche, nicht derbe, nicht glänzende Gebilde, deren Bänder fein gelappt erscheinen. Milia finden sich in diesen Gebilden nicht eingeschlossen, wiewohl erstere am äußeren Augenwinkel und am Jochbogen in mäßiger Anzahl zu sehen sind. Auf der Brust, wie auch auf der übrigen Hantdecke sind ähnliche Gebilde nirgends zu finden. III. Fall. Syringoma ausschließlich auf den Augen- lidern. M. F., dljähr. Sackträger, weiß überhaupt nichts von den an seinen Augenlidern befindlichen Tumorchen und will ähnliches auch in seiner Familie nicht bemerkt haben. Status praesens: Am inneren Drittel des linken unteren Augen- lides, am inneren Bande des rechten oberen Augenlides je einhanfkomgroßes, annähernd hautfarbenes, in der Haut sitzendes, rundliches, an den Bändern ein wenig gelapptes Grebilde. Um das auf dem rechten oberen Angenlide befindliche Gebilde hemm liegen noch 3 — 4 ähnliche nadelstichgroße Tumorehen. rV. Fall. Syringoma ausschließlich auf den Augen- lidern. F., 31 jähr. Fischer, hat überhaupt noch nichts auf seinen Augen- lidern bemerkt, wie auch bei keinem in seiner Familie. Status praesens: An beiden unteren Augenlidern, im inneren Drittel zahlreiche, mohnkorn- bis hanfkomgroße, unregelmäßig geformte, flache, kaum prominierende, weißlich-gelbliche Tumorchen, um welche herum erweiterte Äderchen zu sehen. Schließen keine Milia ein. An der Haut des Brustkorbes keine Veränderung. y. Fall. Syringoma ausschließlich auf den Augen- lidern. F. K, 26jähr. Stickerin, hat seit ihrer Kindheit auf den Augen- lidern kleine Tumoren, denen ähnliche sie in ihrer Familie bei nieman- dem auf den Augenlidern bemerkt hat Die Kranke verweilt auf der Ab- teilung wegen tertiärer Lnes. Status praesens: An den unteren Augenlidern befinden sich mehrere kleinstecknadelkopf- bis linsengroße, flach erhabene, mit ge- Afeh. U "DernukU xl Byph. Bd. LZXIL 22 178 CsiHag. läppten Rändern versehene, nicht konsistente, gelblich-weißliche Tumor- chen. Am Stamme sind ähnliche Gebilde nicht sichtbar. VI. Fall. Syringoma ausschließlich anf den Augen- lid e r n. D. S., 22jähr. Herrschaftsdiener, hatte bisher keine Kenntnis von den Verändernngen auf seinen Augenlidern. 8 tat. pr.: An den unteren Augenlidern befinden sich einige hirse- komgroße und etwas größere, kaum erhabene, flache, gelappte, nicht konsistente, lichte Tumorchen. An den übrigen Teilen der Hautdecke sind solche nicht sichtbar. Im ersten Falle war hinsichtlich der auf der Brust gefundenen Gebilde angesichts des charakteristischen Wesens und der ebenso charakteristischen Lokalisation derselben die Diagnose auch schon klinisch leicht festzustellen. Hinsicht- lich der Gebilde auf den Augenlidern aber, welche einander völlig ähnlich waren, konnte mit Wahrscheinlichkeit dieselbe Diagnose gestellt werden. Die histologische Untersuchung hat nun die klinische Diagnose in sämtlichen 6 Fällen in einer jeden Zweifel aus- schließenden Weise bestätigt. Zum Zwecke dieser Untersuchung habe ich von dem mir zur Verfügung stehenden Materiale aus dem ersten Falle eine LäsioQ von der Brust und zwei vom unteren Augenlide, aus den übrigen Fällen je eine vom unteren Augenlide aufgearbeitet. Die herausgeschnittenen Hautstückcheu wurden in Al- kohol gehärtet, in Celloidin gebettet und in Serien geschnitten. Die Färbung gescliah mit Hämatoxylin, bei einem Teil der Schnitte noch Nachfärbung mit Eosin oder v. Gieson; außerdem färbte ich noch einige Schnitte auf elastische Fasern mit Orcein nach Unna-Taenzer und mit der Weigert- schen Färbung. Eine allgemeine histologische Beschreibung der Läsionen könnte wohl überflüssig erscheinen, nachdem ja dies häufig genug schon geschehen und überdies das histologische Bild so charakteristisch ist, daß es kaum mit etwas anderem vertauscht werden kann ; es könnte höchstens das histologische Bild des Epithelioma adenoides cysticum Brocke in Betracht kommen, welches mir aber leicht auszuschließen gelang, umso eher als ich unmittelbar vor dieser Untersuchung Gelegenheit hatte, reichliches Material von einem solchen typi- schen Falle histologisch zu untersuchen. Gleichwohl gebe ich aber dennoch die histologische Beschreibung, damit es meinen Fällen nicht so ergehen, wie denen Philippsons, welche, ob- wohl sie zweifellos hierher gehören, gleichwohl von Wolters zur Gruppe des epithelioma adenoides cysticum ge- rechnet wurden, bloß deshalb, weil er einen, aus dem Deck- über das Syringom. I79 epithel heryorgeheDden, ins Corium ziehenden und iq eine kolloidartige Cyste endenden Epithelstrang gefunden hatte; oder wie die Fälle Gassmanns, welche von v. Waldheim aus dem gleichen Grunde ebenfalls dahin gezählt werden« Sämtliche von mir untersuchten Tumorchen boten das folgende allgemeine histologische Bild: in der mittleren Schichte des Coriums, hinauf m'cht bis zur Papillarschichte und hinunter nicht bis zur Höhe der Schweißknäuel reichend, sind aus einer oder mehreren Zellreihen bestehende Stränge zu sehen, welche gerade oder gekrümmt verlaufen, sich auch vielfach verzweigen und Nebenäste entsenden. Sowohl diese selbst, wie auch ihre Seitenäste können übergehen und enden in eine kolloidartige Masse einschließende Cysten, oder in konzentrisch geschichtete Zellkugeln und Eeulenformen, oder sie verlieren sich auch zu einer Zellreihe verjüngt im Bindegewebe. Die Verlaufsrichtung derselben ist eine sehr verschiedene. In ihrem Verlaufe finden sie sich stellenweise cystisch erweitert, oder in kleinerer-größerer Weite zu schlauchartigen, von einer kolloidartigen Masse erfüllten Gebilden verwandelt und sehen in diesem Falle einigermaßen dem Ausführungsgange einer Schweißdrüse ähnlich, oder sie bilden sich zu rosenkranz- artig hintereinander stehenden Cysten, welche stellenweise in einander fließen. Die keulen- und kugelförmigen Zellgruppen und Cysten habe ich auch isoliert, ohne Verbindung mit den Zellsträngen, im Bindegewebe gesehen. Bei einem ziemlich großen Teil der Cysten fand ich in den innersten Zellreihen derselben den Eerato-hyalin- Körnchen sehr ähnliche, stark lichtbrechende, kleinere* größere Körnchen in größerer oder mäßiger Anzahl, indessen waren ausgesprochene kerato-hyaline Zellen in den Gebilden nirgends zu sehen. Die Zellen, aus welchen diese Gebilde bestehen, sind rund oder oval und gegen die Verlaufsrichtung der Stränge die Krümmung der Cysten hin ausgezogen, die Kerne groß, rund oder oval mit einem oder mehreren Kemkörperchen. Die Zellen liegen nebeneinander, besitzen keine Stacheln- Diese Zellen verfallen sehr leicht der kolloiden Degeneration, und ist dieser Degenerationsprozeß fast an jedem, noch Bestandteile des Tumors zeigenden Schnitte zu sehen. Dieser Degenerationsprozeß ist schon von mehreren so ausgezeichnet beschrieben worden, daß dies meinerseits eine ganz überflüssige Wiederholung wäre. Außer diesen, die gewöhnlichen Bestandteile des Tumors bildenden Gebilden, gab es auch solche, welche nur an den Schnitten einzelner Tumoren zu sehen waren. 12* 180 Gsillag. In 2— 3 Schnittserien waren im oberflächlichen Teile des Tumors, in der snbepithelialen Schichte Gebilde zu sehen, welche ans fast kreisförmig angeordneten Riesenzellen, oder von solchen umgebenen und durchsetzten Detritusmassen bestanden. Dieselbe Gebilde fand ich bisher bei der Unter- suchung miliarer Cysten im Anschlüsse an Epidermolysis hereditaria bullosa und in Präparaten von Epithelioma adenoides cysticum Brooke, so da£ ich dieselben mit den in diesen Fällen gefundenen Cysten in sicherem Zusammen- hange denke, und die Gegenwart von Riesenzellen in derartigen Fällen so erkläre, daß, sobald die Cystenwand, gegen welche das angrenzende Gewebe sich noch gleichgültig verhält, der im Innern stattfindenden Degeneration zum Opfer fällt, der frei gewordene Cysteninhalt auf das umgebende Gewebe als Fremdkörper wirkt und als Reaktion dieses Vorganges rings- herum die Riesenzellen auftreten. In einem Tumor, welcher aus dem Augenlide des ersten Falles stammte, waren zwei, zur Hälfte mit Hornmassen gefüllte Cysten zu sehen, und zwar ebenfalls in der obersten Schichte des Tumors. Eine dieser Cysten setzte sich nach unten in einen, zum Tumor gehörenden Zellstrang fort (s. Fig. 4), die andere ging von der Wand des oberen Teiles eines Haarfollikels aus und stand mit anderweitigen Bestandteilen des Tumors nicht in Verbindung; sonst aber stimmten die beiden Cysten und deren Inhalt in jeder Hinsiebt miteinander überein. Den ersteren Cysten- befund, den ähnlicherweise nur Philippson und Winkler erwähnen, und der bei diesem Tumor selten ist, könnte ich nur dann genügend erklären, wenn ich die Erklärung Töröks, welche im Artikel „ Syringom ** (Handb. d. Hautkr. Mrazek) wieder- gegeben ist, akzeptiere. In einzelnen Schnittserien aber waren femer den größeren Cysten des Tumors entsprechend große, runde Gebilde von scholliger Oberfläche zu sehen, welche aus Horn- massen bestanden und völlig frei im Bindegewebe auf der Ober- fläche des Tumors lagen. Diese Gebilde erweckten hierdurch den Anschein, als ob sie zufallig auf die Schnitte gelangt wären, aber die Gegen- wart derselben in einer ganzen Schnittserie schloß eine der- artige Täuschung aus. Über den Ursprung und die Bedeutung dieser Gebilde haben mir meine Präparate keine weiteren Auf- schlüsse geboten. Schließlich waren noch in einzelnen Tumoren vom Deck- epithel ausgehende Fortsätze in kleinerer-größerer Anzahl zu sehen, auf welche ich später näher zurückkommen werde. Das Bindegewebe, in welchem diese Bestandteile des Tumors gebettet waren, war den einzelnen Tumoren nach Ter- über das Syringom. Igl schieden; in einigen zellreich, in anderen zellarm; die Binde- gewebsstränge bald normal, bald geschwellter; im allgemeinen aber war im Bindegewebe. eine für den Tumor charakteristische Yerändening nicht zu finden. Das gleiche gilt auch för die elastischen Fasern; in einigen Tumoren TÖllig normal; in anderen verdickt, brüchig. Der Lymphapparat zeigt nichts besonderes. Was die Blutgefäße anbelangt, so zeigen besonders die oberfläch- lichen Kapillaren Veränderungen, welche sich in Erweite- rung, Proliferation der Gefäßwände, femer in mäßiger perivaskulärer Infiltration äußern. Doch finden sich diese Veränderungen nicht konstant, da ich in mehreren Fällen die Blutgefäße ganz normal fand. Unter den Bestandteilen des Tumors waren in veränder- licher Anzahl normale Haarfollikel und Talgdrüsen, und normale Schweißdrüsen-Ausführungsgänge verliefen in den tieferen Schichten der Cutis. Letztere zeigten teilweise, wahrscheinlich infolge Ver- schiebung, von der Norm abweichende Erümmunffen. Die von Philippson und N e u m a n n erwähnten Schweißausfuhmngs- gänge, welche ein Lumen besitzen, aber blind enden sollen, habe ich nicht gesehen, und dürfte überhaupt die Feststellung eines solchen Befundes angesichts der zahlreichen Krümmungen der AusfuhrungsgäDge auch an Serienschnitten sich sehr schwierig gestiJten. Auch die von Blaschko, Neumann und Winkler beschriebenen, sich verzweigenden und Seiten- äste entsendenden Schweißdrüsen-Ausführungsgänge habe ich nicht gefunden; bloß in einem Schnitte sah ich ein Gebilde, welches an einen solchen, Seitenäste besitzenden Schweißaus- fuhrungsgange denken ließ, aber eben in diesem Schnitte war die Färbung so abgeblaßt, daß ich dies nicht mit voller Be- stimmtheit behaupten kann. Sich verzweigende und Nebenäste bildende Schweißdrüsen, wie sie von Blaschko und Neumann erwähnt und von Wink 1er beschrieben werden, habe ich nicht gesehen. Das von Gassmann und Winkler erwähnte häufige Vorkommen des Tumors am unteren Augenlide kann ich schon an dieser Stelle bestätigen und hinzufügen, daß wir bei 321 daraufbin untersuchten Männern und 147 Frauen in 28 Fällen (21 Männer, 7 Frauen) diesen Tumor auf dem Augenlide fanden und bloß in zwei Fällen auf der Brust. Von diesen 28 Fällen wurden 6 auch durch die histologische Untersuchung bestätigt ; in den übrigen 22 Fällen aber konnte die Diagnose auf Grund der Erfahrung der vorherigen Fälle bereits klinisch mit voller Sicherheit aufgestellt werden. 182 Csillag. Doch bin ich davon überzeugt, daß diese Zahl noch immer nicht die richtige ist, und wenn ich die, aoi unteren Augen- lide 8ü häutigen, winzigen Knötchen einer systematischen histo- logischen Untersuchung unterziehen würde, so dürfte sich oft herausstellen, daß auch diese Knötchen zum Teile aus solchen Tumoren bestehen. Derartige, klinisch fragliche Fälle hatten wir 8 (3 Männer, 5 Frauen) unter sämtlichen 468 untersuchten Erwachsenen. Aus diesen Nachforschungen geht also hervor, daß die in Rede stehenden Tumoren am unteren Augenlide ganz banal vorkommen, und die am Stamme sind die äußerst selten vor- kommenden. Nach alldem gehe ich nun zu demjenigen Teile des histo- logischen Befundes über, welcher in unseren Fällen nähere Aufschlüsse über das Wesen und den Ursprung des Tumors geboten hat. Als ich zuerst die Schnitte des, aus dem ersten Falle von der Brust stammenden Tumors zu untersuchen begann, fand ich keinen wesentlichen Stützpunkt für irgend eine andere Anschauung, und, in Kenntnis der einschlägigen Arbeiten von Jarisch, Wolters und v. Waldheim, suchte auch ich nach dem Nexus des Tumors mit den Blutgefäßen und sah in der Tat Gebilde, welche den Anschein erweckten, als ob ein- zelne Tumorstränge mit Kapillaren in Verbindung ständen. Gleichwohl konnte ich aber daraus keine feste Überzeugung gewinnen, da ein jedes derartiges Gebilde bei genauer, sorg- ^Itiger Untersuchung sich zweifelhaft erwies: entweder war die Verbindung keine ganz vollkommene, oder es zeigten die scheinbar ineinander übergehenden Zellen des Tumorstranges und der Kapillaren, bei völlig übereinstimmender Form, den- noch irgend einen, wenn auch geringen Färbungsunterschied; anderswo wieder ließ die differente Form der Zellen Zweifel aufkommen usw. Da nun dieser Tumor nichts Wesentliches ergab, so setzte ich meine Untersuchung an einem anderen Tumor fort. Dieser Tumor stammte von dem unteren Augenlid des I. FaUes. Es gelang mir, bei diesem Tumor eine vollständige Schnitt- serie zu untersuchen, so daß von dem Objekte bloß ein ein- ziger Schnitt verloren ging. Nachdem ich konstatiert hatte, daß sich in diesem Tumor dieselben Gebilde von gleicher Strulrtur vorfinden, wie in dem von der Brust genommenen, also die Identität beider Tumoren festgestellt war, wurde sogleich meine Aufmerksamkeit auf solche Gebilde und Veränderungen gelenkt, welche ich in den über das Syringom. 183 Schnitten des ersten Tumors gar nicht oder nur in weit min- derer Anzahl beobachtet hatte. Während sich nämlich bei dem vorherigen Tumor an dem Deckepithel keine aufiallende oder sonst nennenswerte Veränderung bemerkte, war hier die Basalschichte stark pig- mentiert und verhältnismäßig viele Pigmentzellen auch in der Papillarschichte zu sehen und die interpapillären Epithelzapfen verdichtet und verlängert. Femer fiel mir auf, daß die kugel- förmigen und cjstösen Gebilde des Tumors, der Größe^ Form der Zellkugeln und der Dicke der Gystenwand nach, eine eigen- tümliche Anordnung zeigten dergestalt, daß die größeren ovalen nnd runden Zellkugeln und die dickwandigen, also aus mehreren ZeUagen bestehenden Cysten im allgemeinen in nächster Nähe des Deckepithels, in einer Linie auf der Oberfläche des Tumors lagen, vom Deckepithel nur durch eine dünne Bindegewebs- schichte getrennt, während in den tieferen Schichten des Tumors die kleineren, weniger regelmäßig runden und ovalen, ver- schieden eingestülpten, zellärmeren, dünnwandigen, aber ein verhältnismäßig weites Lumen besitzenden Cysten liegen, und nur aus Zellen bestehende Kugeln und Keulen hier in geringerer Anzahl vorhanden waren, als in den oberen Schichten (s. Fig. 1 u. 2). Es kamen also die von der Degeneration am wenigsten ergriffenen Teile des Tumors auf der Oberfläche zu liegen, wäirend die schon größtenteils degenerierten und in jeder Richtung hin zusammengedrückten Teile in den tieferen Schichten. Schließlich fiel mir auf, daß die auf der Oberfläche des Tumors befindlichen großen Zellkngeln und Cysten zum großen Teile den bereits bezeichneten, dicken und verlängerten Inter- papillarzapfen geradezu regelmäßig gegenüber zu liegen kamen, so daß zwischen ihnen eine gewisse Verbindung zu bestehen schien, was auch die vorher beschriebene Anordnung der Tumor- elemente bekräftigte, indem letzteres dafür sprach, daß diese Elemente sich an der Oberfläche des Tumors bilden und von hier in die tieferen Schichten gelangen. Diese Annahme fand ich denn auch bestätigt, als ich sämtliche Schnitte aufgearbeitet und untersucht hatte. Ich fand nämlich in ziemlich großer Anzahl solche Gebilde, welche die Verbindung zwischen den Interpapillarzapfen und den Tumor- elementen darstellen. Diese Gebilde sind die bei der allgemeinen histologischen Beschreibung des Tumors erwähnten Fortsätze, welche aus dem basalen Teile der Interpapillarzapfen, und zwar entweder aus der ganzen Basis oder ein wenig seitwärts von der Mitte, ex- zentrisch ausgehen und in mehrweniger gerader Richtung in 184 Csillag. die Cutis zu den Gebilden des Tumors ziehen. An ihrem Aus- gangspunkte hört die Pigmefntation und der zylindrische Cha- rakter der Basalzellen auf, das heißt, es geht weder das eioe noch das andere in die Fortsätze über. Die Fortsätze bestehen aus mehreren Zellreihen^ sind aber immer dünner, als der Interpapillarzapfen, von dem sie ihren Ausgang nehmen (siehe Figuren 1, 2, 3 u. 5). Die Zellen dieser Fortsätze sind weder stachelig, noch zylindrisch, sondern gleichen völlig den Zellen der Tumor- elemente und den embryonalen, nicht differenzierten Epithel- zellen; von einzelnen Interpapillarzapfen können 2 — 3 oder noch mehr solche Fortsätze auslaufen, in einigen Fällen ge- meinsam mit einem Schweißausführungsgange, manchmal mit der Mündung eines Haarbalges zusammenfließenden oder aus ineinandergreifenden Interpapillarzapfen (s. Fig. 2) in Einzel- oder Mehrzahl j aber in den meisten Fällen war in der Nähe dieser Fortsätze weder Haarbalg noch Schweißausführungsgang zu sehen. Bei einem großen Teile der Tumorschnitte hatten fast sämtliche Interpapillarzapfen, Ton welchen ich bereits erwähnte, daß sie dicker und länger waren, als beim ersten Tumor, einen solchen kürzeren oder längeren Fortsatz entsendet, oder es waren wenigstens Entwicklungsspuren eines solchen, in Gestalt kleinerer-größerer Knospen zu sehen. Bei einem Teile dieser Interpapillarzapfen habe ich außer den bisher beschriebenen keine weiteren Veränderungen be- merkt, bei einem anderen Teile aber war an der Oberfläche derselben, im entsprechenden Teile des Deckepithels in der Mitte eine kleine Einstülpung zu sehen, welche von einer stärkeren Eerato-hyalinschichte bedeckt war (s. Fig. 1 u. 2); ja bei einigen erstreckte sich diese stärkere Eerato-hyalin- schichte bis in die Mitte des Interpapillarzapfens (s. Fig. 5 e), und schließlich war bei manchen der suprapapillare Teil ganz schweißdrüsenmundungartig umgewandelt, ohne aber, daß von der Basis des Interpapillarzapfens außer dem Fortsatze mit Bücksicht auf die Schnittserie — ein wirklicher Schweißdrüsen- ausführungsgang ausginge. Schließlich will ich, damit das Bild vollständig sei, noch den Verlauf und die Endigung der Fortsätze in der Cutis be- schreiben. Einzelne Fortsätze verjüngen sich nach ihrem Austritte aus dem Interpapillarzapfen stetig, schmelzen schon im Tumor- gebiet zu einer Zellreihe und verschwinden im Bindegewebe; andere wieder zeigen sich an der oberen Grenze des Tumors mehr weniger ausgesprochen knospenartig verdickt, verjüngen sich von hier stetig nach unten und verschwinden schließUeh über das Syringom. Ig5 innerhalb des Tumors in verschiedener Höhe gleichfalls im Bindegewebe (s. Fig. 1). Es fanden sich auch solche Fortsätze, welche sich an der Oberfläche des Tumors nach oben schlän- gelnd in Cysten übergingen, welche eine kolloide Masse ent- hielten (s. Fig. 5); femer solche, welche sich auf der Höhe des Tumors in 2 Äste teilten, welche sich dann in je eine Cyste fortsetzten (s. Fig. 6 u. 7, Abbildung zweier in der Serie nebeneinander liegender Schnitte), oder es tat dies bloß der eine, während der andere irgendwo im Bindegewebe zwischen den Tumorelementen verschwand. Einige gingen schließlich unmittelbar in kleinere-größere Zellinseln des Tumors über (s. Fig. 3). Bei einem Teile der Fortsätze war der unmittelbare Über- gang in Tumorelemente nicht mehr ersichtlich, doch fand sich auch unter diesen bei einigen angedeutet, daß die Verbindung wohl einmal vorhanden war, aber infolge Abschnürung getrennt wurde. Alle diese Verbindungen mit Tumorelementen waren nur auf der Oberfläche des Tumors zu sehen, in den tieferen Teilen des Tumors aber in keinem Falle, was ebenfalls dafür zeugt, daß der Tumor von oben, vom Deckepithel aus sozusagen sich ernährt und dass wenigstens ein großer Teil der in den tieferen Schichten liegenden Gebilde nicht dort entstanden ist, sondern durch Abschnürung von oben dorthin gedrängt worden sei. Hinsichtlich aller in der Tiefe liegenden Gebilde kann ich dies deshalb nicht behaupten, weil einige Forscher (Philipp son, Gassmann u. a.) in den Zellen der Stränge und Cysten wände Mitosen gefunden haben, so daß eine Vermehrung des Tumors von seinen ureigenen Teilen aus nicht ganz von der Hand ge- wiesen werden kann. Die größtenteils von mir verfertigten Zeichnungen, welche das histologische Bild in genügender Treue wiedergeben, zeigen allerdings bloß einen Teil der Fortsätze, welche ich in diesem Tumor gefunden habe. Derartige Fortsätze fand ich, aber in weit geringerer An- zahl, auch in den aus den übrigen Fällen stammenden Augen- lidtumoren, mit Vergrößerung der Interpapillarzapfen und stärkerer Pigmentation der zylindrischen Zellen, welche letztere mit der Bildung der Fortsätze eiuherzugehen scheint, da sich diese um erstere herum lokalisieren, und wo keine Fortsätze sind, auch diese Hyperpigmentation fehlt. Diese Befunde stellen es also ganz außer Zweifel, daß der unter den Namen „Hydradenomes eruptifs'' (Darier- Jaquet) usw. bekannte Tumor epithelialen Ursprunges und daher eine Geschwulst von epithelialem Charakter sei. 186 Csillag. In der Literatur findea sich bisher drei solche Beschreibungen, welche von einem sicheren Zusammenhang des Tnmors mit dem Deck- epithel melden. Es sind dies die Befunde von Philippson, Gass- mann nnd W i n k 1 e r. Hierher würden auch die Befunde Neumanns und Blasohkos gehören, doch ist die Beschreibung des ersteren nicht ganz überzeugend; letzterer wieder hat bisher noch keine nähere Be« Schreibung seiner Befunde geliefert. Philippson gibt seinen Befund folgendermaßen wieder: „Zwischen der Epidermis und den Geschwulstelementen wurde nur ein einziges Mal eine Verbindung geseheui und dies zwar nicht an Serienschnitten, so daß nichts genaueres gesagt werden kann, als daß von einem inter- papillären Epithelzapfen aus ein Epithelzug sich eine Strecke weit ins Bindegewebe hinein verfolgen ließ und sein Übergang in eine mit kolloidem Inhalt versehene Cyste zu sehen war.** Trotz dieses seines Befundes schließt er sich hinsichtlich der Bedeutung und Genese des Tumors gleichwohl der Ja quetschen Hypothese an, was schon an sich verrät, daß er auf diesen Fund kein größeres Gewicht gelegt habe. Wolters zählt auf Grund dieses Befundes die Fälle Philippsons zu Epithelioma adenoides cysticum Brooke, und wurde dieser Befund erst in neuester Zeit von T ö r ö k gebührend gewürdigt. Gassmann sah fast in allen seinen Fällen Auswüchse ans dem Deckepithel, welche im Gebiete des Tumors als solide, lumenlose Zapfen in die Tiefe zogen und sich in den höheren oder niederen Lagen der pars papillaris verzweigten. Die Bnsis dieser Zapfen stand mit der Basis eines Schweißausführungsganges in Verbindung. Aus der Basis eines dieser Stränge gingen mehrere ähnliche hervor, darunter einer aus der Wand eines Schweißausführungsganges, nächst dessen Eintritte in das Deckepithel. Alle diese Stränge zeigten die verschiedensten, kompli- zierten Verzweigungen. Eine durch einen solchen Strang vermittelte Verbindung zwischen Tumorcyste und Deckepithel fand er bloß in einem Falle; hingegen sah er in einem Falle in den zentralen Zellen eines aus der Basis eines Schweißausführungsganges hervorgehenden kurzen Fortsatzes dieselben Degenerationserscheinungen, wie in den Strängen des Tumors, i Er sah aber nicht bloß aus der Basis von Schweißausführungs- gängen »olche solide Stränge hervorgehen: „Es finden sich jedoch auch an den Haarbälgen und Talgdrüsenausführungsgängen analoge solide Aus- wüchse, die manchmal strangförmig ausgezogen und gewunden sind, gelegentlich sich auch an Gystomelemente anlagern.'' Winkler hat im Deckepithel keine wesentliche Veränderung ge- funden, „außer daß in der Gegend einzelner, aber keineswegs aller dieser Gebilde etwas reichlichere Epithelzapfen sich ein wenig weiter in die Cutis erstreckten, als in der Umgebung.'' Sein wesentlichster Befund ist, daß er in drei verschiedenen Schnittserien eine Verbindung zwischen Schweißausf ührungsgätigen und Cysten fand, und zwar zeigte sich einma 1 ein Schweißausführungsgang in reinem Verlaufe, wie dies aus der seiner über das Syringom. 187 Arbeit beigefügten Zeichnung ersichtlich, im Gebiete des Tumors eine Ausstfilpang, in deren Mitte Icolloide Degenerationserscbeinungen zn sehen waren; in einem anderen Falle bemerkte er ebenfalls innerhalb des Tnmors 2 Seiten&ste eines Schweißausführungsganges, welche in je einer Cyste endeten. In einem dritten Falle zog wieder ein Schweiß- ausfuhnmgsgang in die Mitte der Cntis, yerzweigte sich dort in der Nähe der Tnmorelemente, wobei ein Zweig in eine typische Tumor-Zellgruppe fiberging. Diese Gebilde fand er in seinem ersten Falle ; in einem seiner zwei anderen Fälle sah er unter den Zellen einiger oberflächlicher liegenden Stränge ausgesprochene Staohelbildung, das andere Mal wieder dasselbe bei den Zellen einer Cystenwand« Er fand also in allen seinen drei Fällen eine Verbindung z¥ri8chen der Epidermis und dem Tumor, doch während bei Philippson und Gassmann diese Verbindung durch direkt aus dem Deckepithel hervorgehende Stränge vermittelt wird, findet deisclbe nach Winkler nur durch die aus den Schweißausführungsgängen austretenden Neben- äste statt. Das Ergebnis meiner Untersuchungen ist also bloß eine Be- stätigung dieser, besonders Philippsons und Gassmanns Befunde, und wäre hiermit der epitheliale Charakter der „Hydradenomes eruptifs^ endgültig entschieden. Es erwächst nun aber die Frage, wie es möglich war, daß eine ganze Reihe der Forscher bei diesem Tumor einen ganz anderen Charakter, den endothelialen bewiesen sah und noch heute sieht, so daß einzelne von dieser endothelialen Annahme ausgehend für die Möglichkeit dessen eine Erkläniog suchten und gaben, wie Kromayer, der diese Möglichkeit mit seiner desmo- beziehungsweise paradesmo-plasischen Theorie erklären will, wonach die Epithelzellen in eine gewisse Ver- wandtschaft mit den Endothelzellen treten sollen, welche Theorie aber noch selbst des Beweises harrt; ferner Herxheimer und Hildebrand, Möller, welche wieder von der Annahme ausgehen, daß es ungeachtet einer und derselben Lokali- sation zweierlei Tumoren gebe, ein epithelialer und ein endothelialer. Diese Annahme hat wohl nichts Unmögliches an sich, ist aber kaum wahrscheinlich, schon deshalb, weil die histologischen Befunde sowohl derjenigen, welche einen epithelialen Ursprung annahmen, wie auch der- jenigen, welche för den endothelialen Charakter eintraten, sich so einander decken, daß die Identität keinen Zweifel übrig läßt. Die Befunde von Philippson, Gassmann, Winkler und mir stellen es ganz außer Zweifel, daß der Tumor keine angeborene stabile Anomalie, sondern das Pro- dukt eines Prozesses ist. 188 Ceillag. Dieser Prozeß besteht darin, daß aus den unteren Zell- reihen des Deckepithels Epithelfortsätze hervorgehen, und aus diesen Fortsätzen vollzieht sich die Bildung der Tumorelemente, welcher Prozeß, wie dies aus den bisherigen Untersuchungen hervorgeht, aber nicht fortwährend besteht, sondern nach einer gewissen Zeit stille steht, wo dann auch diejenigen Er- scheinungen, welche den Prozeß bis dahin begleiten, wie die stärkere Pigmentation der Zylinderzellen, die Verdickung und Verlängerung der interpapillären Zapfen, die aus diesen hervorgehenden Fortsätze, die Verbindung derselben mit Tumorelementen und eine gewisse regelmäßige Anordnung der letzteren verschwinden. Im Aufhören dieses Prozesses liegt denn auch die richtige Erklärung für jene Mißverständnisse, welche hinsichtlich der Natur des Tumors sich ergaben. Als ich die Schnitte des ersten Tumors untersuchte und hierbei sämtliche oben angeführte Erscheinungen fehlten, so daß ich gar keinen Anhaltspunkt für eine Verbindung des Tumors mit dem Deckepithel fand, suchte auch ich den Zu- sammenhang zwischen den scheinbar zusammenfließenden und auch sonst Endothelproliferation zeigenden Kapillaren und den Tumorsträngen, und fand ich, wie bereits erwähnt, in der Tat solche Gebilde, welche diesen Zusammenhang zu bestätigen schienen, und dies umso mehr, als der Zusammenhang mit dem Deckepithel schon vor längerer Zeit verschwunden sein mochte, infolgedessen Gebilde mit noch gut erhaltenen frischen Zellen fehlten, die Zellen sämtlicher noch vorhandener Stränge und Cysten, welche lange Zeit nach verschiedenen Richtungen gedrückt und gezerrt worden waren, wie auch die Kerne eine längliche Form annahmen, und infolgedessen Endothelzellen glichen, so daß^ wenn ich keine weiteren Untersuchungen aus- geführt hätte, ich bloß aus diesen Gebilden die epitheliale Natur des Tumors nicht hätte feststellen können. Derartige, hinsichtlich des Zusammenhanges mit dem Deck- epithel schon längst abgelaufene Tumoren dürften denn auch jene Autoren untersucht haben, die für den endothelialen Zu- sammenhang eintreten, da sich in der Tat bei diesen Autoren keine Beschreibung der obigen Kennzeichen findet, so daß sie von einzelnen histologischen Pseudobildern leicht irregeführt werden konnten. Schließlich seien noch die Hypothesen besprochen, welche Darier, Jaqnet nnd Török, die den epithelialen Charakter sofort erkannt hatten, zar Genese des Tumors aufstellen. Darier hielt die normalen Schweißansföhrnngsf^&nge for den Ausgangspunkt des Tumors deshalb, weil einzelne Sträuge des Tumors über das Syringom. 189 den SchweißdrÜBenzellen, und die Zellen derselben den Zellen von Sehweißaasfahrangsgängen sehr ähnlich waren. Jaquet, dem sich auch Quiquand und Philippson anschlössen, leitete den Tnmor (im Sinne der Gohnheimschen Theorie) von, im embryonalen Leben in die Gntis ycrirrten, embryonalen, indifferenten EpitLelkeimen ab. Die Epithelkeime können auch nach der Gebart noch eine lange Zeit liindorch schlummern und sp&ter zum Ausgangspunkte des Tumors dienen. Török schliefilich hält die Tnmorelemente fftr Schweifidrüsen, welche im embryonalen Leben in ihrer Entwicklung gehemmt wurden und so yerkfimmerten. Die Jaquetsche Anschauung ist leicht abgetan. Da nämlich positive Befunde den nicht embryonalen Ursprung der Tumorelemente aus dem Deckepithel beweisen, so kann die Gohnheimsche Theorie auf den Tumor nicht mehr angewendet werden. Allerdings hat aber Jaqnet Recht darin, daß die Zellen des Tumors in der Tat indifferente Epithelzellen embryonalen Charakters darstellen, und w6rden dem bisher bloß die von Winkler gesehenen Stachelzellen widersprechen, was aber erst der Bestätigung harrt. Wenn wir die Befunde von Blaschko und Neumann zugeben und weiter die oben beschriebenen Befunde Winklers in Betracht ziehen, wonach sie normale Lumen besitzende Schweißausfahrungsgänge sich verzweigen und Nebenäste entsenden sahen, welche mit den Tamor- elementen in Verbindung standen, so müßten wir wohl die Dari ersehe Theorie annehmen, aber auch so nur zum Teile, da das keinesfalls den einzigen üisprungsort des Tumors darstellt; doch bliebe hier noch die Frage offen, ob diese sich ohne jeden scheinbaren Heiz sich verzweigenden Schweißausf^rungsgänge als normale und normal entwickelte zu be- trachten seien. Török gründete 1899 seine obige Hypothese darauf, daß er innerhalb des Tumorgebietes weniger Schweißausfahrungsgänge und dem- entsprechend unterhalb des Tumors weniger Drüsenknäuel gefunden hatte, als in der normalen Haut, daß die Tumorelemente in deijenigen Höhe der Cutis sich befanden, welche den Schweißausführungsgängen entspricht, und daß er zwischen den Fasern der musculi arrectores pili kleine Tumor- Cysten eingeschlossen fand. Alle diese Befunde wurden dadurch erklärt, daß im embryonalen Leben die zu Schweißdrüsen sich entwickelnden Epithelauswüchse aus irgend einem Grunde in ihrer Entwicklung g^e- hemmt wurden, in dieser Gestalt ins Bindegewebe dringend, von der Epidermis abgeschnürt und von den sich entwickelnden Gebilden der Cutis durchwachsen worden sind. In seiner neuesten einschlägigen Arbeit in Mraöeks Handbuch, „Das Syringom** hält er diese Erklärung noch aufrecht und ergänzt die hierfür sprechenden Argumente noch mit dem von Philippson und N eumann beschriebenen Befund von blind endenden Schweißausführungs- gängen. 190 Csillag. Demgegenüber stehen die Befunde, wonach die Anzahl der Schweiß- ansfährangsgänge sich nicht verringert zeigte, femer der Befund Gass- manns, daß einzelne in Tnmorelemente übergehende Epithelaaswüohse aus der Wand von Haarbälgen und Talgausfnhrungsgange hervorgingen, dann die Beobachtungen von Blaschko, Neumann und Wi.nkler, die von „normal gebauten*^ Schweifiausführungsgängen Verzweigungen in den Tumor übergehen sahen, und schließlich Philippsons, Winklers und meine Horncysten, welche gleichfalls gegen die ausschließliche Be- teiligung der Schweißausführungsgftnge an dem Aufbau des Tumors sprechen, wobei bloß nebenher erw&hnt sei, daß die Strange des Tumors sich zu verzweigen pflegen, was den in Entwicklung begrififenen Schweiß- drüsen nicht eigen ist. Von meinen Befunden würde dieser Hypothese noch die Tatsache widersprechen, daß in einigen Schnittserien fast an der Basis eines jeden über dem Tumor liegenden Interpapillarzapfens teils ausgesprochene derartige Fortsätze, teils sich zu solchen entwickelnde Knospen zu sehen waren, also in einer weit größeren Anzahl, als den normaler Weise in der Haut sich entwickelnden Schweißdrüsen entsprechen würde. Ungeachtet aller dieser Gegenargumente steht gleichwohl die auch durch die neuesten Untersuchungen bestätigte Tatsache außer Zweifel, daß den Schweißdrüsen bei der Bildung des Tumors eine prävalierende Rolle zufallt, wie dies übrigens schon aus dem bisher gesagten hervorgeht. £s ist femer auffallend, daß die von Philippson, Gassmann und mir gefundenen Fortsätze, welche aus dem Deckepithel und nicht ans den Adnexen desselben hervorgingen, ausnahmslos von den Inter- papillarzapfen und zwar vorvriegend von der Basis derselben entsprangen, also von eben derselben Stelle, von wo auch die Schweißdrüse in ihrem Eniwiekluogsstadium entspringt, und liegt demnach der Gedanke nahe, daß die Fortsätze eigentlich je eine solcliu verkümmerte Schweißdrüse darstellen, und wird dies noch mehr durch meine Beobachtung bekräftigt, daß die Fortsätze bis zu einer gewissen Tiefe in der Tat Schweiß- ausfnhmngsgängen ähnlich sind, hier natürlich abgesehen davon, daß dieselben kein Lumen besitzen. Femer wird diese Hypothese auch von meinem, schon beschriebenen, vielfachen Befund unterstützt, daß die mit Fortsätzen versehenen Interpapillarzapfen an der Oberfläche des Deck- epithels eine kleine Einstülpung zeigen und daselbst von einer stärkeren Keratohyalinschichte bedeckt sind, daß sich diese Schichte bei einigen tiefer ins Epithel hinab zieht, ja daß ausnahmsweise an der Einstülpung ein mit Keratohyalin ausgekleidetes Lumen sich findet, wodurch dies einem Schweißausfübrungsgange auffallend ähnlich sieht, ohne aber, dsß in dem entsprechenden Schnitte oder in einem benachbarten irgend ein, aus diesen Interpapillarzapfen hervorgehender Schweißausfnhrungsgang zu sehen wäre, und das Ganze also den Eindruck macht, als ob es eine dem Fortsatze angehörende Mündung wäre. Dagegen könnte wohl vorgebracht werden, daß sich das Lumen der Schweißdrüse erst dann entwickle, wenn letztere bereits zu funk- über dfts Syringom. 191 üonieren beginDt, ob dies aber auch fflr die epitheliale Mündung des Aosfuhrungsganges gelte, davon konnte ich keine Überzeugang gewinnen. Die Yerzweigangen der AusfÜhrungsgänge der normal gebanten, also ein Lumen besitzenden Schweißdrüsen halten gegenüber der Török sehen Hypothese nicht ganz Stand, weil, wie ich auch oben er- wähnte, die Tatsache dieser Verzweigung selbst darauf hinweist, daß dies keine normale Schweißdrüsen sind, da sich solche nicht zu rer- zweigen pflegen; es konnte eben die entwicklungshemmende Ursache auf die eine, in Entwicklung begriflene Drüse mehr, auf die andere weniger einwirken, so daß sich einzelne bis zur FunktionsfUiigkeit ent- wickeln, aber gleichwohl die Keime des Abnormen in sich bergen konnten. Zwischen diesen und den soliden Fortsätzen kämen die von Philippson und Neumann gefundenen blind endenden Drüsen- ausfnhrungsgänge. Indessen kann ich mit der Törökschen Hypothese nicht den Umstand in Einklang bringen, daß die Fortsätze bildenden Interpapillar- zapfen stellenweise sehr dicht und in weit größerer Anzahl sich fanden, als die normaler Weise vorhandenen Schweißdrüsen, es sei denn, daß man sich hierüber mit einer weiteren Hypothese hinweghilft, daß sich nämlich anstatt einiger guter, mehrere verkümmerte Schweißdrüsen bilden. Der Befund Gassmanns schließlich, wonach er aus der Wand von Haarbälgen und Talgdrüsen mit dem Tumor zusammenhängende Fortsätze ausgehen sah, würde beweisen, daß nicht ausschließlich Schweiß- drüsen, sondern auch anderweitige Epithelgebilde den Ausgangspunkt des Tumors bilden, es sei denn, daß diese Fortsätze nicht aus der Basis der Haarbalg- und Talgdrüsenmündung hervorgingen, wie in meinem Falle, was in der Arbeit Gassmanns nicht genau angegeben ist; denn in diesem Falle wäre der Ursprung dieser Fortsätze aus Schweißdrüsen doch nicht ganz ausgeschlossen, da bekanntlich Schweißdrüse und Haar- balg eine gemeinsame Mündung besitzen, von einer gemeinsamen Basis aasgehen, ja der Schweißausführungsgang zuweilen sogar in den oberen Teil eines Haarbalges münden kann. Meinerseits sehe ich also diese Török sehe Hypothese zwar nicht völlig bewiesen, doch ist sie, nachdem mehrere Tatsachen für sie sprechen, nicht ganz von der Hand zu weisen, sondern von den Ergebnissen weiterer Forschungen abhängig zu machen. 192 Csillag. Ztkl&nmg der Abbildungen auf Tafel ZV u. V.'j Sämtliche Abbildungen stammen von Schnitten von Lidtnmoren. Färbung mit Hamatoxylin und Hämatoxylin-Eosin. Fig. 1. Zeigt einen von einem Interpapillarzapfen ausgehenden und in die retikuläre Schichte als eine einzige Zellreihe endenden Epithelfortsatz, in welchem die Zylinderschichte und deren Pigmentation nicht übergeht, e) Stärkere Keratohyalinschichte an der diesem Zapfen entsprechenden Stelle des Oberflächenepithels. Fig. 2. Aus einem interpapillären Epithelzapfen gehen zwei dem vorherigen ähnliche, aber gabelförmig sich verzweigende Epithelfortsätze in die retikuläre Schichte, verschwinden dort zwischen den Epithelkugeln und Cysten, e) wie Fig. 1. Fig. 8. Verlängerte und verdickte, mit stark pigmentierter Zylin- derzellsohichte versehene Interpapillarzapfen. Von einem dieser Zapfen zieht ein Zellstrang in eine in der retikulären Schichte liegende, aus nicht differenzierten Epithelzellen bestehende Insel. Fig. 1 — 3 zeigen gleichzeitig auch die regelmäßige Anordnung der Zellkugeln, Inseln und Cysten, indem die größten derselben dem Deckepithel am nächsten, die kleineren aber am entferntesten zu liegen kommen. Fig. 4. Eine in einen Tumorzellstrang sich fortsetzende Horncyste. Fig. 5. Ein, aus der unteren Pläche eines der Basis eines Schweifi- ausfuhrungsganges ähnlichem, mit einer mundungartigen Einstülpung (e) versehenen Interpapillarzapfens ausgehender Epithelzellen sträng scheint in eine dickwandige Cyste zu übergehen, welche sich eben von dem Zellstrang abgeschnürt hat. (Fig. 1—6, Reichert Obj. lY, b. Oc. 4.) Fig. 6 — 7. Zwei an einander folgende Schnitte, in welchen sich ein Fortsatz (a) in swei Zweige teilt, welche dann in je eine Cyste enden. Reichert Obj. IV, b. Oc. 2.) *) Die 6. und 7. Figur wurde von einem Nichtarzte verfertigt, der dann anstatt der Keratohyalinschichte aus Irrtum eine Zylinderzeliea- reihe zeichnete. AreSivf Dermatologie u.Syphifis Band LXXn. /- te- — ■■ ""sillag : Ü her das ^Syringom. Arehiv f Dermatologj« u.SyphiMs Btnd LXXII. fr/,.; '^- -i '.-^K € äs:f ^>^'-S3_ Csillagi llÜBr das Syrinflom. Ans der k. k. ünivereitätsklinik fOr Dermatologie tmd SypUlidologie in Wien. (Prof. Dr. (kistaT SieU.) Zur Kenntiiis der Acne teleangiectodes Kaposi (Acnitis Barthelemy). Von Dr. Walther Pick, AMUtont der Klinik. (Hiezu Taf. VI u. VH.) Die Bezeichnung Acne teleangiectodes wurde „mangels einer zutreffenderen Nomenklatur, vor der Hand^ von Kaposi (33 u. 34) auf ein ungewöhnliches Erankheitsbild angewendet, das er in zwei Fällen zu beobachten Gelegenheit hatte, die mit Reproduktion des klinischen und histologischen Bildes in extenso publiziert wurden (35). Schon gelegentlich einer De- monstration Fingers (22) macht Kaposi auf das unzweck- mäßige der Bezeichnung aufmerksam, und schlägt den Namen Acne myxomatodes vor, doch konnte sich auch diese Bezeich- nung nicht einbürgern, in erster Linie wohl deshalb, weil sie, speziell auf den Fing ersehen Fall mit Unrecht .uigewendet, auch späterhin mit der Bezeichnung Lupus follicularis disse- minatus (T. Fox) identifiziert wurde. Doch möchte ich auf diese und andere in der Literatur niedergelegte Fälle erst später zurückkommen, und zunächst an der Hand zweier Fälle, welche wir in der hiesigen Klinik genau zu beobachten Gelegenheit hatten, beweisen, daß wir ToUe Berechtigung haben die Acne teleangiectodes als selb- ständiges Kranheitsbild anzusehen und sie Tom Lupus foUi-, colaris disseminatus zu differenzieren. Ai«b.r. Dermat. n. Sypli. B4. LXXII. Ig 194 Pick. 1. Fall: U. K., 65 Jahre alt, verheiratet, Ti^löhner, wird am 21. Dezember 1908 in die Klinik aufgenommen. Patient hat im Jahre 1878 Blattern durchgemacht, war sonst nie krank. Gegenwärtige Er- krankung begann im September 1908 (vor zwei Monaten) damit, daß die Haut der Nase und der angrenzenden Wangenpartien intensiv gerötet erschien; auf dieser geröteten Haut entwickelten sich im Yerlaufe von drei Wochen, an Zahl immer zunehmend, kleine Ejiötchen. Später traten auch an den Händen die Knötchen auf und allmählich gewann die Affek- tion die jetzt sichtbare Ausdehnung, doch ist das Auftreten der Efllo- ressenzen am Penis der Aufmerksamkeit des Patienten vollkommen ent- gangen. Patient ist verheiratet, hat fünf gesunde Kinder, die Frau ge- sund, hat nie abortiert. Patient hustet nicht, schwitzt nicht bei Nacht, In der Familie keine Tuberkulose nachweisbar. Status praesens: Auf der behaarten Kopfhaut, sehr reichlich im Gesichte verstreut, am Halse und ganz vereinzelt an den oberen Brust- partien, an den Armen und hier wesentlich an den Streckseiten, dooh vereinzelt auch an den Beugeseiten, Kleinfinger- und Daumenballen, sowie ganz spärlich auch an den Flachhänden, am Knie, in der Gegend der Sprunggelenke finden wir die Haut mit knötchenförmigen Efflo- reszenzen besetzt, welche allenthalben verschiedene Grade ihrer Ent- wicklung sichtbar werden lassen. Zunächst sind besonders in der Ge- gend der Achselfalten, an der Beugeseite der Vorderarme, femer in den Schläfengegenden, also überall dort, wo die Haut dünn ist, kleine, kaum sichtbare Yorwölbungen der Haut nachweisbar, an welchen der tastende Finger deutlich in die Haut eingesprengte, mit dieser verschiebliche, tief sitzende Knötchen fühlt. Die Haut über den Knötchen ist nicht ver- schieblich, wenn dies auch durch den tiefen Sitz derselbe vorgetäuscht wird. Über den Knötchen zeigt, soweit sie in der Tiefe liegen, die Haut entweder keine Veränderung oder sie erscheint ganz schwach pigmentiert und an der Umrandung des Knötchens etwas schuppend. Neben derartigen Eöloreszenzen finden sich im Gesicht, insbeeon- dere an Nase, Oberlippe und Kinn oberflächlich sitzende Effloreszenzen, violett oder braunrot, stellenweise auch ganz hellrot gefärbte Knötchen darstellendjTvon Stecknadelkopf- bis Erbsengröße mit halbkugelformiger oder auch im Zentrum abgeflachter, oft sogar eingesunkener Oberfläche. Die Konsistenz der kleineren Effloreszenzen erschien hart und derb, wäh- rend die der größeren prominenten Knötchen mehr derb-elastisch, ähnlich der Konsistenz gewisser Fibrome, erschien. Diese Knötchen stehen ins- besondere in der Nasolabialfalte und am Kinn so dicht gedrängt, daß sie der Haut daselbst ein drusiges Aussehen verleihen; doch läßt sich eine Neigrang zur vollkommenen Konfluenz nicht nachweisen, allenthalben sind die einzelnen Effloreszenzen von einander durch mehr oder weniger tiefe Einschnitte geschieden. Zahlreiche Knötchen im Gesicht zeigen, trotz ihrer intensiven Färbung, einen geringen Grad von Transparenz, welclie besonders deutlich wird bei Anwendung des Glasdruckes, wo sich am Sitz der Knötchen eine sirupbraune YerHlrbung zu erkennen gibt Diese Zur Kenntnis der Acne teleangiectodes etc. I95 Tnnsparenx wird wohl zam Teile bedingt dorch Ansammlnng geringer Mengen von Fldsdgkeit in den Knötchen, welche beim Anstich minimale Quantitäten klaren Serums entleeren. Im weiteren Verlaafe trübt sich dann dieser Inhalt und insbesondere anf den Wangen, in der Gegend der Augenbrauen und am Kinn finden sich Effloreazenzen von nicht über Erbsengroße, deren Zentrum eine gelbliohweiße Yerfarbung zeigt, wäh- rend die Peripherie die hellrote Farbe der übrigen Knötchen beibehalten hat. Auf Druck entleeren diese Effloreszenzen wenige Tropfen dünnen Eiter; stellenweise sind die Effloreszenzen spontan aufgebrochen^ das Sekret ist eingetrocknet und bildet eine gelbliche, oder infolge von Bei- mengung von Blut, brannrote kleine Borke im Zentrum der Knötchen. Nach Entfernung der Borke tritt ein scharfrandiger, seichter, glänzender Substanzyerlust zu Tage. Kach Epithelisiemng dieser Substanzverlaste entstehen die besonders an der Stime und Schläfe in großer Zahl sicht- baren, kaum hirsekomgroßen, leicht deprimierten, glänzenden, am Rande bräunlich pigmentierten Narben, welche die größte Ähnlichkeit mit den bei Acne varioliformis sichtbaren Narben auf- weisen. An den Extremitäten fanden sich neben den schon erwähnten Er- habenheiten von normaler gelblicher Hautfarbe an der Streokseite der Ellbogen und Knie blaurotgefarbte« kreisrunde Knötchen, nicht transpa- rent, mit glatter, glänzender oder mit feinen Schuppen bedeckter Ober- üäohe, zum Teil auch im Zentrum eingesunken, nnd mit einer Blutborke bedeckt. An den Handrücken nnd den Streckseiten der Interphalangeal- gelenke fanden sich die größten, bis heliergroßen Effloreszenzen, flach erhaben, von livider auf Druck bräunlich werdender Farbe. An den Flachhänden, den Kieinfinger- und Daumenballen schien der Prozeß sich mehr in der Tiefe abzuspielen, und sah man dort nur wenig erhabene kreisrunde Effloreszenzen, welche im Zentrum eine durchschneidende, kraterformige Yertiefung aufwiesen. Über welche sich die unveränderte Epidermis fortsetzte. In sehr dichter Anordnung waren die Effloreszenzen auch am Prä- putium und Fenisschaft sowie am Skrotum zu sehen, woselbst sie gleich- falls lividrote Knötchen mit mattglänzender oder leicht schuppender Oberfläche darstellten, von welchen einige oberflächlich exkoriiert und mit einer gelbroten Borke bedeckt erschienen. Während des Spitalsaufenthaltes ließ sich an alten wie an den neu hinzugekommenen Effloreszenzen, die sich selbst überlassen wurden, Ent- stehung und Verlauf derselben genau yerfolgen, und so konnte festgestellt werden, daß die Knötchen im Gesicht zu ihrer vollkommenen Entwicklung einen relativ langen Zeitraum von 8 bis 14 Tagen brauchten; während dann die Pustnlation in kurzer Zeit, oft in zwei Tagen, erfolgte, und die Pustel auch nur kurzen Bestand hatte, bedurfte es wiederum eines Zeitraumes von 1—2 Wochen, ehe die Effloreszenz resorbiert und vernarbt war. Am Stamm und den Extremitäten, wo es überhaupt nur selten zur Pustulation kam, blieben die 13» 196 Pick. ££Plore«ieDzen längere Zeit auf dem Knötchenstadiam stehen, um dann, mit Hinterlassang nar geringer Veränderungen, resorbiert zu werden, so daß wir also in der Pustnlation kein wesentliches oder charakteristisches Moment im Verlaufe dieser Erkrankung erblicken können, da ähnlich, wie bei Acne varioliformis und pustulösen Syphiliden nur ein Teil der Efiloreszencen zur Vereiterung kam. Aus dem weiteren Verlaufe wäre noch hervorzuheben, dafi die zu- nächst eingeleitete normale Aknetherapie mit Salben, insbesondere Schwefelsalbe, femer Pflaster (Salizylseifenpflaster) keinerlei Veränderung im Krankheitsbilde hervorrief, es sei denn, daß unter dem Pflaster sich rascher die meisten Knötchen im Gesicht in Eiterpusteln umwandelten, doch traten immer wieder, trotz der Therapie, neue Effloreszenzen auf. Bei Behandlung mit einer IQ^/^igen Pyrogallussalbe bildeten sich an den Effloreszenzen Ätzschorfe, welche mit Hinterlassung kleinster, depri- mierter, scharfrandiger Narben von rötlich oder braunrötlicber Färbung abheilten. Auch unter dieser Therapie traten vereinzelt, nicht schubweise immer wieder neue Effloreszenzen, wenn auch iu geringer Zahl auf, die dann mit raschem Erfolge mit dem Argentumstift verschorft wurden, so daß, als Patient nach halbjährigem Aufenthalte im Spital die Klinik ver- ließ, die meisten Effloreszenzen im Gesicht vernarbt waren^) und am Körper sich neben den geschilderten Residuen alter Infiltrate nur wenig Knötchen fanden. Der genau aufgenommene Befund ergab bezüglich der inneren Or- gane keinerlei abnormale Verhältnisse. Mit Ausnahme einer leichten Schwellung der inguinalen Iijmphdrüsen finden sich die flbrigen Körper- lymphdrüsen vollkommen normal. Die Injektion von 1—5 — 10 mg Tuberkulin verlief ohne lokale Reaktion der Effloreszenzen, bei der letzten Injektion geringe Störung des allgemeinen Befindens und erhöhte Temperatur (39*8^). Auch die wiederholt vorgenommene Ham- uud Blutuntersuchung ergab keinerlei abnormale Bestandteile. Dem Patienten wurden unter lokaler Anästhesie Efflores- zenzen in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung von dem subdermalen Knötchen bis zu den prominenten, im Zenti'um eingeschmolzenen Knötchen excidiert. Ein kleines Stück einer eitrig eingeschmolzenen Effloreszenz wurde einem Kaninchen in die vordere Augeukammer geimpft, blieb daselbst reaktionslos liegen und fühiiie während einer Beobachtungsdauer von drei ') Anmerkung bei der Korrektur: Inzwischen, nach fast ein- jähriger Krankheitsdauer, hat das Auftreten neuer Effloreszenzen voll- kommen sistiert, die Gesichtshant ist ganz dicht besät mit den erwähnten varioliformen Narben, während sich auf der übrigen Haut nur spärliche Narben, wohl aber zahlreiche pigmentierte Flecke an Stelle der früheren Knötchen vorfinden. Zur EenntDis der Acne teleangiectodeB etc. 197 Wochen (nach welcher das Tier durch Ungeschicklichkeit der Wär- terin entkam) keinerlei Erscheinungen herbei. Der eitrige Inhalt der Knötchen wurde wiederholt histologisch untersucht und üand sich in der Hauptsache aus Fibrin, sehr zahlreichen Leukocyten und Epithelien, sowie Detritus zusammengesetzt; keine Mikroorganismen. Kulturversuche mit dem Pustelinhalt auf Terschiedene Nährböden ergaben größtenteils ein negatives Resultat; nur yereinzelte Kolonien Ton Staphylococcus albus. Wenn wir das Krankheitsbild in diesem Falle noch einmal kurz rekapitulieren, so finden wir bei einem Patienten, der keinerlei Anzeichen tuberkuloser Belastung oder erworbener Tuberkulose aufweist, eine Hautaffektion in größtenteils symme- trischer Verteilung, deren Beginn und vorwiegende Lokalisation sich auf das Gesicht erstreckt, deren Effloreszenzen kleine Knötchen darstellen, welche teils in Pusteln übergehen, teils durch spontane Resorption schwinden. Während die ersteren nur geringe Erscheinungen hinterlassen, bleiben nach den eitrig eingeschmolzenen Effloreszenzen deprimierte Narben, am besten den Narben nach Acne varioliformis vergleichbar, zurück. Durch das immer wieder erneute Auftreten der Effloreszenzen war der Gesamtverhiuf der Affektion ein eminent chronischer, sich über viele Monate erstreckend. Hiezu kam ein ganz ungewöhn- licher histologischer Befund, doch möchte ich, ehe ich auf diesen näher eingehe, die Krankengeschichte eines zweiten Falles mitteilen, der in fast gleicher Zeit zur Beobachtung gelangte. 2. Fall. Es handelt sicji um einen 37jährigeo, gleichfalls ans Niederösterrcich stammenden Arbeiter, der am SO. März 1904 in die « Klinik aufgenommen wurde. Derselbe gibt an, in seiner Kindheit eine vom Arzte als Ekzem bezeichnete Erkrankung durchgemacht zu haben. Schon seit langer Zeit (Pubert&t) bekam Patient von Zeit zu Zeit „Wim- merln*', insbesondere an der Stirne, in der Gegend des Schnurrbartes und am Kinn, doch seien dieselben nach kurzer Zeit immer wieder ver- schwunden. Er war bis vor 4 Jahren in einem Walde als Pechsammler tätig. Seit vier Jahren in einem Kohlenbergwerk beschäftigt, hat er auch hier zeitweise seine „Wiinmerln" bekommen, aber sie vergingen immer wieder, und erst vier Wochen vor seinem Spitalseintritte trat die Affektion in der jetzt sichtbaren Form auf. Vater 60, Mutter 50 Jahre alt, an Patienten unbekannter Krank- heit gestorben. Vier Geschwister leben und sind gesund, keine gestorben. Im Alter von 15 Jahren hat Patient eine Lungenentzündung durchge- 198 i'ick. naoht Dnd vor zirka 10 Jahren nach seiner Schilderung eine Pleuritis; sonstige Erkrankungen anamnestisch nicht nachweisbar. Die gegenwärtige Affektion begann an den Augenbrauen, Nase, Oberlippe und Kinn und zwar sei Patient daselbst das Auftreten von kleinen Knötchen aufgefallen, die im G^ensatz zu den früher von ihm beobachteten Effloreszenzen nicht schwanden. Gleichzeitig sei die Hant daselbst auffallend rot gewesen und er hätte ein Hitzgefnhl an den be- troffenen Stellen verspfirt. Das Auftreten der Knötchen am fibrigen Körper ist der Aufmerksamkeit des Patienten vollkommen entgangen. Statuspraesens: Das ganze Gesicht, mit nur wenigen yerschonten Stellen, an Stime und Wangen, sowie die Ohren, insbesondere deren oberer Rand, sind dicht besetzt mit Stecknadelkopf- bis kleinerbsen- großen über das Hautniveau prominenten Knötchen von hell- oder braun- roter Farbe und stark glänzender Oberfläche. Stellenweise, so in der Nasolabialforche, auf der Oberlippe, am Kinn, in der Gegend der Augen- brauen, stehen die Knoten dicht beieinander. Die Haut erscheint an diesen Stellen in toto etwas infiltriert, ödematös geschwellt, die Bart- haare daselbst sind teils ausgefallen, teils folgen sie, mit samt ihren ver- eiterten Hüllen leicht dem Zuge. Die kleinen Knötchen erscheinen deut- lich transparent und fühlen sich schlapp und weich an. Sie leisten dem Versuche, mit einer Knopfsonde ihre Oberfläche einzudrücken, nur ge- ringen Widerstand. Die Sonde sinkt tief ein und es folgt eine geringe Blutung. Einzelne Knötchen lassen im Zentrum eine seichte, etwas er- weiterte zentrale Öffnung erkennen, mitten in einem abgeflachten Plateau gelegen. Die Transparenz der Knötchen findet ihre Erklärung darin, dafi unter der leicht eindrückbaren Decke sich geringe Mengen klaren Se- rums angesammelt finden. Neben und zvriscben diesen eben geschil- derten Effloreszenzen finden sich zahlreiche Kuötchen, welche im Zeo- trum eine gelbliche Verfärbung zeigen, bedingt durch eine geringe Menge Eiter, die sich auf Druck leicht entleeren läßt. Na- mentlich an der Stime, Haargrenze, aber auch sonst, sind kleine, scharf be- grenzte glänzende, am Rande stark, im Zentrum weniger pigmentierte Narben, ähnlich jenen, wie sie sich bei Acne varioliformis vorfinden, sichtbar. Ganz dieselben Knötchen und Pusteln finden sich neben diffuser Infil- tration braunrot verfarbter und leicht schuppender Haut, am Ohrläppithen, insbesondere sn dessen oberer Umrandung. Weniger zahlreich finden sich die Knötchen am Halse, zahlreicher an den Streckseiten beider Arme, symmetrisch insbesondere an den Streckseiten der Ellbogengelenke, sowie über den Interphalangealgelenken und am Handrucken, in geringer Zahl an den Flachhänden, insbesondere an dem Kleinenfinger- und Dau- menballen, über den Beugeseiten der Handgelenke, ganz vereinzelt an den Beugeseiteu der Vorderarme, zahlreicher wiederum an den Streck- seiten der Knie und in der Gegend der Malleolen. Die am Körper dis- seminierten Effloreszenzen zeigen zum Teile die gleichen Erscheinungs- formen wie im Gesicht, nur durch die Lokalität verändert, insofeme sie, namentlich an den unteren Extremitäten, eine mehr blaurote Färbuog Zor Kenntnis der Aone teleangieotode« etc. 199 zeigen. Aach am Penis, besonders reichlich am Prftpatium finden sich lividrote, teils halbkngelfSrmig, teils plateanartig erhabene Knötchen, an einzelnen Stellen oberflächlich exkoriiert und mit einer grünlichen Knute bedeckt. Neben den schon beschriebenen Knötchen und Pnsteln finden sich, insbesondere deutlich an der dünnen Haut des Halses nnd der Yorderarme derbe Knötchen in die Haut eingesprengt. Die Haut über diesen zeigt in Bezug auf ihre Färbung keinerlei Veränderung und die Knötchen sind wenigfer dem Auge sichtbar, als darch den tastenden Finger zu erkennen. Außerdem finden sich, insbesondere an den Extre- mitäten, kleine, hellergrofle, kaffeebraun pigmentierte Flecke, über wel- chen die Epidermis insbesondere an der Peripherie in geringem (}rade abschuppt. Die Knötchen an den Extremitäten sind im allgemeinen viel größer als im (Besicht, und im Zentrum manchmal mit einer grüngelben oder braunroten Borke bedeckt, nach deren Ablösung ein seichter scharf- randiger Substanzverlnst zu Tage tritt. Irgendwelche Erscheinungen, welche auf subjektive Beschwerden des Patienten hindeuten würden, wie Kratzeffekte oder mit Blutborken bedeckte Effloreszenzen, lassen sich nicht nachweisen. Die übrige Haut des Patienten vollkommen normal, die Lymphdrüsen nicht vergrößert. Der interne Befund bietet keine Ab- weichung von der Norm. Ebenso ergibt die Untersuchung von Blut und Harn normale Verhältnisse. Die Erscheinungen im Gesicht föhrten zunächst zu der Diagnose Akne, welcher aber später mit Rücksicht auf die Disseminierang der Effloreszenzen, sowie auf das Aussehen der Effloreszenzen am Genitale der mit Vorbehalt gestellten Diagnose Lues Platz machte. Es wurde eine Schmierkur eingeleitet und Jodkali verabreicht. Patient vertrug beide Medikamente vollkommen reaktionslos, bekam keinerlei Erscheinungen einer Jodakne, doch änderte sich das Krank- heitsbild gar nicht und immer wieder traten, wenn auch nur spärlich, neue Effloreszenzen auf. Während dieser Zeit konnte genau die Ent- wicklung der Effloreszenzen verfolgt werden und wurde beobachtet, wie die oben geschilderten, zunächst in der Tiefe sitzenden derben Knötchen allmählich gegen die Oberfläche binwuchsen, auch an Umfang zunahmen, während die Haut über denselben einen rötlichen Farbenton annahm. In weiterer Entwicklung wurde die Transparenz der Haut über diesen Efflo- reszenzen immer deutlicher, es trat im Zentrum der Knötchen eine gelb- liche Verfärbung auf und dieselben brachen, sich selbst überlassen, auf unter Entleerung ihres eitrigen Inhaltes. Einen großen Teil der Efflo- reszenzen im Gesicht drückte sich Patient selbst aus und oft genügte eine geringe mimische Kontraktion seiner Muskeln, um den Eiter aus den Pusteln austreten zu lassen. Späterhin vernarbten dann die Effloreszenzen mit Hinterlassung der oben beschriebenen seichten, deprimierten Narben. Doch gingen nicht alle Knötchen diesen Entwicklungsgang durch. Namentlich an den Extremitäten kamen viele, noch ehe sie über das Hautniveau prominierten, zur Resorptioo und hinterließen dann nur eine leicht dunkler pigmentierte Stelle. Die Pustulation wurde beschleunigt 200 Pick. darch Fflasterrerbandy teils mit Salizylseifenpfläster, teils mit graaem Pflaster. Doch kamen immer wieder neue Effloressenzen, and Patient verließ nach dreimonatlichem Aufenthalte das Spital in nicht wesentlich geändertem Zustande. Auch als er sich drei Wochen sp&ter neuerlich für wenige Tage ins Spital aufnehmen liefi, hatte sich das BUd kaum ge- ändert, nur war die Zahl der kleinen Narben im Gesicht yermehrt. Der übrige Körper bot den gleichen Befund. Auch bei diesem Patienten wurde Tuberkulin verabreicht, doch reagierte derselbe auch auf 10 mg Tuberkulin weder lokal noch allgemein; Effloreszenzen in verschiedenen Stadien der Entwicklung, teils in der Tiefe gelegene Knötchen, teils schon sur Pustulation gelangte Effioreszenzen wurden zu histologischen Zwecken excidiert. Der Pustelinhalt wurde wiederholt mikroskopisch und bakterio- logisch untersucht. Auf den gewöhnlichen Nährböden wuchsen banale Eitermikroorganismen in reichlicher Quantität ; histologisch fanden sich verschiedene Kokken, zahlreiche Eiterkörperchen, Epithelien und Fibrin, ein Befand, der insbesondere deshalb von Wichtigkeit ist, weil Finger und andere gleichfalls auf das gelbliche Durchscheinen zahlreicher Knöt- chen hinweisen, wobei betont wird, daß es sich nicht, wie mau dem makroskopischen Bilde nach annehmen würde, um Eiterpusteln handelt, sondern um unter dem Epithel gelegene Milien, welchen Befund die Autoren auch histologisch bestätigen konnten. In unserem Falle war eine VerwechsluDg mit Milien ausgeschlossen durch die Leichtigkeit, mit welcher der Patient den Inhalt der Pusteln exprimieren konnte und auch die histologische Untersuchung zeigte deutlich, daß es sich um Eiteran- Sammlungen handelte. Ein Inokulationsversuch wurde in diesem Falle nicht vorgenommen. Wie bei dem ersten Patienten handelt es sich also auch hier um eine, in nahezu symmetrischer Anordnung an den Extremitäten disseminierte, vorwiegend aber im Gesicht lokali- sierte Affektion, mit chronischem Verlauf, bei einem sonst gesunden Individuum. Nur war in dem zweiten Falle die Zahl der Effioreszenzen eine viel größere, und deren Ablauf ein viel stürmischerer, insofern sich, namenth'ch im Gesicht, fast alle Knötchen in kurzer Zeit zu Pusteln umwandelten. Der mikroskopische Befund in beiden Fällen deckt sich vollkommen, so daß wir uns mit einer gemeinsamen Schilderung begnügen können.^) Die histologischen Veränderungen tief sitzender Knötchen (Taf. VII, Fig. 1) erscheinen streng an die ^) Anmerkung bei der Korrektur: Ich hatte inzwischen auf der Breslauer Naturforscberversammlung Gelegenheit, die histologischen Präparate meiner Fälle Bartbelemy zu demonstrieren, der sie als vollkomroeu identisch mit den Befunden in seinen Aknitisföllen fand. Zar EeDntnis der Acne tele angiectodes etc. 201 Grenze zwischen Corium und Fettgewebe lokalisiert. Während das Epithel und die Cutis selbst keinerlei Veränderungen dar- boten, fand sich in der Tiefe ein ganz scharf umgrenzter In- filtrationsherd. Das Gewebe in dessen Umgebung zeigt keinerlei Veränderungen, nur ist der Herd von scheinbar etwas verdich- teten fibrösem Gewebe umschieden, das zirkulär verlaufende elastische Fasern enthält. Innerhalb dieses Herdes, welcher längsoval mit seinem größeren Durchmesser parallel der Epi- dermis verläuft, findet sich ein Granulationsgewebe, welches an der Peripherie zahlreiche Leukocyten enthält, während es gegen das Zentrum des Herdes zu, teils aus Zellen von epithe- loidem Charakter mit schlecht färbbarem Zelleib und blassem Kern, teils aus mehrkernigen ßiesenzellen besteht, welche oft in Gruppen angeordnet und miteinander verschmolzen ganze Schollen homogener Massen mit zahlreichen Kernen bilden. Der ganze zentrale Anteil des Herdeß ist bezüglich seiner Grundsubstanz schlecht färbbar und in der Mitte tindet sich ein Hohlraum, unregelmäßig begrenzt, der sich durch ganze Schnittserien hindurch verfolgen läßt. In diesem Hohlräume finden sich in großen Massen mehrkernige Eiterkörperchen und Zelldetritus. Die Umgrenzung des Hohlraumes wird von Zellen gebildet, welche epitheloiden Charakter haben und welche stellenweise eine Anordnung zeigen in der Art, daß ihre Achse vertikal auf das Lumen gestellt ist. An einzelnen Stellen, meist nur an der Anordnung der elastischen Fasern kenntlich, sind innerhalb des Herdes Quer- und Längsschnitte von Gefäßen sichtbar, von Endothel ausgekleidete Hohlräume darstellend. Innerhalb des Infiltrates lassen sich keinerlei Beste von Talg- drüsen nachweisen; wohl aber sind an verschiedenen Stellen ovale, von zylindrischem Epithel ausgekleidete Lumina sichtbar, welche auch an dem sie umziehenden Streifen elastischer Fasern als Beste von Schweißdrüsen kenntlich sind. Doch nicht überall ist dies der Fall, zumeist sogar finden wir das P^pithel dieser Kanälchen verwischt, die Zellen gequollen, die Kerne schlecht färbbar, der scharfe elastische Bing ist zu einem blassen, verwaschenen Gebilde umgewandelt. Auch in der Um- gebung des Infiltrates sehen wir Schweißdrtisenknäuel, welche in einen Entzündungsherd umgewandelt sind, wobei die Kanälchen 202 Pick. tefls bei erhaltener Epithelanskleiduiig nur im Lumen Lenko- cyten aufweisen, tefls yollständig von diesen durchsetzt und zerstört erscheinen. Die Gefäße zeigen auch in der Nachbar- schaft des Infiltrates keinerlei Veränderungen. Es handelt sich hier also um ein chronisches Infiltrat« bestehend aus Granu- lationszellen und Zellen Ton epitheloidem Charakter, welches im Laufe seines Bestandes sich scharf gegen die Umgebung durch eine Bindegewebskapsel abgegrenzt hat Später kommt es dann zu akuten Entzündungsvorgängen in diesem Infiltrate, welche so hochgradig werden, daß im Zentrum des Herdes Abszedierung eintritt, als welche wir den Hohlraum mit dem Zelldetritus und den Leukocyten deuten müssen. Ganz verwandte histologische Verhältoisse bot die Affektion im Gesicht, woselbst ein auf der Höhe der Entwicklung stehender Herd mit beginnender Pustulation so wie ein solcher noch vor Eintritt dieser letzteren excidiert wurde. Der Befund war folgender: Das Epithel von Leukocyten stark durchsetzt, wölbt sich bogenförmig über den Infiltrationsherd. Dieser selbst erscheint ziemlich scharf begrenzt, doch nicht so scharf, wie der früher beschriebene in der Tiefe der Cutis gelegene Herd und reicht bis an das Epithel, dessen interpapilläre Zapfen teilweise in den Herd miteinbezogen und zu Grunde gegangen sind. Bei schwacher Vergrößerung erscheint der Herd allent- halben dicht von Lymphocyten durchsetzt; nur an wenigen Stellen sind Züge des früheren Bindegewebes mit oblongen Kernen sichtbar; an der unteren Umgrenzung des Herdes finden sich zahlreiche Gefäße. Bei stärkerer Vergrößerung sieht man auch im Zentrum Gefäße mit im Verhältnis zur Wandung bedeutend erweitertem Lumen, doch fallt diese Veränderung insbesondere in der Umgebung des großen Herdes auf, wo sich zahlreiche stark dilatierte Gefäße vorfinden, welche mit Ausnahme einer leichten Quellung des Endothels keine Ver- änderungen zeigen und im vollkommen noimal nicht entzünd- lichem Bindegewebe liegen. Die Umgebung der Talgdrüsen erscheint mit Ausnahme einer geringen sie umhüllenden ent- zündlichen Infiltration unverändert. In der Papillarschichte, wie auch in der Tiefe der Cutis fallen Herde auf, die fast ausschließlich aus Riesenzellen innerhalb eines nur wenig kern- Znr Kenntnis der Acne teleang^ectodes etc. 203 reicheren Bindegewebes bestehen. Diese Riesenzellen, an Größe sehr verschieden, enthalten oft bis zu 16 meist gut färbbare wand- oder polständige Kerne. Bestehen die kleinen Herde im Wesen nur aus derartigen Riesenzellen, so sehen wir an gröfieren Herden, daß die entzündliche Infiltration bedeutend an Masse zugenommen hat und in dichten Lagen das schlecht farbbare homogenisierte Zentrum umgibt. Während aber bei diesen mittelgroßen Herden noch an manchen Stellen durch konzentrische oder parallele Lagerung der oblongen Kerne die Entstehung aus einzelnen Teilherden zu erkennen ist, findet sich in dem großen Herde kaum mehr eine Andeutung davon, während die leukocytäre Infiltration das ganze Bild beherrscht. Während die Mehrzahl der Talgdrüsen vollkommen intakt und mit Ausnahme der geringen perivaskulären Infiltration in ihrer Umgebung yollkommen normal erscheint, waren dieselben stellenweise durch den Entzündungsprozeß gänzlich zerstört; das gleiche Verhalten zeigten die Schweißdrüsen. Die elastischen Fasern, im Bereiche des Infiltrates vollständig zu Grunde ge- gangen, zeigten hie und da in der Papillarschicht die an der Gesichtshaut älterer Leute häufige Degeneration. — Eine fort- laufende Serie von 270 Schnitten einer dem Gesicht entnommenen E£Boreszenz wurde nach Ziehl-Nielsen auf Tuberkelbazillen gefärbt — mit vollkommen negativem Resultat. Wir finden also histologisch ein Granulationsgewebe, welches uns durch seinen reichen Gehalt an epitheloiden und Riesenzellen darauf hinweist, daß der vorliegende Prozeß ein chronischer ist. Irgendwelche Aufschlüsse über die Pathogenese gibt uns das histologische Bild nicht; obzwar alle Elemente Torhanden sind, welche wir als Bestandteile tuberkulöser Herde zu sehen gewöhnt sind, fallt doch eine Differenzierung des Pro- zesses der Tuberkulose gegenüber nicht schwer. Die große Zahl von Riesenzellen im beginnenden Herde, die geringe Zahl derselben in älteren, das Fehlen des typischen Aufbaues der Elemente zu Tuberkeln, die Vaskularisation und scharfe Abkapselung der letzteren, die starke Durchsetzung mit Leukocjten, welche zu einer Abszedierung auch der in der Tiefe gelegenen Herde fuhrt, das Fehlen der bei Tuberkulose gewöhnlichen Gefäß- yeränderungen, all dies sind Momente, die ims eine Einreibung 204 Pick. des Falles unter die tuberkulösen Erkrankungen auf Grund des histologischen Befundes ebenso wenig gestattet, wie wir dies auf Grund des klinischen Bildes tun konnten. Speziell vom Lupus unterschied sich das histologische Bild ganz auffallend durch die Kaschheit mit der, in kaum entzündlichen Herden Riesenzellen aufbraten, die in den größeren Infiltraten fast vollkommen vermißt wurden, während beim Lupus gerade diese letzteren es sind, die Riesenzellen in reichlicher Menge enthalten. Bezüglich des Ausganges des Prozesses von den Schweiß- drüsen ließen sich keine sicheren Anhaltspunkte gewinnen und wenn auch die Schweißdrüseuknäuel an der Bildung der Riesen- zellen hervorragenden Anteil hatten, und andernteils die An- ordnung der Zellen um den zentralen Hohlraum des Infiltrates an die Auskleidung der Schweißdrüsenkanälchen erinnerte, so war doch die Frage, ob der Prozeß nicht sekundär von den umgebenden Gefäßen auf die Drüsen übergegriffen habe, nicht mit Sicherheit zu entscheiden. Der Versuch unsere Fälle zu klassifizieren, stieß auf umso größere Schwierigkeiten^ «Is die Affektion von verschiedenen Autoren beschrieben und verschieden aufgefaßt; teils mit echt tuberkulösen Erkrankungen identifiziert wurde, teils, und zwar wesentlich auf Grund des histologischen Bildes, mit den Schweiß- und Taldgrüsen in Beziehung gebracht wurde, teils, insbeson- dere von französischer Seite, nicht genügend differenziert und gemeinschaftlich mit sicher nicht hierhergehörigen Prozessen in die Gruppe der Tuberkulide, speziell in die papulo-nekrotischen Formen derselben eingereiht wurde. Bekanntlich stützt sich die Hypothese, welche in letzter Zeit immer zahlreicher werdende Krankheitsbilder mit Tuber- kulose in ätiologische Beziehung bringt, im Wesen nur auf die häufige Koinzidenz dieser Erkrankungen der Haut mit Tuberkulose anderer Organe oder mit einem tuberkulösen Habitus; bei einigen, doch lange noch nicht bei allen bierher- gerechneten Erkrankungen auch auf den histologischen Aufbau der Effloreszenzen, bei welchen epitheloide und Riesenzellen sich vorfinden. Daß dies letztere keinen hinreichenden Grund bildet, um eine Affektion in die Gruppe der Tuberkulose ein- zureihen, wurde schon vor langer Zeit, insbesondere mit Hin- Zur Kenntnis der Acne teleangiectodes etc. 205 blick auf den gleichartigen Bau sicher nicht tuberkulöser Erkrankungen, sowie auf das häufige Vorkommen von Riesen- zellen bei allen möglichen chronischen Entzündungvorgängen der Haut betont, und wir sehen, wie namentlich von deutscher Seite immer wieder der Versuch gemacht wird, die Zahl dieser hypothetischen Erkrankungen einzuschränken und während z. B. in Frankreich der Lupus erythematodes, der Liehen scrofulo- sorum mit großer Bestimmtheit in diese Gruppe eingereiht werden, wird in Deutschland die Beziehung dieser Erkrankungen zur Tuberkulose entweder vollkommen negiert (Riehl 48), oder sie werden, soweit sie einen tuberkulösen Bau zeigen, als echt tuberkulöse Erkrankung angesehen (Neisser 44). Bei der großen Häufigkeit der Tuberkulose wird es uns nicht wundem, wenn wir in Frankreich die heterogensten Erankheits- prozesse in dieser Gruppe vereinigt sehen und da es sehr ver- lockend ist, eine Krankheit unbekannter Ätiologie, deren Symptome sich leicht durch die Ausscheidung yon Toxinen durch die Haut erklären ließen, in diese Gruppe einzureihen, so sehen wir bei der uns interessierenden Affekiion die merkwürdige Erscheinung, daß sie, trotzdem der erste französische Beschreiber (Barthelemy) immer wieder hervorhebt sie hätte nichts mit Tuberkulose zu tun, doch immer wieder in die Gruppe der Tuberkulide eingereiht wird. Es scheint dies hauptsächlich auf äußeren Gründen zu basieren und dadurch bedingt zu werden, daß die Affektion gleichzeitig mit einer zweiten, vom Autor Folliklis genannten, aus der Gruppe der FoUiculitiden her- ausgehoben wurde, für welch letztere wir allerdings sehr viel Anhaltspunkte haben, sie mit Tuberkulose in ätiologischen Konnex zu bringen. Speziell in unseren Fällen finden wir Abwesenheit jeglicher Anhaltspunkte für Tuberkulose bei den Patienten selbst, wie in deren Anamnese, einen akuten Ablauf der einzelnen Efflores- zenzen, wie wir ihn bei Tuberkulose niemals sehen, einen von Tuberkulose abweichenden histologischen Bau, wir finden auch in einer Serie von 270 Schnitten keinen Bazillus, die Tuberkulin- reaktion gibt ein negatives Resultat, so daß wir eine tuberkulöse Ätiologie für den Prozess durchaus von der Hand weisen müssen. Die Identifizierung unseres Falles mit den seinerzeit von 206 Pick. Kaposi (35 und 36) vorgestellten und später (37) ausfuhrlich beschriebenen Fällen von Acne teleangiectodes gelang leicht. Hier wie dort handelt es sich um blau bis braunrote Knötchen, am Elbogen, beiden Handrücken, Vorderarmen und Gesicht lokalisiert, welche im Anfange keine Involutionserscheinungen, später unter Zunahme der Entzündung Pustulation erkennen ließen ; und wenn auch die klinische Beschreibung sehr kurz gehalten ist und nichts über die Entstehung und den weiteren Verlauf der einzelnen Effloreszenzen gesagt ist, nichts über das Alter, welches sie erreichen, so konnte doch, gestützt auf die Repro- duktion des einen Kaposi sehen Falles, unser Fall als sicher zu- gehörig bezeichnet werden. Auch der histologische Befund (Luka- siewicz, Spiegier) eines Granulationsgewebes mit Neigung zu retrograder Metamorphose, ziemlich vaskularisiert, mit Riesenzellen» deckt sich mit dem in unserem Falle erhobenen. £i*st vier Jahre später kam Jadassohn (32) gelegentlich einer Demonstration auf die Kaposische Acne teleangiectodes zurück. Auch in seinem Falle finden wir braunrote, das Niveau der Gesichtshaut überragende, transparente Knötchen beschrieben, welche, wie die Lupusknötchen, dem eindringenden Sondenknopf nur wenig Widerstand leisteten, und, dies scheinen mir ein- greifende Unterschiede zu sein, die Knötchen konfluierten auch an einer Stelle zu einer etwas größeren Plaque, waren nur im Gesicht lokalisiert, nirgends Tendenz zur Eiterung zeigend. In diesem Falle ergab, wie der Fing er sehen Mitteilung zu entnehmen ist, die Tuberkulinreaktion einen positiven Erfolg und ebenso das Tierexperiment. Dies zusammengehalten mit den Abweichungen im klinischen Bilde scheinen mir eine Iden- tifizierung des Jadassohn sehen Falles mit den Fällen Kaposis und den unserigen nicht zuzulassen. Finger beobachtete in den Jahren 1895 (21) und 189ß (22) zwei Fälle, die er später als Lupus follicularis disseminatus publizierte (23). Bei dem einen der Fälle handelte es sich um eine ganz lokalisierte Erkrankung an der Stime und der Nasen- wurzel, bis zur Haargrenze reichend, in dem zweiten Falle um ein im ganzen Gesicht lokalisiertes Exanthem von rein papulösem Charakter. In beiden Fällen fehlte die zentrale Vereiterung der Knötchen und eine gelbliche Verfärbung, die wie Eiterpünktchen Zur Kenntnis der Acne teleangicctodes etc. 207 aussah, stellte aich bei näherer Untersuchung als durch Milien bedingt heraus. Beide Fälle identifizierte Kaposi mit seiner Acne teleangicctodes, doch scheint uns, abgesehen von dem Fehlen der Vereiterung der Knötchen auch der histologische Befund, welcher typische Epitheloidtuberkel zeigte, eine Differen- zierung zu gestatten. Auch der Umstand erscheint hiebei von großer Wichtigkeit, daß die Affektion sowohl in dem Fing ersehen wie in dem Jadas so huschen Falle sich streng auf das Gesicht beschränkte, sodaß Finger sich gezwungen sieht, um seinen Fall der Acne teleangiektodes Kaposis zurechnen zu können, die bei dieser sichtbaren Effloreszenzen an den Extremitäten als nicht dazu gehörig in ein anderes Kapitel zu verweisen und er rechnet diese Effloreszenzen zu der von Majocchi (43) beschriebenen Form des Lupus teleangiektodes disseminatus. Die Beschreibung, die dieser Autor gibt, scheint aber für unsere und die Kaposischen Fälle durchaus nicht zutreffend. Es handelt sich um das Auftreten zerstreuter hyperämischer Flecke von rötlicher Farbe, die später dunkelrot werden; in den Flecken ist ein sehr feines Gefäßnetz sichtbar und unter Zu* nähme der Gefaßektasie tritt dann Atrophie ein. Hierbei ent- stehen Knoten in der Haut, welche aber dieselbe niemals überragen; die Flecke vergrößern sich stellenweise zu großen Scheiben. Diese Beschreibung weicht Tollkommen yon dem in unseren Fällen gesehenen Bilde ab und scheint mir mehr dafiix* zu sprechen, daß es in dem Falle von Majoccchi sich um einen dem Erjthema induratum Bazin nahestehenden Prozeß handelt Auf Grund der Beschränkung der Lokalisation im Gesicht, auf Grund des chroiüschen Bestandes der Effloreszenzen ohne Neigung zur Pustelbildung, auf Grund des histologisch nach- gewiesenen tuberkulösen Baues der Effloreszenzen, glaube ich die Finger sehen Fälle, ebenso wie den Jadas söhn sehen Ton der Akne teleangiectodes differenzieren zu können. Andem- teils identifiziert wohl Finger mit vollem Rechte seine Fälle mit der von Fox (26) als Lupus follicularis disseminatus bezeichneten Affektion. In den drei Fällen von Fox handelt es sich um im Gesicht sitzende, transparente, meist follikuläre Knötchen, die aber oft zusammenfließen und lupusähnliche, 208 Pick. schuppende Herde bilden. Eine im Zentrum der Knötchen oft sichtbare gelbliche Verrarbung ist nur scheinbar auf Eiter- ansammlung zurückzaHihren, in Wirklichkeit erweist sie sich als durch Milien bedingt. Der Autor begründet die Differential- diagnose gegenüber Akne ebenso, wie dies Finger in seinem Falle tut mit den geringeren Entzündnugserscheinungen, mit dem langen Bestand der einzelnen Effloreszenzen, die auf dem Knötchenstadium stehen bleiben, und dem refraktären Ver- halten gegenüber der Akne-Therapie. Histologisch findet sich ein Granulationsgewebe von dem Bilde des Lupusgewebes ohne bestimmtes Gebundensein an die Drüsen. Trotz der erwähnten Diffe- renzen im klinischen wie im anatomischen Befunde finden wir die Identifizierung von Acne teleangiektodes und Lupus follicularis disseminatus auch weiterhin fortgesetzt. So teilt Saalfeld (49) einen Fall von Lupus follicularis disseminatus mit, der im Gesicht neben Effloreszenzen der Acne indurata und Acne pustulosa Knöt- chen aufwies, deren histologischer Befund ganz dem des Lupus entsprach. Tuberkelbazillen wurden nicht nachgewiesen, noch ergab sich die tuberkulöse Natur des Leidens aus dem Impf- experimente, so daß sich die Diagnose in diesem Falle wesentlich auf zwei Momente stützt: auf das Zurückbleiben eines Infil- trates nach Glasdruck und den Nachweis käsiger Degeneration und zahlreicher Riesenzellen. Saal fei d glaubt diesen Fall den Fällen von Lupus follicularis disseminatus zurechnen zu können und bemerkt ausdrücklich, daß die von Kaposi bei- gefügte Abbildung derartig von dem Aussehen des Patienten differierte, daß er von der ursprünglichen Auffassung des Falles als Acne teleangiektodes zunächst wieder abkam, um sie erst später auf Grund der Finger sehen Arbeit wieder aufzunehmen. Einen sehr merkwürdigen Fall von Acne teleangiektodes teilt Jesionek (33) mit. Die Lokalisation auf der Mund- schleimhaut, der Umstand, daß sich nirgends an den Efflores- zenzen eine Spur von Entzündungen vorfindet und Pustelchen nur vorgetäuscht wurden durch Schuppenanhäufungen, sind zwar starke Abweichungen im klinischen Bilde, doch steht dem der gleiche histologische Befund gegenüber, der Rundzellen, epithe- loide Zellen und Riesenzellen in unbestimmter Anordnung, „so daß an Tuberkelbildung nicht gedacht werden konnte^, aufwies; Zur Kenntnis der Acne teleang^eotodes etc. 209 In letzter Zeit hat Bettmann (8) einen Fall Yon Lupus follicularis disseminatus mitgeteilt, bei welchen die Affektion im Gesicht, an den Fingern und Armen lokalisiert war. Im Zentrum der Effloreszenzen im Oesicht fanden sich Milien, das Tierezperiment fiel negativ aus, auf 8 Mlgr. Tuberkulin allgemeine und lokale Reaktion. Histologisch fanden sich Epitheloidtuberkel. Bettmann spricht sich gegen die Identi- fizierung der Acne teleangiectodes mit dem Lupus follicularis disseminatus aus. Ein zweiter Fall, den Bettmann publiziert (9), betrifft einen 10jährigen Knaben, der von Jugend an skrofulös war. Die Erkrankung war auf das Gesicht beschränkt, zeigte Herde, die besonders dadurch an Akne erinnerten, daß sie im Zentrum eine gelbliche Verfärbung zeigten, die durch eine Epithelperle bedingt war. Bei Glasdruck yerhielten sich die Knötchen ganz wie Lupusknötchen ; in einer vereiterten Effloreszenz ließen sich „u. zw. nicht zu spärlich^ Tuberkelbazillen nachweisen. Bettmann trennt den Lupus follicularis disseminatus von der Aknitis und Folliklis (die akneiformen Tuberkulosen von den akneiformen Tuberkuliden) und erwähnt, daß der histologische Bau der akneiformen Tuberkulide nicht dem der tuberkulösen Erkrankungen entspricht, welcher Ansicht wir nach den in un- seren Fällen erhobenen Befunden vollkommen beipflichten müssen. Die Zugehörigkeit des von Däring(19) beschriebenen Falles, in welchem sich bei einer 20jährigen Frau auf Schläfen, Wangen und Kinn braunrote transparente Knötchen vorfanden, ist zweifelhaft ; die Effloreszenzen waren in beschränkter Anzahl nur im Gesichte lokalisiert; die histologische Untersuchung steht aus. Ähnliches gilt von den von Besnier (7), Elliot(20), Fox (24 und 25), Liddel (42) mitgeteilten Fällen. Dagegen gehören zahlreiche Affektionen, welche von den Autoren als Entzündungen der Schweißdrüsen oder Talgdrüsen angesehen wurden, hierher. Mit den Schweißdrüsen wurde die Affektion zunächst von Dubreuilh (17 und 18) in Beziehung gebracht. Derselbe beschreibt subdermale, eben noch fühlbare Knoten neben solchen, welche schon mit Krusten bedeckt sind; auf- fallend war in diesem Falle die starke Beteiligung der Flach- hände. Dubreuilh findet histologisch die ersten Verände- Arch. f. Dermat. n. Sjph. Bd. LXXII. j^ 210 Piö^- nmgen in der Tiefe, in dem Gewebe um die Schweißdrüsen sitzend and hält die Beteiligung der Talgdrüsen für nur sekundär. Die Ansicht Dubreuilh 8 wird auch von Pollitzer (47) geteilt, der einen sicher hierhergehörigen Fall mitteilt, bei welchem der Ausschlag gleichfalls die Entwicklung von sub- kutanen Knötchen, bis zum Teile vereiterten, über das Hautniveau hervorragenden Effloreszenzen durchmacht, wobei diese wesent- lich an den Wangen und zwar speziell am bebarteten Teil des Gesichtes lokalisiert waren. Histologisch glaubt Pollitzer speziell an den Schweißdrüsen parenchymatöse Entartung des Epithels, Eoagulationsnekrose und Riesenzellenbildung konsta- tieren zu können. Diese Veränderung an den Schweißdrüsen, welche von Dubreuilh und Pollitzer als primär angesehen vnirden, wurden von späteren Autoren zumeist als sekundäre Veränderung durch Übergang des Prozesses von dem dichten, die Schweißdrüsen umgebenden Gefäßnetze auf die Drüsen selbst, angesehen. (Nico lau 45.) Die Art der Narbenbildung bei der uns interessierenden Afifektion, sowie der stellenweise vor- getäuschte oder angedeutete follikuläre Bau, brachten es mit sich, daß die Erkrankung als mit den Talgdrüsen in Zusammen- hang stehend angesehen wurde (ähnlich wie dies Kaposi tut) und mit der gleichfalls zur Bildung kleiner deprimierter Narben fuhrenden Acne varioliformis identifiziert wurde. So finden wir von Bronson(18) einen hierher gehörigen Fall als Acne varioliforme des extremites beschrieben. Ein von Grunewald (29) als Acne variolifirmis universalis mit tötlichem Ausgange beschriebener Fall muß schon auf Grund des kli- nischen Bildes ausgeschieden werden, weil sich Effioreszenzen in dichter Anordnung hauptsächlich am Bauch und an den Beuge- seiten der Vorderarme vorfinden; histologisch fehlten Entzün- dungserscheinungen fast gänzlich. Das Verdienst, den Prozeß schon vor Kaposi aus der Gruppe der Follikulitiden losgelöst zu haben, gebührt Bar- thelem7(2). Die klinische Beschreibung, wie auch die Abbil- dung seiner „Aknitis** entspricht vollkommen dem in unseren Fällen vorliegendem Bilde, doch hat der rein äußere Umstand, daß Barthelemj gleichzeitig eine zweite von ihm als FoUiklis Zar Eonntnis der Acne teleangiectodes etc. 211 bezeichnete Affektion abgrenzte und aus der Gruppe der Follikulitide heraushob, dazu geführt, daß die Verwirrung durch die Einbeziehung dieser letzteren in die Gruppe der Tuber- kulide noch gesteigert wurde, und so finden wir in allen neueren französischen Mitteilungen die Acne teleangiectodes als identisch mit einer ganzen Gruppe von Affektionen abgehandelt. Trotzdem Barthelemj in seiner ersten Publikation schon auf die ein- greifenden Unterschiede zwischen Folliklis und Aknitis hinweist, wurden diese bei den Affektionen immer wieder identifiziert. Zunächst war esHallopeau (30), der in seinem Referate auf dem Londoner Kongreß und auch sonst gelegentlich von Demonstrationen, wie auch in seinem Lehrbuch beide Erkran- kungen als identisch in seine Gruppe der Toxituberkulide einreiht Auch Darier (15), der sich gegen die Hypothese der Toxituberkulide verwahrt und diese Erkrankungsformen für durch abgeschwächtes Tuberkulosevirus oder durch Metasta- sierung von tuberkulösem Gewebe hervorgerufen hält, bezieht gleichfalls die Aknitis in diese Gruppe ein, und mit der Aknitis sind implicite einbezogen die Acne teleangiectodes, der Lupus follicularis disseminatus, die Hydrosadenitis und alle anderen unter oberwähnten Bezeichnungen publizierten Falle. Es ist dies umso merkwürdiger, als Barthelemy immer wieder Ge- legenheit genommen hat auf die Unterschiede der von ihm be- schriebenen beiden Follikulitisformen nachdrücklichst aufmerksam zu machen und immer wieder betont, daß er die tuberkulöse Natur der Folliklis nicht mit Bestimmtheit auszuschließen im Stande ist, wohl aber eine tuberkulöse Ätiologie der Aknitis nicht gelten lassen kann. Die auffallendsten klinischen Unter- schiede sind Aknitis. Dieselbe beginnt zumeist im Gesicht, welches auch den am meisten befallenen Körperteil ausmacht. Die einzelnen Effloreszenzen machen eine relativ rasche Entwicklung von tiefen subdermalen Knötchen bis zur Pustel durch. Geringe Neigung zur Konfluenz und zur Vergrößerung der einzelnen Effloreszenzen. Die Patienten bieten keine Anhaltspimkte für Tuberkulose. 14* 212 Pick. Folliklis. Die Folliklis beginnt zumeist an den Händen, neben welchen die Ohren die Lieblingslokalisationen darstellen. Bei Folliklis sehen wir die einzelnen Effloreszenzen mit viel ge- ringeren Entzündongserscheinungen einhergehen, viel chronischer verlaufen und sich über Monate erstreckend. Bei Folliklis ist die Eonfluenz ein ziemlich häufiges Vorkommnis, die Efflores- zenzen insbesondere an den Händen und Füßen ähneln denen des Lupus pernio und zeigen große Neigung zu zentraler Nekrose. Die Patienten zeigen deutliche Symptome von Tuber- kulose. Diesen Differenzen im klinischen Bilde entsprechen nicht mindere im histologischen. Während wir bei der Aknitis scharf abgegrenzte Herde eines Granulationsgewebes finden mit epi- theloiden und Riesenzellen, finden wir bei Folliklis hauptsächlich perivaskuläre Veränderungen in Gestalt von unscharfen Infil- traten um die Gefäße und endotheliale Wucherungen dieser. Bezüglich der Aknitis ist insbesondere noch hervorzuheben, daß Barthelemy in der Lage war, einen seiner zuerst de- monstrierten Fälle nach sieben Jahren neuerlich zu beobachten und daß derselbe von seiner damaligen Erkrankung keine Spur aufwies, ebensowenig von Tuberkulose irgend ein Nachweis erbracht werden konnte. Auch gibt Barthelemy ausdrücklich an, daß er speziell Aknitis bei Fällen gesehen habe, wo von Tuberkulose sicher keine Rede sein konnte und sie im Gegen- teile nur selten bei Fällen gesehen habe, wo Tuberkulose sicher vorhanden war. Auch in unseren Fällen konnten wir die Differentialdiagnose gegenüber Folliklis stützen auf den Beginn im Gesichte, auf die reichliche Beteiligung desselben, auf die streng symmetrische Verteilung der Effloreszenzen, aus der Lokalisation an den Flachhänden, aus der raschen Pustel- bildung. Daß die Erkrankung in unseren Fällen mit Tuber- kulose keinerlei Beziehung hatte, ergibt sich aus dem abwei- chenden histologischen Bilde, aus dem Umstand, daß sich weder histologisch, noch durch das Tierexperiment Bazillen nachweisen ließen. Klinisch boten die Effloreszenzen auch nicht den chronischen Ablauf tuberkulöser Effloreszenzen dar und Zar Kenntnis der Acne teleangiectodes etc. 21i( daß keine tuberkulösen Erkrankungen innerer Organe vorhanden waren, läßt sich, ganz abgesehen von dem negativen Ausfall der klinischen Untersuchung, auch aus der fehlenden Allgemein- reaktion auf Tuberkulin in dem einen Falle erschließen. Die Annahme, daß durch Toxine oder durch Metastastierung vom latenten Tuberkuloseherde aus die Hauterscheinungen ent- standen sind, erscheint uns aus den eben geschilderten Gründen gleichfalls von der Hand zu weisen. Wir finden aber auch in unseren Präparaten nichts, woraus sich auf eine primäre Be- teilung der Talgdrüsen schließen ließe und das Epitheton teleangiectodes ist gleichfalls, wie aus allen vorliegenden Beobachtungen hervorgeht, durch keinen klinischen oder ana- tomischen Befund gerechtfertigt. Das Wort Aknitis, ein sprach- lich alle Grenzen der Wortbildung überschreitender Ausdruck, ist aus den gleichen Gründen weder bezeichnend noch den Begriff deckend. Doch glauben wir uns, in Anbetracht der über- reichen bereits bestehenden Nomenklatur, und des Fehlens einer gründlichen klinischen, anatomischen und ätiologischen Klärung dieser noch unklaren, vielfach in einander überfließenden und häufig konfundierten Bilder der Namengebung enthalten zu können. Wenn wir das gesagte nochmals kurz zusammen- £Eissen, so kommen wir zu folgenden Schlüssen: 1. Die Acne teleangiectodes ist eine Erkran- kung sui generis und nicht identisch mit dem Lupus follicularis disseminatus. 2. Die Acne teleangiectodes ist identisch mit der Aknitis (Barthelemy) und mit dieser von der als Folliklis bezeichneten Affektion zu trennen. 8. Die Acne teleangiectodes zeigt keinerlei ätiologische Beziehungen zur Tuberkulose und ist deshalb aus der Gruppe der Tuberkulome und Tuberkulide (im strengeren Sinne) loszulösen. 4. Die Acne teleangiectodes nimmt nicht von den Talgdrüsen ihren Ausgangspunkt und fällt daher auch aus dem Begriffe der Acne heraus; die hervorragende Beteiligung der Schweiß- drüsen an dem Entzündungsprozesse läßt mögli- 214 Pick. cherweise diesen eine ätiologische Bedeutung zukommen. Zum Schlüsse gestatte ich mir meinem hochverehrten Chef, Herrn Prof. Biehl, für die Überlassuog des Materiales und die Unterstützung bei Bearbeitung desselben meinen ergebensten Dank auszusprechen. Literatur. I. Balz er et Michaax. Tubercnlides acn^iformes, Ann. dederm. 1898. p. 175. 2. Barth^lemy. De Pacnitis. Ann. de derm. 1891. p. 1. 3. Id. Annal. 1898. p. 883—898. 4. Id. Ann. 1897. p. 173. 6. Id. Ann. 1898. p. 562. 6. Ann. 1899. p. 139. 7. Besnier. ijDpas tubercnleax, aiga, nodulaire, dissemin^. Renn. Clin. hebd. de rh6p. St. Louis. 6./Xn. 188. 8. Bettmann. Lupus folicularis disseminatus. Beitrag z. kl. d. Tbk. Bd. I. p. 93. 9. Über akneartige Formen der Hauttuberkulose. 8. medizin. Wochenschr. 1904. Nr. 18. 10. Boeck. Multiples benignes Sarkoid der Haut. Journ. of cut. a. g. ur. dis. Dez. 1899. II. Id. Les tuberculides. Ref. a. d. lY. int. Eongr. Paris. 1900. 12. Bocq. Folliculitis dissemin^es. Traitement des mal. de la peau 1690. 13. Bronson. Acn^ varioliforme des extr^mit^s. Journ. of cut. a. g. n. dis. Apr. 1891. 14. Du Gaste 1. Tuberculides des organes genitaux. Ann. 1902. pag. 71. 15. Darier. Des tuberculides cutanees. Ann. 1896. p. 1481. 16. Les tuberculides. Ref. auf dem lY. intern. Kongr. Paris. 1900. 17. Dubrenilh. Hydrosadönite suppur. dissem. Annal. 1892. pag. 483. 18. Id. Arch. de medecin experim. 1893. Ref. Annal. 1894. pag. 111. 19. Ddring. Ein Fall von „Lupus miliaris** od. sogenanntem Aknelupus. Monatschr. 1888. p. 1131. 20. El Hot. Tuberculide. Journ. of cut. and gen. ur. dis. 1890. 21. Finger. Über Lupus follicularis disseminatus. Arch. Band XXXI. p. 681. 22. Id. Arch. Bd. XXXIY. p. 403. 23. Id. Wiener kl. Wchschr. 1897. p. 185. 24. Fox, G. H. Tuberkulide. Journ. of cut. a. g. u. dis. 1890. 25. Id. Journ. of cut. a. g. u. dis. 1893. Zur Kenntnis der Acne teleaogiectodes etc. 215 26. Fox, Tilbury. Oa disseminated foUicnlar Lapns Lanoit. 1878. U. pag. 85 nnd 78. 27. Fox, G. Ref. am IV. iot. Kongr. Paris. 1900. 28. Gas ton. Etnde histologiqae Ann. 1900. p. 868. 29. Grunewald. £in Fall von Acne vanoliformis nniTersalis. Monatschr. 1885. pag. 81. SO- Hallopeau. Bef. a. d. IIl. int. Kongr. London. 1896. 31. Hallopeau et Leredde, Trait6 pratique. Paris. 1900. 32. Jadassohn. Über Lnpns oder Acne teleangiectodes. Schles. Ges. f. vaterl. Kalt. 26./I. 1894. 38. Jesionek. Ein Fall von Acne teleangiectodes (Kaposi). Dentacli. Arch. f. klin. Med. Bd. LXLL 84. Johnston. The cataneons paratnbercnlosis. Philadelph. month. med. Joom. Febr. 1899. 85. Kaposi. Arch. XXII. Bd. pag. 955. 36. Id. Arch. XXV. Bd. pag. 852. 37. Id. Über einige ungewänliche Formen von Akne. Arch. XXYI . Band. pag. 87. 38. Kreibich. Lnpns aootns. Arch. LX. Band. paff. 284. 89. Leichtenstein. Aknte Miliartuberkel der Haut Mnnchener mediz. Wchschr. 5./I. 1897. 40. Leloir. Joam. des mal. cut. et syph. 11. 1890. 41. Id. Traite de la scrofulo-tubercalose. 1892. 42. Liddell. Lupus ciroumscript. nodal. Br. Joum. of Derm. 1900. 43. Majocchi. Lupus teleangiectodes dissemin. Berl. klin. W. 1894. pag. 465. 44. Neisser. Tuberkul. Erkrankungen d. Haut. 45. Nico lau. Gontribution ä l'etude des tuberculides. Ann. 1908. pag. 718. 46. NobL Lupus follicul. dissem. Arch. LX. Bd. p. 291. 47. Pollitzer. Hydradenitis destruenssuppur. Monatschr. Bd. XI Y. pag. 130. 48. Biehl. Tuberculide. Ref. erst. a. d. lY. int. Congr. Paris 1900. pag. 155. 49. Saalfeld. Lupus follic. diss. Derm. Zeitschr. YIIL 1901. 50. SeeetDruelle. Tuberculides Ann. de derm. 1903. pag. 822. 51. Spiegel. Eine seltene Hauterkrankung. Monatschr. Bd. aXIII. pag. 617. 52. Tenneso n, Leredde etMartinet. Sur un grauulome inno- minee. Ann. 1896. 53. Touton. Akne. Ref. a. d. Yl. Kongr. d. deutschen derm. Ge- sellsch. Straßburg. 1898. 2J6 Pick. Erklämng dor Abbildungen auf Tal. VI n. VII. Taf. YI. Reproduktion des klinischen Bildes im Falle 11, im Mo- mente der größten Ansbreitung. Soll hauptsächlich die Lokalisation deutlich machen, die Pr&dilektion an Gesicht, den Streckseiten der Vorder- arme, an der Haut des Penis. YereinEclte Effloreszenzen auch am Skrotum sichtbar. Taf. YII, Fig. 1. Übersichtsprftparat. Stammt von einem Knötchen an der Bengeseite des Vorderarmes, ganz im Beginne der Entwicklung stehend, mit noch nicht veränderter Haut. Zeigt das scharf abgesetzte Infiltrat in der Tiefe, die zentrale Abszeßhöhle, vereinzelte nekrotische Partien. Fig. 2. Gleichfalls Obersichtspraparat ; stammt von einem Knötchen im Gesicht, im Höhestadium der Entwicklung und zeigt den gleichen Bau des Infiltrationsherdes. Archiv f.Dsrmatoloflie u.S^philis Band LXXn. Pick-Walther : Acne leleangiectodes 1 Archiv f Dermatologie u Syphilis Band LXXtl. Ans der darmatologisolien ünivorsit&tsklinik von Professor Jadassohn in Bern. über Kemdegenerationen bei kutanen Entzündungsprozessen. Von Dr. Riebard Tolk aus Wien. In seiner Arbeit: „Zur pathologischen Anatomie des gonorrhoischen Prozesses'' beschreibt Jadassohn 1894 ein Erankheitsprodukt, welches er in einigen Fällen von Gonorrhoe gefunden hat und mit den von Dinkler beschriebenen fibri- nösen Massen für identisch hält Es handelt sich um „unregel- mäßig fädige, bald sehr langgezogene, bald an Bindegewebs- spindelkeme erinnernde Gebilde, in oft dichtester Aneinander- lagemng mit bizarrsten Formen^. Er hält diese Gebilde für Degenerationsprodukte und berichtet, ähnliches auch bei yielen andern mit Degeneration einhergehenden Prozessen gesehen zu haben. Im Gegensatz zu Dinkler hält er diese Degeneration nicht für eine fibrinoide, sondern meint: „Da diese Formen sich mit Triacid in einem grünen Farbenton, mit Thionin meta- chromatisch dunkelviolett färben, scheint es sich, falls diese histochemischen Reaktionen sicher sind, bei dieser Degeneration mehr um eine mucinoide als um eine fibrinoide zu handeln." Etwas ähnliches scheint mir Unna in seiner Histopatho- logie unter dem Namen der Ghromatotexis (Eemschmelze) beim Rotz beschrieben und abgebildet zu haben, die er auch bei andern nekrotischen Prozessen findet, wenn auch nicht so hochgradig wie im Rotzknoten. Es soll sich um eine Nekrose der 218 Volk. Kerne handeln, hervorgerufen durch das Bazillentoxin, wobei Protoplasma und Interzellularsubstanz durch die gewöhnlichen Farbstoffe nicht gefärbt werden. Es liegen also in einem hell- gefärbten Räume „nebst den dunkel tingierten Gefaßsträngen auch tief tingible Chromatintropfen und Kernreste''. In der späteren dermatologischen Literatur wird, soweit ich sehe, dieser Veränderung selten ausdrücklich Erwähnung getan; ich finde sie speziell beachtet bei der Beschreibung von Rotzknoten, so in den Arbeiten von Ehr ich und Ziel er. Jadassohn nimmt anläßlich der Bearbeitung des Lupus erythematodes die Frage wieder auf, beruft sich bezüglich der Beschreibung auf seine frühere Arbeit und erwähnt das über- aus häufige und sehr ausgedehnte Vorkommen dieser Ver- änderung gerade beim Lupus erythematodes. Bei genauem Durchsuchen aller möglichen histologischen Beschreibungen der Dermatosen würde man gewiß hier und da noch auf eine Erwähnung dieser Dinge stoßen, aber nirgends sind sie von dermatologischer Seite im Zusammenhang be- sprochen worden. Das gleiche scheint mir in der histologischen Literatur überhaupt der Fall zu sein — ich werde am Schluß auf einige Angaben aus dieser rekurriren müssen. Nun sind aber die Formen, welche ich einer kurzen Be- sprechung zu unterziehen gedenke, keineswegs selten und gewiß allen histologisch Arbeitenden bekannt. Man hat sie wohl bald als Artefakte, bald als Degenerations- gelegentlich auch als Proliferationsformen gedeutet. Die folgende Mitteilung möge als der Beginn einer mehr systematischen Untersuchung dieser Formen aufgefaßt werden. Zu einer auch nur einigermaßen vollständigen Bearbeitung des Themas reichen meine Befunde noch keineswegs aus. Ich verfolgte den Zweck, die yerschiedenen Hauterkrankungen auf diese pathologische Gewebsform zu untersuchen und soweit möglich aus den Bedingungen ihres Vor- kommens und aus ihren tinktoriellen Reaktionen auf ihre Genese Schlüsse zu ziehen. Für die Anregung zur Arbeit, sowie für die wohlwollende Förderung derselben sei es mir gestattet, auch an dieser Stelle Herrn Prof. Jadassohn meinen herz- lichsten Dauk zu sagen. über Eemdegenerationen bei kat. Entzündungsprozessen. 219 Was die Erscheinungsformen dieser Veränderungen an- langt — ich schildere zunächst die Bilder bei Hämalaun- Eosinfärbung — so bietet sich dem Auge in deu höchsten Graden nur ein wüstes Trümmerfeld von nach der Färbung ofienbar chromatinhaltigen Substanzen dar, die sich mit Häm- alaun gut, manchmal sogar sehr intensi? färben. Es sind Stäbe und Fäden, die wirr über einander gelagert sind, über deren Entstehung sich wohl aus diesem Bilde allein nichts er- schließen läßt. Man muß also auf die Anfänge, resp. auf die geringeren Grade der Veränderung rekurrieren, und da ist man, im Gegen- satz zu der Einförmigkeit des eben geschilderten Zustandes, überrascht Yon dem Formenreichtum. Neben einfachen zarten, oft sehr lang ausgezogenen Stäbchen und Fäden finden sich vielfach keulenförmige Gebilde, deren spitzes Ende oft sehr fein ausläuft, oder unregelmäßig gestaltete, mitunter an die Kerne polynucleärer Leukocyten erinnernde Formen; zuweilen nehmen sie auch äußerst zierliche Gestalten, ähnlich denen bei GerinnungsYorgängen an, bilden kleine Perlschnüre etc. Anderer- seits finden sich auch Bildungen, die an die oblongen, spindel- förmigen Kerne des Bindegewebes erinnern, nur daß man nir- gends eine Spur von Zelleib oder von Ghromatinanordnung entdecken kann. Diese Formen sind im Präparate oft bunt durcheinander gemischt, ohne daß jedoch immer alle vorhanden sein müssen; auch prävaliert oft eine Form über die anderen. Finden sich die länglichen Formen gehäuft, so ordnen sie sich gern in einer Richtung an. Zwischen diesen Gebilden ist — wo sie nicht gar zu reichlich auftreten — die bindegewebige Grundlage deutlich nachzuweisen; in anderen Präparaten freilich ist diese Yon der Fülle jener dunkel gefärbten Massen vollständig verdeckt. Die Zellkerne — und zwar sowohl der fixen als auch der Infiltrationszellen — sind in den niederen Graden zwischen den beschriebenen Massen vorhanden ; bei weit vorgeschrittener Entwicklung der letzteren sind wohl erhaltene Kerne Dicht oder nur noch ganz spärlich zu erkennen. Die Größe jener Formen ist sehr schwankend — von der eines Kernbröckeis bei der Nekrose bis zu der von Kernen polynucleärer Leukocyten, von Bindegewebskernen; ja nicht selten werden diese Dimensionen sogar überschritten und fast Zellgröße erreicht. Ein einzelner Faden läßt sich oft weithin (über ein Drittel oder sogar die Hälfte des Gesichtsfeldes bei Immersion) verfolgen. Wie schon erwähnt, färben sich diese Gebilde sehr gut mit Hämalaun ; aber auch alle anderen Kernfarbstoffe werden 220 Volk. intensiv festgehalten. Mit Methylenblau, Safranin, Bismarck« braun, nach van 6 i e s o n geben sie Kernreaktion. W e i g e r tsche Fibrinfarbung nehmen sie nicht an, nach Gram und Kontrast- farbung mit Garmalaun färben sie sich stark rot, nach Pappen- heim grünlichblau, ebenso mit £ h r 1 i c hschem Triacid grünlich- blau, mit Thionin blau, mit dem Muchaematin, das uns zur Verfügung stand (Grübler), in einem unbestimmten, sicher aber nicht in dem für Mucin charakteristischen Farbenton. Ich möchte also zusammenfassend hervorheben, daß sie, wie Jadassohn schon bemerkt hat, Fibrinreaktion nicht geben ; doch auch die Mucinreaktion ist eine sehr fragliche, ja gerade mit dem von P. Mayer empfohlenen Reagens eine negative; konstant ist nur die gute, oft sogar intensive Färbung mit Kernfarbbtoffen. Die Färbung ist meist eine ganz gleichmäßige, nur mitunter erweist sich das Zentrum etwas weniger intensiv gefärbt als die Peripherie. Eine feinere Struktur, eine Anordnung inner- halb dieser Gebilde läßt sich auch mit stärksten Vergrößerungen nicht nachweisen. Die Ränder sind meist scharf und entweder ganz glatt oder unregelmäßig zackig. Ob die verschiedenen Formen alle zu gleicher Zeit entstehen oder ob die eine aus der andern abgeleitet werden kann, ließ sich aus den Präparaten nicht entscheiden. Es war jetzt die Art und die Häufigkeit des Vorkommens dieser Erscheinung zu prüfen, wozu mir die histologische Samm- lung des Herrn Prof. Jadassohn Gelegenheit bot. Wie schon früher erwähnt, fand Jadassohn diese Formen zuweilen beim gonorrhoischen Prozeß (paraurethralen Gängen, Bartholinitis), sehr oft beim Lupus erythematodes; Unna bezeichnet die „Ghromatotexis" als besonders ausgeprägt in den Rotzknoten der Haut, welch letzteres Faktum auch von anderer Seite be- stätigt wurde. Beide Autoren geben an, daß sie ähnliche Bilder auch bei anderen nekrotisierenden und degenerativen Prozessen der Haut gefunden haben, ohne jedoch auf diese gewiß inter- essante Frage weiter einzugehen. Meine Untersuchungen haben ergeben, daß diese Ver- änderungen tatsächlich bei fast allen, insbesondere den chro- nischen, Entzündungen der Haut auftreten können, speziell bei denjenigen, bei denen es zu einer Degeneration des (jrund- gewebes kommt. Die Häufigkeit derselben ist allerdings sehr variabel ; so sind sie sehr oft beim Lupus erythematodes, beim Rotz, nicht selten aucli in syphilitischen Produkten (scheinbar am häufigsten in denen der sekundären Periode) zu finden, seltener beim Lupus vulgaris; ich fand sie nur in einer bestimmten Form des Ekzems (Ekz. follicul. M. Morris), bei der Impetigo^ im Prurigoknötchen, wobei ich jedoch hervorheben möchte, daß gerade das diesbezügliche Material ziemlich spärlich über Kemdegenerationen bei kut. Entzündungsprozessen. 221 war. In wahren Tamoren der Haut traf ich sie bisher nur dann an, wenn in denselben stärkere entzündliche Infiltration vorhanden war, sehr reichlich waren sie z. B. in den entzünd- lichen Partien von Xeroderma-pigmentosum-Garcinomen auf- zufinden. Ganz ähnliche Formen konnte ich experimentell er- halten, wenn ich ein Kaninchenohr mit Krotonöl ca. dreimal einrieb; schon am zweiten Tage waren sie nachzuweisen, doch blieben sie auch noch ö— 8 Tage*nach der Einreibung bestehen. Herr N i c o 1 a u beobachtete ähnliche Degenerationserscheinungen gelegentlich seiner Arbeiten im hiesigen Laboratorium nach ein- gehen Schnittwunden der Eaninchenhaut und konnte sie wochenlang erhalten sehen ; ausführlich wird er selbst hierüber berichten. Ebenso wenig wie ich bestimmte Ejrankheiten angeben konnte, bei denen diese Formen auftreten, ebensowenig konnte ich eine bestimmte Zellform auffinden, mit der sie in gesetz- mäßigem Zusammenhang stehen. Sie scheinen in allen mög- lichen Zellanhäufungen vorkommen zu können, so bei solchen von Plasmazellen, polynucleären Leukocyten, Binde- gewebszellen, insbesondere auch bei den sogenannten lympho- cytären Zellen, die „das entzündliche kleinzellige Infiltrat zu- sammensetzen. Damit mag es auch zusammenhängen, daß man solche Formen verhält nis mäßig häufig dicht gedrängt um Haar- follikel und Talgdrüsen findet, da ja diese oft das Zentrum für ein entzündliches Infiltrat abgeben. Ob Epithelien in gleicher Weise sich verändern können, dafür habe ich keinerlei Anhaltspunkte. Zwischen den Epidermis- zellen sieht man bekanntlich bei allen möglichen entzündlichen Prozessen unregelmäßige und spindel-, stem- und fadenförmige mit Kernfarben tingible Gebilde, welche man als exsudirende Leukocjtenkeroe ansieht — wofür auch spricht, daß sich diese Formen bei Bläschenbildung augenscheinlich zu typischen Fiiterkörperchen oder auch zu mononucleäreti Zellen wieder umwandeln, sowie sie aus den interepithelialen Lücken in den Bläschen-Hohlraum gelangen. Diese Formen haben mit den von mir beschriebenen Bildungen unzweifelhaft manchmal große Ähnlichkeit. Es ist aber doch noch fraglich, ob sie mit ihnen wirklich identisch sind; denn sie haben kaum die Neigung zu so lang ausgezogenen Fadenformationen; und dann siebt man öfter, wie die Bildungen, die ich bei dieser Arbeit im Auge habe, in dichten Massen an das Deck- oder auch an das Follikel- Epithel andrängen, aber nicht oder nur in ganz wenigen Exemplaren zwischen den Epithelien zu finden sind. Man müßte dann also annehmen, daß, falls es sich um Abkömmlinge der 1 222 Volk. Eiterkörperchen handelte, diese vor ihrem Eintritt ins Epithel gelähmt oder zerstört worden wären. Einzelne solche Formen könnten ja auch passiv ins Epithel eingeschwemmt werden. Jedenfalls aber ist daran festzuhalten, daß nicht etwa nur die polynucleären Leukocyten das Material zu diesen Massen abgeben — was zu glauben z. B. bei den artifiziell durch Erotonöl erzeugten Dermatitiden recht nahe läge. Gegen eine solche Annahme aber spricht schon die Tatsache, daß man die gleichen Formen — oft in ungeheurer Menge — in solchem Gewebe findet^ wo von Eiterkörperchen nichts oder fast nichts nachzuweisen ist, wie z. B. gerade beim Lupus erythematodes. Ich habe bisher nichts gefunden, was mir dafür zu sprechen schien, daß diese Produkte auch aus elastischen oder kollagenen Fasern hervorgehen können. Ob solche an den Stellen, au denen diese bizarren Formen zu finden sind, noch vorhanden sind oder nicht, scheint mir von der Natur des Grundprozesses abzuhängen. Eine Eigentümlichkeit kutaner Prozesse stellt diese patho- logische Veränderung nicht dar, denn man findet sie auch sonst, z. B. wie aus Erfahrungen an der Berner Klinik (Dr. Glawtsche) und aus der Literatur hervorgeht, in Lymph- drüsen. Bei der Besprechung der Frage, was diese Formen zu bedeuten haben, muß ich mich außerordentlich vorsichtig aus- drücken, denn es ist sehr schwer, an den komplizierten Bildern ihre Genese zu verfolgen. Aus der Natur der Erkrankungen, bei denen sich die beschriebenen Gebilde in mehr oder weniger großer Menge finden, aus ihrer Lokalisation, aber auch aus den Präparaten der experimentell erzeugten Dermatitis gelingt es nicht, Schlüsse abzuleiten — außer dem ganz allgemeinen, daß Entzündungen die Ursache für diese Veränderungen abgeben. In erster Linie könnte sich der Gedanke aufdrängen, daß diese sehr bizarren Formen als Kunstprodukte anzusehen wären. Aber diese Annahme glaube ich mit aller Bestimmtheit abweisen zu können; denn man sieht immer und immer wieder dieselben — wenngleich an sich sehr mannigfaltigen Gebilde, bei frisch fixiertem wie bei Leichenmaterial, bei Eonservierung m Alkohol, in Sublimat und in Flemmingscher Flüssigkeit Sie finden sich nicht in den normalen Partien der zur Untersuchung verwendeten Stücke; sie sind zweifellos bei manchen Prozessen, resp. in manchen Stadien besonders reichlich vorhanden, fehlen in anderen — gleich behandelten — Präparaten ganz — all das ist mit der Annahme von Artetakten nicht wohl vereinbar. Nur Über Kerndegeneratiouen bei kut. Entzüiidangsprozessen. 223 eine Tatsache scheint ztmächst fiir diese Idee zu sprechen^ daß Dämlich in vielen Präparaten die fädigen, keulenförmigen etc. Gebilde besonders reichlich an den Schnitträndern liegen. Diese Beobachtung hat auch Peters — auf dessen Arbeit ich gleich noch zn sprechen komme — gemacht. Da£ sie nicht an die Schnittränder gebunden]sind, geht aus sehr zahlreichen Präparaten, wo sie mitten in den Schnitten liegen und an den Schnitt- rändern sogar fehlen, hervor. Peters erklärt das vorwiegende Vorkommen an den ochnitträndern durch die Quetschung bei der Entnahme der Stücke. Gewiß ist diese Hypothese berechtigt, aber doch wohl bloß in dem Sinne, daß ein im Ablaufe be- griffener Prozeß eventuell durch den mechanischen Eingriff be- schleunigt oder gesteigert wird. Es könnte z. B. sehr wohl das augenscheinlich sehr weiche „halbflüßige** (auch nach Unna „äußerst plasische") Material durch den Druck des zurExcision benutzten Instrumentes in die eigentümlich fädigen Massen aus- einandergepreßt werden, so daß, was in weiterer Umgebung des Schnittrandes noch fest zusammenhält und — falls es sich um Eemprodukte handelt — noch typische Eemform bewahrte, durch die Excision am Schnittrand selbst in der beschriebenen Weise verändert wird. Daher könnte die Anhäufung an den Schnittrandem rühren. Daß aber auch an abgestorbenem Ge- webe das gleiche Bild zu stände kommt, das zeigen aus der Leiche entnommene Präparate und große Stücke^ wo die gleichen Massen an dem Schnittrand auftreten.^) Auch für progressive Bildungen scheinen die von mir be- schriebenen Formen gelegentlich gehalten worden zu sein. Aber auch diese Meinung kann ich nicht für richtig halten; denn ich habe nie auch nur eine Andeutung von direkter oder indirekter Kernteilung dieser kernähnlichen Massen gesehen — trotzdem sie speziell bei meinen Experimenten in sehr kurzer Zeit in großer Menge entstanden waren. Noch zwei Anschauungen müssen kurz diskutiert werden — die eine ist in der bereits zitierten Arbeit von Peters niedergelegt, welcher in der chronisch entzündeten Gonjunctiva, besonders beim Trachom, nach Abbildung und Beschreibung den von mir besprochenen ganz ähnliche Gebilde beschrieben hat. Es fanden sich bei solchen Zuständen im Epithel, im adeno- iden Gewebe] und auch in der Umgebung der Follikel stark gefärbte spindel-, bim-, walzenförmige oder mehr faserartige Körper, die immer in den Zellinterstitien lagen und sich mit allen Eemfarben vollständig homogen und intensiv färbten. In M Ein YenuGh, den Herr Nicolaa ausfahrte, indem er von 2 iLanincnenohren mit Grotonöl- Dermatitis das eine vor der Exzision gründ- Ueh quetschte, ergab keine Differenzen zwischem diesem gequetschten «nd dem möglichst ohne Quetschung exzidierten Stücke. 224 Volk. mit Methylenblau gefärbten Zupfpräparaten konnte Peters erkennen, daß solche Gebilde in feine Fäden auslaufen, die bei stärkerem Drucke abreißen. Nach Peters handelt es sich, da Triacid- und Weigertsche Färbung eindeutige Bilder nicht lieferten, weder um reines Fibrin, noch um Mucin oder Hyalin, wohl aber um diesen Substanzen nahestehende 6e- rinnungsprodukte in den Zellinterstitien. Ich kann mich nach dem, was ich gesehen habe, dieser Ansicht nicht anschließen; weder scheint mir die Form der augenscheinlich sehr weichen plastischen Massen mit dieser Ansicht übereinzustimmen, noch die ausgesprochene Affinität far alle möglichen Eemfarbstoffe mit ihr gut vereinbar zu sein. Die zweite Anschauung ist die, daß die beschriebenen Formen Banyiersche Clasmatocyten darstellen, resp. aus ihnen hervorgehen könnten. Diese Ansicht hat Sega 11, der ebenfalls die Conjunctiva untersuchte, allerdings sehr vorsichtig ausge- sprochen. Peters identifiziert die von ihm beschriebenen Ge- bilde mit den von W ex in der hypertrophischen Rachentonsille gefundenen, von denen der letzterwähnte Autor ebenfalls die Möglichkeit erörtert, daß es sich um Clasmatocyten handelt. Auf die Literatur der Clasmatocyten, welche in den neueren Entzündungsarbeiten eine größere Rolle spielen, kann ich hier nicht eingehen. Falls man mit Marchand z. B. annimmt, daß sie in die Entzündungs-Bundzellen übergehen können (leu- cocytoide Zellen), so stimmt diese Ansicht ja zum Teil mit der von mir bereits oben ausgesprochenen Annahme überein, daß die von mir beschriebenen Formen aus den entzündlichen Rundzellen- ansammlungen hervorgehen können — wobei allerdings fest- gehalten werden muß, daß von Zellprotoplasma auch bei Fixierung mit Sublimat und mit Flemmingscher Lösung um die typisch ausgebildeten intensiv gefärbten Formen nichts mehr zu erkennen war. Die ersten, welche, soweit ich sehe, auf dermatologischem Gebiete diese Dinge speziell beachtet haben, Jadassohn und Unna, haben sie für Degenerationserscheinimgen angesehen; Unna spricht geradezu von „eigentümlicher Kerndegeneration "* und scheint anzunehmen, daß diese — durch das Rotzgift bedingt — an Epithelien und Bindegewebszellen zu stände kommt; die Nekrose zeichne sich dadurch aus, daß „das Produkt sich den gewöhnlichen Tinktionen vollkommen entzieht, soweit es Protoplasma und Interzellularsubstanz betrifft." Jadassohn spricht sie (1894) als Degenerationsprodukte der Kerne von Eiterzellen an, wenn eine Destruktion des Grundgewebes nicht nachweisbar ist; aus seiner damaligen Darstellung geht aber hervor, daß er an die Möglichkeit ihrer Entstehung aus anderen Zellen gedacht hat, da wo das Grundgewebe selbst leide. In über Eemdegenerationen bei knt. Entsündangsprozesseu. 225 seiner Darstellung des Lupus erythematodes läßt Jadassohn die Entstehung auch aus Lymphocyten oder bindegewebigen Elementen zu. Ich möchte endlich noch anfuhren, daß Alt ähnliche Gebilde in der Gonjunctiva für schleimig degenerierte Leuko- zytenkeme hält und daß Lubarsch die Möglichkeit zu er- wägen scheint, daß es sich bei ihnen um Earjorrhexisformen von Kernen der Cksmatocyten handelt. Ich persönlich bin auf Grund meiner bisherigen Unter- sachungen, die natürlich noch nach den yerschiedensten Richtungen hin ausgedehnt werden müßten, dazu gelangt, die Ton mir beschriebenen Gebilde, die mit den in den zitierten Arbeiten erwähnten, soweit man aus Beschreibungen urteilen kann, mehr oder weniger yoUständig übereinstimmen, für Kein- degenerationen zu halten. Für diese Anschauung spricht: die ausgesprochene Affinität zu Eernfarbstoffen, die Gleichmäßigkeit der Färbung, wobei Yon Chromatinfiguren nichts mehr nach- weisbar ist, das Auftreten in kernreichem Gewebe, oft in solchem Umfange, daß alle normalen Kerne verschwinden. Aber ich glaube nicht, daß es bisher möglich ist zu sagen, daß diese Degeneration einen bestimmten chemischen Charakter wie fibrinoid oder mucinoid hat — denn die Beaktion auf Fibrin ist negativ, die auf Mucin unsicher ausgefallen. Und auf der anderen Seite vermag ich auch nicht zu behaupten, daß diese Degenerationsformen nur aus bestimmten Zellarten hervorgehen. Treten die sogenannten Glasmatocyten bei allen möglichen Entzündungen auf, so wird es natürlich außer- ordentlich schwierig sein, auszuschließen, daß es immer gerade diese Zellen sind, welche die geschilderte Degeneration ein- gehen. Bei der Unsicherheit und Schwierigkeit dieser Fragen wird man vorderhand wohl besser tun, wenn man vom Vorkommen dieser Formen bei entzündlichen Prozeßen spricht, ohne die- selben an eine Zellform zu knüpfen; es ist sehr wohl möglich, daß verschiedene Zellformen wie polynucleäre Leukocyten, Lymphocyten, Clasmatocyten, Plasmazellen, fixe Bindegewebs- zellen — deren histogenetische Differenz ja gerade in neuester Zeit viel besprochen und bestritten wird — daß aber vielleicht auch Epithelien, soweit sie in den Bereich des die Degeneration hervorrufenden Agens gelangen, einen solchen Zerfall ein- gehen können. Die vonKlebs in ihren Erscheinungsformen beschriebene Karyorrhexis ist vielfach zum Gegenstand eingehender Unter- suchung gemacht worden, ganz besonders von Schmaus und Albrecht, welche zeigen konnten, daß man sich dieselbe nicht als eine einfache Zersplitterung der Kerne vorstellen dürfe. Es treten im Gegenteil ziemlich komplizierte, scheinbar Areh. f. Dennat. n. Sjpb. Bd. LXXII. 15 226 Volk. sogar gesetzmäßig verlaufende Chromatinumlagerangen im Kerne am, die von Hyperchromatose begleitet sind; im weiteren Ver- laufe kommt es zu Sprossungen und Teilung des Chromatius (Kemwanddegeneration). Die Sprossen können die verschiedensten Gestalten annehmen, oft größer sein als der Kern. Betrachtet man die verschiedenen Gestalten der Sprossen in den Abbildungen der eben erwähnten Arbeit, so wird uns eine gewisse Übereinstimmung mit der Pleomorphie unserer Gebilde auffallen. Vollständige Übereinstimmung konnte ich trotz Durchsicht vieler diesbezüglicher Arbeiten nicht auffinden, besonders deshalb nicht, weil in den meisten Abbildungen nicht so sehr auf das Gesamtbild als vielmehr auf die einzelne Kernveränderung Rücksiebt genommen wird. Doch stimmen zum Beispiel die Formen, welche Ranke als Karyorrhexis bei nomatösem Brand zeichnet,') zum Teil mit den von mir gesehenen überein. Ich möchte also glauben, daß die in diesen Zeilen be- schriebene Degeneration sich sehr wohl als eine wesentlich morphologisch dififerente Abart der Karyorrhexis ansehen läßt und möchte es dahingestellt sein lassen, ob man den für sie von Unna eingeführten Namen Ghromatotexis (Kernschmelze) benutzen will, so lange es nicht gelingt, wirklich wesentliche Differenzen zwischen diesen Formen und den sonst als Kary- orrhexis beschriebenen aufzufinden. Die einzelnen Phasen dieses Degenerationsprozesses und speziell die Art der Fortschaffung des degenerierten Materials zu verfolgen ist eine weitere Aufgabe, die wohl am besten im experimentell gewonnenen Material studiert werden könnte. Literatur. Ali. The American Journal of ophthalmology Aprü 1898. Eh rieh. Beitr. z. klin. Chir. Bd. XVII. Jadassohn. Verhandlungen d. deutsch, dermat. Gesellschaft. IV. Kongreß. 1894. JadasBohn Mraöeks Handb. der Hautkrkhta. : Lupus erythemat Kleb 8. Allgemeine Pathol. 1839. Peters. Klinische Monatsblätter fär Augenheilkunde. XL. I. Bd. Schmaus und Alb recht Virch. Arch. Bd. GLXXXVIII. Segall. Annal. d' occulistique T. CXIX, s. auch Lubarsch- Ostertag: Ergebnisse 1901. Unna. Histopathologie 1894. Wex. Beitr. s. norm. a. path. Histol. d^ Rachentonsille. Inaug.- Dias. Rostock. 1899. Ziel er. Ztschr. f. Hyg. Bd. XLV/2. ^) cf. Münchner med. Wochenschrift 1908. Aus der Prosektur der k. k. Krankenanstalt „Bndolf-Stiftung'' in Wien (Vorstand: Prof. B. PaltanO. Hämochromatosis der Haut und Bauchorgane bei idiopathischer Haut- atrophie mit Erythrodermie. Von Dr. Berthold Kreissl, AMtotent der III. med. Abtellnng (Yont. : Prim. Dr. Mader). Unter Erythrodermies exfoliantes yerstand Besnier einen durch Rötung und Schuppung charakterisierten Symptomen- komplex. Er tritt bei einer großen Reihe klinisch dififerentcr Prozesse auf: als sekundäre Erscheinung bei Psoriasis^ Ekzem, Liehen ruber, Pemphigus, Lepra, bei toxischen Erythemen, wie z. B. nach Ghiningebrauch oder als Akrodynia (Erythema ende- micum) ; als Prodromalerkrankung bei Liehen ruber acuminatus und Mykosis fungoides. Doch bildet dieser Symptomenkomplex auch eine selbständige Erkrankung: bei der Pityriasis rubra Hebrae, bei der Brocqschen Dermatite exfoliatiye genera- lisee proprement dite ou subaigue und endlich bei der Ery- thromelie sensu strictiori, einem Krankheitsbegriffe, den Pick zuerst 1894 auf der Naturforscherversammlung in Wien her- ausgehoben und auch Kaposi in der Wiener dermatologischen Gesellschaft ^) anerkannt hat. Ein Fall von Erythrodermie, der im Feber 1902 auf der III. med. Abt. der k. k. Rudolf-Stiftung in Wien zur Beobachtung kam, ist in mehrfacher Hinsicht interessant genug, um seine ausführliche Beschreibung zu recht- fertigen; nicht nur, weil es sich um eine seltene Hauterkran- kung handelt, die in ausgedehntem Maße histologisch unter- 1) 9. Jänner 1901. 16* 228 Kreissl. 8 icht werden konnte, sondern auch, weil der Fall durch einen besonderen Befund für die Pathologie von Interesse ist, nämlich durch eine allgemeine Haemosiderosis der Haut. Patient, 67 Jahre alt, Pfründner, gibt an, seit 6 Wochen an Atem- beschwerden and Hasten sa leiden, seit 3 Wochen besteht Herzklopfen nnd Brechneigang. Die Hantveränderangen bestehen seit 2 Jahren. Der objektive Befand ergab bei der Aafnahme aaßer den sp&ter za beschrei- benden Hantveränderangen karz folgendes: Afebrii, abgemagert. Eon- janktiTen leicht ikterisch. Orthopnoe. H. L. U. zirka handbreite plearale Dämpfang. Die vordere rechte Thoraxseite bleibt bei der Atmang etwas xnrück. H. R. U. von der Spina leerer Schall. Y. R. Dämpfang von der 6 Rippe. Am Herzen die objektiven Zeichen der Hypertrophie and Di- latation beider Ventrikeln. Arterien stark atheromatös. Leber bis zam Nabel. Milzdäropfang vergrößert. Nervensystem nichts Besonderes. Blat- befand normal. Im Harne mäßige Mengen von Albamen and spärliche hyaline Zylinder. Die Veränderungen der Haut erweckten nun das größte Interesse. Im allgemeinen weist sie einen gelb- bis dunkel- braunen Farbenton auf. so daß wir zunächst an Morbus Addi- sonii dachten, zumal die hochgradige Myasthenie des Patienten darauf hinzuweisen schien. Doch fehlten Pigmentierungen der Schleimhäute. Dazu kam die auffallende atrophische Beschaffen- heit der Haut, die sich besonders am Bauche und an den Unterschenkeln und Vorderarmen manifestierte, ihre Trocken- heit und die kleienförmige oder gröbere Schuppung, die allent- halben, namentlich an den Sprunggelenken und den Ellbogen, auffiel. Die Sensibilität war überall normal. Herr Prof. Mraöek, zum Konsilium gerufen, diagnostizierte Erythrodermie, indem er als Charakteristikader Hautveränderungdie Atrophie, die rotbraune Färbung der Haut und die Schuppung hervorhob. Das diagnostische Baisonnement wurde wesentlich dadurch gefordert, als erhoben wurde, daß Patient bereits einmal, Ende 1900, wegen seiner Hautaffektion auf der Klinik weiland Hofrates Kaposi in Beobachtung war. Der Befund, den ich mit gütiger Erlaubnis des derzeitigen Leiters der Klinik, Herrn Prof. Riehl, der damaligen Krankengeschichte entnehme, lautete: „Am rechten Unterschenkel 2 handtellergroße, mit Krusten und Schuppen bedeckte Stellen, außerdem papelähnliche knötchenförmige Herde. In gleicher Weise am Handrücken und den Streck- seiten der Extremitäten diffuse blaßrötliche Stellen. Überall die Haut leicht gefältelt, links wie rechts. Die gleiche Atrophie am Körper, in blaßrötlichen Bläschen gruppierte, mehr scharf umschriebene nummuläre Herde. Dasselbe über beiden Tro- chanteren.** H&mochromaioBis der Haut und Banohorgane eto. 229 Kaposi stellte diesen Fall in der Sitzung der Wiener dermatol(^schen Gesellschaft vom 9. Jänner 1901 vor. Er demonstrierte ihn in Anschluß an einen Fall von Pemphigus foliaceus unirersalis, indem er den Begriff Erythrodermie im Sinne Besnier als Symptomenkomplex definierte und diesen Casus als Ekzema universale auffaßte. Kaposi unterschied diese symptomatische Erythrodermie von jenen Fällen, ^die den Untersucher lange im Zweifel lassen, was aus ihnen wird, die später aber unter multiplen Drüsenschwellungen, cholera- artigen Diarrhöen und raschem körperlichen Verfall zu leukä- mischen Veränderungen führen^. Auch Professer Lang stimmte in der Diskussion im wesentlichen dieser Ansicht bei. Der Tod des Patienten erfolgte am 9. April unter den Erscheinungen der Herzinsufficienz. Die Obduktion (Dozent Dr. G. Sternberg) ergab: Körper über mittelgroß, von ziemlich schwächlichem Kno- chenbau, stark abgemagert. Die allgemeine Decke im allge- meinen gelbbraun bis dunkelbraun verfärbt, am intensivsten an den Streckseiten beider Ober- und Unterschenkel. Das Ge- sicht ist heller, mehr gelbbraun. Die Haut des Thorax ist kaffeebraun gefärbt, über den Mohrenheimschen Gruben, sowie den Infraclaviculargruben stark schilfernd, am übrigen Thorax leicht gerunzelt, überall sehr dünn. Die Haut des Abdomens dunkelbraungelb. Über dem rechten Rippenbogen ein landkartenartig begrenzter, gelbweißer, etwa guldenstückgroßer Fleck. Die Haut der oberen Extre- mitäten im allgemeinen ebenso beschaffen wie die des Thorax, an der Streckseite schuppend, namentlich an der des Ellbogen- gelenkes grob gefeldert und mit Schuppen bedeckt; am Hand- rücken papierdünn, glänzend, mit braungelben Pigmentflecken gezeichnet, die streifenförmig angeordnet sind. Ähnlich beschaffen ist die Haut der Vola manus. Die Haut der unteren Extre- mitäten ist am dunkelsten gefärbt, an den Streckseiten leicht abschilfernd, dabei glatt anzufühlen, an den beiden Sprung- gelenken rauh, gefeldert und mit dünnen, weißen Schüppchen bedeckt. Die Haut über beiden Fußrücken braun, straff. An der Rückseite die Haut gleichfalls dünn, dabei braunrot ge- färbt, namentlich über dem Kreuze und den Schultern dunkel- braunrot, ebenfalls leicht schilfernd. Das Unterhautzellgewebe fettarm, die Muskulatur trocken. Die linke Lange an der Basis des Unterlappens angewachsen, sonst frei. In der Pleurahöhle reichlich dunkelbraune klare Flüssigkeit. Die rechte Lunge am vorderen Rande und der vorderen Fläche innig mit der Bmstwand verwachsen, sonst frei. In der Pleurahöhle klare Flüssigkeit. Beide Langen am Durchschnitte groblückig, lufthaltig und sehr blutreich, 230 EreisBl. ibr Qewebe stark rarefiziert. Das Herz an der Spitze and der Torderen Fläche des linken Ventrikels mit dem Herzbeutel verwachsen, sehr grofi, namentlich im rechten Ventrikel erweitert. Die Mitralklappe an ihrem freien Bande zart, derselbe leicht amgeschlagen, die Sehnenfäden dünn. Die übrigen Klappen zart nnd schlnßfahig. In beiden Herzhöhlen reich- liches, locker geronnenes, dunkles Blut. Das Herzfleiscb mürbe, leicht zerreißlich, braungelb. Lagerung der Baucheingeweide normal. Die Leber klein, ziemlich scharfrandig, mit einem Gewicht Ton 1200 ^, ihre Oberfläche glatt, dunkel- braunrot. Die Schnittfläche gelbrötlich marmoriert auf dunkelbraunem Grunde, indem um die roten Pünktchen, die den Zentralvenen entsprechen, ein gelber Hof zu erkennen ist. Die einzelnen Acini deutlich erkennbar, sehr klein. Die Gallenblase, staik ausgedehnt, enthält reichlich hellbraune Galle. Die Milz auf das Doppelte vergrößert, sehr derb, an der Ober- fläche dunkelbraunrot gefärbt. Die Kapsel glatt, mit kleinsten, derben, weißen Verdickungen, am Durchschnitte braunrot, äußerst spärlich Saft gebend. Beide liieren etwas größer und derber, mit leicht abziehbarer Kapsel und glatter Oberfläche, am Durchschnitte blaurot, Zeichnung der Binde deutlich. Die Nebennieren ohne Veränderung. Die Serosa des Darmes leicht gelbbraun geflLrbt. Die Magen- und Darmschleimhaut ge- wulstet, allenthalben injiziert und mit Schleim bedeckt. Harnblase und Genitale ohne wesentlichen Befund. Die Lymphdrüsen in der Achsel- höhle taubeneigroß, von einander getrennt, rotbraun gefärbt, am Durch- schnitte markig rötlich. Die retroperitonealen Lymphdrüsen bis auf Haaelnußgröße angeschwollen, in ähnlicher Weise verändert. Die Obduktionsdiagnose lautete: Emphysema pulm. chron. ; Synechia pleurae d. et pericardii partialis ; Hypertrophia excentrica cordis praecipue ventr. d. ; Hyperaemia mechanica viscerum. — Hydrothorax bilateralis prae- cipue siu. Tumor lienis chron. Haemochromatosis. Zur histologischen Untersuchung gelangten: Hautstückchen von der Regio subclavicularis, des Bauches, des Ober- und Unterschenkels und des Fußes, femer Leber. Milz und Darm. Als Fi Zierungsflüssigkeiten wurde Alkohol und Pikrin-Sublimat benützt. Gefärbt wurde mit Hämalaun-Eosin, Lithionoarmon, Löfflerachem und polychromem Methylenblau und Prantersoher Elastikafärbung. Die histologische Untersuchung ergab folgenden Befund: Die Haut des Bauches sehr dünn. Die Epidermis glatt, stellenweise die obersten verhornten Zellreihen abgehoben. Das Rete Malpighii sehr dünn. Die interpapillären Retezapfen strecken- weise verschwunden. Die basalen Retezellen pigmentiert u. zw. findet sich an ihrem distalen Ende, dem Kerne kappenartig aufsitzend, ein braunes feinkörniges Pigment. Der Papillarkörper, sehr niedrig und im allgemeinen zellreicher, enthält kleine Züge Hämochromatosis der Hant nnd Banchorgane etc. 231 und knötchenförmige Herde, die Ton Lymphocyten gebildet werden, zwischen denen man auch reichlich Mastzellen sieht, lonerhaib dieser Herde sind stark erweiterte und mit Blut ge- füllte Kapillaren sichtbar. Derartige Zellanhäufungen finden sich auch in den tieferen Lagen des Gorium, durchwegs in der Umgebung der Blutgefäße und vereinzelt auch der Knäueldrüsen, jedoch in geringerer Anzahl und Stärke als im Papillarkörper. In diesem, sowie in den obersten Schichten des Gorium sind auch ziemlich reichlich spindelförmige und mit Ausläufern versehene Zellen sichtbar, deren Protoplasma mit einem gelb- braunen Pigmente angefüllt sind; sie liegen sowohl innerhalb der beschriebenen Zellanhäufungen als auch einzeln und ziemlich gleichmäßig verteilt. Das subcutane Gewebe fettarm, die Fett- läppchen klein und kemreicher. Bei elektiver Färbung der elastischen Fasern erscheinen dieselben im allgemeinen^ na- mentlich aber im Papillarkörper und in den oberen Schichten des Gorium ziemlich reduziert, oft aufgerollt und an den Enden aufgefasert, stellenweise auch verschmälert, so daß bei Orcein- farbung blaßbraun gefärbte, unregelmäßige, schollige oder band- artige Gebilde sichtbar sind. Bei Ferrocyankali-Salzsäurebe- handluug findet sich in den obersten Schichten des Gorium ein fast zusammenhängendes, nahe der Epidermis gelegenes und ihr parallel verlaufendes und gleich breites Band, das einerseits von spindeligen Zellen, die mit tief blau gefärbten Körnern vollgepfropft sind, andererseits von dem diffus blau gefärbten, wie imbibierten Gewebe des Gorium gebildet wird. Das Pigment in den basalen Retezellen gibt keine Eisenreaktion. Die Haut des Fußrückens zeigt ungefähr die gleiche Ver- änderung wie die des Bauches. Im allgemeinen ist ihre Ober- fläche glatt. Stellenweise bildet der Papillarkörper längere teils flache, teils spitze Papillen. Über diesen ist auch die Epidermis beträchtlich verdickt und teilweise in kleinen La- mellen abgehoben. Die zwischen zwei benachbarten Papillen gelegenen Vertiefungen sind durch verhornte Zellmassen ausgefüllt. An den übrigen Stellen sind die interpapillären Retezapfen stark abgeflacht, stellenweise ganz verschwunden. Die unterste Schichte des Rete Malpighii ist stark pig- mentiert. Die Infiltration des Papillarkörpers und der obersten Schichten des Gorium ist hier stärker ausgeprägt als an der Bauchhaut und wird gleichfalls von Lymphocyten gebildet, zwischen welchen auch Mastzellen und verzweigte, spindel- förmige, pigmentführende Zellen liegen. Die oberflächlichen nnd tiefen Netze der Hautgefäße sind gleichfalls erweitert. Ebenso finden sich auch um die Talg- und Knäueldrüsen Zell- anhänfungen. Das subkutane Fettgewebe ist atrophisch und kemreicher. Die elastischen Fasern zeigen die gleichen Ver- 232 EreiBsl, änderungen, wie oben beschrieben. Bei Behandlung mit Salz- säure-Ferrozyankalium gibt das in den verästelten Zellen ent- haltene Pigment Eisenreaktion, das Pigment im Rete Malpigbii nicht. In der ganzen Dicke des Corium finden sich zwischen seinen Bündeln blau- und grüngefärbte Schollen und Kömer. Die Haut über den Mohrenheimschen Gruben zeigt sich in ihrem histologischen Befunde der des Fußrückens analog. Einen anderen histologischen Befund bot die Haut des Ober- und Unterschenkels. Die Haut des Oberschenkels yon gewöhnlicher Dicke. Die Epidermis relativ ziemlich breit. Dire oberflächlichen Lagen sind stark verhornt und in Form von Lamellen abgehoben. Die interpapillären Retezapfen sind größtenteils erhalten, dabei aber sehr schmal. An einzelnen Stellen, an welchen die Haut eine seichte delleuformige Depression zeigt, ist die Epidermis verdünnt, die Retezapfen verschwunden. Die basalen Schichten des Rete Malpigbii sind sehr stark pigmentiert, indem auch hier in den Zellen ein gelbbraunes Pigment angehäuft ist Der Papillarkörper ist ziemlich zellreich, seine Gefäße weit. Hier sowohl, wie auch in der ganzen Dicke des Corium finden sich knötchen- und streifenförmige Anhäufungen von Lymphocyten, welche die Gefäße mantelartig umgeben, und zwischen welchen sich reichlich Mastzellen vorfinden. Ebensolche Zellanhäu- fungen finden sich, wenn auch spärlich, in der Umgebung der Knäueldrüsen. An den Bündeln des Corium keine wesentlichen Veränderungen. Die Haut vom Unterschenkel weist normale Epidermis auf; die interpapillären Retezapfen etwas flacher und kürzer, die basalen Retezellen pigmenthaltig. Im Papillarkörper so- wohl, wie im Corium finden sich vereinzelte kleine knötchen- und streifenförmige Anhäufungen von kleinen einkernigen Rund- zellen, die in der Umgebung von weiten Gefäßen und Knäuel- drüsen liegen. Innerhalb dieser Anhäufungen findet sich reichlich ein grobkörniges oder scholliges gelbbraunes bis goldgelbes Pigment, das deutlich Eisenreaktion gibt. Die elastischen Fasern zeigen die beschriebenen Veränderungen. Die histologische Untersuchung der Lymphdrüsen ergibt: die Follikeln der Lymphdrüsen der Achselhöhle sind größer und zellreicher, ihre Lymph- und Bluträume sehr weit, letztere mit Blut gefüllt. Allenthalben, sowohl in den Follikeln, als auch namentlich in den Marksträngen findet sich sehr reichlich ein grobkörniges, goldgelbes Pigment, welches meist in der Umgebung von Blutgefäßen teils in Zellen eingeschlossen, teils aber frei zwischen ihnen liegt. Namentlich in den Mark- strängen ist es in solcher Masse vorhanden, daß goldgelbe Streifen und Flecken Zustandekommen, die intensive Berliner- HämoehromaiosiB der Haut und Bauchorgane etc. 233 blaoreaktion geben. In gleicher Weise gibt auch das Pigment der Follikeln die Eisenreaktion. Die untersuchten Mesenterial- Lymphdrüsen zeigen im wesentlichen die gleichen Verände- rungen, nur sind hier die Sinus von runden Zellen mit ovalem blassen Kern und reichlichem Protoplasma (desquamierte Endo- thelien) augefüllt. Die Schleimhaut des Dünndarmes erscheint aufgelockert. Zwischen den Drüsenschläuchen finden sich ziemliche dichte Infiltrate, die teils von Lymphocyten, teils von Plasmazellen gebildet sind. Die Kapillaren der Schleimhaut, sowie die Blut- gefäße des submukösen Gewebes sind beträchtlich erweitert und strotzend mit Blut gefüllt. In den Muskelbündeln der Ring- und Längsmuskulatur finden sich in der Umgebung der Kerne dichte Anhäufungen eines feinkörnigen, hellgelben Pigmentes, auch sind die Muskelbündeln etwas aufgelockert, die Zwischenräume zwischen denselben breiter, wie serös durchtränkt, und finden sich inner- halb derselben ein- und mehrkemige Leukocyten. Desgleichen finden sich zwischen Muscularis uod Serosa kleine streifen- und knötchenförmige Zellanhäufungen, die von ein- und mehr- kemigen Leukocyten gebildet werden. In einzelnen Binde- gewebszellen im Bereiche der Serosa sieht man ein hellgelbes grobkörniges Pigment Die Eisenreaktion fällt sowohl in der Muscularis, als auch in der Serosa negativ aus. Der Plexus solaris ohne Veränderung. Die Milz sehr blutreich, die Blutsinus beträchtlich erweitert und gefüllt. Die Malpighischen Eörperchen ohne Veränderung. In der Umgebung der größeren Arterien, doch auch sonst in der Pulpa umfangreiche Anhäufungen von Pigment. Dieses gibt deutliche Eisenreaktion. Außerdem sieht man in den mit Salzsäure-Ferro- cyankalium behandelten Präparaten stellenweise innerhalb der Wandungen der Bluträume blaßblaue Streifen und Fleckchen. Die Leberkapsel etwas dicker und zellreicher. Das Leber- parenchym selbst zeigt eine sehr beträchtliche Erweiterung der Pfortaderäste und Lebervenen. Auch die intraacinösen Kapillaren sind stark erweitert. In der Mehrzahl der Acini sind die Leber- zellen sehr beträchtlich verschmälert, in einzelnen jedoch von gewöhnlicher Größe. In diesen ist die Erweiterung der Kapillaren weniger deutlich. In dem interacinösen Bindegewebe und in der Umgebung größerer Venenäste und Gallengänge finden sich kleinzellige Infiltrate und kleine Häufchen eines dunkelgelb- braunen bis schwarzbraunen Pigmentes. Bei Behandlung mit Salzsäure-Ferrocyankalium weist die Leber einen sehr beträcht- lichen Gehalt an Eisenpigment auf, indem sich nicht nur ein Theil des eben erwähnten, in dem interacinösen Bindegewebe gelegenen grobkörnigen Pigmentes blau färbt, sondern auch zahlreiche Leberzellen, u. zw. vorwiegend in der Peripherie 234 EreisBl. der Acini, mit einem feinkörnigen tief blau gefärbten Pigmente erfüllt sind. Kurz zusammengefaßt, ergibt die histologische Unter- suchung : Die Leber und Milz zeigten eine ziemlich hochgradige Haemochromatosis, ergeben aber sonst keinen wesentlichen Befund. Die allgemeine Decke wies auch bei histologischer Untersuchung schwere Veränderungen auf. Betrachten wir za- nächst Partien, an welchen die Haut ihre gewöhnliche Dicke aufweist, wie z. B. am Ober- und Unterschenkel, so finden wir knötchen- und streifenförmige Anhäufungen Yon Lymphocyten, zwischen welcheD^ namentlich in der Umgebung von Drüsen und den erweiterten Gefäßen Mastzellen liegen. Andere Stellen, so besonders die Haut des Bauches und des Fußrückens, zeigen eine mehr minder stark entwickelte Atrophie. Die Haut ist im ganzen dünner, die Papillen sind verschmälert oder ganz verschwunden, die elastischen Fasern verschmälert und rarefiziert. Zwischen den infiltrierten Haat- partien und den atrophischen Anteilen lassen sich zahlreiche Uebergänge nachweisen. Die auffallende Färbung der Haut ist auf ein Pigment zurückzufuhren, das Eisenreaktion gibt und größtenteils in ver- ästigte oder spindelige Zellen eingeschlossen ist Dieser Befund ist besonders bemerkenswert, da wir anderweitig eine Haemo- chromatosis der Haut nicht kennen und Chromatophoren, denen die beschriebenen pigmenthaltigen Zellen morphologisch ent- sprechen würden, keine Eisenreaktion geben. Es würde dieser Befund jene Annahme unterstützen, die gewöhnlich auf Grund der Lagerung der Chromatophoren in der Umgebung der Blut- gefäße gemacht wird, daß nämlich das Pigment dieser Zellen vom Blutfarbstoffe abstammt. Daß auch in den zugehörigen Lymphdrüsen das Pigment nachweisbar war, entspricht einer oft beobachteten Erscheinung, indem aus Haemorrhagien hervorgegangenes Pigment häufig in den nächstgelegenen Lymphdrüsen nachweisbar ist, ja als „ Blutpigmentmetastasen ^ mitunter in die Leber, die Milz und das Pankreas verschleppt wird. Was nun die übrigen Veränderungen der Haut anlangt, so sprechen die Infiltrate, die reichlich vorhandenen Mastzellen Hämochromatoris der Haut nnd Baachorgane etc. 235 und die erweiterten Blutgefäße für einen chronischen Entzündungs- prozess. Es handelt sich mithin um eine chronische Entzücdung der Haut mit Ausgang in Atrophie, die mit einer Haemochro« matosis der allgemeinen Decke und der inneren Organe ver- bunden ist. Vom klinischen Standpunkte aus betrachtet, liegt ein Fall von diffuser idiopathischer Hautatrophie vor, die von Erscheinungen begleitet war, die gewöhnlich als Erythrodermie bezeichnet werden. Die Fälle von idiopathischer Hautatrophie, die in der Literatur vorliegen, zeigen fast durchwegs den Befund eines vorhergegangenen oder gleichzeitig verlaufenden Entzündungs- prozesses, sei es, daß diese Erscheinung klinisch beobachtet wurde, sei es, daß die histologische Untersuchung dafür sprach. So stellte Kaposi 1900 in der Wiener dermatologischen Ge- sellschaft einen Fall von idiopathischer Atrophie der Haut vor (Bötung der Haut, Felderung, die Epidermis hebt sich ab wie bei Ichthyosis, Schwellung der submaxillaren und Achseldrüsen, atrophische weiße Stellen) und bemerkte : „Man muß nach der akuten Entwicklungsweise den Fall als Dermatitis Atro- phicans bezeichnen.^ Charakteristisch ist wohl auch der Fall von Touton') und der von Buchwald, auf den sich Touton in seiner Publikation bezieht: klinisch: 57jähriger Mann. Seit 35 Jahren langsam von der Peripherie nach oben fortschrei- tende, auf beiden Seiten symmetrische Hauterkrankung, die sich äußert: in einer exzessiven Verdünnung der Haut, tiefroter Verfärbung, Durchscheinen der unterliegenden Gebilde, stellen- weiser Abschuppung; histologisch: Fehlen des Fettgewebes und der Schweißdrüsen, Fehlen der Papillen. Das Bindegewebe ge- quollen, von reichlichen Zellkernen durchsetzt, die teils um die Drüsen, teils unabhängig von diesen gruppiert sind. Ebenso hob Ehr mann anläßlich der Vorstellung eines Falles von Erythromelie Pick in der Sitzung der k. k. Gesellschaft der Ärzte in Vfien vom 11. April 1902 hervor, daß dieser Namen sich eigentlich nur auf das 1. Stadium beziehe und daß eine große Übereinstimmung mit der Atrophia cutis idiopathica zu beobachten ist, welcher Ansicht Neumann voll beitrat. ») D. M. W. 1886. ■) Arch. f. Derm. u. Syph. LXI. 236 Kreisel. Herxheimer and Hartmann^) haben die gesamten Fälle der Literatur kritisch beleuchtet und subsumieren in ihrem Resum6, indem sie einen neuen Namen „Acrodermatitis chronica atrophicans '^ vorschlagen, sowohl die idiopathische diffuse Hautatrophie, als auch die Erythrodermie unter diesem. Dem gegenüber ist GrouverM geneigt, die Erythromelie „selbst, wenn sie zu einem der idiopathischen Hautatrophie ähnlichem Zustande führt, von pathogenetisch anderen Prozessen abzusondern^. In der Regel verläuft die idiopathische Hautatrophie mit einem Vorstadium der chronischen Entzündung. Auch in dem vorliegenden Falle fehlte dieses Stadium nicht. Klinisch stellte es sich unter dem Bilde der Erythrodermie dar, wie es sich denn auch in dem oben ausführlich wiedergegebenen Falle Toutons gleichfalls um Erythrodermie als Begleitsymptom oder Vorstadium einer diffusen idiopathischen Hautatrophie ge* handelt zu haben scheint. Insofern wäre vielleicht unser Fall geeignet, einen Beitrag zu der Frage zu geben, ob der Erythro- dermie die Existenzberechtigung einer selbständigen Erkrankung zukommt, eine Frage, die heute noch unentschieden ist, da die Mehrzahl der Fälle nur vorübergehend in klinischer Beobachtung stand und nicht durch den wichtigen anatomischen Befund ergänzt wurde. Nachdem Pick auf der Naturforscher- Versammlung in Wien im Jahre 1894 das Erankheitsbild der Erythrodermie herausgehoben hatte, anerkannte Kaposi in der Sitzung der Wiener dermatologischen Gesellschaft vom 9. Jänner 1901 die Erkrankung als selbständiges Krankheitsbild. Auch Jadassohn ist dieser Auffassung geneigt, indem er eine Parallele zvdschen der Erythrodermie und der von ihm beschriebenen Anetodermia erythematodes zieht. ^) Ebenso haben sich Klingmüller') und Rille ^) für die Selbständigkeit des in Rede stehenden Krankheitsprocesses 1) 2 Fälle von Erythromelie (Pick), Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. LXX, H. 2. *) Yerh. der deatsch. dermat. Ges. 1891. ') Festschrift f. Kaposi 1900. *) Straßburger Naturforscherversammlung. Hämochromatosis der. Haut und Baachorgane etc. 237 ausgesprochen. Neumann, ^) der unter dem Titel „Über eine seltene Atrophie der Haut** 2 Fälle beschrieb, die wohl der Erythrodermie Picks entsprechen, schreibt: „Wir haben keinen Grund, die Affektion anders als „diffuse idiopathische Hautatrophie" zu bezeichnen^ und zieht damit bereits die Existenzberechtigung der Erythrodermie als selbständigen Erank- heitsprozess in Zweifel. Auch unser Fall wäre diesen Fällen Neumanns einzureihen, da nach dem klinischen Verlaufe und dem anatomisch- histologischen Befunde eine sogenannte „idiopathische Hautatrophie ^ vorlag, welche den Ausgang einer chronischen Entzündung bildete und da auch in diesem Falle das klinische Bild der Erythrodermie bestand. Allerdings fand letztere durch die histologische Untersuchung eine besondere Erklärung. Sie stellt wohl auch hier kein selbständiges Erank- heitsbild dar, sondern ist nur eine Begleiterscheinung einer anderweitigen Hautaffektion, in diesem Falle einer Hautatrophie. Es ist damit keineswegs der Beweis erbracht, daß eine Erythro- dermie im Sinne Picks nicht auch ein selbständiges Krank- heitsbild sein kann. Immerhin lehrt aber unser Fall, daß zu jenen eingangs dieser Arbeit aufgezählten Erkrankungen der allgemeinen Decke, bei denen die'Erythrodermie nichts anderes als einen Teil des Symptomenkomplexes oder eine Begleiter- scheinung bildet, auch die diffuse idiopathische Hautatrophie zu rechnen ist. Nachdrücklich ist darauf hinzuweisen, daß die Erythro- dermie in unserem Falle eine besondere Beachtung dadurch verdient, daß die Pigmentierung zum größten Teil durch die An- häufung eisenhaltigen Pigmentes im Corium hervorgerufen wurde. Durch diesen unseres Wissens noch nicht erhobenen Befund einer Haemochromatosis der Haut nimmt unser Fall eine besondere Stellung gegenüber den bisher bekannten Fällen von Erythro- dermie ein. Daß die Erythrodermie in dem vorliegenden Falle in näherer Beziehung zu der gleichzeitig bestehenden chronischen Entzündung der Haut, beziehungsweise zu der aus dieser ent- wickelten Atrophie steht, ist wohl nicht auszuschließen. Wenn es auch vorstellbar wäre, daß ein zufälliges Zusammen- treffen dieser beiden Prozesse vorliegt, so ist es andererseits 1) Festschrift für J. F. Pick 1898. 238 EreissL sehr wohl möglich, daß beide auf eine gemeiusame Ursache zortickzuführen wären. Die Kachexie des IndiTiduums, der Milztumor, die Polycholie und die Darmaffektion weisen auf einen chronisch verlaufenden toxischen Prozess hin. Man könnte sich den Vorgang etwa so denken, daß ein, vielleicht aus dem Darmtraktus stammendes, Gift zu einer dauernden Gefaßer- weiteruDg und vielleicht auch Gefäßwandschädigung gefuhrt hat, wodurch es zu einer Diapedese von roten und weißen Blutkör- perchen, zur Bildung von Infiltraten und in weiterer Folge zur Anhäufung von Eisenpigment gekommen war. Jedenfalls ist der Befund einer allgemeinen Ebemochro- matosis der Haut sehr bemerkenswert. Würden weitere Unter- suchungen diesen Befund bestätigen, so wird es vielleicht möglich sein, die durch Haemochromatosis bedingte (resp. mit einer solchen einhergehende) Erythrodermie als eine besondere Form zu umgrenzen und von anderen im klinischen Verlauf ähnlichen Fällen abzutrennen. Allerdings würde auch diese Erythrodermie keine selbständige Erkrankung der Haut, sondern nur eine Be- gleiterscheinung anderer krankhaften Veränderungen darstellen. Ein Beitrag zur Kasuistik der Mykosis fungoides Alibert. Von Dr. W. Krasnoglasow^ Sekmid&rarBt am MJaMnitski-Spital zu Moskaa. (Hiesu Taf. VIII.) Obgleich schon eine ganze Reihe von Mycosis fuugoides- FäUen Ton deutschen, französischen and englischen Forschern beschrieben worden ist und obgleich diese Krankheit in Prof. Wolters*) eine so gut wie erschöpfende Bearbeitung gefunden hat, dürften weitere kasuistische Mitteilungen insofern noch angezeigt sein, als die Krankheit selten vorkommt. Ins- besondere in Rußland sind bisher nur sehr wenige derartige Fälle beschrieben worden (Stukowenkow, Trapesnikow und Abramitschew). Aus diesem Grunde erlaube ich mir einen derartigen Fall zu veröffentlichen, den ich im Verlauf von sy, Jahren während aller seiner Entwicklungsstadien, d. h. im ekzematösen, lichenoiden und myco-fungoiden Stadium in Moskau zu beobachten Gelegenheit hatte. Die Anamnese lautet folgendermaßen: Der 78j&hrige Patient G. P.y welcher 34 Jahre Bedienter war, ist Witwer und liesitzt zwei er- waehsene und gesunde Kinder, nämlich einen Sohn und eine Tochter. Patient behauptet, abgesehen von einer, wie er sagt, skrofulösen Krank- heit der Kopf- und Gesichtshant, anscheinend £kzem, stets gesund ge- wesen SU sein. Vor 8Vt Jahren, d. h. im Jahre 1901, erkrankte er an Ekiem der Hände und Finger (Ekzema papulatum et vesiculosum), welches mit Unterbrechungen ly, Jahre dauerte. Zu Ende des Jahres 1901 ent- wickelte sich aof der Stirn, über dem Nasenansatz, eine Geschwulst von der Breite zweier Finger und eine ebensolche nur kleinere, auf dem linken Nasenflügel. Nach Angabe des Kranken vereiterten und ver- größerten sich beide Geschwülste sehr bald. Zu Anfang des Jahres 1902 traten auf der Haut des Bumpfes, der oberen und unteren Extremitäten Borken auf. Mit diesen Erscheinungen trat Patient im September 1902 in das Mjaßnitzkihospital ein. Status praesens. Bei der Betrachtung des Kranken fallt vor allem ein großes Geschwür auf, welches die ^anze rechte Stimhälfte einaimmt und teilweise noch auf die linke Hälfte der Stirn übergreift. ^) Bibliotheca Medica. Abteilung DU. Dermatologie und Syphilis. Stuttgart. 240 Erasnoglasow. Das Geschwür hat derbe, gezackte Rander, die wallartig über den 6e- schwürsbodeo hinüberragen, der zu einem großen Teil mit gangränösen Massen bedeckt ist nnd ein spärliches, seröses Sekret absondert In der Mitte des Ulcus stößt die Sonde auf entblößten, glatten Knochen. Das Geschwür ist bei Berührung sehr empfindlich. Das zweite Greschwür von der Größe eines Dreikopekenstückes und demselben Charakter sitzt in der linken Nasolabialfalte. Mit dem einen Baod berührt es den linken Nasenflügel, mit dem andern geht es auf die linke Wange über. Die Geschwürsränder sind mit dunkelbraunen Borken belegt, der (Geschwürs- boden greift bis tief in das Unterhautfettgewebe hinüber. Auf der rechten Seite der Unterlippe, wie auf der recbten Wange, finden sich noch zwei Geschwürchen Ton je Zweikopekenstückgröße. Letztere sind stellenweise nur mit Blutkrusten, sonst aber auf der ganzen Oberfläche mit fungösen Massen bedeckt. Hinter beiden Ohrmuscheln sieht man ebensolche fungöse Geschwüre, die von unregelmäßiger Form und mit Borken belegt sind. Außer diesen Geschwüren bemerkt man noch ein solches auf dem Leib, rechts vom Nabel, von der Größe eines Fönf- kopekenstückes, welches Ober die Umgebung deutlich hinüberragt, Ähnlichkeit mit einem Pilzkopf hat und ein spärliches flüssiges Sekret absondert. Von weiteren derartigen Geschwüren findet sich noch ein solches aaf der Haut der Gegend der linken crista iiei und ein anderes, welches Nierenform zeigt, auf der inneren Yorderfläche des rechten Ober- schenkels. Endlich sieht man noch auf der inneren Fläche des rechten Oberarmes ein Geschwür von länglicher Form, das mit einer schmutzig graufarbenen Borke bedeckt ist. Auf dem Rumpf, wie auf den oberen und unteren Extremitäten, sowohl auf der Streck- wie Beueeseite, bemerkt man Borken bildungen von verschiedener Form und Größe. Die meisten Burken sind von matt- weißer, einige, infolge Beimischung von Blutpigment, von schwarzbrauner Farbe. Von letzteren ähneln einige der Rupia syphilitica. Nach dem Abfall der Borken, oder wenn dieselben mechanisch entfernt worden sind, bleiben hyperämische Flecke nach, die in Bezuff auf Größe und Form genau den abgefallenen Borken entsprechen. Die Haut ist im allgemeinen sehr trocken und mit Gruppen lichenoider Eruptionen be- deckt. Periostitis ist nirgends nachweisbar. Kopfschmerzen wie Enochen- schmerzen fehlen. Seitens der inneren Organe sind, abgesehen von Yerdaunngs- Störungen, keine Veränderungen zu konstatieren. Im Urin läßt sich weder Eiweiß noch Zucker nachweisen. Die im bakteriologisch-chemischen Institut von Dr. Blumenthal vorgenommene Blutuntersuchuuff er^ab folgendes: Die Erythrocyten zeigen ninsichtlich der Färbung einen mäßigen Grad von Oligochromämie, hinsichtlich der Form und Größe aber keine Abweichungen von der Norm. Ihre Anzahl beträgt 4,120.000. Die weißen Blutkörperchen weisen quantitativ einen starken Grad von Leuko- cytose auf (neutrophile); qualitativ sind sie normal. Ihre Anzahl ist 11.600. Der Hämoglobingehalt entspricht 607o der Norm. Patient ist sehr schwach und verfallen, hustet etwas. Vor allem belästigt ihn das Geschwür auf der Stirn, welches außerordentlich schmerzhaft ist. Ex juvantibus bekam Patient eine Zeitlang Jodkalium, aber ohne jeden Erfolg. Ebenso wirkungslos erwiesen sich Ii^ektionen einer 1% Lösung von Natrium arsenicosum. Die Erscheinungen nahmen rapid zu und der Kräfte verfall steigerte sich. Es handelte sich jetzt darum, die Frage zu entscheiden, mit welcher Hauterkrankung wir es zu tun haben. Vor allem muß an ein ulzerös-serpigiuöses und zugleich vegetatives Syphilid gedacht werden, aber weder die Anamnese, noch das allgemeine Kranlmeitsbild, noch die begleitenden Umstände sprachen Ein Beitrag znr Kasuistik der Mykosis fungoides Alibert. 241 dafar. Vielmehr sprachen dageeen: die zur Probe versuchte Jodkali- behandlang, welche gar kein Resultat gab, das äußere Ansehen der Geschwüre, das Fehlen der Heilung und der Verlauf, welcher viel- mehr zur Annahme drangt, daß es sich um einen Fall von universeller Hautsarkoroatosis handeln dürfte, und in der Tat findet sich in dem AUas von Kaposi ein, dem unserigen sehr ähnlicher Fall dieser Art abgebildet. Wenn man aber andererseits den ganzen Verlauf nimmt, so erkennt man leicht drei deutlich ausgesprochene Perioden oder Stadien, nämlich: 1. das erjthematöse und ekzematöse Stadium, welches sy^ Jahre sich hinzog ; 2. das lichenoide Stadium, welches durch Entwicklung flacher Infiltrate (Köbner) oder Intiltrate in Knotenform, von Gerstenkorn- bis Bohnengröße, die durch Resorption schwinden, ausgezeichnet ist und 3. das mycofunffoide Stadium. Letzteres wird durch Bildung mehr oder weniger großer Geschwülste, die an Paradiesäpfel erinnern, gekenn- zeichnet, die Neigung zu schnell eintretender Vereiterung mit Zerfall, aber auch zur Entwicklung von papillären oder fungösen Wucherungen auf solchen ulzerierten Knoten zeigen. Dieser Befund gibt mir Ver- anlassung, diesen Fall als Mycosis fungoides Ali her t oder Granu- loma fungoides nach Auspitz zu deuten. Was nun das Ergebnis der bioskopischen Untersuchung bei meinem Kranken anbetrifft, so bietet dasselbe, wie mir scheint, ein doppeltes Interesse. Einerseits nämlich bestätigt es die klinische Diagnose der schwer zu diagnostizierenden Krankheit und andererseits hellt es ein wenig das Wesen dieser in hohem Grade rätselhaften Hautkrankheit auf. Bisher ist sowohl die Ätiologie der Mycosis fungoides, wie auch ihr Wesen oder richtiger gesagt, die pathologische Anatomie dieser Krank- heit uns unbekannt. Daher existieren bis jetzt vier ver- schiedene Ansichten über das Wesen und die Natur der Mycosis fungoides. Die einen (Kaposi, Dühring, Heitz- mann u. abzählen sie zur Gruppe der Sarkome, die anderen, hauptsächlich französische Autoren (Landouzy, Debove, De mang e), welche sich auf die histologischen Untersuchungen von Ran vi er stützen, rechnen sie zur Lymphadenitis cutis (Lymphadenie cutanee), die gekennzeichnet wird durch eine reiche Entwicklung des adenoiden Gewebes, vorwiegend in der Haut. Eine dritte Gruppe (Virchow, Köbner, Geber) hält die Mycosis fungoides für eine Grauulationsgeschwulst und endlich eine Reihe von Autoren (Doutrelepont, Neisser u. a.) spricht der Mycosis fungoides den Charakter einer ehr. Hautentzündung zu, die durch irgend einen infektiösen Krank- heitserreger hervorgerufen wird. Die Unsicherheit über das Wesen dieser Krankheit, sogar seitens der Autoritäten der Dermatologie; spricht sich auch in dem Umstände aus, daß außer der im Jahre 1835 von Alibert gegebenen; klassischen Benennung noch 10 andere existieren, welche alle mehr oder weniger, nach Angabe der Autoren, das Wesen der Krankheit widerspiegeln sollen. Die Untersuchung des von mir an der inneren Seite des rechten Oberarmes exstirpierten Hautstückchens wurde vom Areh. f. Dermat. n. Byph. Bd. LXXII. jg 242 Krasnoglasow. Kollegen Herrn Dr. Eedrowskie, Institut des Herrn Prof. Nikiforow vorgenommen und ergab folgendes: Das Stratun papilläre ist in bedeutendem Grade gewuchert. Das Gewebe zeigt hier einen retikulären Charakter, denn es besteht aus feinen Bindegewebsfasern und ist reich an Blutgefäßen, deren Endothel aufgelockert ist, und an Zellen. Letztere sind bald rund, mit einem kompakten, stark gefärbten Kern, der von einer spärlichen Protoplasmaschicht umgeben ist, bald oval, stemartig oder ein wenig spindelförmig, jedoch ausgezogen und ausgestattet mit einer großen Menge Protoplasma und einem bläschenförmigen Kern. In den Zellen finden sich viele karyo- kinetische Figuren. Stellenweise dringt die rundzeUige Infillxa- tion, in Gestalt kleiner Ausläufer, auch in die Cutis propria. hauptsächlich längs den Gefäßen ein. Es handelt sich demnach bei meinem Fall um Verände- rungen, die den entzündlich granulierenden Prozessen über- haupt eigen sind. Analoge Veränderungen wurden bei der Mykosis fungoides von der Mehrzahl der übrigen Autoren ge- funden, welche auf Grund ihrer Beobachtungen die gegebene Erkrankung als entzündliche Granulationsgeschwulst ansehen. Färbungen nach Ziehl-, Gramm- und mit L ö f f 1 e r s Methylen- blau ergaben kein Vorhandensein irgendwelcher Bakterien. Was die Literatur anbetrifft, so yerzichte ich darauf sie zu bringen, da sie vom Jahre 1832, d. h. von Alibert an bis zum Jahre 1898 genau angegeben ist in der großen und vortrefflichen Monographie von Prof. Wolters. 0 Von russi- schen Autoren sind in dieser Arbeit genannt Trapesni- kow (1892) und Abramitschew (1895), aber nicht ange- führt ist der Fall von Stukowenkow (1883). Die ganze weitere Literatur findet sich verz eichne t bei Vollmer.') Endlich hat noch Scholtz in der Breslauer dermatologischen Vereinigung einen Fall von Mykosis fungoides, kompliziert durch Vitiligoflecke, demonsriert. Eine Abbildung dieses Falles findet sich in dem stereoskopischen Atlas von Prof. Ne isser.') Auf dem VII. Kongreß der deutschen dermatologischen Gesellschaft in Breslau hat dann noch Schäffer^J eine Kranke mit Mykosis fungoides demonstriert, bei welcner die Krankheitserscheinungen auf der Haut an Liehen ruber planus erinnerten und erst nach % Jahr traten oberflächlich ulze- rierte Tumoren auf. Die Erklärung der Abbildung auf Taf. Viil ist dem Texte zu entnehmen. ') 1. c. ') £. Vollmer: Über M^^kosis fungoides Alibert. Arch. £ Dennatol. u. Syphilis 1901. Bd. LYIII. *) Ref. Arch. f. Dermatol. u. Syphilis 1900. Bd. LIII. pag. 894. ^) Yerhandl. der deutschen dermatol. Gesellsch. YII. Kongreß 1901. AreliY L DemaiolDile i. Sntills. Bd. Lim. ErasDoglasow: Ein Beitr. z. Kasuistik d. Hykosis fnng. AI ibeit. '••^ Ans der Zgl. Üniversitäts-Polildinik far Eant- und aeschlechte- krankheiten in Berlin. (Direktor: Prof« E. Lesser.) über eine eigenartige Form rezidivierender, wandernder Phlebitis an den unteren Extremitäten. Nachtrag/^ Von Priyatdozent Dr. A. Buschke, bisher L AMlstent der Poliklinik, Jetat dirigierender Arit der ftädtltehen Abteiliing für Getohleehtokrankhelten am Urban in Berlin. Als meine im yorigen Heft dieses Archivs abgedruckte MitteiluDg bereits im Druck war, erfuhr ich, daß der Patient in der chirurgischen Abteilung des Krankenhauses Bethanien Yon Herrn Priyatdozenten Dr. Martens, dirigierendem Arzt, dem ich für die Überlassung seiner Notizen bestens danke, wegen einer trombophlebitischen Gaogrän amputiert wurde. Ich lasse das Wichtigste aus der Krankengeschichte folgen: In der ven. saphen. des linken Oberschenkels nngefibr in der Mitte desselben eine 10 cm lange, feste, bleistiftdicke Thrombose, ebenfalls in einer Vene an der Innenseite des linken Unterschenkels yon 4 cm Länge nnd an der Innenseite des rechten Knies von* 5 cm Länge. Die distalen Vt ^^^ rechten Faßes stark geschwollen, gerötet, die Zehen ganz cyanotisch blanweiß. Tib. post. nnd ant. am Faß nicht zu fühlen. (Eisblasen gegen ärztlichen Rat, aber zeitweise auf dring. Wunsch des Fat., der nur so es anszohalten vorgab.) 14./IX. 03. Die Yenenthrombosen sind verschwanden. Der rechte Faß aber unverändert. Bei Drack oder bei Fortlassen der Eisblase starke Schmerzen. 17./IX. 1903. Spitze der großen Zehe schwarz, trocken, gefühllos. 19./IX. 1903. Fortschreiten der Gangrän auf das ganze 2. Glied der großen Zehe, beginnende Gangrän an der 4. Zehe. 24./IX. 1908. Die 2. Glieder der linken 4 Zehen völlig gangränös. In Narkose Amputation. Pirogoff. Gefäße sind sehr klein, kanm sicht- bar. Kach Lösung des Schlauches tritt gar keine kapilläre Blutung auf. <) 8. Bd. LXXn. H. 1. pag. 89. 16* 244 Baschke. In dem amputierten Fnß findet sich auf der Rückseite direkt unter der Haut ein kleiner Absseß. Sämtliche Gefäße sehr kleiu, teilweise ohne Lumen. Die Venen größtenteils thrombosiert. 28.ßX. 1903. Verbandwechsel. Wunde sieht reizlos aus. 3./X. 1903« Verbandwechsel. Eine talergroße Hautstelle an dem Fuß blaurot, gangränös. 8./X. 1903. Die Stelle ist jetzt 5 Markstüokgroß und schwarz, trocken« Entfernung der Nähte. 80./X. 1903. Die reichlich 6 Markstückgroße gangränöse Partie beginnt jetzt sich abzustoßen. Entfernung des Drains. IQJXl. 1903. Die scharf umgrenzte, nicht mehr größer gewordene gangränöse Partie, die sich teilweise schon gelöst hat, wird teils stumpf, teils scharf völlig abgetrennt. 18./XI. 1903. Entfernung des Nagels. 28./I. 1904. Wunde hat sich verkleinert In der Mitte derselben liegt Knochen frei. 24./II. 1904. Wunde fest verheilt. Auf Wunsch entlassen. Es geht also hieraus hervor, daß doch schließlich dau- ernde Thrombosen mit Gangrän sich entwickelt haben. Aufge- klärt ist hierdurch allerdings das Leiden auch nicht. BericM über die Leistungen anf dem Gebiete der Dermatologie iirid Syphilis. Bericht über die Verliandliiiigen des Vni. Kongresses der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Sarajevo vom 21.— 23. September 1903. (Vorteetiang.) 9. Nobl (Wien): Über ein bisher unbeachtetes pathogno- stisches Syphilisresiduam. unter der Bezeichnung der „circinären Skrotalatrophie" bespricht Nobl ein von ihm eruiertes postsyphilitisches Merkzeichen, das in klinischer Hinsicht durch das Auftreten kreis- und bogenf5rmig angeordneter, seiden&hnlich glänzender Faoettenschliffe des Skrotalinteguments charakterisiert erscheint und an der vorderen sowie seitlichen Sorotalfläche seinen Standort hat. Die in serpiginösen Leisten angeordneten Zeichnungen gehen aus der Aneinanderreihung polygonal begrenzter, abgeschliffener, unter das Niveau der Umgebung eingesun- kener Facetten hervor, an deren Kanten die normale Oberhautfelderung unterbrochen erscheint. Beim Entfalten der Skrotalhaut verschwinden die bläulichweißen Figuren, ohne dem Auge nachweisliche Spuren zu hinter- lassen. Als anatomisches Substrat dieser stets typisch entwickelten Erscheinung vermochte Nobl in 9 auch histologisch explorierten Fällen einen atrophischen Zustand des geschrumpften, rarefizierten, von spezifischen Infiltratresten durchsetzten Papillarkörpers, sowie eine Yerschmäohtigung der in gestreckter Flucht über die verödeten Papillen hinziehenden pigmentarmen Oberhaut feststellen. Von 150 früher syphilitisch gewesenen Kranken, die zur Zeit der Exploration keinerlei manifeste Luessymptome aufzuweisen hatten, waren 27, d. h. 18% mit dem Skrotalphänomen behaftet. Die Infektion datierte 248 Verhandlungen bei diesen auf 2—20 Jahre zurück und war bei mehr als der H&lfte aller Kranken seit dem Auftreten der ersten Allgemeinsymptome mindestens ein Zeitraum von 3 Jahren verstrichen. In den 27 Fällen der Scrotalveranderung belief sieh die voran- gegangene Erankheitsdauer auf 2— -5 J. 18mal, während in 8 Fällen 5 bis 11 und in einem Falle sogar 20 J. seit der Durchseuchung verflossen waren. Die geweblich untersuchten Fälle betrafen Kranke, bei welchen sich der seit der Infektion verstrichene Intervall auf 6, 8 und 10 Jahre, resp. 11 und 20 Jahre belief. Pathofifenetisch möchte N. für die Erscheinung in der irritativen Phase entwickelte, bei ihrer Involution mit Atrophie einhergehende grup- pierte Infiltrate verantwortlich machen. 10. Havas (Budapest): Enteritis syphilitica. Wie bekannt, gehört die Darmsyphilis zu den seltenen Vorkommnissen, sie würde häufiger beobachtet werden, wenn eifriger nach ihr geforscht würde. Man unterscheidet zwei Formen der Darmsyphilis: die kongenitale und die erworbene. Die kongenitale sieht man verhältnismäßig häufiger, die erworbene sehr selten. Die klinischen Symptome, mit der die Krankheit einhergeht, bildet eine Diarrhoe mit starken, heftigen Koliken, welche der üblichen Be- handlung nicht weicht, sondern erst nach Darreichung antiluetischer Mittel, und auch dann stets sehr hartnäckig bleibt. Dieser Zustand kann gleich im Frühstadium der Sjrphilis mit anderen luetischen Symptomen zugleich auftreten, besonders bei schwächlichen, katarrhalisch veranlagten Individuen (katarrhalische Form), oder erst später als geschwü- rige Form kombiniert mit geschwürigen Prozessen anderer Organe (Haut, Knochen etc.) oder ohne dieselben. Die anatomischen Veränderungen der Darmschleimhaat sind nach dem Grade der Erkrankung verschieden. Diffuse Rötung mit oder ohne entzündliche Infiltration, circum Scripte, verschieden große, rigide, gelb- lich gefärbte Flächen. Bei kongenitaler Syphilis einzeln stehende oder gruppierte, kleinere oder größere, in der Submucosa gelegene Gum- mata in den oberen und unteren Teilen des Jejunum, welche alle ge- schwürig zerfallen können. Bei akquirierter Syphilis derb infiltrierte Ulzerationen mit weißlichen erhabenen Rändern und speckigem Belage des Gesohwürsgrundes. Die Substanzverluste reichen bis in die Sub- mucosa, seltener bis auf die Muscularis herab, sind meistens quergestellt oder auch ringförmig, können in sehr seltenen Fällen zur Perforation des Darmes fuhren, in anderen Fällen bloß eine Trübung und Verdickung des entsprechenden Peritonealteiles verursachen. Bei Sistierung des Zer- falls kommt es zur Narbenbildung, welche zur Stenosierang des Darm- teiles fuhren kann. Die Lymphfollikeln oder Pay ersehen Plaques können ergriffen sein oder nicht. In beiden Fällen ist der Sitz des Prozesses den Lymphfollikeln und Pay er sehen Plaques entsprechend. In dem einen hier demonstrierten Falle handelt es sich um eine 25 Jahre alte Publica, die im Jahre 1898 das erstemal auf meine Abtei- des Vni. Kongr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajavo. 249 loog an/genommen wnrde und bis zu ihrem im Dezember 1900 erfolgten Tode neunmal die Abteilung aufsuchte, verbrachte insgesamt 307 Ti^e im Spitale, verbrauchte während dieser Zeit 191 Einreibungen, größere Mengen von Merkuriol, Jodkali etc. Bei ihrer letzten Aufnahme wurde ein geschwürig zerfallendes Syphilid der Genitalien gefunden. Schon am dritten Tage nach ihrem Eintritte klagte sie über nicht lokalisierbare Abdominal schmerzen. Nach zwei Wochen traten mit gesteigerten Leib- schmerzen Meteorismus und Diarrhoen auf, bald gesellte sich Appetit- losigkeit dazu, der Magen vertrug absolut nichts. Im weiteren Verlaufe verschlimmerte sich fortschreitend der Zustand der Patientin. Die ener- gisch angewandten antiluetischen Mittel, ebenso wie Opium, Morphium Salep, Tannalbin etc. blieben erfolglos, es trat der Exitus lethalis ein. Während der ganzen Erkrankung war Patientin beinahe üeberlos. Die Diagnose Enteritis syphilitica wurde in vivo per exclusionem und ex ad- juvantibus und concomittantibus gestellt. Der Sektionsbefund ergab in unterem, zirka 8 Meter langem Teile des Dünndarmes folgende Veränderungen: Engere, derber anzufühlende, mit verdickter Serosa versehene Teile abwechselnd mit weiteren, weichen, transparenten Partien. Im aufgeschnittenen Darme sind ent- sprechend den engeren Teilen scharf umschriebene, kreisrunde Substanz- verluste, welche im allgemeinen einen 6—8 Zentimeter breiten Durch- messer haben und einen aufgeworfenen höckerigen Band besitzen. Die Basis der Substanzverluste ist glatt, blaß, nicht käsig, nicht speckig, aber wie aufgelockertes Bindegewebe. Im Geschwürsgebiete ist die Submucosa, Muscularis und Subserosa verschwommen, transparent. Die Geschwüre den Pay ersehen Plaques entsprechend lokalisiert. In den Mesenterial- drüsen nirgends Vergrößerung, Verkäsung oder Enötchenbildung. Die übrigen Organe vollkommen normal. Der histologische Befund zeigt zwei charakteristische Verände- rungen: 1. Eine mächtige, alle Schichten des Darmes okkupierende rund- zellige Infiltration. 2. Eine auffallende Veränderung der Blutgefäße. Venen und Arterien der Submucosa und auch an vielen Stellen der Subserosa siüd Sitz einer starken Produktion, eine Endophlebitis und Endoarteriitis, einerseits und Periphlebitis und Periarteriitis andererseits. Bei dem anderen Falle, wo die Diagnose post mortem gemacht wurde, sind die anatomischen und histologischen Befunde genau dieselben. Diskussion: Herr M r a d e k (Wien): Diesen Prozeß findet man häufiger bei hereditärer Lues als bei der akquirierten. Da diese von den Follikeln und den Pay er sehen Plaques ausgeht, so ist er hauptsächlich auf den Dünndarm, namentlich das Ileum beschränkt. Die Form der Geschwüre ist eine zirkuläre. Dpr Zerfall ist stärker in der Mitte und Mraöek erinnert an einen seiner Fälle, wo es zur Perforationsperitonitis gekommen ist. Die klinischen Erscheinungen der Enteritis Inetica sind nicht genug charakteristisch, um eine Diagnose leicht stellen zu können. Koliken, Meteorismus, Obstruction und Diarrhoen wechseln so wie bei anderen Darmaffektionen ab. Eine Erleichterung bilden die Anamnese und etwaige andere Syphiliserscheinungen. Sind diese vorhanden, so ist stets ein thera- peutischer Versuch angezeigt. 250 Verhandlungen 11. Waelsch (Prag) berichtet Aber Bazillenbefunde bei Syphilis. W. untersuchte an der Klinik Picks in Prag das Blut yon S6 sekundär Luetischen in der I. Eruptionsperiode und von 5 terti&r Syphilitischen. Außerdem wurden bakteriologisch untersucht 2 exoidierte Sklerosen, 2 Drüsen, welche Florid-Luetischen exstirpiert wurden, das Sekret reiner Sklerosen, Lumbalpunktionsflüssigkeit Syphilitischer und Gesunder. Zur Eontrolle kam auch das Blut nicht Syphilitischer in 27 Fällen zur Untersuchung. W. konnte nun ans dem Blute sekundär Syphilitischer unter 85 Fällen 16 Mal «« 45'77o einen Pseudodiphtherie- bazillus züchten, den er mit dem v. Niessen identifiziert und der auch wahrscheinlich übereinstimmt mit dem Josephsund Piorkowskys und Paulsens; in 2 Fällen erhielt er einen schwachwuchsigen Psendo- diphtheriebazillus, der auch bei der Blutuntersuchung der nicbt Syphi- litischen in 2 Fällen aufging; 4 Mal fanden sich diese beiden Bazillen nebeneinander. Der Bazillus v. N^iessen konnte aus dem Blute Ge- sunder nicht gezüchtet werden, ebensowenig ans dem Blute Tertiärer oder der Lumbalpunktionsflüssigkeit Luetischer. Sklerosensekret ließ unter 3 Fällen 2 Mal den Bazillos v. Niessen rein darstellen. Die excidierten Sklerosen ergaben in beiden Fällen ein bezüglich dieses Bazillus negatives Resultat, dagegen ließen die Drüsen denselben in Reioknltnr in beiden Fällen aufgeben. Nach der Injektion von Beinkulturen dieses Bazillus traten bei 8 Schweinen in mehrfachen Schüben Exantheme auf, die als Urticaria von einem Tierarzt gedeutet wurden. Bei einem Affen entwickelten sich erythematöse Effloreszenzen. Die Sektion der geimpften Tiere, sowie die histologische Untersuchung ihrer Hanteffloreszenzen, weiters die der Nachkommenschaft der Schweine ergab nichts, was sich hätte im Sinne einer der Lues des Menschen analogen Krankheit deuten lassen. W. hält diese Exantheme der Schweine, welche analog sind den bisher be- schriebenen, die nach Injektion von Blut Syphilitischer oder Einnähnng von Sklerosen unter die Schweinehaut u. s. w. auftraten, fiir toxische Erytheme, die mit einer Syphilis dieser Tiere nichts zu tun haben, zumal noch nie der Beweis erbracht wurde, daß Syphilis auf Schweine über- haupt übertragbar sei. Auch der aus dem Blute gezüchtete v. Niessen sehe Bazillus hat ätiologisch mit der Syphilis nichts zu tun; er ist ein barmloser, diese Erkrankung manchmal begleitender Nozoparasit. Er stammt von der Haut und wird aus dem Geschwüre, auf dessen Oberfläche er sich rasch vermehrt, von den Lymphbahnen aufgenommen und in die Drüsen, dann in das Blut transporiiert. Diskussion : Herr M r a ö e k : Im Sinne der Ausführungen J o s e ]^ h s, Piorkowskys und W a e 1 s c h s über dieses Thema am vorjährigen Kongresse deutscher Naturforscher und Ärzte in Karlsbad hat sich dessen Assistent Dr. v. Buchta mit Blutuntersucbungen bei Syphilis beschäftigt. Dr. V. Buchta hat bei 68 Luetikern im floriden Stadium, welche fast durchwegs bishin unbehandelt waren, im Institute des Herrn Professor Pal tauf Züchtungsversuche aus dem Blute gemacht. Primär, dc8 VIII. Eongr. der Deatschen denn. Ges. in San^evo. 251 d. h. auf den soerst beschickten Nährboden (yerflössigie Gelatine, Bouillon, Agrar) konnte er die von Waelsch beschriebenen Bazillen in keinem Falle nachweisen. Wurde dagegen Serum aus Böhrchen, die eixii^e Tage im Thermosiatum gestanden waren, in Bouillon oder Gelatine - ^Ibchen überimpft, so ließen sich darin in 3 Fällen Stäbchen, in anderen yer- sohiedene Kokken und Sarcinen nachweisen. Diese Stäbchen können nach den Untersuchungen gleichfalls in die Gruppe der Pseudo-Diphtherie- Badllen eingestellt werden. Herr Winternitz (Prag) berichtet über die Forschung der Yer- iuche, die er im Vereine mit K r ä 1 über denselben Gegenstand angestellt hat. Er gedenkt dankend der Freundlichkeit Nielsen s, yon welchem auf yerlangen Kulturen zugesendet wurden. Die übersendeten Kulturen sind wohl ^inknlturen, jedoch recht yerschiedener Mikroorganismen, so daß sie eine Grundlage für weitere Untersuchungen nicht bilden konnten. Mehrere von ^Kral und Waelsch schon früher gewonnene Stämme stimmten mit jenen von Joseph und Piorkowsky überein und es wurde bei den Untersuchungen daher beonders auf diese Bazillens geachtet. Untersucht wurde 15 Mal das Blut, 6 Mal Sklerosensekret, 4 Mal Papelsaft, gezüchtet wurde in Gelatine, Glyzerinbouillon, Serumagar, Agar mit Menscheublutserum gemischt oder überstrichen, und auf menschlicher Piacenta. Letzteres mußte bald aufgegeben werden. Bei den 15 Blutuntersnchungen war das Itesultat negativ in 10 Fällen, zweimal Joseph und Piorkowsky, zweimal Bazillen, die weder bestimmt noch gezüchtet werden konnten, einmal auf Piacenta ein dem Joseph und Piorkowsky sehen ähnlicher. Bei der Züchtung von 6 Sklerosensekreten wurde fünfmal ein dem Joseph und Piorkowsky ähnliches, und bei der Züchtung von 4 Papehäften zweimal dasselbe Besultat (schwachzüchtiger DiphUierie- bazillns) gefunden. W. bespricht kurz die kulturellen und mikroskopischen Eigen- schaften der gefundenen Bazillen. Die Beurteilung derselben wurde in ein anderes Licht gerückt, als nach Krals Vorschlag bakteriologische Untersuchungen des normalen Präputialsegmas und verschiedener Stellen der Hautoberfläche angestellt wurden, wobei der betre£fende Bazillus teils in Beinkultur, teils in Gemeinschaft mit anderen Mikroorganismen ge- funden wurde. Impfungen auf Schweine mit Beinkultnren dieser Sroegmabazillen und der ans Bazillensaft gezüchteten sind bisher resultatlos verlaufen. W. kommt zu dem Resume, daß die Züchtungen aus dem Blute als negativ bezeichnet werden müssen, die Bazillen von Joseph und Pior- kowsky und die von Kral und von ihm gefundenen können nicht ge- nügend differenziert werden von den im Smegma und den au der Hant- oberfläche vorkommenden, oder wurden bisher nicht differenziert. Die positiven Resultate einzelner Autoren bei Züchtungen aus Sperma und Blut Luetischer lassen sich aus dem sehr häufigen Vor- handensein der betreffenden für Lues nicht verantwortlichen Bazillen ^ Harnröhre Pfeiffer bei MraÖek — oder an der Hautoberfläche — Cedernkreuz, Kral, Winternitz — sowie durch unzweckmäßige Nährböden und ein unzweckmäßiges Züchtungsverfahren, welches die nicht separierten Keime zu Massenreinkulturen anreichern läßt, ungezwungen erklären. Herr Nagelschmidt (Breslau) berichtet in Kürze im Anschlüsse an die negativen Infektions versuche von Waelsch über Infektionsversuche mit Lues -Material an verschiedenen Tieren: I>. hat in einer Reihe von Versuchen Tiere (Kaninchen, 1 Ziege) humanisiert, d. h. längere Zelt mit Injektionen von menschlichem Serum vorbehandelt. Die Infektion gelang 252 Yerhandlangen nicht. In einer anderen Reihe von Fällen hat N. versucht, menschliche Haut auf Tiere zu transplantieren, um dieselbe auf diese Weise über- lebend zu erhalten. Leider gelang die Transplantation kein einaiges Mal. In einer weiteren Beihe von Versuchen bediente sich N. der von Wassermann inaugurierten Entkomplementierungsraethode. Die gleich- zeitige Einspritzung von Antikomplementsernm fährte weder bei Kaninchen, noch Hunden, noch Ziege zur Infektion. Zur Zeit werden von Veiel und Liebert an der Breslauer Klinik Antikomplement- versuche am Schwein gemacht. Das Antikomplementsernm stammt vom Hammel. Die Infektion liegt etwa 8 Monate zurück ; einstweilen scheinen die Tiere vollkommen gesund. Endlich hat N. 5 nichtanthropoide, kleine Affen ohne weitere Vorbehandlung nicht zu infizieren vermocht. Naffelschmidt ist durch den negativen Ausfall all dieser Ver- suche zu der Ansicht gekommen, daß Tierkörper und Lueserreger zwei Materialien darstellen, die in Wechselwirkung mit einander zu treten nicht vermögen oder mit Ehrlich scher Terminologie ausgedruckt, daß die Eiweißmoleküle der meisten Tiere keine Kezeptorien besitzen, die die haptophoren Gruppeu der Luesmoleküle zu verankern vermögen. Die Immunität der Tiere gegen Lues wird erst dann überwunden werden, wenn es gelingt eine Methode zu finden, f^eeignete, den menschlichen entsprechende Rezeptoren dauernd in den Tierkörper hineinzutragen oder in ihm zur Bildung zu bringen. HerrMraöek (Wien) stimmt mit den Angaben von Wael seh und Winternitz überein. 12. Y. Marschalkö (Klausenbnrg.) Über Rhinosklerom (mit Demonstration dreier Fälle). Der Vortragende hat während seiner sechsjährigen Tätigkeit an der Klausenburger Klinik vier Fälle von Rhinosklerom beobachtet, ein Beweis dafür, daß diese Erkrankung in Siebenbürgen ganz vereinzelt vorkommt. Der 1. Fall betrifft eine 88jährige Bäuerin; Beginn des Prozesses vor 18 Jahren mit einem Knoten an der linken Nasenseite. Dieser Knoten bewirkte vor 10 Jahren eine Obturation der linken Nasenhälffce, welcher Prozeß allmählich auch auf die rechte Nase übergriff. Vor 4 Jahren ausgiebige Excisien der Geschwulstmassen mit nachfolgender Verschorfung mittels Pacquelin und Entfernung der regionären Drüsen. Bazillen wurden nicht gefunden. Der Prozeß ist seit der Operation stationär. Beim 2. Fall einer 82jährigen Bäuerin, handelt es sich um ein aus- gedehntes Rhinolaryngosklerom. Krankheitsdaner seit zweieinhalb Jahren, Beginn der Erkrankung mit Heiserkeit, seit 2 Jahren Stimme vollkommen aphonisoh. Die linke Nase ist vollständig verstopft. Wegen eines Er- stickungsanfalles mußte vor einiger Zeit die Traoheotomie ausgeführt werden. Bazillenbefund positiv. 8. Fall. 40j&hriger Bauer, leidet seit 6 Jahren an Nasenbluten, wurde mehreremale erfolglos antiluetisch behandelt. Vor 1 Jahre Auf- treten eines kleinen Geschwüres in der Nase. Der Prozeß schreitet langsam eor. Im Nasenschleim Bazillen vorhanden. 18. T. Marschalkö (Klausenburg). Demonstration eines Falles von multiplen Dermatomyomen. des Vi II. KoDgr. der Deutschen denn. Ges. in Sarajevo. 253 An Brust und Unterschenkeln eines SOjährigen Mannes finden sich Knoten, die sowohl spontan als bei leiser Berührung äußerst schmerc* baft sind. M. fand bei der histologischen Untersuchung als Ausgangspunkt die Musculi arrectores pilomm. Diflkossion : Herr Neisser (Breslau) verweist auf die von ihm mitgeteilte Beobachtung, Rhinosklerom mit Böntgenstrahlen behandeln lu können. Herr Basch (Budapest) erwähnt, daß er vor 2 Jahren in Budapest eiuen Fall vorgestellt habe, der dem Falle von multiplen Dermatomyomen gani ähnlich war, jedoch eine größere Ausbreitung aufwies. Der Kranke, ein intelligenter Mensch, erwähnte, daß die Schmerien in den Knoten und Knötchen sowohl bei Temperaturveränderungen als auch bei starken psychischen Alterationen eintreten; gleichzeitig werden die Knoten auch pehr hart. In Bezug auf die Ätiologie der Geschwulst konnte B. durch die histologische Untersuchung keinen direkten Zusammenhang mit den Hm. arrectores pilomm nachweisen. Die mm. arrectores waren viel i stärker entwickelt, jedoch die Media der Blutgefäße zeigte sich aufs I doppelte verdickt, so daß die Beteiligung der Bluts:efa& an diesem I Prozesse auch iu das Gebiet der Möglichkeit gerückt erscheint. Herr Glück (Sarajevo) konnte in seiner Tätigkeit in Bosnien (22 Jahre) keinen einzigen Fall von Rhinosklerom konstatieren. Herr Petersen (Petersburg). In Rußland weisen die westlichen, an Galizien grenzenden Bezirke Rhinosklerom auf, in den anderen Pro- vinzen vnirde es nicht beobachtet. In St. Petersburg hat P. nur 2 Fälle, die aus Nordrußland stammten, gesehen; wie dieselben dahingekommen, blieb unerklärt. Der Verlauf der Erkrankung ist chronisch und günstig. Die Rasse spielt keine Rolle. Hen* Hödelmoser (Sarajevo). Nach seinen auf der Schrötter sehen Klinik in Wien gemachten Erfahrungen weist neben Galizien auch Mähren sahlreiche Rhinoskleromfalle auf. Herr Mraöek (Wien) glaubt an die vornehmliche Prädisposition der slawischen Rasse für Rhinosklerom; diese Beobachtung konnte er ge- legentlich einer kürzlich unternommenen Reise in Galizien machen, an einem Tage sah er 7 Fälle von Rhinosklerom. Herr Löwenbach (Wien) erwähnt, daß nach den Erfahrungen, die an den Kliniken Neumann und Schrötter in Wien gesammelt wurden, die Patienten Deutsche, Slawen und Juden betreffen. Herr Löwenheim (Liegnitz) macht auf eine Publikation auf- merksam, die von 4 Fällen von Rhinosklerom berichtet, die in einem Dorfe Nieder- Schlesiens beobachtet wurden. Möglicherweise konnte dieser Herd, der völlig isoliert ist, in Beziehung zur Schiffahrt auf der nahen Oder gebracht werden. Herr Neisser (Breslau) weist auf die neuerdings in Ostpreußen gemachten Erfahrungen hin. Herr Ehrmann (Wien) meint, daß in der Rhinoskleromfrage von einem reinen Rassenstandpunkte nicht die Rede sein könne. Die Bewohner der Länder, in denen diese Erkrankung hauptsächlich zu finden ist, sind nicht nach physisch • anthropologischen Merkmalen geschieden, sondern nur der Sprache nach. Die physische Beechaffenheit ist im Gegenteile die gleiche, das sprachliche Scheidungsmoment spielt speziell in Ost- Preußen und den Sudetenländern eine große Rolle. 254 Verhandlangen Glück (Sarajevo) betont, daß in den europäischen Ländern im anthropologischen Sinne von reinen Rassen absolnt keioe Rede sein könne. 14. Kraus (Prag). Zur Frage der nietastatisohen Lymph- drüsenerkrankung beim Rhinosk lerom. Im Anschlüsse an seine früheren üntersuchungsergebnisse berichtet Kraus über einen zweiten Fall von Rhinosklerom, in dem es gelang, aus einer regionären Lymphdrüse Eapselbazillen zu isolieren. Die histologische Untersuchung der Drüse ergab in derselben keinerlei für Rhinosklerom charakteristische Veränderungen. In dem vor der histologischen Untersuchung nach dem Vorgänge Hubers durch 24 — 48 Stunden ^^kultivierten* Drüsengewebe fanden sich Eapselbazillen. Da es indes bisher nicht gelungen ist, den Rhinosklerombazillus von anderen Eapselbazillen zu differenzieren, andererseits Mikroorganismen und speziell der Bazillus pneumoniae Fried- länder zu wiederholten malen auch in normalen Lymphdrüsen nachgewiesen werden konnten, kann von einer metastatischen Lymphdrüsenerkrankung beim Rhinosklerom mit absoluter Gewißheit heute noch nicht gesprochen werden. 15. Glück (Sarajevo). Demonstration von Favus- kranken. In der Einleitung zu seinen Vorführungen weist Glück auf die große Frequenz des Eopfgrindes besonders unter der islamitischen und spagniolischen Jugend Bosniens hin, bemerkt jedoch hiebei, daß auch der christliche Teil der Bevölkerung nicht vollkommen frei von Eopfgrind sei, femer betont er, daß das Leiden viel häufiger bei männlichen Individuen als bei weiblichen anzutreffen sei. In vielen Fällen beschränkt sich der Favus nicht ausschließlich auf die Eopfhaut, sondern es werden auch nicht selten die Fingernägel affiziert gefunden. Fälle von Favus der nicht behaarten Haut finden sich verhältnismäßig selten, besonderes Interesse dürfte daher der Fall beanspruchen, den der Demonstrierende nun vorfuhrt. Es bandelt sich um einen 17jährigen Bauernburschen aus dem Bezirke Eladanj, der geistig wie körperlich stark zurückgeblieben ist. Die Haut des behaarten Eopfes, der Angenbrauengegend, der Wangen, eines großen Teiles des Rückens, der Glutäalgegenden, der Ober- und Unterschenkel sind mit mächtigen, 2—3 cm dicken, grau- und grünlich- gelben Auflagerungen bedeckt, die an manchen Stellen einen zusammen- hängenden Panzer bilden, stellenweise baumrindenartigen Charakter auf- weisen. An mehreren Stellen sieht man in der Mitte bereits Umbildung zur Narbe. Die Schleimhäute sind frei. Der 2. Fall betrififl einen 15jährigen Enaben, dessen ganze Eopf- haut sich mit einer dicken zusammenhängenden Lage graugelblicher und schwefelgelber Borken und Ernsten bedeckt erweist, nach deren Entfernung die lebhaft gerötete, der Epidermisschichte beraubte, oder bereits narbig verbildete Haut zu Tage tritt. Haare sind nur am Vorderhaupte in einzelnen Büscheln noch vorhanden, ebenso am Hinterhaupte und an den seitlichen Partien. Die Haare sind matt wie bestaubt, leicht extrahierbar, die Wurzel von einer weißlichen Cbitinschichte umgeben. Als Resultate des YIU. Eongr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajevo. 255 TOD geheiltem Favus werden weiters 2 Knaben im Alter von 5—7 Jahren vorgestellt. Die Behandlungsdauer währte 6—8 Wochen. Die Behandlung des Favus, die seit mehreren Jahren an der dermatologischen Abteilung des bosn.-herz. Landesspitales geübt wird, besteht vor allem in der Entfernung der zuvor durch Earbolöl auf- geweichten Skutnlamassen mittels Sapo kaiin. und warmeu Wassers. Hierauf werden alle krankhaft veränderten Haare epiliert. Die Epilation nimmt 8 — 4 Sitzungen in Anspruch, so dafi die eigentliche Behandlung erst mehrere Tage nach der Spitalsaufnahme beginnen kann. Eine Kompresse, aus Verbandstoff hergestellt, wird in 0'57o Sublimatlösung getränkt, gut ausgewnnden, so daß der Umschlag nur feucht ist Die gesunden Partien werden mit einer indifferenten Salbe messerrückendiek bestrichen, die Kompresse auf die Kopfhaut appliziert und darüber eine Kappe aus Billrotbatist gebunden. Der Verband bleibt 8—5 Stunden liegen« Nach Abnahme des Verbandes wird durch einige Tage der Kopf mit Umschlägen von essigsaurer Tonerde bedeckt, bis die akuten Ent- znndungserscheinungen geschwunden sind. Bis zum gänzlichen Schwunde der Entzündnngserscheinungen werden indifferente Salben aufgetragen und der Kopf mit einer Billrotbatistkappe verbunden gehalten. Die nachsprießenden Haare werden, insofern sie leicht extrahierbar sind, weiterhin epiliert. Diese Behandlungsmethode hat eine größere Anzahl sehr g^ter Resultate ergeben und Gl. verfugt über eine Reihe von Patienten, die nach Jahren ohne Rezidive blieben und die einen ganz hübschen Haar- wuchs zeigen. In einer größeren Reihe von Fällen wurde von dem von Prof. V.Petersen angegebenen Mittel, der Jodtinktur, ausgiebiger Gebrauch gemacht, doch wird in keinem Falle von der gewissenhaftesten Epilation abgesehen. Die Röntgenbehandlung wurde bisher nicht in Anwendung gebracht, doch will Gl. nunmehr auch diese in geeigneten Fällen versuchen. Diskussion: Herr Spiegier (Wien) hat von der Röntgen- behandlung des Favus in allen Fällen in kürzester Zeit absolute und dauernde Heilung — ohne Rezidive — beobachtet. Er empfiehlt dieses Verfahren als die beste Methode der Favusbehandlung und beschreibt ausführlich sein Verfahren bei der Favusbehandlung mit Röntgenstrahlen. Herr Saalfeld (Berlin) weist auf die ^nstiffen Erfolge der Kataphorese hin, die er mit dieser Methode bei Trichophytien erzielt und frafft an, ob Herr Glück dieses Verfahren bereits angewendet hat. Herr K e i s s e r (Breslau) hat mit der Röntgenbehandlung nicht die günstigen Erfolge aufzuweisen, wie Spiegier; er hat Rezidiven gesehen, die ihm durch das Zurückbleiben von Puzresten erklärlich scheinen, da nur die Haarschäfte bei der Röntgenepilation entfernt werden. An seiner Klinik wird bisher wesentlich die Methode der Epilation geübt. Herr N o b 1 (Wien) erinnert im Anschlüsse an die von Herrn Glück demonstrierten 2 Fälle von ausgeheiltem Favus an die Demonstration eines favösen Knaben von der Abteilung des Prof. Lang anläßlich der Naturforscherversammlung im Jahre 1894 in Wien. Es handelte sich um einen IQjährigen Knaben aus Galizien, dessen ganze Körperoberfläche buchstäbuch von gänseeigroßen und kindskopfgroßen Schofien übersäet war und die an vielen Stellen durch üsur zur Bloßlegung der Muskulatur 1 256 Verhandlungen fahrten. In den Dejekten waren Mykelien nachweisbar und ließen sich anch kultivieren. Der Knabe wurde geheilt. Herr von Petersen (Petersburg). Die Favus therapie ist in Ruß- land gegenwärtig sehr aktuell, seitdem der Favus nicht mehr vom Militär- dienst befreit. Zur Rekrutierungszeit sind die Militärspitäler von Favus- kranken überfüllt, die Kranken verweigern jedoch die £pilation. Mit der von ihm angegebenen Methode Karbolsäure -Vaselin (1%) und Jodtinkturpinselungen (zweimal wöchentlich) kommt er ganz gut aus. Es geht zwar langsam, doch sind auch ohne Epilation nach dieser Methode sichere Erfolge zu erzielen. Herr Ehr mann (Wien) bemerkt, es sei natürlich, wie bei allen Methoden auch bei der Radiotherapie die Grenze der Behandlunjp^ nicht festzustellen, da man nie sicher ist, alle Pilzelemente abgetötet zu haben. Die Röntgenbehandlung muß ziemlich lange währen. Starke, rasch eintretende Dermatitiden dürfen nicht erzeugt werden. Die Wir- kung beruht nicht in der Pilztötung, sondern der Epilation, deshalb kommen Rezidiven vor und es muß die Behandlung fortgesetzt werden. Die Handlichkeit und Bequemlichkeit der Methode für Arzt und Patient macht sie doch vor allen anderen Behandlungsarten wertvoll ; jedoch sei Vorsicht in der Dosierung und Anwendung harter Röhren geboten. Übrigens wirkt Wärmestrahlung ebenfalls. Herr Holzknecht (Wien). Der Vorredner weist auf die lauge Dauer der Röntgenbehandlung hin, die er mit durchschnittlich 3 Monaten ansetzt und die ihm die sonst so hoch anzuschlagende Methode der Röotgenbehandlung zu beeinträchtigen scheint. Unser Streben geht dahin, eine gleichmäßige Reaktion 1. Grades auf der ganzen behaarten Kopfhaut zu erreichen, dazu ist eine Bestrahlung derselben von 6 Röhren- stellungen aus nötig, von denen jede bei gutem Röhrenbetriebe zirka 15 Minuten dauert. Die ganze Behandlung dauert daher l'/. Stunden und kann an einem Tage vollendet werden. Tatsächlich entläßt Redner auch zugereiste Fälle nach einer Sitzung in ihre Heimat. Die Reaktion läuft ja ohne Jedes Zutun ab und nach 8 Wochen zeigt sich das neue Haarkleid. Die Dauer der Behandlung beträgt daher nicht 3 Monate, sondern iVg Stunden. Herr £ hrm an n sprach auch über neuere Heilmethoden des Favus. Man könnte in dieser Eunsicht auch an die Radiumstrahlung denken. Redner glaubt aus seinen gemeinsam mit E x n e r (Wien) gemachten Studien über die Pathologie der Radiumdermatitis (Ber. d. Akad. d. W. in Wien 1903) schließen zu können, daß eine Verbesserung gegrenüber der Röntgentherapie nicht zu erwarten ist, weil der Nachteil nennens- werter entzündlicher Erscheinungen hier vorläufig nicht zu umgehen ist. Ehrmann rät noch zur Vorsicht in der Dosierung und emp- fiehlt zu diesem Zwecke härtere statt weicher Röhren. Die Röhren- härte hat nur auf die momentane Lichtintensität, nicht auf die gesamte applizierte Lichtmenge Einfluß, auf die letztere kommt es nun an. Man kann selbstverständlich mit jeder Röhre, ob sie viel oder wenig Licht g^bt, ein Gangrän bis auf die Knochen erzeugen, wenn man nur ent- sprechend lanffe einwirken läßt. Herr Neisser (Breslau) fragt den Vorredner, ob er bis zur Reaktion bestrahlt. Herr Holzknecht (Wien) antwortet auf die gestellte Frage, daß die bei der Favusbehandlung erstrebte Reaktion eine solche ersten Grades, erster Stufe ist. Speziell an der behaarten Kopfhaut dokumentiert sich dieselbe als Depilation und Desquamation ohne RÖtunff und sonstige entzündliche Erscheinungen. Nur, wo solche in der Umgebung von favösen Stellen schon vorher bestehen, werden sie gesteigert. Wenn Herr Neisser bei einem sehr stabilen Materiale häufig I^zidive sah, des VlII. Eongr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajevo. 257 BO muß zugegreben werden, daß die Patienten in Wien zum größten Teile zagereist sind. Die Beobachtuogsdauer läßt sehr viel zu wünschen übrig. Von den Fällen, die dauernd beobachtet wurden, ist keine Rezidive dem Redner bekannt, derselbe glaubt, daß ein großer Teil der Rezidiven in rter Applikations technik zu suchen ist. Natürlich kann nur die gleich- mäßige, am ganzen behaarten Kopfe in gleicher und genügender Stufe auftretende Reaktion vor Rezidiven schützen und es kann nicht Wunder nehmen, wenn eine zu wenig getroffene Stelle unverändert bleibt und hinterher wieder deutlich zum Vorschein kommt oder sogar zur Rein- fektion der befreiten Partien der Kopfhaut führt. Die wichtige und überall gleiche Höhe der Dosis ist hier daher von größter Bedeutung. 16. Schindler (Prag). Kasuistischer Beitrag zur Frage der Übertragbarkeit von Rin de r tuberkulöse auf den Menschen. Der Vortragende berichtet ülier einen Fall von Tuberculosis cutis verrucosa bei einem Notsohlächter, der sich beim Schlachten eines perlsüchtigen Rindes an der Stelle einer Verletzung der rechten Hand, von wo die Affektion ihren Ausgangspunkt nahm, infiziert zu haben glaubt. Auch an der linken Hand hat ein jüngerer Herd die gleiche Ursache. Die mikroskopische Untersuchung der vergrößerten Cubital- drüsen ergab ausgesprochene Tuberkulose; Bazillen fanden sich nicht. Der Fall erscheint durch die klaren anamnestischen Angaben bemerkenswert. 17. Jordan (Moskau). Demonstration der Moulage eines Falles von Tuberculides acneiformes et necrotiques. Jordan demonstriert eine Moulage eines Krankheitsfalles, den er bereits seit einiger Zeit zu beobachten Gelegenheit hat und der ihm einige Besonderheiten darzubieten scheint. Es handelt sich um einen 14jährigen Schusterlehrling, der angeblich seit 7 Jahren einen kranken rechten Fuß hat. Die Mutter des Patienten « ist an Schwindsucht gestorben, der Vater lebt. Der Kranke selbst zeigt augenblicklich außer den Erscheinungen auf der rechten Fußsohle keine Veränderungen der Haut, noch der inneren Organe. Allenfalls wäre eine geringe Vergrößerung der Lymphdrüsen und speziell der Inguinaldrüsen anzuführen. Auf der rechten Fußsohle bemerkt man teils in der Haut gelegene, teils dieselbe ein wenig überragende Flecke und Knötchen von verschiedener Größe und teils roter, teils bläulicher Farbe. Einige Knötchen sind zusammengeflossen. Hie und da sieht man auf der Kuppe der Knötchen ein kleines Bläschen und zwischen den Knötchen zarte Narben. Wie nun die weitere Beobachtung ergab, beginnt der Prozeß in der Haut, vergrößert sich, wird zu einer derben Papel, bekömmt dann ein Bläschen und nun beginnt allmählich eine Rückbildung bis zum roten Fleck oder auch zu einer zarten Narbe. Letzteres ist aber der seltenere Fall, meist entwickelt sich aus dem Fleck wieder ein Knötchen oder auch es kommt gar nicht zur Rückbildung, sondern es bleibt die derbe Papel konstant bestehen. Ein Weitergreifen des Prozesses nuf die Peri- pherie oder ein Auftreten desselben an anderen Körperstellen wurde nicht beobachtet. Der Prozeß erweist sich als sehr hartnäckig, denn im Laufe einer achtmonatlichen Behandlung haben sich die bei Emtritt des Patienten in das Krankenhaus vorhandenen 54 Flecke resp. Knötchen Areh. f. Dermat. n. Syph. Bd. LXXII. 2y 358 Verhandlungen nar auf 43 vermindert. Histologisch weist ein Knötchen die Zeichen einer entzündlichen Infiltration im Bete Malpighii nnd im Corinm, beste- hend aus einkernigen lymphoiden Zellen auf. Kapillaren nnd Arterien zeigen keine wesentlichen Veränderungen, dagegen sind die Schweiß- drüsen atrophiert. Von Riesenzellen und Tuberkelbazillen wurde nichts gefanden. Eine Tuberkulinix^ektion konnte leider nicht vorgenommen werden. Wie das Bild dieses Falles sowohl an Lupus erythematodes, als Lupus disseminatus Boeck erinnert, scheint es doch mehr demjenigen der tuberculides acn^iformes et necrotiques zu ähneln, obgleich es sich von der eigentlichen Form dieser Krankheit sowohl durch die Lokali- sation, als durch die lauge Dauer und durch das Fehlen sonstiger Zeichen von Tuberkulose bei dem Kranken unterscheidet. 18. von Maschek (Agrram). Sarcoma idiopathicum multi- plex haemorrhagicum (Kaposi). Der Fall betrifft einen früher stets gesunden 58jährigen Bauer aus Marija Bistrica in Kroatien, welcher seit Juni 1900 in Beobachtung ist nnd dessen Veränderungen seit dieser Zeit eine bedeutende Rückbildung zeigen. Patient bemerkte zuerst 1897 Rötung, Verdickung und schwerere Beweglichkeit der linken Hand; 1899 begann eine ähnliche Veränderung am linken Fuß mit Entwicklung einzelner rundlicher Geschwülste zuerst auf der Fußsohle, später am Fußrüken und den beiden Hohlhänden. Subjektiv manchmal Jucken, erschwerte Beweglichkeit, keine Störung des Allgemeinbefindens. Manche Knoten am linken Fuß exulcerierten im Laufe der Zeit infolge Druck und Reibung von außen, oder wurden vom Kranken aufgeätzt oder aufgestochen. Die so entstandenen Geschwüre kamen dann ohne weitere Komplikationen zur Heilung. — Die deut- lichsten Veränderungen zeigt Pat. jetzt noch an der liaken Hand und am linken Fuß. Die linke Hand ist gedunsen, die Haut des Handrückens braunrot, derb infiltriert, die Infiltration übergreift mit einzelnen rot- blauen, harten Streifen und Inseln in die Haut der Vola manus. Faust- bildung nicht vollständig möglich. An der vol. Seite des linken Unter- armes oberhalb der Handgelenksbeuge befinden sich vereinzelte, braunrote, harte etwas erhabene, bis erbsengroße Infiltrate. — Der linke Fuß ist bedeutend gedunsen, besonders die mittleren Zehen sind verdickt. Auf seiner gesaraten Oberfläche findet man zahlreiche bald vereinzelte, bald konfluierende blaurote bis braunrote Knoten, deren Durchmesser 1 — 1 0 mm beträgt. Die größeren Knoten sind weich, die kleinereu härter, manche fühlen sich wie in die Haut eingesprengte Fremdkörper an. Die meisten liegen in der Haut oder sind nur wenig darüber erhaben, manche jedoch proroinieren bis zur Stilbildung. Vor dem lat. malleolus konfluiert eine Gruppe von Knoten zu einer rauhen, wenig erhabenen, in der Mitte etwas vertieften, dunkelpigmentierten Plaque, deren Rand deutlich die Entstehung aus einzelnen Knoten zeigt. Herr Prosektor Wodynski (Sarajevo) hatte die besondere Gute, einige Präparate aus einem Knoten zu untersuchen und erhob folgenden histologischen Befund: des YIII. Kongr. der Deutschen denn. Ges. in Sarsjevo. 259 Die Epidermis über dem Knoten zeigt massig verdickte Hornschicht, stark pigmentierte Zellen der oberen Schichte des Rete Malpighii, ver- flachte Papillen der Cutis, mäßig mit Rund- und Spindelzellen infiltriertes dichtes Cutisgewebe, worauf unmittelbar ein Gewebe sich ausbreitet» welches die Substanz des Knotens bildet, und welches gefaßreich mit kleinen Blutaustritten durchsetzt, aus kleinen Rund- und Spindelzellen besteht, und sowohl in den einzelnen Zellen als auch in der interzellu- lären Substanz reichliches, amorphes gelbbraunes Pigment enthält. An einzelnen Stellen zeigt das Granulationsgewebe des Knotens dichtes faseriges Bindegewebe. Der Pat. wsr zweimal (1900 und 1902) je zwei Monate in Spitals - hehandlung und erhielt dort jedesmal Arsen, Zu Hause unterzog er sich keiner Behandlung. Die Yerändemngen sind seit der ersten Beobachtung bei gleichbleibendem günstigen Allgemeinbefinden bedeutend geringer. Manche Knoten sind vollständig geschvninden, so z. B. ist in beiden Foss. scaphoideae der Ohrmuscheln je ein linsengroßer, etwas schuppender Pigmentfleck, welcher einem früheren Knoten entspricht. Ebenso war 1900 am recbten Stimmbaud ein kleiner roter Tumor, von dem jetzt nichts zu sehen ist. Diskussion. Herr Spiegier (Wien) erinnert bezüglich des Ver- laufes der Krankheit daran, daß selbst Kaposi an einen baldigen letalen Ausgang der Erkrankung nicht geglaubt habe. Herr Weiden feld (Wien). Die Krankheit hat einen gutartigen Verlauf. W. kennt einige )* alle seit 5 Jahren, die sich in diesem Zeiträume nicht wesentlich geändert haben. Bei einem dieser Kranken kam es als Folgeerscheinung einer Strapaze zu einer Gangrän der Extremitäten, die die Amputation beider Unterschenkel erforderlich machte. 1 9. Gassmann (Basel-Leukerbad). Demonstration von Prä- paraten vom Röntgenulcus des Kaninchens. Im IL Band der „Fortschritte für Röntgenstrahlen" hat Gass- mann die Histologie eines Röntgenulcus beim Menschen mitgeteilt und dabei bislang nicht bekannte Gefaßveränderungen, namentlich in Durch- löcherung der Muscularis und der verdickten Intima bestehend, be- schrieben. Er wies darauf hin, daß diese mit Lückenbildung einher- gebende eigentümliche Degen erationsform vielleicht als spezifische Wir- kung der Röntgenstrahlen anzusehen sei. — Über ähnliche, jedoch bedeutend geringgradigere Geiaßveranderungen haben seither Lion und Scholtz bei menschlichen Röntgenulzera, Halkin bei Verbrennung mit Becquerelstrahlen berichtet. Vacuolisierung des Zellprotoplasmaa sahen Grouven nach Einwirkung von Röntgen-, Karfunkel und Pollio von Ultraviolett-, Glebovsky von Finsen-, Halkin von Becqu erel- Strahlen. Die vorliegenden Präparate vom Röntgenulcus des Kaninchens weisen ganz ebenso hochgradige Gefäßveränderungen auf, wie sie vom Autor früher beim Menschen beschrieben wurden. Die Lücken sind (wenif^stens in der Muskulatur und der Intima der Gefäße) nie intra-, sondern meistens perizellulär; wahrscheinlich sind sie der Ausdruck 17* 260 Verhandlungen eines Ödems der betreffenden Zellen in vivo. Die Endothelzellen der Gefäße sind oft losgelost und ragen ins Lumen herein, so daß die ge- wucherte Intima wie zerfetzt erscheint; an manchen Venen ist die letztere bindegewebig organisiert. Da und dort sind in desselben Eiterkörperchen angehäuft, d. h. es findet sich Entzündung. Auch die Elastica ist oft verdickt, und zwar an einzelnen Stellen infolge von Neubildung elastischen Gewebes, wie aus der großen Zahl feiner Fäsercben hervorgeht. Die gleiche Lückenbildung, wie in der Gefößmuscularis, findet sich femer in den in früheren Stadien noch vorhandenen Arrektoren. In ähnlicher Weise, wie die Gefäße« sind die Nerven durch- löchert. Die länglich-spaltförmigen, auf dem Querschnitt kreisrunden Lücken umgeben eine Anzahl von Achsenzylindern. Der protoplasmareiche Leib ein- und mehrzelliger Spindelzellen, sowie von Riesenzellen im Gntisbindegewebe ist hochgradig vakuolisiert. Unna hat vakuolisierte Bindegewebszellen jedoch auch bei anderen Pro- zessen beschrieben und mit dem Namen „Schaumzellen" belegt. Die quergestreifte Muskulatur zeigt fibrilläre Degeneration, d. h. die einzelne Faser ist in ihi*e Fibrillen zerspalten. Die Querstreifung und die Kerne sind dabei erhalten, die Letzteren gequollen und vermehrt. Die Fasern werden einzeln oder in Gruppen von kernreichem Binde- gewebe umwachsen, atrophieren oder zerschmelzen ?u Riesenzellen, deren Protoplasma ebenfalls vakuolisiert sein kann. Diese Befunde machen es sehr wahrscheinlich, daß dib eigen- artige Lückenbildung (speziell in den Gefäßen) als eine spezifische Wir- kung der penetrierenden Strahlen, insbesondere der Röntgenstrahlen, an- zusehen ist. 20. Löwenbaeh (Wien). Zur Kenntnis der Hautblasto- mykose (mit Demonstrationen von Abbildungen und Prä- paraten). Der Vortragende, der in Vertretung seines verhinderten Kollegen Dr. Oppenheim über 4 in Wien von Blastomykose beobachteten Fällen berichtet, verweist zu Anfang seiner Erörterungen auf den von Oppen- heim im März 1903 in der Wiener dermatologischen Gesellschaft vor- gestellten Fall von Blastomycetenerkranknng. Es handelt sich um einen 85 Jahre alten Asphaltarbeiter, der seit 1 1 Jahren an einer Nasenaffektion litt, die früher einmal operativ als Lupus behandelt worden war. Besser als jede Beschreibung zeigt die Abbildung die Art der pathologischen Verftnde- mng. Die ganze Nase ist bläulicbrot verfärbt, an ihrer Spitze von narbiger, zarter Haut bedeckt, die gegen die Nasenwurzel und FJügel in kleinhöckerige Partien übergeht. Die Grenzen gegen die normale Haut sind nicht scharf, die Rötung verschwindet allmählich in der Umgebung. Der Nasenflügel links ist von einem 2 em langen und über 1 em breiten Geschwür eingenommen, welches fast durch die ganze Dicke des linken Nasenflügels hindurchreicht und dessen Basis papilläre Exkreszenzen mit dickem, gelben Borkenbelag zeigt. All dies würde zum Lupus papillaris des VIIL EoDgr. der Deatschen derm. Ges. in Sarajevo. 261 Btimmeii. An der Grenze des Geschwfires, sowie der Afiektion überhaupt, BQch in der Narbe bestanden jetloch Stecknadel- bis hirsekorngroße, gelblichweiße, durchscheinende Knötchen, die Oppenheim veranlaßten, den Inhalt dieser, der eine eigentümliche viscide Beschaffenheit hatte, auf Blastomyceten zu untersuchen und in der Tat fand er reichlichst hefeartige Gebilde in allen Stadien der Sprossun^ und des Wachstums. Die mnden oder ovalen, mit Methylenblau intensiv farbbaren Körper hatten eine Große von 10 — 40 /«, seigten deutlich doppelten Kontur und in ihrem Innern Granulations- und Vacuolenbildung. Die „budding forms*' der Amerikaner waren zahlreich. Bei jedesmaliger Untersuchung sowohl der durchscheinenden Knötchen, als auch des Gesohwürsgrundes fanden sich konstant diese hefeartigen Zellen. Die histologische Unter- suchung, die L. vornahm und deren Ergebnis derselbe demonstriert, ergab die Anwesenheit von Blastomyceten sowohl in intrakomealen, miliaren Abszessen, als auch im Zellinfiltrate der Cutis. Auch hier kommen diese hefeartigen Körper in allen Stadien der Sprossung und des Wachstums vor. Die Präparate wurden nach der Waelschschen Modifikation der Gram- Weigert sehen Färbung hergestellt. Es war also vollkommen auszuschließen, daß es sich in dem Falle um eine zuföllige Verunreinigung mit Hefepilzen, wie ja wiederholt solche Vorkommnisse beschrieben wurden, handeln konnte. Und obwohl Tierezperiment und Kultur sowie Autoinokulationsversuche negativ aus- fielen, nehmen L. n. 0. keinen Anstand, den Fall als Blastomyceten- erkrankung der Haut hinzustellen. Ein Umstand stützt sie noch wesentlich in dieser Annahme. Befran hat zur Heilung der Blasto- mykose Jodkali in großen Dosen empfohlen. Der Patient erhielt im Laufe von 4 Wochen 200 g Jodkali und den Erfolg dieser Therapie zeigt die 2. Abbildung des Falles. Das Geschwür ist vollständig ver- narbt; die durchscheinenden Knötchen verschwanden, die Nase ist blaß geworden. Professor Hyde aus Chicago nächst Montgomery, der er- fahrenste Kenner der Blastomykose, der zufällig in Wien weilte, sah den Fall und agnoszierte ihn als solchen, ebenso Prof. Curlett, der ebenfalls Fälle von Hautblastomykose in Amerika gesehen hat. Hof rat Neu mann, der sich dieser Auffassung des Falles anfanglich sehr reser- viert verhielt, sprach sich, bewogen durch den eklatanten Erfolg der Therapie und durch den konstanten Befund der Hefepilze dahin aus, daß sich dieser Fall vom gewöhnlichen Bild des Lupus vulgaris und der Tbc. verrucosa sowohl in seinem klinischen Aspekte, als auch in seinem Ver- laufe wesentlich unterscheide und wohl als Erkrankung sui generis im Sinne der in Amerika publizierten Fälle aufzufassen sei. Einige Monate später (Juni) wurden gUächzeitig an der Klinik Neumann und an der Klinik Riehl 2 Fälle von Nasenaffektion be- obachtet, bei denen ebenfalls konstant Hefepilze nachweisbar waren. Beide wurden in der Gesellschaft der Ärzte in Wien, der eine von Dr. Krenn» der andere von Dr. Brandweiner demonstriert. 262 Yerbandlungen Ein 4. Fall befindet sich gegenwärtig an der Klinik Hofrat Kev- mann. L. zeigt die Abbildung desselben. Eollega Oppenheim wird diesen Fall demnächst publizieren. Eine 40jährige Patientin aus Galizien hat an der Nasenspitze und beiderseits an den Nasenflügeln eine Hautveränderung, die man auf den ersten Blick als Lupus vulgaris ansprechen wfirde. Bei genauerer Be- trachtung erkennt man jedoch, daß sich nirgends charakteristische Lupns- knötchen auffinden lassen. Dagegen erkennt man an der blauroten und vielfach gefalteten, stellenweise zartnarbigen Haut kleine hirsekom- bis schrotkorngroße wachsartige Knötchen, die denen des 1. Falles gleichen. Im Inhalt dieser fand Oppenheim reichlichst hefeähnliche Zellen genau wie im eingangs beschriebenen Falle. An einzelnen Stellen sind ganz seichte, unregelmäßige kleine Substanzverluste, deren Basis ein Sekret absondert, das nuch Blastomyceten enthält. Die Grenzen der Affektion sind nicht scharf, sondern die Rötung verliert sich allmählich gegen die gesunde Umgebung. Die Affektion besteht seit 2 Jahren und wurde verschiedentlich ohne Erfolg behandelt. Jetzt bekommt Patientin Jodkali in großen und steigenden Dosen und die Affektion ist in vollständiger Heilung begriffen. Bisher sind 45 Fälle von Blastomycetenerkrankung beim Menschen publiziert worden, 43 in Amerika, 2 in Europa, von denen der eine von Busse-Buschke publiziert, ganz eigentümliche Geschwürsprozesse auf der Haut zeigte und an Allgemeininfektion mit Hefepilzen starb, während der andere von Gurtis veröffentlichte Tumoren, die mit Hefezellen er- füllt waren, aufwies. 88 Fälle wurden von uns im Originaltexte gelesen; 5 der Fälle verliefen letal durch Allgemeininfektion mit Hefepilzen, die übrigen glichen mehr oder weniger den demonstrierten Fällen. In 20 dieser Fälle waren Züchtung und Thierexperiment negativ, doch fanden sich die Hefepilze konstant im Ausstriebpräparat und im Schnitt. Es ist gewiß, daß jetzt derartige Fälle häufiger zur Beobachtung kommen werden. Trotzdem sie ihre klinischen Eigenheiten haben, ist zur Annahme einer Blastomycetenerkrankung die genaue mikroskopische Untersuchuog erforderlich. Es gehören gewiß manche Fälle, die bisher für Lupus, Epitheliom und Syphilis gebalten wurden, in diese Kategorie. Dies ist auch praktisch von großer Wichtigkeit, weil man im Jodkali ein ener- gisches und sicher wirkendes Spezifikum gegen diese Affektion hat, 21. Glück (Sarajevo). Ein Fall zur Diagnose. Der vorgeführte Kranke stand bereits im Jahre 1899 in Behand- lung der Abteilung für Hautkranke am Landesspitale in Sarajevo. Die damals aufgenommene Anamnese ergab, daß der Patient seit 2 Jahren das Auftreten von Knötchen bemerke, namentlich an den Knien und den Ellbogen. Im Gesichte traten die Knötchen erst in der letzten Zeit vor der ersten Spitalsau&ahme auf. Das Leiden ging mit starkem Jucken einher. Der damals aufgenommene Status praesens ergibt in Kürze fol- gendes: Im Gesichte zahlreiche Gruppen kleiner blasser Knötchen, des YIII. Kongr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajevo. 263 zwischen den unregelmäßig angeordneten Gruppen Kärbchen. Ohrmuscheln verdickt, an der Außenfläche dichtgedrängt sehr derbe, blasse, wachs- glänzende, klein linsengroße Knoten, die teils Pusteln teils Borken tragen. An der Haut des Halses und des Nackens stehen vereinzelt ganz unregel- mäßig angeordnet hirsekom- bis über linsengroße, flach erhabene, ganz blasse, derbe, scharf begrenzte, halbkugelige Knotehen. Schultergegend, Brust und Rücken fast vollkommen frei, während die Gürtelgegend, sowie die seitlichen Thoraxpartien derartige Knötchen in dichter Aneinander- reihung aufweisen. In der linken Achselhöhle findet sich in der vorderen und hinteren Axillarlinie je eine Gruppe solcher Knötchen und zeigen diese, wie jene des Stammes, einen mattbläulichen bis bläulichroten Farbenton. An der Beugefläche des linken Oberarms, an der Haut beider Ellbogen, an der Streckfläche beider Unterarme ebenfalls zahlreiche Knötchengruppen, während die Beugefläche der Unterarme nur ganz ver- einzelte Knötchen aufweist. Die Handwnrzelgegend beiderseits zeigt an der Beugeseite zahlreiche Gruppen von derben, rotbläulichen, glänzenden Knötchen. Überdies finden sich an der Beugefläche der Vorderarme einzelne blaßrötliche bis braune, mattglänzende, stecknadelkopfgroße, derbe, warzenähnlicbe Knötchen. Die Hand- wie Fingerrücken zeigen nur vereinzelte Knötchen, die wie die an den Handflächen verstreut stehenden leichte Schuppung aufweisen. Interdigitalfalten sind frei, nur die des Daumens ist mit kleineren und größeren, blassen, derben Knötchen besetzt. Gubitaldrüsen beiderseits über kirschgroß, hart, verschieblich, über der rechten erscheint die Haut leicht gerötet. Die Inguinaldrüsen stellen beiderseits über gäuseeigroße, drusig unebene, auffallend harte Tumoren dar. in gleicher Weise erscheinen die Cruraldrüsen verändert. Die Haut über dem rechton Cruraldrüsenpaket ist teilweise bläulichrot, am inneren Pole des Tumors erscheint sie auf Maiskorngröße ulzeriert. Die Ge- schwürsränder sind unterminiert. Die unteren Extremitäten zeigen ähnliche Veränderungen wie die oberen, doch erscheinen die Glutäalgegenden wie die Beugeseiten mit viel zahlreicheren Knötchengruppen, die stellenweise kreisartige An- ordnung aufweisen, besetzt. An den Streckflächen sind besonders die Kniegelenksgegenden befallen, daselbst die Knötchen mit weißlichgrauen, festhaftenden Schüppchen besetzt. Ähnliche Schuppung weisen die Efflo- reszenzen an den Knöcheln auf. Die damals gestellte Diagnose lautete Tuberculidum cutis uni- versale. Im Feber 1908 trat der Kranke wieder an der Abteilung ein. Der Prozeß hat nun ganz gewaltige Dimensionen angenommen, wie aus der Vergieichung der vor 5 Jahren und nun vor einigen Wochen aufge- nommenen Photographieu ersichtlich ist. Subjektive Beschwerden bestehen derzeit nicht. In der letzten Zeit traten einigemale Arrosionsblutungen aus den Geschwüren im Gesichte auf. Der Kranke ist 18 Jahre alt, mittelkräftig. 264 Verhandlangen Status praesens: Die Haut des Gesichtes höckerig, uneben und matt glänzend, an vielea Stellen von ausgedehnten GefaBnetzen durchzogen, die Stimhaut hochgradig infiltriert, uneben. Die Höcker er- scheinen durch sehr zahlreiche, blaßrote, glanzende Knötchen von mäßig derber Konsistenz gebildet. Die Stirofurchen stark ausgeprägt. Die Augenbrauenbogen mächtig infiltriert, wulstartig namentlich medialwärts, die infolge der Infiltration der Umgebung die tief zurückgesunkenen Augen überhängen. Der Nasenrücken mit zahlreichen, grieskorngroßen Knötchen be- setzt, die an der Kuppe kleine Pustelchen tragen. Die Haut der Wangen, der Lippen, des Kinnes, des Mundbodens mächtig infiltriert, massig ver- dickt ; die Haut erscheint bläulichrot glänzend ; an den Wangen tiefe Furchen. Die Mundspalte erscheint stark verbreitert, die Lippen hochgradig verdickt. In der Jochbeingegend zahlreiche miliumähnliche Effioreszenzon. Die Ohrläppchen sind herabhängend, infiltriert, mit Ejiötchen dicht be- setzt. Am Hals und Nacken zahlreiche über kronengroße Gruppen von Knötchen auf infiltrierter Basis aufsitzend. Die Nackendrüsen sind bis dattelkemgroß, derb. Am Stamme finden sich vornehmlich in beiden Flanken, dicht gruppiert, massenhaft bis kleinlinsengroße, bläulichrote, glänzende, stellen- weise leicht schuppende, derb weiche Knötchen; nach abwärts starke Infiltration der Haut. Am Stemum und läng^ der Wirbelsäule schmale, normale Konfiguration aufweisende Zonen. Die Achselfalten und die Haut über beiden Inguinal- und Ellbogengegend hochgradig gewulstet, von mehreren tiefen Furchen durchzogen, die Haut bläulichrot, von zahl- reichen Knötchen durchsetzt. In der Inguinal- und Cruralgegend unter der infiltrierten Haut Drüsentumoren von Gänseeigröße tastbar. Die Haut des Penis und Skrotum ebenfalls infiltriert, von Knötchen besetzt. Die Innenflächen der Oberarme und die Haut der Ellbogen er- scheinen stark infiltriert mit schuppenden Knötchen besetzt. Gubital- drüsen bis wallnußgroß, hart, leicht beweglich. Die Haut beider Unter- arme zeigt einen auffallenden Grad von Trockenheit, silberartige Ab- schuppung, die Streckflächen, wie die Handgelenke stark mit konfluierenden Knötchen besetzt An den Handrücken finden sich vereinzelte Knötchen, die Haut ist braunrot, trocken, schuppend, an den Grandphalangen ganz vereinzelte Knötchen. Die Haut der Glutäen verdickt, trocken, schuppend, braunrot, mit zahlreichen, an der Oberfläche abschilfernden Knötchen. Die Haut der Oberschenkel verdickt, schmutziggrau bis gelblich, an den Streckflächen nur vereinzelte Knötchen, während die Außen- und Innenseite mit zahl- reichen Knötchengruppen besetzt erscheint. Haut der Kniekehle mächtig infiltriert, bläulichrot. An den Unterschenkeln die Haut verdickt, spröde, vereinzelte Knötchen finden sich an den Waden, an den Fußrücken zahl- reiche Gruppen, die Zehen jedoch frei. Die Untersuchung der inneren Organe ergibt normalen Befund, die Milz wie Leber erscheinen kaum vergrößert. Die Untersuchung des VIIT. Kongr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajevo. 265 des Blutes ergibt einen Hamoglobingebalt (Fleischl) 80—90, spezifisches Gewicht nach Hammerschlag bestimmt 1064. Die Zahl der roten Blutkörperchen beträgt 4,350.000, die der weißen 24.400, also ein Ver- hältnis Yon 1 : 180. Die vom Prosektor Dr. Wodyiiski vorgenommene Untersuchung einer Reihe mikroskopischer Schnittpräparate, welche aus einem aus der Inguinalgegend excidierten, in Formalini ösung fixierten und in abso- lutem Alkohol gehärteten Hautstücke stammen und teils nach Unna- Taenzer mit Oroein, teils nach yan Giesson geförbt wurden, ergab folgende histologische Details: Der Hauptsitz der auffallendsten pathologischen Veränderungen ist die eigentliche Cutis, welche durch sehr starke zellige Wucherung hoch- gradig verdickt erscheint. Diese Verdickung ist aber keine gleichmäßige, indem sie bei makroskopischer Betrachtung der Präparate unter der un- "veränderten Epidermis vom Stratum papilläre angefangen, verschieden tief gegen das Unterhaut Zellgewebe sich erstreckt und hier vom letzteren in bucbtigen Linien ziemlich scharf sich abgrenzt, so daß man den Ein- druck gewinnt, als wäre die Verdickung der Lederhaut durch Konfluenz grewucherter Knoten und Ejiötchen entstanden. Die Epidermis ist sowohl in ihrer Hornschicht, als auch in der Schleimschicht gar nicht verändert Die ziemlich dünne Homschicht ist nirgends abgehoben und das Gefage der normal aussehenden, 4 — 5 reihigen Epithelzellen des Bete Malpighie eine feste. Die Grenze zwischen der untersten Lage der zylindrischen, wenig pigmen- tierteo Epithelzellen des Rete und den Papillen der Cutis ist überall deutlich. Diese letzteren erscheinen im allgenieinen niedrig, verflacht, stellenweise ganz verstrichen. In größeren Abständen, den Haarbälgen entsprechend, senkt sich das Epithelstratum der Oberhaut in sehr schmalen, gestreckten, selten verästelten Zügen tief in das Cutisgewebe hinein und erreicht stellenweise die Grenze zwischen der Cutis und dem Unterbautzellgewebe, doch sind die Haarbälge und die Talgdrüsen ganz atrophisch, als solche nicht mehr erkennbar; nur an ganz vereinzelten Stellen ündet man in der Tiefe die Spuren einer sich schärfer ab- markierenden Haarzwiebel, ohne Haarwurzel. Das unmittelbar an die Oberhaut stoßende Cutisgewebe der Papillar- Bchicht besteht aus einem lockeren Netze verschieden dicker, schwach tingierbarer Bindegewebsfasern, zwischen welchen auch die überaus feinen elastischen Fasern auf den mit Orcein bebandelten Schnitten sich gut erkennen lassen. Hier findet man auch zahlreiche Durchschnitte stark erweiterter Eapillarschlingen mit stellenweise deutlich gewucherten Endo- thelien. Bereits diese äußerste Schichte der Cutis, welche sich überall imter der Epidermis in ganz schmaler Zone unterscheiden läßt, zeigt ein mäßiges zelliges Infiltrat, wobei die kleinen rundlichen oder knrz- spindeligen Zellen noch zerstreut in den Maschen des Bindegewebes liegen. Bald jedoch ändert sich das Bild, indem gleich darauf die faserige 266 Verhandlungen Struktur der Cutis unter einem sehr dichten zelligen Infiltrate, welches tief bis an das lockere Unterhautzellgewebe reicht, gänzlich schwindet. Die dieses Infiltrat bildenden ZeUen sind teils kleine runde, teils etwas größere kurzspindelige oder auch mehr gestreckte Bindegewebs- zellen mit spärlicher strukturloser oder feinfaseriger, schwach tingi^rbarer Interzellularsubstanz. Diese Zellen zeigen keine typische Anordnung; man findet nur, daß sie an der Peripherie der gegen das Unterhaut- zellgewebe schreitenden Wucherung sehr stark zusammengedrängt liegen, besonders dort, wo sie an die Überreste des noch erhaltenen grobfaserigen und dichten Bindegewebsnetzes der Cutis anstoßen. Indessen zeigt sowohl dieses letztere als auch das darauffolgende lockere und gefaß- reiche ITnterhautzellgewebe überall gleichnamige zellige Infiltrate, ob- zwar in bedeutend geringerem Grade und in mehr zerstreuter Anordnung. Die dichtgedrängten Zelleninfiltrate innerhalb der Cutisgrenze zeigen nur schwache Vaskularisation durch Papillargefaße ; dabei sind aber an den gewucherten Zellen nirgends nekrobiotische Veränderungen wahr- nehmbar. Innerhalb dieser dichten zelligen Infiltrate sind die elastischen Fasernetze gänzlich geschwunden und erst in den Überresten des grob- faserigen, gleichsam durch die zelligen Infiltrate nach unten verdrängten Bindegewebsnetzes der Cutis und im lockeren Uuterhautzellgewebe in normaler Anordnung nachweisbar. Die im Unterhautzellgewebe vorfindlichen ziemlich spärlichen Durchschnitte von Schweißdrüsen, sowie die Durchschnitte gröberer, dai'in enthaltenen Blutgefaßstämmchen zeigen keine auffallenden Ver- änderungen. Die vorgenommenen Färbungen der Schnittpräparate auf etwaige Mikroorganismen innerhalb der krankhaft veränderten Partien der Cutis führten zu keinem positiven Resultate. Die Behandlung bestand hauptsächlich in interner Verabreichung von Guberwasser in allmählich aufsteigenden Dosen bis zu 8 Löffel pro die, des weiteren in 52 subkutanen Injektionen von Natrium kakodylicum in 207o Lösung, wovon täglich 8 eg aufsteigend, bis 20 cg injiziert wurden. Durch obige Medikation konnte jedoch weder ein Stillstand des Prozesses, geschweige denn eine Besserung desZustandes erzielt werden. Diskussion. Herr Spiegier (Wien) möchte den vorliegenden Fall für pseudoleukämische, beziehungsweise leukämische Tumoren an- sprechen. Maßgebend hiefnr ist in erster Linie das kliniBcbe Bild. Ob es sich aber um einen leukämischen oder pseudoleukämischen Tumor handelt, dafür ist bei der klinischen Gleichheit beider Bilder ausschließlich der Blutbefund maßgebend. Nachdem das Verhältnis der weißen zu den roten Blutkörperchen 1 : 180 beträgt, handelt es sich um eine ausge- sprochene Leukämie. Dementsprechend besteht auch das Infiltrat, welches den Tumor bildet, der großeu Masse nach aus weißen Blutkörperchen. Redner möchte diesbezüglich auf eine neue Publikation Kreibichs hinweisen, welcher einen solchen Fall klinisch und histologisch eingehend beschrieben hat und die Auswanderung der weißen Blutzellen aus den Gefäßen direkt nachweisen konnte. Mit Rücksicht auf die hierdurch er- möglichte scharfe Charakterisierung dieses Ei-ankheitsbildes ist dasselbe auch von der sogenannten Sarkomatosis cutis leicht abtrennbar; dies ist des YIII. Eongr. der Deatschen derm. Ges. in Sarajevo. 267 umso wichtjffer, als diese Bezeichnung ja doch nar ein Sammelnamen für ganz dinerente Krankkeitsbilder bedeutet. Herr Mankiuwicz (Berlin) schließt sich der Anscbaunng Spicglers an, den Fall als pseudoleukämische Tumorea aufzufassen; die Diaguose würde noch eine wesentliche Stütze erhalten, wenn bei wiederholten Harnuntersuchungen Albumosen nachgewiesen würden, ¥rie dies bei Psendoleukämie meist gelingt. Herr Ereibich (Graz). Mit der Ansicht Spieglers stimmt der histologische Befund des eingestellten Schnittes überein, welcher ein scharf umschriebenes Bundzelleniniiltrat zeigt. Herr Glück erwidert Mankiewicz, daß sehr häufige, genaue Harnuntersuchungen keine Spur von Albumosen oder sonstiger pathologischer Bestandteile nachgewiesen haben. Herr N e i s s e r (Breslau) bittet um Mitteilung des genauen Zellenbefun- des mit Berücksichtigung der verschiedenen Lymphocyten- Arten. Was die Arsenbehandlung anlangt, so scheint der negative Erfolg ge^en „typische Sarkome** zu sprechen, ebenso natürlich gegen Mykosis fungoides. N. möchte den Fall als „Lymphodermia" bezeichnen, weil die Bezeich- nung „Leukämie** und „Psendoleukämie" zu vage erscheint. Herr Sedlmayr (Borna bei Leipzig). Das klinische Bild erinnert zweifellos an elefantiastische Form; das durch Jahre sieb hinziehende Entstehen, welches auch die 1899 aufgenommenen Bilder erläutern, das subjektive Wohlbefinden, auch die bipherigen mikroskopischen Befunde sprechen dafür. Ungewöhnlich erscheint das Ergrifiensein fast aus- schließlich des Gesichtes. Herr Weidenfeld (Wien) hat noch nie einen solchen Fall ge- sehen, wo die Primäreffloreszenzen solche Enötchen sind, wie sie Glück beschrieben hat; insofern ist dieser Fall etwas sehr rares. Herr Neuberger (Nürnberg) kann sich der Ansicht Neissers, daß Arsenik bei Mykosis l'ungoides unwirksam sei, nicht anschließen. Be- kanntlich habe Eöbner Ende der 70er Jahre einen durch Arsen geheilten Fall von Mykosis fung. veröfifentlicht, auch Wolfiier (Bonn) berichtete über einige solche Fälle. Er selbst habe vor einigen Jahren eine Be- obachtung von Mykosis gemacht, in der anfangs Arsenik sehr günstig wirkte., so daß er fast an eine Heilung dachte. Spätere Rezidiven wurden jedoch immer weniger günstig beeinflußt, bis schließlich jegliche Arsenwirkung ausblieb. Er glaube daher, daß es erstens Fälle gebe, in denen Arsenik Heilung erzielen könne, daß zweitens Fälle vorkommen, in den anfangs Arsenik günstig wirke, dann aber versage. Herr Mraöek (Wien) spricht sich auf Grund der momentanen Untersuchung für Lymphodermia perniciosa aus. Er findet die Lymph- follikel der Haut, die Lymphgefäße und Lymphdrüsen, so weit sie palpabei sind, vergrößert und verhärtet. Das mikroskopische native Blutpräparat läßt eine Lymphomatose nicht erkennen. Die übrigen histologischen Präparate lassen die Annahme zu, daß es sich um Lymphosarcomatosis handelt. Herr Glück erklärt im Schlußworte, daß die ganze Beobachtungs- dauer hindurch kein merklicher Milz- oder Lebertumor zu konstatieren war; in den Schnittpräparaten haben sich hie und da in dem Rund- zelleninfiltrate vereinzelte Spindeizellen gefunden. (SchlaB folgt.) \ Verhandlungen der Wiener dermatologisclien GeseUschaft. Sitzung Yom 20. April 1904. Yoreitzender: Neumann. Scbriftffibrer: y. Zumbasch. Neumann kommt nochmals auf den von UDmann in der vor- letzten Sitzung gezeigten Lieben ruber planus der Mandscbleimbant zn sprechen, dessen Diagnose von Biehl durch histologische Untersuchung bestätigt wurde. Die Schwierigkeit der Diagnose ist dabei gewiß ebenso hervorzuheben als der Umstand, daß man hei ähnlichen Erscheinungen immer an den Liehen ruber denken muß. So behandelte ich vor wenigen Wochen einen Fat. aus Griechenland, der wiederholt gegen Lues behan- delt, jetzt an der Zungenspitze zwei etwa bohnengroße, erhabene, weiß- liche Plaques, an der Schleimhaut der Wange miliare weiße Knötchen zeigte. An der äußeren Haut keine Effloreszenzen. Möglicherweise handelte es sich auch hier um Liehen ruber planus der Mund- schleimhaut. Neumami stellt weiters vor einen 63jähr. Mann, der an beiden unteren Extremitäten, besonders an den Zehen und Fußsohlen, stellen- weise auch auf den Fußrücken und Unterschenkel reichend, fast symme- trisch an beiden Beinen blau^rau verfärbte, scharf begrenzte, flache In- filtrate zeigt, durch welche die Haut stellenweise grob gefeldert aussieht. Neben diesen flachen, diffusen Infiltraten sieht man an den Unterscheukeln auch einzelne, disseminierte, derbe, braunrote Knoten. Es handelt sich hier um ein seit 5 Jahren bestehendes Sarcoma idiopathicum hae- morrhagicum multiplex. Silbemiark (als Gast) stellt aus der chir. Abtlg. des Herrn Prof. V. Mosetig einen 47j. Patienten mit zahlreichen Tumoren der Haut vor- deren erste vor iVi Jahren auf der r. Wade und am Rucken auftraten und während dieser Zeit zu über doppelfaustgroßen, derben, unregel- mäßigen höckerigen Geschwülsten anwuchsen, die stellenweise bereits an die sonst nicht veränderte Haut fixiert sind. Kleinere Geschwülste finden sich zerstreut am Bücken, beiden Oberschenkeln und den oberen Ex- tremitäten. Schmerzhaft sind dieselben nicht, auch das Allgemeinbefinden hat bisher nicht gelitten. Die Diagnose fuhrt zur Annahme multipler Sarkome der Haut, die histologische Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Therapeutisch wird entsprechend einem Berichte der letzten Zeit eine Behandlung mit Thiosinamininjektionen versucht werden, worüber seinerzeit berichtet werden soll. Diskussion: Weidenfeld. In der Differentialdiagnose spricht gegen Mykosis fungoides besonders, daß der Tumor sich von der Subcutis VerhandluDgen der Wiener dermatologischen Gesellschaft. 269 gegen die Oberfläche entwickelti an der wohl aach ekzematöse Verän- derangen vorhanden sind. Wir sahen wiederholt Fälle dieser Art, bei denen an verschiedenen Körperstellen Tumoren aaitreten, die dann oft spontan oder unter Einwirkung von Streptokokkenserum sich verkleinern oder selbst ganz zarückgehen. Riehl demonstriert den in der Sitzung vom 27. Jänner gezeigten Fall von idiopathischem mult. Pigmeutsarkom Kaposi. Der Pat. ist in wiederholten Sitzungen einer Röntgenbehandlung unterzogen worden. Die infolge dieser Bestrahlungen eingetretenen Ver- änderungen sind so auffallend günstig, daß von partieller Heiluu<^ dieser sonst kaum zu beeinflussenden Krankheit gesprochen werden kann. Die überwiegende Anzahl der Plaques an Ober- und Unterschenkeln, die früher blauschwarz infiltriert erschienen, sind eingesunken und nur leicht gelbbraun pigmentiert. Die diffus infiltrierte, früher polsterartig ge- schwollene, dunkelrote Haut der Planta ist gelbbraun, runzlig wie eine senile Haut; daneben sind aber an den unteren Extremitäten mehrere neue, blauschwarze Knoten entstanden. Saehs demonstriert aus der dermatologischen Abteilung des Kran- kenhauses Wieden 1. einen 82jährigen Mnnn mit einer Hemiparese der linken Körperhälfte und des linken Facialis im Anschlüsse an eine vor 8 Monaten erfolgte Infektion mit Syphilis. Im Jänner 1904 bekam Patient 10 halbe Injektionen mit salizylsaurem Hg., war sehr anämisch, klagte stets über Kopfschmerzen und Schwindel. Vor 5 Wochen stürzte er zusammen, ohne das Bewußtsein und die Sprache verloren zu haben, bemerkte sogleich eine Schwäche in der linken oberen und unteren Extremität. Unter gleichzeitiger Darreichung von Jodnatrium und Einreibungen mit grauer Salbe sind die Lähmungserscheinungen bis auf die Facialis- parese zurückgegangen. Es handelt sich in diesem Falle wahrscheinlich um eine Endar- teriitis syphilitica der Arteria fossae Sylvii dextra im Hauptstamme oder einem ihrer Nebenäste. Dieser Fall ist auch nach einer zweiten Richtung hin bemer- kenswert. Das jüngste Kind dieser Patienten wurde vor IV2 Jahren von seiner Kostfrau luetisch infiziert, dieses infizierte die beiden älteren Geschwister und die Mutter, diese wiederum den Mann. 2. einen 44 Jahre alten Patienten, der vor 11 Jahren Lues akquirierte und an der Klinik Kaposi 35 Einreibungen mit grauer Saloe bekam. Seit 3 Monaten bestehen Gehstörungen, außerdem leichte Blasen- imd Stuhlbeschw^erden. Pupillenreaktion erhalten, Fehlen der Patellar- reflexe, Romberg etwas angedeutet, keine Sensibilitätsstörungen, keine Ataxien, Babinskysches Symptom sowie Fußklonus nicht auslösbar, Plantarreflex nicht gesteigert. Der Gang ist ein spastisch — paretischer. Außerdem ist bei dem Patienten eine Aorteninsuffizienz und in geringem^ Grade eine Aortenstenose vorbanden, Gelenksrheumatismus ist nicht vorausgegangen. Der oben angegebene Befund paßt wohl am bcäten zum Bilde einer Myelitis, die im Lendenmark lokalisiert und mit Wahrscheinlich- keit auf luetische Basis zurückzuführen ist. Ob auch das Vitium cordis mit Lues in Zusammenhang gebracht werden kann, ist mit großer Vorsicht anzunehmen. Es wäre ja möglich, daß das syphilitische Virus sowohl die großen Gefäße (Aorta), als auch die kleinsten des Rückenmarkes befallen hat. 270 Verbandlungen Diese endarteriitisch veränflerten Gefäße würden sekundär zu einer Er- krankung der nervösen Elemente des Rückenmarks führen. Diskussion: Neumann. Der jüngste Intervall, in dem ich der- artige Gehirnerscheinungen beobachtete, war im 8. Monate nach der In- fektion. Auch jüngst sah ich schwere nervöse Erscheinungen bei einem geistig augestrengten Schriftsteller im 7. Monate der Erkrankung. Diese endarteritischen Prozesse sind vorwiegend eine Erscheinung der Fruperiode der Lues. Ehrmann stellt vor: 1. einen Fall von echtem Leukoderma psoriaticum bei einem Pat., der s^it einem Jahre weder mif Chrysarobin noch mit anderen Salben, sondern nur iotern mit Arsen behandelt wurde. Jetzt sieht man allenthalben helle Flecken, die in ihrer Form ganz den Stellen ent- sprechen, an denen früher Psoriasiseffloreszenzen gesessen sind; an ein- zelnen sind am Rande auch noch frische Knötchen zu sehen. 2. einen Mann mit wohlausgebildeter Tabes und Gharkot scher Arthropathie, ge^eu die er seit kurzer Zeit Jodkali bekommt. 3. ein Rose nbachsches Erysipeloid in Form einer ring- förmigen, blauroten Verfärbung an der Innenfläche des rechten Knie- gelenkes. Temperatur darüber erhöht, im Zentrum leichte Blasenab- hebung. Die sonst selteue Affektion kommt meist bei Fleischhauern und iLOchinnen vor; wodurch es hervorgerufen wird, ist nicht ganz klar, vielleicht durch Fleischtoxine. Ich beobachtete sie auch bei einem jungen Mädchen, in dessen Haut sich eine Zecke eingebissen, die dann ohne Stachel losgerissen worden; um die Wunde kam es zu einen ähn- lichen, oft rezidivierenden Erysipeloid, das erst nach Entfernung des zurückgebliebenen Bißwerkzeuges schwand. Ein anderesmal beobachtete ich es bei einem Diener, welcher sich mit dem Nagel einer Kiste ver- letzte, in der Kaninchen waren. Diskussion: Weidenfeld. Das Erysipel Rosenbach gehört in die Gruppe der kalten Erysipele, ist fast nicht erhaben, nicht schmerz- haft, Temperatur nicht «erhöht. Verursacht ist es durch verschiedene Cladothrizformen. Ich sah sie oft als runde oder kreisförmige, in der Mitte abheilende Erythemformen, die wochenlange bestanden. Darum ist es wohl auffallend, daß hier der Prozeß mehr den heißen Charakter hat. Riehl bemerkte, daß die Symptome des Erysipels Rosenbach verschiedenen Schwankungen unterliegen namentlich in Bezug auf die Intensität der Entzündungserscheinungen, die Art der Ausbreitung und des Verlaufes. Es kommen Fälle mit akuter Entzündung und Exsudation (Blasenbildung am Rande) vor und wieder andere, die eine mäßige Rötung und geringe Infiltration am Rande zeigen. Häufig sieht man ein spontanes Abheilen der zentralen Anteile, so daß die ganze erkrankte Stelle Ringform annimmt. Die Ränder wandern zuweilen auf weite Strecken fort z. B. vom Malleolus bis zur Bauchgegend; unter solchen Umständen kann sich der Verlauf auch auf eine Reihe von Monaten er- fltrecken, während andere Fälle in wenigen Wochen abheilen. In einem Falle begann die Affektion am Knie, vergrößerte sich langsam zu einem großen Ringe, der die ganze vordere und seitliche Haut des Knies ein- einnahm. Nach einem Jahre fanden sich 2 Ringe, welche wie Strumpf- bänder den Ober- und Unterschenkel umfaßten, eine Erscheinung, welche der Wiener dermatolcgischeD Gesellschaft. 271 dorch Wachstum der Ringform bis znr Berührung and Abheilen der Kontaktstellen zu stände kam; die beiden Ringe wanderten nnn in ent- gegengesetzter Richtung anf- nnd abwärts. Solange die Erreger des £rys. R. nicht zweifellos festgestellt sind, kann man diese eigentümliche Hautentzündung nicht von den übrigen Formen der Gruppe ^Pseudoerysi- pel** abtrennen, zu denen es auch früher immer gezählt ^urde. Bemer- kenswert erscheint auch die Beobachtung, daß manchmal in den abge- heUten Zentren der Plaques Atrophie eintritt. Es legt dies den Gedanken nahe, daß vielleicht das Erysipel Rosenbsch mit dem Anfangsstadium der Atrophia cutis propria — Erythromelie Pick — in näherer Bezie« huog steht. Ehr mann. Auch der von mir zuletzt erwähnte Diener zeigte zwei solche Kreise, in deren Zentrum eine solche Atrophie zurückblieb. Ehrmann demonstriert noch einen Lupus tumidus der Nase, der nach Behandlung mit Resorcin und folgenden Röntgenbestrahlungen (im ganzen bisher fünf) bedeutend gebessert und abgeflacht ist. Leiner (Karolinen - Kinderspital) stellt ein Gjähriges Kind mit einer Hautaffektion vor, die er der Gruppe der Tuberkulide beirechnen möchte. Anamnestisch ließ sich erheben, daß das Kind seit 2 Jahren Er- irierunffen an den Händen und Füßen zu wiederholten Malen gehabt habe. £ie jetzige Hauterkrankung besteht seit 2 Monaten; subjektive Beschwerden sind nicht vorhanden. Sie sehen an dem Kinde die Haut der Hände nnd Füße stark cy- anotiseh verfärbt; in dieser lividen, sich kühl anfühlenden Haut Bei* derPoß- und Handrucken sind mäßig reichliche, mohnkorn- bis hanfkorn- ffroße, ziemlich derbe, an ihrer Oberfläche abgeflachte, etwas schilfernde Knötchen vorhanden, die zum Teil disseminiert stehen, zum Teil in Gruppen anflreordnet sind. Auch an den Unterschenkeln sind livide, kleine Knötcnen zu sehen, von denen die meisten eine deutliche zentrale eitrige Einschmelzung zeiffen (acneiform). Am Stamme hat das Kind vereinzelte Herde eines ringförmig gruppierten anämischen Ekzems. In den Lungen sind keine pathologischen Veränderungen nach- weisbar. Diskussion: Neumann: Das Kind zeigt jene Form von Liehen Bcrofulosorum, bei dem die Knötchen an den peripheren Teilen der Ex- tremitäten sehr livid erscheinen, weshalb diese Knötchen auch als Liehen lividos bezeichnet wurden. Bei diesen kleinen, kachektischen Kindern kommt es dann auch oft zu kleinen Blutungen in die Follikel, daher auch porpora livida genannt. Spiegier zeigt 1. ein außergewöhnlich lokalisiertes Epitheliom. Über der oberen Hälfte des linken Schulterblattes ein kindsluindtellergroßes, flaches Geschwür mit serpiginösem, bogenförmigem, derbem Rande, auch die Umgebung derb infiltriert. Ob eine andere Affektion an derselben Stelle vorausgegangen, ist nicht sicher; jedenfalls bestand vor Jahren ein Geschwür, das auf graues Pflaster zurückging; dieselbe Medikation blieb jetzt ganz erfolglos. Auch bestätigte die histologische UnterBuchung die Diagnose eines Caroinoms. 2. ein Epitheliom mit ebenso ungewöhnlicher Lokalisation an der Innenfläche des r. Oberschenkels, umgeben von 2 ungefähr ebenso- 272 Verhandlangen ffroßen, flachen Narben, an denen gleichfalls Epitheliome gesessen und durch Operation entfernt wurden. 3. einen ei&;enartigen, in Form meist Stecknadelkopf- bis linsen- großen hellroten Fleckchen über Stirne, behaarte Kopfhaut und Nacken zerstreuten N a e V u s flamm eus; beim ersten Zusehen liegt die Diagnose einer abheilenden Psoriasis sehr nahe. Riehl demonstriert ein 23j. Mädchen mit ausgebreiteten Röntgen- schaden nach einer Psoriasisbehandlung. Im Gesicht, namentlich an der Stirne erscheint die Haut atrophisch, mit mehreren Teleangiektasien. An beiden Waden bestehen seit 9 Monaten tiefe, in die Cutis und Subcutis reichende Geschwüre von über Handtellergröße. R. verweist auf seine Ausführungen in der k. k. Gesellschaft der Ärzte und betont, daß hier zweifellos die Röntgentherapie eine schwere und dauernde Verletzung verschuldet habe, in einem Falle gewöhnlicher, zerstreut lokalisierter Psoriasis, welche mit unschädlichen Behandlungsmethoden sicher zu heilen gewesen wäre. Diskussion, ü 11 mann: Gegenüber dieser strengen Indikation zur Behandlung der Hauterkrankungen mit Röntgenstrahlen muß hervor- gehoben werden, daß man, um die Einwirkung der Radiotherapie auf die verschiedenen Hautafifektionen kennen zu lernen, dieselben eben be- strahlen muß. £s gibt bei vielen Dermatosen ja Formen, welche anders gar nicht zu £nde geführt werden können. Ich glaube daher, daß man bei Hautaffektionen, bei welchen man nicht anders zu einem Resultat kommt, die Röntgenbehandlung einleiten kann. Ich tat dies ja auch mit bestem Erfolge bei multiplen, planen Warzen, die vorher lange vergeblich vom Chirurgen behandelt waren. Riehl will nicht mißverstanden werden. Er verwendet ja selbst, und wie die demonstrierten Fälle bewiesen, mit gutem Erfolge die Röotgen- therapie, muß aber jeden Abusus, besonders in der Hand Unerfahrener, bekämpfen. Sie ist bei Krankheiten zu versuchen, die man bisher über- haupt nicht behandeln konnte; und da bedeutet eine Heilung einen glänzenden Erfolg. Bei Krankheiten aber, die wir auf anderem Wege heilen können, ist die radiologische Behandlung erst zu versuchen, wenn man auf andere Weise nicht vorwärts kommt. Nobl: Bezüglich der Indikationsstellung der Röntgentherapie kann man sich soweit stellen, daß alle Prozesse, die ohne Atrophie und Narben- bildung ausheilen, nicht mit Röntgen behandelt werden sollen. Denn diese erfolgt fast in 80 — 907o ^°^ steht dann in keinem Verhältnis zur Affektion selbst. Dies gilt in erster Linie von der Psoriasis und vielen anderen Affektionen, gegen die ohne Wahl die Röntgenstrahlen ange- wendet werden. Weidenfeld erwähnt einen Kollegen, der an einzelnen Stellen Psoriasisherde hatte und im vorigen Jahre unter Anwendung des Chromo- radiometers bestrahlt wurde. An den Stellen, wo das Chromoradiometer angewendet wurde, blieb die Haut intakt, in der Umgebung trat Pigpoient- auhäufung ein; am übrigen Körper ein diffuses Erythem, das einige Monate anhielt. Freund: Diese Erörterungen über die Folgen der Röntgenbe- strahlung sind von Oppenheim und mir in der Wiener klin. Wochen- der Wiener dermatologiscben Geeellechaft. 273 Schrift besprochen worden. Sie finden dort auch angegeben, wann und unter welchen Bedingungen der Bestrahlung Atrophie eintritt. inimann stellt vor: 1. Einen jungen Mann, bei dem seit 4 Monaten eine hartnäckige Urticaria besteht; es kommt weniger «ur Proruptipn von Quaddeln, als hie und da zum Auftreten großer circnmscripter Ödeme. Auch hier blieb die Urinuntersuchung negativ, ebnso wie vielfach angewendete Darmdesinficientia ; dagejgen besteht eine deutliche Cutis graphioa. Wie schon vor Jahren beschrieben, liegt in solchen Fällen keine Darmintoxi- kation, sondern eine abnormale Hyperästhesie der Haut vor. 2. Einen Mann, der vor 4 J. Lues akquirierte und jetzt neben einer Acne vulgaris am Rücken ein gruppiertes, großpapulöses Bezidiv* Syphilid über der rechten Schulter aufweist, dessen Lokalisation wohl auf die bestehende Khjphoskoliose der Brustwirbelsäule nach rechts und die mechanische stärkere Reibung dieser Hautpartie beim Liegen znrück- lafabren ist. 3. Die Moulage der bereits berichteten Arsenkeratose, die 1893 hier vorgestellt wurde. Man sieht auch im histologischen Präparat, das unter dem Mikroskop eingestellt ist, deutlich die Arsenpigmentation und die Keratose um die Enäueldrüsen. Yon den 2 Garcinomen war das an der Ferse, das in der Folge zur Amputation der unteren Extremität geführt hatte, ein gewöhnliches, verhorntes Plattenepithelcarcinom, das zweite an der Stirne, wie aus dem gleichfalls eingestellten Präparate ersichtlich ist, das von Er ompe eher ausführlich oeschri ebene Basal- zellencarcinom. Diskussion. Neumann: Zum 2. Falle möchte ich noch fol- gendes bemerken. Die Lues lokalisiert ihre Produkte besonders gerne um die Gefäße, welche die Follikel umgeben. Bei stärkerem Liehen pilaris oder hei präexistenter Erkrankung der Follikel bieten diese daher einen Lieblingssitz für die Lues. Hier kommt in diesem Sinne die Acne indu- rata der Rückenhaut sehr in Betracht. Dazu kommt noch die durch die von U 1 1 m a n n betonte Skelettanomalie als mechanisoh alterierte Haut, an der sich die Lues leicht etabliert. Riehl demonstriert einen 25jährigen Kranken mit M. Basedow mit intensiver Protrusio bulbi, Störungen der Herzfunktion etc. Bei diesem Kranken ist im Laufe des M. Basedow vor 4 Monaten an beiden Unter- schenkeln eine Hautveränderung eigentümlicher Art aufgetreten. Die Haut der unteren Drittel beider Unterschenkel erscheint bis zum Sprung- gelenk herab etwas vorspringend, gelbbraun gerötet, gespannt, doch nicht auffallend glänzend und sehr derb infiltrier. Es besteht kein Zeichen einer akuten Entzündung, spez. ist Druck nicht schmerzhaft, Ödem ist klinisch nicht nachweisbar. Die so veränderten Partien begrenzen sich schari gegen die gesunde Haut. Die Veränderung erinnert einigermaßen an Sklerodermie im Stadium der Verhärtung; Atrophie oder Narben- bildang fehlen auch in der Umgebung, ebenso Veränderungen an den Venen. Ob diese Erscheinungen mit dem M. Basedow ursächlich zu- sammenhängen, läßt sich vorläufig nicht bestimmen. R. will den Fall weiter beobachten und später nochmals demonstrieren. Brandweiner demonstriert 3 Fälle von serpiginösen, gruppierten Hantgummen. Der eine stand vor 37 J. an der Klinik Siegmund mit einem Primäraffekt in Behandlung, ohne später eine antiluetische Kur mitzumachen. Bei den zwei anaeren besteht die Lues erst 1, resp. 2 Jahre und ist der maligne Charakter im Verlaufe bei dem einen durch eine Spitzenaffektion, bei dem zweiten durch starken Alkoholismus zu erklären. Areh. f. Bermat. a. 8yph. Bd. LXXII. ]§ 274 Yerhandlnngen Oppenheim stellt vor: 1. EiDen ausgebreiteten Liehen raber planas an den ünter- fcbenkeln nnd ad nates bat derselbe eine dentlicti yerracöse Form. Am Penis treten die sonst am Stamm äußerst typischen Knötchen zu schönen Gemmen zusammen; entsprechend den Faltungen des Präputinm sind dieselben ganz ähnlich den als moniliform beschriebenen Formen. Aach die Mundschleimhaut, besonders an der linken Wange ist in der typischen Weise beteiligt Zmnbasfli demonstriert einen ähnlichen Fall von Liehen ruber planus am Stamm, Genitale und der Mundschleimhaut. Oppenheim berichtet über die früher Torge^tellten 3 Fälle von Lupus erythematosus, die er nach Holländer mit Chinin und Jodtinktur behandelt. Die Patienten erhalten Ghinini bisulfurici 0*60, ▼on 1 — 6 Pnlyem täcrlich, jeden dritten Tag um 1 Pulver steigend. Zehn Minuten nach Einnahme des Chininpulvers wird der Krankheitsherd nach vorheriger Reinigung mit Alkoholäther zur Entfettung mit Jodtinktur eingepinselt. Die Patienten erhielten bisher 200, resp. 142 und 97 Pulver. Bei den zwei ersten Fällen sind die Krankheitsherde gAQs abgeflacht und abgeblaßt, der dritte Patient zeigt noch keine wesentliche Änderung. Sitzung vom 4. Mai 1904. Vorsitzender: Neumann. Schriftführer: v. Zumbusch. Finger demonstriert einen Mann mit einem seit l'/« Jahren be- stehenden, durch mehrmonatliche Behandlung etwas verändertem Aus- schlag im Gesichte. Auf der rechten Wange sieht man noch Primär- eCfloreszenzen in Form scharf umschriebener, etwas gelatinös aussehender Knötchen, von denen die frischen eleviert, die älteren mehr eingesunken sind und leichte Schüppchen an der Oberfläche tragen. Die Effloreszenzen haben auch hie und da einen entzündlichen Hof. Kaposi hat Fälle dieser Art wiederholt vorgestellt, sie in die Gruppe der Akne eingereiht und als Acne teleangiektodes bezeichnet. Auch ich habe über einen Fall be- richtet, ihn aber auf Grund der histolo^rischen Untersuchung unter die Tuberkulide gereiht. Auch das Präparat dieses Falles zeigt um die Ans- fübrungsgänge der Talgdrüsen oben in der Cutis Knötchen, die aus reti- kulären Netz mit epitheloiden und Riesenzellen bestehen. Die Tuberkulin- reaktion fiel positiv aus, das Thierexperiment negativ. Jadassohn nnd Besnier berichten auch über positive Tierimpfang. In meinem ersten Falle fand ich in 2 von 50 Schnitten Taberkelbazillen. Bemerkenswert beim vorgestellten Pat. ist noch die Beteiligung des Kopfes; in der behaarten Kopfhaut finden sich eine Reihe von tief- sitzenden Knötchen, welche von unveränderter oder leicht schuppender Haut bedeckt sind. Dieselben zeigen geringe Fluktuation und entleeren beim Einstechen etwas dünnflüssigen Eiter, haben also ganz den Char- akter miliarer kalter Abszesse. Ein ganz ähnlicher Fall wurde 1890 von Balzer in der Pariser dermatologischen Gesellschaft demon- striert, der die Möglichkeit erwog, daß diese Knötchen identisch seien mit der von Barthelemy als Acnitis beschriebenen Form, die tief in der Haut entsteht, erst wenn sie ^;rößer wird, mit der Hantdecke ver- wächst, eine kleine Pustel bildet, die mit Hinterlassung einer gedellten Narbe ähnlich der Acne varioliformis abheilt. Im ersten Falle, den ich 4 Jahre lange beobachtete, änderte sich während dieser Zeit fast nichts am Krankheitsbilde. der Wiener dermatologischen Gesellschaft. 275 Noch etwas ist an dem Falle anffallig. Es macht den Eindruck, als ob die Knötchen oberflächlich Pastelchen trägen. Bei näherem Zu- sehen aber sind es deutliche Milien; dies war auch die Veranlassung, daß einige Engländer die Affektion als Colloid-Milium bezeichneten. Diskussion: Neumann glaubt, daß das Kapitel über die Akne und akneartigen Erkrankung einer prägnanten besonders bakteriologischen Bearbeitung bedürfe. Der vorgestellte Fall würde vielfach als Akne be- zeichnet werden. Die Ätiologie dieser eigenartigen Aknearten ist mannig- fach, z. T. auch noch unbekannt. H e b r a selbst hat diese Form mit Ver- dauungsstörungen in Beziehung gebracht, demnach toxischen Ursprung des Prozesses angenommen. Welche Rolle den von einzelnen Beobachtern konstatierten Diplokokken und Staphylokokken bei den Akneerkrankungen zu vindizieren ist, müssen weitere Forschungen lehren. Sachs demonstriert aus der dermatologischen Abteilung des Kranken- hauses Wieden einen 51jährigen Patienten mit einem in Keinigung l>e- flrriffenen Ulcus gangraenosum penis. Der S abstanz verlast hat die Größe einer Wallnuß, betrifft den mittleren Anteil der Glaas penis und den vorderen der beiden Corpora cavernosa penis, die z. T. mit eitrigen Massen bedeckt bloßliegen und nach rückwärts in eine Länge von 2 em verdickt, von geröteter Haut bedeckt, erscheinen. Keine Drüseusch wellung. Das Allgemeinbefinden des Patienten, der ein Potator strenuus ist, war durch Temperatursteigerungen gestört. Die Krankheitsdauer beträgt seit dem infizierenden Goitus fast 3 Wochen. Leiner demonstriert ein 8jähriges Kind mit zahlreichen tuber- kulösen Geschwüren an der Mund- und Rachenschleimhaut, besonders an beiden Tonsillen. Man sieht daselbst kleine, schmierig belegte, sehr schmerzhafte Geschwüre mit fein gekerbtem Bande. Neben den Ulzera- tionen sind am Gaumenbogen und an der hinteren Rachenwand kleine miliare noch nicht zerfallene Knötchen. Im Abstrichpräparate von einer Tonsille sind zahlreiche Tuberkel bazillen zu sehen. Ehrmann stellt vor! Eine 43jährige Frau mit ausgebreiteter Lungenphthiae, die seit 5 Jahren über beiden Ellbogen, Knien und Fuß- rücken flache, livide braunrote, zentral vielfach nekrotische knötchen- artige lufiltrate, etwas different von den follikulären, akneiformen Tuber- kuliden, die wir sonst sehen, ähnlicher dem Erythema multiforme. Ich stelle mir vor, daß zuerst eine Gefaßerkrankung vorliegt und es erst später zu einer Thrombose der Gefäße mit Nekrose kommt. Pick zeigt einen 14jährigen Knaben, der an einer seit dem 6. Lebensjahre bestehenden Rötung der Nase leidet. Diese setzt sich aus kleinsten lebhaft roten Knötchen zusammen, welche die untere Hälfte des Nasenrückens, sowie beide Nasenflügel einnehmen. Die Knötchen ver- schwinden bei Glasdruck ganz. Dieselben Partien zeigen auch eine kon- tinuierliche Hyperidrosis, die sofort wieder auftritt, wenn der Schweiß abgetrocknet wird. Es handelt sich um einen Granulosis rubra nasi» Die Mutter des Pat. leidet bloß an einer Hyperidrosis der Nase. Diskussion: Luithlen. Der Fall stimmt ganz mit dem von mir in der Festschrift für Kaposi beschriebenen Krankheitsbild überein, das von Jadassohn dann mit dem zitierten Namen festgehalten wurde. Hier sind dabei mehr Gefäßerwoiternngen kombiniert, während mein Fall mehr cystische Knötchen aufwies. Spiegier zeigt eine 53jährige Frau mit einem linsengroßen, die ganze Cutis betreffenden Geschwür, dessen Grund rein, rot, glänzend, 18* 276 VerhandliiDfreii desBon Ränder fein circinär, leicht aufgeworfen, nicht sehr derb sind. Die histologische Untersachung bestätigte die Diagnose Epitheliom. Brand weiner demonstriert ein frisches, groß maku loses, dichtes Syphilid. Die meisten der Roseolaflecken sind um kleine Naevt grup- piert. Dieses Zusammentreffen ist so regelmäßig, daß ich es nicht för zuföllig halte, sondern glauben möchte, daß die jSsseolen gerade um die reicher yaskularisierten Naevi beginnen. Die histologische Untersuchung steht noch aus. Riehl stellt vor: 1. Einen 40jährigen Mann mit Liehen ruber planus haupt- sächlich an den unteren Extremitäten. Die Mehrzahl der erbsen- bis talergroßen Plaques zeichnet sich durch ziemlich derbe Infiltration und starke, unregelmäßige Homauflagerungen aus, so daß sie verrucÖs aus- sehen. R. bespricht die Differentialdiagnose gegenüber dem chronischen Ekzem und Psoriasis verrucosa, die an diesen Stellen ganz ähnliche Bilder zeigen können. Im vorliegenden Fall ist die Diagnose leicht zu stellen, weil teils einzelne charakteristische Knötchen, teils Gruppen mit dunkelbraunem, atrophischem Zentrum und frischem Enötchenkranz zu sehen sind. Auch die Mundschleimhaut ist beteiligt. 2. Einen 20Jährigen Mann, der vor Weihnachten wegen maligner Lues mit ausgedehnten Ulzerationen gezeigt worden ist. Der Kranke wurde jetzt bei abgeheilter Syphilis we^en einer Purpura rheumatica, Erythema multiforme und leichtem Gelenksrheumatismus aufgenommen. R. bespricht den Zusammenhang von Erythema multiforme und Syphilis und hält das Vorkommen des Erythema m. und nodosum bei Lues als eine mehr minder zuföllige Goincidenz, welche zur Zeit des Vorkommens von multiformen Erythemen (Herbst und Frühling) beobachtet wird u. zw. bei Syphiliskranken aller Stadien. Diskussion: Finger möchte daraufhinweisen, daß die Auf- fassung des Erythema nodosum bei Syphilis jetzt eine andere als die der reinen Goincidenz ist; ja in jüngster Zeit hat sich diese Frage insoweit noch verschoben, als man erwog, ob nicht durch die Syphilis allein Efflo- reszenzen entstehen können, welche Ähnlichkeit mit dem Erythema nodosum haben, insbesondere findet sich dieser Standpunkt in einer Arbeit Uoffmanns aus der Klinik Lesser vertreten. Ich beobachtete erst heuer eine Frau mit ausgebreiteten, zerfallenen Papeln an den Tonsillen, makulösem Exanthem und zahlreichen, dem Erythema nodosum ähnlichen Knoten. In demselben Jahre kam die Patientin noch zweimal mit schweren Rezidiven bes. in der Mundhöhle, jedesmal begleitet von demselben, knotigen Erythem. Während das gewöhnliche Erythema no- dosum rasch abheilt, sind diese Effloreszenzen ähnlich wie in den Be- obachtungen Uoffmanns sehr hartnäckig; ja sie schwanden in meinem Falle nie bei exspektativer Beobachtung, sondern erst auf antiluetische Therapie Nenmann. Ob bei rezenten Syphilisformen ein Zusammenhang mit Erythema multiforme besteht, muß noch weiter erforscht werden. Aber bei ulzerösen Luesformen, besonders wenn der Darmtrakt betroffen ist, gleichviel an welcher Stelle, tritt nicht allzuselten dieses dem Ery- thema nodosum ähnliche Exanthem auf. Wie kann man entscheiden, ob dasselbe zum Bilde der Syphilis gehört oder akzidentell ist. Das eigent- der Wiener dermatologischen Gesellschaft. 277 liehe Erythema nodosom ist vorwiegend an den Unterschenkeln lokali- siert; das ihm ähnliche, im Yerlsafe ulzeröser Lues auftretende z. D. in einem Falle meiner Beobachtong bei einem M&dchen mit gruppiertem Syphilid an den Vorderarmen und eitrigen Stuhlen tleerangen, nicht nur an den unteren Extremitäten, sondern auch sonst am Körper; meist erfolgte es auch unter starkem Fieber und Frostanfällen. Ziimbuseh demonstriert: 1. Einen 75jährigen Mann mit Pemphigus vulgaris, seit Y, Jahre bestehend. Jetzt sieht man nur wenige frische Blasen, aber zahl- reiche noch frisch exkoriierte Stellen. Die neu auftretenden Blasen sind meist groß, über wallnußgroß, was mit dem Alter des Pat. zusammen- hängen dürfte. 2. Einen 64jährigen Mann mit chronischem Pemphigus und reichlicher Blasenbildung. Am Kopfe, besonders über der Wölbung eines großen Atheroms ist die Homschichte fast total abgehoben; einzelne Blasen finden sich am Stamme, bes. am Rücken, an den unteren Extre- mitäten. Stark ist auch die Schleimhaut der Wangen, des Rachens und an der Epiglottis betroffen. Viele der Blasen zeigen durch Neuauftreten immer neuer kleiaer Bläschen am Rande Tendenz zu weiterer, ciroinärer Ausbreitung. Dabei besteht meist etwas Fieber. Ehrmann zeigt einen Mann mit einer vorwiegend am Kinne und der linken Gesichtshälfte lokalisierten Sykosis parasitaria (Tricho- phytia profunda). Dieselbe wurde an beiden Stellen je 6 Minuten mit Röntgenstrahlen behandelt und zeigt schon jetzt deutliche Abflachung. Nach so kurzer Belichtung kann wohl nicht von einer depilatorischen Wirkung allein die Rede sein und muß doch auch die anti parasitäre Komponente berücksichtigt werden. Diskussion: Uli mann. Rascher Rückgang der Erscheinungen nach RÖDtgenbehaudlung tritt nar bei oberflächlichen Formen der Tricho- phytie ein; bei tieferem Sitze kommt es meist bald zu Rezidiven und ist daher in letzterem Fall die als radikal bewährte Methode konstanter Wärmeapplikation vorzuziehen. Spiegier. Die Wirkung der Radiotherapie bei der Sykosis para- sitaria ist unzuverlässig und zeigt nicht selten rasche Rezidiven, wie ich durch eigene Beobachtungen bestätigen kann. Sitzung vom 18. Mai 1904. Vorsitzender: Neumann. Schriftführer: v. Zumbusch. Neumann teilt der Gesellschaft den Tod des korrespondierenden Mitgliedes Prof. Tommasoli in Palermo mit, worauf sich die Anwesenden zum Zeichen der Trauer von ihren Sitzen erheben. Weiter übermittelt der Vorsitzende die Einladung zum internationalen medizinischen Kon- gresse in Lissabon (1906). Saehs demonstriert aus der dermatologischen Abteilung des Kran- kenhauses Wieden: 1. Eine 42jähriffe Frau mit einer auf den Nacken, Stime, Schläfe- gegend, z. T. auch benaarten Kopf lokalisierten Psoriasis vulgaris. 278 Yerhandltmgen Die einzelnen Effloreszenzen derselben sind zu. serpiginös begrenzten nnd konzentrisch angeordneten Kreisen gruppiert. Dieser Fall ist sowohl wegen seiner atypischen Lokalisation als auch in differential- diagnostischer Beziehung gegenüber dem Herpes tonsurans squamosus et yericulosus, sowie dem serpiginösen Syphilid bemerkenswert. Am übrigen Körper sind keine Psoriasiseffloreszenzen, die Krankheitsdaner beträgt 8 Monate. 2. Einen 26 Jahre alten Patienten, der eine Kombination von drei Krankheitsbildern zeigt: erstens eine Sklerose im Sulcns coro- n ar i u s mit einem auf den Stamm ausgebreiteten papalösenSyphilid, zweitens ein auf Handrücken, Kacken und Gesicht lokalisiertes Erythema ezsadativum multiforme, drittens eine auf die beiden unteren Extremitäten beschränkte Eruption einer Erythema n o d o s u m. Die Frage, ob die Kombination dieser 8 Krankheitsbilder nur eine zuföllige Koinzidenz bedeutet, oder diese beiden Erythemformen mit der Syphilis in Beziehung zu bringen sind, wie dies von Hoff mann, Markuse geschieht, ist zur Zeit noch als eine offene zu betrachten. Finger demonstriert im Anschlüsse daran einen im weiteren Sinne des Wortes einschlägigen Fall. Bei einer Patientin bestehen an beiden Unterschenkeln, besonders rechts über der Tibia umschriebene, ▼on einem lividroten Band umsäumte Ulzerationen, die ähnlich wie Gummen aussehen. Daneben bestehen an den Waden livide, der Perfo- ration nahe Infiltrate von großer Schmerzhaftigkeit, vereinzelt auch unter den Knien und dem äußeren Malleolus rechts spontan in Rückgang befindliche Knoten. Es handelt sich also um die Bildung äußerst emp- findlicher Knoten, die sich unter ganz unveränderter oder livid ver- farbter Haut bilden ; dieselben haben teils Neigung zu spontaner Resorp- tion, teils zn rascher Ulzeration. Auf antiluetische Behandlung fast gar keine Reaktion. Ins Auge zu fassen sind: 1. Lues, 2. das Erythema nodosum. Luetische Knoten gehen nicht spontan zurück und sind nicht so druckempfindlich ; auch die Ulzerationen sind nicht für Lues charakte- ristisch. Lokalisation, Empfindlichkeit und Farbe stimmen für das Ery- thema nodosum, nicht aber die Tatsache der Ulzeration. Dagegen haben wir im letzten Jahrzehnt die Gruppe des symptomatischen Ery- thema nodosum kennen gelernt; bei skrofulösen Individuen das Erythema induratum Bazin mit seinem typischen histologischen Befunde. Die Pathogenese führt auf der einen Seite zu einer Thrombophlebitis, auf der anderen Seite aber ist es wahrscheinlich, daß ähnliche sympto- matische Erytheme auch bei Lues vorkommen. Mauriac wies schon 1876 in seiner Arbeit über das Erytheme noueux syphil. auf diese inter- mediäre Form zwischen Papel und Gumma. Jüngst fand Hof mann von der Klinik Lesser bei 12 untersuchten Fällen eine deutliche syphilitische Thrombophlebitis. Marcuse veröffentlichte drei ähnlich lautende Be- funde mit dem Ausgangspunkte von einer luetischen Thrombophlebitis. Bei der vorgestellten Patientin, die sowohl an skrofulösen Lymphdrüsen leidet als an ein'^r zirka 7 Monate alten Lues, ist eine sichere Beziehung zu einer beider Ätiologien derzeit nicht genau möglich. Die histologische Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen. Diskussion: Neumann. Beim Falle des Herrn Dr. Sachs waren auch vereiterte Drüsen vorhanden, also ein eitriger Prozeß, von dem das Erythem ausgehen kann, ähnlich wie in dem von mir in der vorigen Sitzung erwähnten Falle. Auch bei aphtösen Prozessen am Genitale, wie sie bei Leuten in feuchten Wohnungen bisweilen vorkommen, sieht man im Verlaufe dieser Ulzerationsprozesse Erytheme in Flecken- und der Wiener dermatologischen Gesellscbaft. 279 Knotenform auftreten, gleichfalls mit ganz unregelmäßiger Lokalisation. Zorn Falle Fingers möchte ich bemerken : Das Erythema nodosam exnlceriert nicht. Es könnte also nnr Syphilis oder Skrofaloderma vor- liegen. Da die Knoten trotz antiluetischer Therapie nicht schwinden, ist das letztere wahrscheinlicher, zumal auch deutliche skrofulöse Lymph- drüsen am Halse und Nacken vorhanden sind. Man findet nur solche Formen bei Erwachsenen seltener; in großer Zahl aber bei Kindern, bei welchen sie spontan oder auf Jodhäder oft rasch zurückgehen. Am Rande der restierenden narbigen Flecken bleiben dann oft mili&re Lupus- knötchen zurück. Nobl demonstriert einen exzessiv entwickelten Fall des Erythema nodosum idiopathicum. Die 26jäbrige, sehr herabgekommene anä- mische, leicht fiebernde Patientin erkrankte vor 10 Tagen unter Bildung schmerzhafter, namentlich äußerst druckempfindlicher Knoten an den Unterschenkeln, die sich von hier aus späterhin auch über die Knieregion und die untere Hälfte der Oberschenkeln ausbreiteten. Seit 2 Tagen kom- pliziert eine hochgradige linksseitige Kniegelenksschwellung das Krank- heitsbild. Bis wallnußgroße, halbkugelig prominente, violettrot verfärbte Knoten besetzen in dichter Anordnung diffus Rücken sowie die Unterschenkel in ihrer ganzen Circumferenz. Die Formation ff cht mit beträchtlicher ödematöser Schwellung der Füße und Unterschenkel einher, deren Inte- gument sich heiß anfällt und besonders in der Region der Nodosi täten bei dem leisesten Kontakt schmerzempfindlich ist. Der beträchtliche Erguß in das linke Kniegelenk ist durch deutliches Ballotment der Patella, beträchtliche Zunahme der Peripherie in Aufhebung aller Funktions- farchen scharf markiert. Der hydropische Gelenkszustand zwingt der Kranken einen hinkenden Gang auf. Die Harnanalyse ergibt einen der Norm entsprechenden Befund. IL Einen Fall von Lupus verrucosus disseminatus bei einem fünfjährigen Mädchen. Erbsen- bis kreuzergroße, warzig unebene, mäßig elevierte, stellenweise von erythematösen Höten umgebene, vielfach auch zu größeren Plaques aggregierte Lupusscheiben sind an den Hand- und Fnßrücken, am Nagelfalz zahlreicher Finger und Zehen, am Stamme, in den Kniebeugen und Oberarmen zu allmählicher Entwicklung gelangt. Außerdem sind noch in der ungewöhnlichen Lokalisation der Handteller und Fußsohlen linsen- bis hellergroße, von tylotischer Oberhaut bedeckte, kaum über das Niveau der Umgebung emporragende, von schmälsten geröteten Höfen umgebene Herde anzutreffen. Am linken Handrücken grenzt an einen mehr elevierten Lupusplaque ein etwa hatelnußgroßes Gomme scrophuleuse, das am Zentrum bereits durch- brochen erscheint und den eingeschmolzenen, verkästen Infiltrationsmassen den Austritt gestattet. In ätiologischer Hinsicht bemerkenswert erscheint, daß der disseminierte lupöse Prozeß unmittelbar im Anschluß an Morbillen auf^petreten ist und bereits vor einem Jahre an allen heute attackierten Regionen in mäßig ausgebreiteten Herden anzutreffen war. Diese im Gefolge von Masern so häufig beobachteten tuberkulösen Läsionen haben in diesem Falle ausschließlich von der allgemeinen Decke Besitz ergriffen, indem weder im lymphatischen Apparat noch im Knochensystem oder Respirationstrakt spezifische Veränderungen fest- zustellen sind. Von besonaerem Interesse ist die disseminierte exan- theroatische Anordnung in so frühem Kindesalter. lU. Einen ÖOjähiigen Patienten, dessen Krankheitsprozeß bei flüchtiger Betrachtung nicht ohne weiters die richtige Beurteilung er- möfflicnt. Die vorzüglich auf die untere Körperhälfte beschränkten ver- änderungen setzen sich dem Wesen nach aus Stecknadelkopf- bis erbsen- 280 Verhandlungen grroßen, mäßig elevierten, lebhaft und lividroien, äußerst derben, au ihrer Oberfläche glatten oder exkoriierten, mit rundlichen Blutböekchen be- setzten Knötchen zusammen. Diese sind teils zerstreut am Gesäß, den Ober- und Unterschenkeln zu gewahren, teils sieht man sie in linearer Aneinanderreihung kreis- und unregelmäßig fleckförmiger Gruppierung zu größeren Streifen und Scheiben zusammentreten. Ein Symptomenkomplex, er sich etwas mit dem Bilde eines Erytbema papulatum identi- fizieren ließe. Genauen Aufschluß gewähren die Veränderungen im Bereiche der Kniekehlen. Hier sieht man 6 — 8 em lange, 3 — 4 em breite stahlblaue, wenig über das Niveau der Umgebung erhabene, reichlich durchfurchte, an ihrer Oberfläche rauhe, jedoch weder schilfernde noch schuppende, äußerst derbe Plaques, welche deutlichst die Provenienz aus hanfkorn- großen polygonalen Einzeleffloreszenzen erkennen lassen. Am Rande der konfluierenden Herde sind nämlich kantig begrenzte, leicht eingesunkene bläuliche Knötchen zu gewahren, die vielfach erst in Konfluenz begriffen sind. Die Inspektion der Skrotalhaut und des Penisinteguments gewährt schließlich die einem jeden Zweifel begegnende Orientierung, daß es sich in diesem Falle um einen Liehen ruber planus disseminatus, anularis et confluens handelt. An den letzterwähnten dunkel pigmentierten Regionen sind die typischen, polygonalen, sanft gewellten, wachsartig schimmernden, Stecknadelkopf-, hirse- und hantkomgroßen, ßerlmutterähnlich schimmernden, glatten Knötchen zu Bogenlinien, 'reisen und gyrierten Figuren zusammengetreten, welche diese Partien in dichtester Anordnung übersäen. In der Gegend der Peniswurzel ist die Eruption nur mehr in Form atrophisch deprimierter, pigmentfreier Zeichnungen angedeutet. In subjektiver Hinsicht wird das Krank- heitsbild durch imperiöses Jnckgefühl dominiert, das dem Kranken schlaflose Nächte verursacht und vielfach auch zur atypischen Erscheinungsweise des Ausschlages an den Beinen und der, an den Unter- schenkeln bestehenden, streifenförmigen (in der Ausbreitung von Krats- effekten) Anordnung der Effloreszenzen geführt haben dürfte. üllmanp demonstriert 1. einen Lichenruberplanus der Wangen- schleimhaut. Ähnlich wie in dem kürzlich vorgestellten Falle blieb auch hier die Schleimhaut die einzige Lokalisationsstelle. Vor 2 Jahren aller- dings hatte der Patient auch ausgebreitete Herde von typischem Liehen ruber planus an den Extremitäten, besonders den Hand- und Fußrücken ; während diese auf zirka lOOü asiatische Pillen zurückgingen, hat sich die Schleimhautaffektion nicht geändert; man sieht deutlich die weiß- Erauen, perlmutterglänzenden, famarti^ verzweigten Streifchen. Bei ichen ruber accuminatus und pilaire sind Schleimhautaffektionen nicht berichtet. 2. eine Frau, die seit 22 Jahren an einem Lupus exfoliativus faciei leidet, der über das ganze Gesicht, beide Ohren und die stark ektropionierten Augenlider ausgebreitet ist. Ich stelle diesen Fall als Beitrag zur Röntgenbehandlung des Lupus vor. Die rechte Seite, auf der die Reaktion jetzt abgelaufen ist, erscheint flacher als die derzeit in Reaktion befindliche linke Gesichtshälfte. Nach meinen Erfahrungen glaube ich jenen beistimmen zu können, welche vorsichtige Bestrahlungen mit kleinen Dosen ohne deutliche starke Reaktion vornehmen. Fremid zei^t einen Fall von Liehen ruber planus, der von Oppenheim bereits demonstriert wurde. Die verrucösen Herde am rechten Unterschenkel wurden mit Röntgenstrahlen behandelt, n. zw. vier- zehnmal insgesamt nach meiner Methode mit einer chemischen Aktivität, welche einer Ausscheidung von 0'07 g Jod entspricht. Die Wucherungen sind deutlich zurückgegangen. Die Reaktionen in den betreffenden stärker pigmentierten Stelleu war ähnlich wie auch sonst bei Leuten mit stärker pigmentierter Haut, bei Psoriasis viel stärker. Assist. Oppenheim nahm der Wiener dermatologischen Gesellschaft. 281 Tor and nach der Bestrahlung Exoisionen vor. Liehen ruber planus, wenn auch nicht gerade verrucöse Formen wurden von Schoitz mit Röntgen behandelt • Diskussion: Oppenheim. Klinisch sieht die Stelle wie geheilt ans. Histologisch ist aber noch ein dentliches Infiltrat in und um die verlängerten Papillen vorhanden. Die früher verbreiterten Epithelzapfen sind wieder schmäler, die Yerhornungsgrenze hinaufgeschoben. Die Skle- rosierung des Bindegewebes ist nach der Behandlung stärker. ü 1 1 m a n n weist darauf hin, daß ebenso wie Z e i s 1 e r anch er bereits frdher Liehen ruber planus mit Röntgen bestrahlt habe, worüber im Zentralblatt f. d. gesamte Therapie berichtet wurde. Znmbasch demonstriert ein im Ablaufen begriffenes vesikulöses EHuem, das bei einem Gärtner durch Hantieren mit Primula japonica entstanden war und zahlreiche Bläschen in stark geröteter Umgebung zeigten Primeldermatitis. Diskussion: Riehl. Die erste Mitteilung über die Einwirkung der Primeln auf die Haut ist in einem Londoner Journal für Gartenkunde erschienen. Ich habe eine Reihe von Fällen in Wien gesehen und 1895 diese Dermatitisform näher beschrieben ; doch ist meine Publikation über diesen Gegenstand vielfach übersehen worden. Auch Kaposi sah einige Fälle, die erysipelartig auftraten, doch blieb die Ätiologie unbekannt. Häufig sieht man die Dermatitis anch im Gesicht bei Frauen, die sich mit der Zimmerkultur dieser Pflanzen abgeben. Mit der Zeit, wenn die Primel oft kultiviert wird, nimmt die Virulenz der in den Haaren der- selben enthaltenen Stoffe ab; so kannte ich einen Garten, in dem im ersten Jahre fast alle Gärtner die Dermatitis bekamen, während sie nach drei Jahren die Pflanze gut vertrugen. Versuche ergaben weiter, daß nur die Haare, nicht aber die Wurzel das irritierende Gift enthalten. Rielil demonstriert ein achtjähriges Mädchen mit den ausgespro- chenen Erscheinungen einer Prurigo, neben dem an den Handrücken nnd Handwurzeln ein fleckiges Exanthem besteht, das durch seine annuläre Anordnung nnd zentrale cyanotische Verfärbung sich deutlich als Ery- them a multiforme abhebt. Zumbuseh stellt vor: L den bereits zweimal demonstrierten Fall von Psorospermosis Darier, der am Halse, Nacken und Schulter zahlreiche, typische, pigmen- tierte Knötchen aufweist; l)esonders an der Stirne und Wange aber sind die Knötchen stark vermehrt. 2. einen älteren Mann mit rezenter Lues, Sklerosenrest und papnlösem Exanthem, bei dem wenige Tage nach Ausbruch des Exanthems eine linksseitige Facialislähmung und Parese der linken oberen Extremität aunraten. Letztere ist derzeit fast ganz bis auf eine moto- rische Schwäche behoben, erstere besteht noch deutlich. Andere nervöse Störungen waren nicht aufgetreten. Riehl zeigt einen Carcinoma in lupo. Auf der linken Wange vor dem Ohre in der Jochbeingegend bildete sich auf dem Boden eines seit über 8 Jahren bestehenden, z. T. narbig ansgeheilten Lnpns vulgaris ein gnldengroßes, derbes Geschwür mit wallartig aufgeworfenen, derben Rändern, ein so dentliches Epitheliom, wie man es selten in diesem Stadium mit dem deutlichen Charakter des Epithelialcarcinoms sieht. 282 Verhandlungen der Wiener dermatologischen Gesellschaft. Pick: Bei dem 34jähri^en Mann begann die jetzige Affektion vor drei Monaten unter dem Bilde einer starken Akne; doch wurden die ziemlich lebhaft roten Effloreszenzen bald pustulös und so zahlreich, daß derzeit fast die ganze Gesichtshant dicht mit ihnen bedeckt ist. Ganz gleiche Effloreszenzen zeigten sich auch an den Extremitäten und am Penis. Es sind hier in der üaut oder in deren Niveau liegende, mehr tast- als sichtbare Knötchen, die stellenweise im Zentrum deutliche regressive Metamorphose aufweisen. Es handelt sich wohl um eine Form der Tuberkulide, dieAknitis. Hereditäre Belastung oder Zeichen innerer Tuberkulose bestehen nicht. Finger: Von den unter einer ganzen Beihe von Bezeichnungen beschriebenen sogenannten Tuberkuliden sind besonders zwei schärfer gezeichnet, die Aknitis und Folliklis. unter Aknitis wird das papulokrnstöse Tuberkulid bezeichnet^ das mit Stecknadelkopf- bis linsengroßen Knötchen im Gesichte besonders auftritt, die im Zentrum oberflächlicb verkrusten, trichterförmig einsinken und nach Abfallen der eingetrockneten Kruste eine variolaähnliche Narbe zurücklassen. Als Folliklis aber wird jene Affektiun bezeichnet, die ähnlich dem Erythema induratum in oder anter der Haut beginnen, wo man sie unter dem Finger förmlich rollen kann. Hier handelt es sich im Gesichte um weiche, braunrote, z. T. ulzerierte Infiltrate, einen Lupus disseminatus de la face, vereint mit einer Folliklis an den Extremitäten. Alle diese Formen werden als Tuberkulide in dem Sinne angesprochen, daß sie nicht durch virulente Bazillen, sondern durch Toxine oder Embolien toter Bakterienleiber zustande kommen. Bei der Acne teleangiektoides dagegen ist durch den positiven Ausfall der Tuberkulinreaktion und die positive Impfung Besniers die tuber- kulöse Natur sichergestellt. Bei der vorgestellten Patientin wurden daher bei der Tube^kulininjektion die Effloreszenzen im Gesicht wohl reagieren, nicht aber die Folliklisknötchen. Pick: Auch im Falle Kaposis finden sich in der Abbildung der Akne teleangiektodes neben der Affektion im Gesichte ähnliche Efflo- reszenzen wie hier an den oberen Extremitäten. Für die Wahl der Diagnose Aknitis war für uns in diesem Falle bestimmend der Umstand, daß die Affektion im Gesichte unter dem scheinbaren Bilde einer Akne begann und daß sich als primäre Effloreszenz ein subkutanes Knötchen nachweisen ließ. Geschlechts-Krankheiten. (Redimiert von Prof. Neisser nnd Dr. Sehäffer, Breslau.) Anatomie, Physiologie^ allgetn. und exp. Pathologie^ pathoL Anatomie» Therapie. Talentine, Ferd. C. The Boys Venereal Peril. Journ. A*- \er. Med. Assoc. XLI. 4. Juli 4. 1903. Valentines Artikel will sich mit der Frage beschäftigen, wie nnd in welcher Periode des Lebens Knaben oder jnnge Männer über die Bedeutung des Geschlechtslebens und der geschlechtlichen Krankheiten aufgeklärt werden sollen. Etwas Neues oder Originelles ist weder aus dem Artikel selbst, der allerdings nur im Auszug produziert ist, noch an» der au denselben sich anschließenden Diskussion zu berichten. H. Q. Klotz (New-Yorkl. Stern, Heinrich. The Constitution of Normal Prostatic Secretion. Amer. Joum. Med. Scienc. 126. 277. Aug. 1903. Stern hat die Absonderung der Prostata im normalen Zustande, über welche in der Literatur verhältniswenig zu finden, Gegenstand ein- gehender Untersuchungen gemacht. Auch bei der größten Vorsicht ist es kaum möglich, die Beimischung von Substanzen aus andern anliegen* den Organen ganz zu vermeiden. Die Menge des Sekrets ist sehr ver- schieden, bis zu 5 cm^j Farbe weißgrau ins blaue oder gelbe spielend, wegen der Lecithinkügelchen nie völlig klar, Geruch der des Samens, aber von dem Prostatasekret selbst herrührend. Das spezifische (Gewicht ist nicht viel höher als das des Wassers, da höchstens 1 bis 2% solide Substanzen vorhanden, die Reaktion schwach alkalisch oder neutral, aber nie sauer wenn unvermischt. Chlorsaure Salze 0 5— l7o neben Spuren von Schwefel- und phosphorsauren Salzen, bes. Kalzium sind die minerali- schen Bestandteile, 0*35— 0'757o sind EiweißtofFe (Nudeoprotein), außer- dem finden sich Lecithin, amyloide Substanz (corpora amylaoea) und ein Ferment. Die Böttcher sehen Kristalle scheinen eine Verbindung von Phosphorsänre mit (Scheiners) stickstoöhaltiger Base und der Prostata eigentümlich zu sein. Epithelien meist zylindrisch, und runde. 284 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete fein granuliert mit 2 oder mehreren Kernen, sowie polynucleäre Leuko- cyten sind normal. Die Zusammensetzung des Sekrets zeigt, daß das Sekret der Prostata von Bedeutung für die Samenfiüssigkeit ist, daher die Prostata mehr als Geschlechtsorgan aufzufassen ist, das in Gemeinschaft mit den Samenbläschen ein Medium für die Erhaltung der Beweglichkeit der Spermatozoen liefert. H. G. Klotz (New- York). Kapsamer, G. Wien. Urolog. Abteilung Frisch: ÜberEnuresis und ihre Behandlung mittels epiduraler Injektionen. Wiener klinische Wochenschrift. 1903. Nr. 29 und 80. Kapsamer hat die Methode Cathelins, welcher derselbe ursprünglich für den lästigen Harndrang verwendet hat, in 37 Fällen von Enuresis nachgeprüit und bei 25 Fällen mit vollständiger Heilung zu Ende geführt; die Krankengeschichten aller 87 Fälle sind in extenso mitgeteilt. Kapsamer verwendete in mehreren Fällen statt Kokain pbyBiolog. Kochsalzlösung mit ebenso gutem Erfolge, er empfiehlt in jedem Falle 2 — 3 Injektionen in kürzeren Zwischenräumen nacheinander zu machen, selbst dann, wenn nach der ersten Injektion die Enuresis aufgehört haben sollte. Eine präzise Erklärung für die Wirkungsweise der Methode ist nicht gegeben, vielleicht wie Gathelin meint, handelt es sich um Ghockwirkung auf die Gauda equinea. Kapsamer hat bei seinen 800 Injektionen ebenso wie Gathelin bei seinen 1000 Injektionen keine ungünstigen Nebenwirkungen von ernsterer Bedeutung gesehen und erklärt die Methode, die immer ambulatorisch unter strengen asep- tischen Kautelen gemacht wurde, für unbedingt ungefährlich. Sie bringt in Fällen, denen wir meist machtlos gegenstanden, Heilung und verdient nachgeprüft zu werden. Viktor Bandler (Prag). Dukelsky, W. J. Diphtheriebazillen in einem Falle von chronischer Yulvovaginitis. Wratscheb. Gaz. 1903. Nr. 88. Einige Zeit nach Ausheilung einer gonorrhoischen Vulvo-vaginitis bei einem 8jährigen Mädchen konstatierte Dukelsky bald nach einer Rachendiphtberie im sich wieder einstellenden, geringen, serösen, gono- kokkenfreien Ausfluß Diphtheriebazillen und eosinophile Zellen. Die Genitalien waren stark entzündet, aber nicht diphtheritisoh belegt. Ver- fasser wirft zum Schluß die Fragen auf, ob Personen mit Diphtherie- bazillen im Vaginalschleim isoliert werden müssen, ob in Anbetracht der leichteren Infektion Serum inj ektionen indiziert seien und ob nicht in jedem Falle von Diphtherie auch der Vaginalschleim auf Löff 1er sehe Bazillen untersucht werden sollte. Aus dem Befunde von eosinophilen Zellen glaubt Verfasser schließen zu dürfen, daß dieselben keineswegs im Blute, im Schleime bei Bronchialasthma und im gonorrhoischen Eiter allein sich vorfinden, sondern auch im Sekret einer diphtheritischen Vulvo- vaginitis vorkommen können. S. Prissmann (Libau). Poscbaryski, Joseph. Zur Frage der Bakteriurie bei Kindern. Arch. f. Einderheilkunde. XXXH. Bd. 5. und 6. Heft. der GeschlechtskraDkheiteD. 285 Die Untersachung wurde an 4 Phallen, welche eines plötzlichen Todes gestorben waren, vorgenommen. Säurefeste Mikroben, welche sich auch blau nachfärben ließen (nach Baumgarten), fanden sich reichlich im Harn und Hamapparate; freilich auch unter bestimmten Bedingungen auch in entfernten Organen, wie im Herzen, Lymphgeßßaystem des Darmes. Der Autor glaubt Smegmabazillen ausschließen zu können, ver- weist auf ganz analoge Besultate von Laabs und Grathe und warnt bei Befund säurefester Mikroben vor unliebsamen diagnostischen Irrtümern Rud. Bunzel (Prag). Bandler, Viktor, Prag. Über Blasentuberkulose. Prager medizinische Wochenschrift. 1903. Nr. 21. Bandler bespricht die Wege der Infektion und Lokalisation der Tuberkulose der Blase und erörtert an der Hand der beobachteten Fälle und der Literatur die Diagnose dos Krankheit sbildes. Insbesonders hebt er für die seltenen Fälle von primärer Tuberkulose der Blase die rasch eintretende Verringerung der Kapazität der Blase und den leichten Nach- weis von Tuberkel bazillen im zentrifugierten dekantierten Sediment in dem Anfangsstadium der Erkrankung hervor. Ausführlicher erwähnt der Autor eines Falles von primärer Blasentuberkulose bei einem 21jäbrigen Manne, der in den ersten Stadien schon beobachtet und diagnostiziert wnrde, bei dem sich allmählich schwere Ulzerationen der ganzen Blasen- schleimhaut bildeten und erst nach iVaJähriger Beobachtung eine Propa- gation auf die 1. Niere unter Fieberattacken auftrat. Die Cystotomia suprapubioa brachte nicht nur die schweren Ulzerationen der auf die Größe einer Apfelsine geschrumpften Blase zur Heilung, sondern führte auch zum Stillstand der Tuberkulose in der erkrankten Niere, bei der in Narkose deutlich eine Vergrößerung und ein Knoten getastet werden konnte. Der Pat. ist jetzt 3 Jahre nach der Operation ohne jegliche Beschwerden, entleert aus der Fistula suprapub. vollständig klaren Urin und erfreut sich der besten Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. Alfred Kraus (Prag). Seelig. Welche lokal diagnostischen Schlüsse kann man aus der Untersuchung des Urins bei Urogenital-Erkran - kungen ziehen? Allg. med. Ztrl.-Ztg. 94. 95. 1901. Seelig weist auf die Gefahren, welche die Einführung von Instru- menten in die Harnröhre und Blase haben können, hin und betont die Notwendigkeit der sorgfältigen klinischen Betrachtung und der genauen Urinuntersuchung. — Die Oligurie z. B. tritt auf bei nephritis parenchy- matosa. Andauernde Polyurie spricht nur für eine Beteiligung der Nieren, im Verein mit vermindertem spez. Gewicht spricht sie für morbus Bright, mit erhöhtem spez. Gewicht treffen wir sie bei Diabetes mellitus. Oligurie mit besonders niedrigem spez. Gewicht ist der Vorläufer der Urämie. Weniger wichtig ist die Beaktion des Urins, wichtiger die Untersuchung auf Epithelien and Zylinder. Sodann die wichtigsten und häufigsten Befunde des Urins Pyurie und Hämaturie. Für die Pyurie kommen in Betracht die Menge des Eiters, die Form der Eiterkörperchen, die Art 286 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Sedimentierung, der Eiweißgehalt. Sedimentiert ein saaer pyarischer Harn so, daß die überstehende Flüssigkeit klar ist, so spricht das gegen eine Eiterung der Harnwege; ist sie im Gegenteil trübe und besteht dabei Polyurie mit niedrigem spez. Gewicht, so ist an eine Erkrankung der höheren Harnwege zu denken. Von Wichtigkeit ist wieder die Be- stimmung des Albumingehalts, Befunde über 1 p. m. sind stets ver- dächtig für Nierenaffektion. Sodann bespricht S. die Hämaturien, er macht aufmerksam auf die Symptome der initialen Blutung (Harnröhre), terminale Blutung (hintere Harnröhre, prostata) totale Blutung. Ist letztere am Schluß besonders stark, so spricht das für eine Blasenblutung, stunden- weises Aufhören der Blutung für Nierenblutung. Stein (Görlitz). Jacob, J. H. A New Obturator for the ürethroscope. New-York Med. Journ. LXXVH. 18. Juni 1903. Jacob empfiehlt für die Untersuchung der Urethra posterior ein Instrument, an dem ein weicher Katheter das Ende des Metalltnbus ca. 1 cm überragt und die Biegung der Urethra ausgleicht. Vermittelst desselben läßt sich feststellen, wenn das Instrument die Blase erreicht hat und durch allmähliches Zurückziehen bis der Urin zu fließen aufhört, wenn das Ende dicht vor dem Sphinkter der Blase angelangt ist. H. G. Klotz (New-York). Levi, Leone. Di un nuovo apparecchio endoscopioo per l'esame diretto delP uretra e di altri organi cavitari detto Microendoscopio. Giomale Italiano delle malattie veneree e della pelle. XXXVII. pag. 55. Levi beschreibt ein neues Instrument für die Urethroskopie, das auch für Cystoskopie, Otoskopie etc. benützt werden kann, wenn die ent- sprechenden Tuben verwendet werden. Die Vorzüge dieses Instrumentes bestehen darin, daß die das Licht spendenden elektrischen Lämpchen in einem geschlossenen Gehäuse so angebracht sind, daß sie das Licht direkt in den Tubus werfen, wodurch eine hohe Lichtstarke selbst in einen langen Tubus erzielt wird und weiters darin, daß der belichtete Teil der betrefifenden Körperhöhle durch einen optischen Apparat vergrößert ge- sehen wird. Spietschka (Brunn). Seelig. Über den Wert und die Grenzen der Cysto- skopie. AU?, med. Ztrl.-Ztg. 97. 98. 1901. In einem zweiten Aufsatze bespricht Seelig den Wert der Cystoskopie für die Diagnose der Blasenerkranknngen, wir sind im stände mit ihr beginnende Prostatahypertrophien zu erkennen, wenn palpable Vergrößerung der Drüse noch fehlt, wir können die Bottinische Operation unter Leitung des Auges vornehmen. Charakteristische Bilder liefert femer die gonorrhoische und tuberkulöse Cystitis. Die glänzendsten Resultate liefert die Cystoskopie bei der Erkenntnis der Blasentumoren. Größe des Tumors und Stiel Verhältnisse sind meist deutlich zu erkenen, Gut- oder Bösartigkeit des Tumors nicht. Wichtig sind vor allem die Frühdiagnosen, welche man mittelst der Methode stellen kann. Erwähnt sollen hier auch die Diagnose von Steinen und Fremdkörpern sein. Für der Geschlechtskrankheiten. 287 die Diagnose der Krankheiten der höheren Harnwege leistet der Uretereu- katheterismas Dienste von begrenztem Werte, er belehrt uns über Hinder- nisse im Verlaufe des Ureters und über die pathologischen Bestandteile des Renalsekrets jeder Niere, über die Art und den Umfang der Er- krankung des Organs sagt er nichts. Hier treten ergänzend die Gefrier- pnnktbestimmungen des Urins ein und ferner das Auftreten von Zucker nach Injektion einer Dosis von Phloridzin in dem getrennt aufgefangenen Urin beider Nieren. Für die praktische Yerwertbarkeit wird es noch längerer Beobachtungszeit bedürfen. Stein (Görlitz). Yalentine, Ferd. C. The Urine from Each Eidney. New- Tork. med. record. Oktober 25. 1902. Trotz der Vollkommenheit der neuen Ureterencystoskope haben die Bestrebungen, den Nierenurin gesondert aufzufangen, ohne die Uretereu dabei sondieren zu müssen, nicht nachgelassen. Im Prinzip gingen die Versuche dahin aus, in der Blase selbst eine Wasserscheide herzustellen (Neumann-Guben, Harris und Downes), denen Lambot schon 1891 vorangegangen sein soll. Es wird sich die Anwendung solcher Hilfsmittel von selbst wünschenswert machen, wenn aus irgend einem Grunde der Ureteren- katheterismns nicht anwendbar erscheint, also bei den immerhin nicht häufigen Fällen von zu geringer Kapazität der Blase und anderem. Das in Valentines Abhandlung beschriebene, von Gathelin konBimierte Instrument „le diviseur vesical gradue** (Guyona Annalen Juli 1902) schien (auch dem Kef. zuerst) ein brauchbares Hilfsmittel zu sein, wie durch eine Reihe von Abbildungen und Fälle erörtert wird. Es gelingt nämlich durch Vorschieben feiner dünnen federnden Schlinge aus einem geteilten Katheter eine Membran so zu entfalten, daß ein Abschluß beider Blasenhälften durch eine mittlere Scheide- wand (Membran von Gummi) geschaffen wird. Der Urin wird mittelst dünner Katheter, welche in dem geteilten Metallinstrament nach Art der Ureterenkatheter rechts und links laufen, herausgehebert. Bei stärker vorspringendem Mittellappen der Prostata ist natürlich auch dieses Ver- fahren illusorisch. Die Blase wird nur mit einigen cm^ Flüssigkeit gefüllt. Die Feder soll sich der Konfiguration der Blasenwand anschmiegen. Ans anatomischen Gründen bleiben nach Ansicht des Ref. die Resultate unsicher, abgesehen von der großen Belästigung männlicher Patienten und der nicht ganz ungefährlichen Feder, welche in der Blase abbrechen kann, wie mir ein solcher Fall mitgeteilt wurde. Loewenhardt (Breslau). Bapin. Un cas d'induration des corps caverneux. Le progr. medic. 88. 1901. Rapin hält die Fälle von plastischer Induration der corp. cavemosa fdr eine sehr seltene^Affektion und veröfifentlicht einen hierher gehörigen Fall in extenso. £8 handelt sich um einen 66jährigen Mann, der 6 Monate, bevor R. ihn in Behandlung nahm, die ersten Zeichen der Affektion zunächst auf einer Seite beobachtete. Der Patient war ein zu 288 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete geschlechtlichen Erregungen leicht neigender Mensch, im übrigen wenig widerstandsfähig. R. hält diese beiden Momente für die Entstehung des genannten Leidens für wichtig, daneben wäre auf Syphilis, Gonorrhoe, Trauma, Rheumatismus, Gicht und Diabetes zu achten. Da der Patient kurz vor Ausbruch der Affektion ein Trauma am Penis erlitten, Syphilis auszuschließen wai', weil entsprechende Behandlung ohne Einfluß ge- blieben wai-, Diabetes anch^nicht vorlag, nimmt R. an, daß im vorliegen- den Falle der abusus in venere im Verein mit Arteriosklerose und ver- minderter Widerstandsföhigkeit, vielleicht auch das Trauma die Grund- ursachen der Affektion waren. Stein (Görlitz). Tschernow, M. Die Bildung eines harten Infiltrates in der pars cavernosa urethrae nßcht gonorrhoischen Ur- sprungs. Journal russe de mal. cut. etc. 1902. Nr. 3. Die Ansicht Kollmanns und Oberländers, der zufolge die harten Infiltrate der Urethra nur gonorrhoischen Ursprungs sind, wird durch den mitgeteilten Fall widerlegt, bei welchem das in dem mittleren Drittel der Urethra ant. sitzende Infiltrat durch chronische Hyperämie des Genitales infolge von Masturbation uod geschlechtlicher Aufregung, die wegen vorzeitiger üjakulation einen Goitus unmöglich machte, bedingt wurde. — Auch Coitus reservatus kann als ätiologisches Moment der Affektion dienen. Richard Fi sc hei (Bad Hall). Draelle. La balanoposthite Srosive circinee chez la femme. La medecine moderne. 16. Juli 1902. Berdat und Bataille haben zuerst eine Form der Balanoposthitis beschrieben, welche sie Balanoposthite ärosive circinee nannten. Sie eutsteht durch Erosionen, am häufigsten im Sulcus Cpraeputialis ; hat scharf begrenzte, mit einem ein wenig erhabenen weißlichen Rand peripher fortschreitende, stets runde Form bewahrende Konturen. Die befallene Fläche ist lebhaft rot, glänzend und sondert eine trübe, übelriechende Flüssigkeit ab; durch Konfiuenz entstehen polyzyklische Formen, nach und nach wird das ganze Schleimhautblatt des Präputiums, soweit sich Glans und Präputium berühren, befallen. Diese Form ist kontagiös, nachgewiesen an einer großen Zahl von Inokulationen. Man findet konstant sehr reichlich Spirillen, welche daher sicherlich eine gewisse Rolle bei der Ätiologie dieser Krankheit spielen. Kulturen der Spirillen sind jedoch nicht gelungen und infolgedessen war eine Inokulation damit nicht möglich. Berdat und Bataille geben als ätiologisches Moment den Coitus an. Welche Affektion bei der Frau dieser Krankheit ent- spricht, darüber ist bisher nichts bekannt. Die Verf. haben nun bei der Frau eine Form der Entzündung ge- funden, welche der oben beschriebenen beim Manne vollständig entspricht. Auch hier regelmäßiger Spirillenbefund. Das Leiden bleibt bei der Frau meist unentdeckt, weil es keine Beschwerden macht und kann selbst dem Arzt entgehen, da es nur die sich deckenden Teile des Präputium Glitoridis befallt. Nur manchmal zeigt sich ein leichtes Ödem in der Umgebung. Nach Ansicht des Autors ist die Krankheit bei der Frau gar nicht so der Geschlechtskrankheiten. 289 selten. Sie entsteht durch gegenseitige Inokulation von Mann and Frau. In 2 Fällen bestand gleichzeitig Yaginitis, aber in dem Eiter der letzteren fanden sich keine Spirillen. Julius Baum (Berlin). Ravaut, P. et Darr^. Contribution a Tetude des herp&s genitaux. Gaz. des hopit. 1903. Nr. 119. Auf der Abteilung Thibierg es beobachteten Ravaut und Darre bei zwei jungen Frauen eine besondere Form des Herpes genitalis, die sehr an Zoster erinnerte, wenn auch die Unilateralität fehlte. 8 Tage vor Ausbruch des Herpes bestanden starke lanzinierende Schmerzen, Fieber, Anorexie, dann traten in der Perineal-Analgegend, sogar auf der Innenseite der Schenkel konfluierende Bläschen auf, welche unter Zurück- lassen unbedeutender Depression heilten. Der Liquor cerebrospi- nalis enthielt in beiden Fällen — besonders in dem einen «- eine ziemlich beträchtliche Menge von mononudeären, hingegen nur wenige polynucleäre Leukocyten. Jadassohn-Fred^ric (Straßburg i. E.). Mfiller, L. R. Klinische und experimentelle Studien über die Innervation der Blase, des Mastdarms und des Genitalapparates. Deutsche Zeitschrift für Nervenheilkunde. XXI. Bd. pag. 86 ff. Die an der medizinischen Klinik und dem physiologischen Institute zu Erlangen entstandene, auf zahlreiche klinische Beobachtungen und Tierexperimente gestutzte, umfassende Arbeit bildet eine wertvolle Be- reicherung der bisher recht lückenhaften Kenntnis von den Innervations- verhältnissen der Blase, des Mastdarms und der Genitalien. Müller gelangt zu dem Ergebnis, daß die bisher geltende Anschauung haltlos sei, welche die Zentren für die Entleerung des Urins und Stuhls, sowie für das Zustandekommen der Erektion und Ejakulation in den untersten Teil des Rückenmarks verlegt. Vielmehr seien diese Zentren außerhalb des Wirbelkanals zu suchen: Reflexvorgänge in den sympathischen Ganglien geben die wesentlichen Bedingungen für die Auslösung dieser Funktionen ab. Daneben freilich wurden diese auch von spinal inner- vierten, quergestreiften Muskelgruppen mit. beeinflußt (musc. compressor nrethrae, sphincter ani ext. und musc. ischio- et bulbocavemosus), welche „sowohl willkürlich erregt werden können als auch bei der Ent- leerung der Exkremente und bei der Ejakulation reflektorisch in Tätigkeit treten. ** In allen Einzelheiten müssen wir auf die Originalarbeit verweisen. Besonders reich an wertvollen Beobachtungen ist der mit zahlreichen Krankengeschichten ausgestattete klinische Teil, in welchem Müller das Verhalten der Blasen- und Mastdarmtätigkeit, sowie der genitalen Funk- tionen bei den verschiedenen Erkrankungen des Rückenmarks (besonders den Querschnittserkrankungen, weiterbin z. B. auch bei Tabes dorsalis) einer eingehenden Betrachtung unterzieht. Die Ergebnisse der sehr interessanten Tierversuche stehen — wie die Experimente von Goltz und Ewald — im Einklänge mit den klinischen Beobachtungen (Heraus- Areh. f. Dannat. u. Syph. Bd. LXXII. ^g 290 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete nähme der unteren Ruckenmarksabschnitte bei Huaden and Untersachnng der Folgeerscheinungen). Somit tritt nach den Resultaten der Arbeit, die nicht bloß für den Neurologen von großem Interesse sind, auch bei der Urin- und Koten tleenrng, sowie bei der Ausstoßung des Samens die hervorragende Bedeutung des sympathischen Nervensystems für die vegetativen Funktionen des Körpers deutlich in Erscheinung. Harttung- Fritz Gallomon (Breslau). Sabnro-Akutsa. Beiträge zur Kenntnis der Innervation der Samenblase beim Meerschweinchen. Arch« f. die gesamte Physiol. Bd. XCVI. H. 11, 12. 1903. Saburo-Akutsu wählte zum Studium der Samenblaseninnervation das Meerschweinchen, da dasselbe große, bis 6 cm lauge, leicht zngäng* liehe Samenblasen hat. Diese erhalten ihre Nerven von den Nervi hypogastrioi, welche ihren Ursprung von dem kleinen, unterhalb der Art. mesenterica inferior liegenden Ganglion mesentericum inferius nehmen. Dieses sendet 2 Yerbindungsäste, Rami aortici, zu einer über den Yasa renalia gelegenen gangliösen Anschwellung, dem Plexus renalis, und steht femer noch durch zwei Aste, Rami efiferentes, mit dem hinter der Aorta liegenden Grenzstrang in Verbindung. Jeder Nervus hyx>oga8tricus löst sich, an der Samenblase angelangt, in ein viel- maschiges Geflecht auf, in welchem einige kleinere Ganglien — Plexus hypogastricuB — liegen. Zur Erregung der Nerven bediente sich Saburo-Akutsu stets bipolarer Reizung mit schwachen Induktionsströmen (25 cm Rollenabstand). Seine Experimente ergaben folgende Resultate: Legt man die Elektroden an das Ganglion mesentericum infer. an, so bemerkt man eine rasche, wurmartige Bewegung beider Samenblasen und Samenstränge, und Sperma tritt aus der Harnröhre aus. Den gleichen Effekt erreicht man, wenn man beide Nervi hypogastrici zu gleicher Zeit reizt. Dabei erhält man auch Bewegungen der Harnblase. — Wird die Elektrode nur auf einen Nervus hypogastricus appliziert, so ist die Bewegung auf die Samenblase, den Samenstrang der betreffenden Körperhälfte, resp. die eine Hälfte der Harnblase beschränkt. Die Bewegungen der Yesiculae seminales, die man bei direkter Reizung erhält, sind langsam und unterscheiden sich wesentlich von den peristal tischen Bewegungen bei Reizung der Hypogastrici. Aus den weiteren Yersuchen geht hervor, daß auch bei Reizung der Rami afferentes und aortici halbseitige oder beiderseitige Zusammenziehungeu der Samenblasen eintreten. Was die Yerbindung der Nervenbahnen mit dem Rückenmark betrifft, so ist der Weg folgender: Rüokenmarks- wurzeln (2 — 4 Lendenwurzeln), Rami communicantes zum Sympathicus, Rami afferentes direkt oder auf dem Umwege durch den Plexus renalis und die Nervi aortici zum Ganglion mesenteric. inferius, endlich durch die Nervi hypogastrici zu den Ganglien des Samenblasengrundes (Plexus hypogastricus). Zur Feststellung etwaiger Umsetzungen der Nerven- fasern in den Ganglien benutzte der Autor nach dem Yorgange Langneys die lähmende Wirkung des Nikotins, indem er einen kleinen, mit iVo I I der Geschlechtskrankheiten. 291 Nikotinlösnng getr&nkten Wattebausch auf das betreffende Ganglion auf* leg^e. Nikotinisierte er auf diese Weise das Ganglion mesenteric. inferius und reizte er hiemach die in dieses Ganglion eintretenden Rami aortici, so blieb die Bewegung der Samenblase aus, wurde aber bei direkter Reizung des Ganglion wieder prompt ausgelöst. Durch weitere ähnliche Versuche konnte nachgewiesen werden, daß die Mehrzahl der Fasern auf ihrem Wege vom Grenzstrang zur Samenblase eine zweimalige Um- schaltnngy im Ganglion meeentericnm inferius und im Plexus hypo* gastricus, erfahren, daß aber einige Fasern der Rami efferentes ohne Umscbaltung durch ersteres Ganglion zum Plexus des Samenblasenfundns ziehen. Auf Grund dieser Untersuchungen glaubt der Verfasser be- haupten zu können, daß alle motorischen Nerven der Samenblase auf dem Wege der Nervi hypogastrici zu ihr gelangen, da weder bei Reizung anderer Aste des Sympathicus, noch der Nervi erigentes jemals eine Kontraktion der Vesiculae seminales eintrat. Mit der Entstehung der Erektion stehen die Nervi hypogastrici ebenfalls in gewisser Beziehung; Reizung dieser Nerven allein hatte zwar in den Versuchen des Verfassers niemals eine richtige Erektion zur Folge ; interessant ist aber die Angabe Spinas, daß nach Durchschneidung der Nervi hypogastrici die Erektion und Ejakulation rudimentär bleibt. „Es erhellt daraus, daß der Nerv, hypogastricus nicht nur motorischer Nerv der Samenblase ist, sondern daß er bei der Erektion auch eine, sei es direkt oder indirekt, wichtige Rolle zu spielen hat.^ Jadassohn-Frederic (Straßburg i. £.). Saburo - Akalsu. Mikroskopische Untersuchung der Sekretionsvorgänge in den Samenblasen. Arch. f. d. gesamte Phys. Bd. XCVI. H. 11, 12. 1908. Saburo-Akutsu hat an Meerschweinchen, hauptsächlich aber an Ratten Untersuchungen über die Sekretionsvorgänge der Samenblasen angestellt und kam zu dem Resultat, daß eine sekretorische Tätigkeit ihres Epithels zweifellos besteht. Die verschiedenen Stadien der Sekretbildung sind genau zu verfolgen. Ein Teil der Epithelzellen enthält feinste Granula, welche in AI tmann sehen Präparaten deutlich erkennbar, regellos zerstreut oder in Reihen angeordnet sind und in den Proto- plasmabalken und den Knotenpunkten des Protoplasmamaschenwerks liegen. Offenbar handelt es sich um die sogenannten AI tmann sehen Granula. Andere Epithelzellen sind mit größeren Körnern ange- füllt, die in den stark erweiterten Maschenräumen des Zellkörpernetzes eingeschlossen sind und Sekretkörner darstellen. Sie färben sich stark bei yerschiedenen Methoden und sind auch im frischen Präparat deutlich erkennbar. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese Sekretkömer ans den AI tmann sehen Granula entstehen, obgleich dies wohl kaum einwandsfrei bewiesen werden kann. Weiterhin treten die Sekretkömer aus der Zelle aus und bilden durch Zusammenfließen im freien Lumen das Samenblasensekret. — Die Sekretion der Samenblase findet bei den Ratten nicht nur während der geschlechtlichen Erregung, sondern auch in der Zwischenzeit statt, da der Verfasser keine Differenzen der sekre- 19* 292 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete torisohen Tätigkeit koostatieren konnte, ob nun die Tiere isoliert waren oder ohne Beschr&akang mit Weibchen zusammenwohnten« Andererseits worde nachgewiesen, daß Reizung der Nervi hypogastrici einen gewissen Einfluß auf die Sekretionsrorgänge hat Nach Reizung eines Nervus hypograstricuB ergab sich, daß in der betrefienden Samenblase die Grenzen der Epithelien undeutlicher, das Protoplasma vakuolisiert und die Sekret- kömer vermindert waren. Diese üntersuchungsresultate beziehen sich nur auf Ratten und dürfen auf andere Tiere und den Menschen, nicht ohne weiteres übertragen werden. Jadassohn-Frederio (Straßburg i. £.)• <]loiiraad, F. H. Les fausses phosphaturies. Chizette des hop. 1908. Nr. 97. Gouraud macht darauf aufmerksam, daß man nicht jedesmal, wenn ein Urin durch Phosphorsalze getrübt ist, von echter Phosphaturie sprechen dürfe. Häufig ist die Menge des ausgeschiedenen Phosphors gegen die Norm gar nicht vermehrt und das Ausfallen der Phosphate nur durch die alkalische Reaktion des Urins (infolge vermehrter Alkaleszenz des Blutes) oder durch die große Menge von erdigen Phosphaten, die der Harn nicht aufzulösen vermag, bedingt („Phosphaturie terreuse"). Deshalb ist auch diese häufig vorkommende „fausse Phosphaturie" nicht als eine schwerere Störung des StoEfwechsels anzusehen. — Die echte Phosphaturie d. h. übermäßige Ausscheidung von Phosphor- salzen durch die Nieren kommt seltener vor. Jadassohn-Frederic (Straßhurg i. £.). Rodrigues-lfiiia. Des ruptures de Thymen dans les chutes. Annal. d'hygiene publique. Tome L. Nr. 3. 1903. Rodrigues untersuchte ein Uj ähriges Mädchen, welches infolge eines Fehltritts ausglitt und rittlings auf einen größeren eckigen Stein zu fallen kam ; hierauf fühlte das £ind heftigen Schmerz in der Genital- gegend, auch trat Blutung ein. Die Exploration ergab einen Riß in der hinteren Partie des Hymen, rechts von der Raphe, der außen bis zur Fossa navicularis, innen gl eich weit auf die Yaginalschleimhaut sich er- streckte. Außerdem war auf jeder Seite des Hymen eine Ekchymose. Nach Heilung war die Narbenbildung von einer infolge der Defloration entstandenen nicht zu unterscheiden. Femer teilt der Verfasser den ähnlichen Fall eines 9jährigen Mädchens mit, welches rittlings anf den Rand eines Stuhles fiel. Auch hier blutete es und die Untersuchung ließ einen Riß in der hinteren Partie des Hymen erkennen. Auf Grund dieser eigenen und der in der Literatur mitgeteilten Fälle anderer Autoren kommt Rodrigues im Gegensatz zu der jetzt, namentlich in Deutsch- land, maßgebenden Ansicht, zu dem Ergebnis, daß Hymenalverletzungen auch ohne Coitus zu stände kommen können, so besonders durch Fall auf das Gesäß oder mit gespreizten Beinen, durch Rittlingssitzen beim Reiten etc. Die Zerreißung ist in diesen Fällen durch eine von innen nach außen wirkende Kraft, nämlich den plötzlichen Prolaps der Beckeneingeweide bedingt. Die frischen Verletzungen sind den durch Defloration bewirkten ganz analog und im gegebenen Falle objektiv nur durch das Fehlen von der OescblechtokrankheiteD. 293 Spennatozoen and das Fehlen entzündlicher Reizung der Yulra von letzteren zn nnterscheiden. Das gleiche gilt för die durch Fall auf einen kantigen Gegenstand, der in die Vagina eindringt, bewirkten Zerreißungen. Hingegen sind die infolge Eindringens schneidender, perforierender Gegenstande entstandenen, stets erheblicheren Verletzungen leichter zu erkennen« Jadassohn-Fröd^ric (Straßburg i. £.). Friedmann, L. Zur Ätiologie der isolierten tiefliegen* den Scheidenverletzungen sub coitu. Monatsschrift f. Geburtsh. und Gjn&k. Bd. XVIII. H. 8. 1903. Friedmann hatte Gelegenheit, einen infolge des in normaler Lage, aber mit yiel Impetus von Seiten des Mannes mit seiner 29jahrigen Frau ausgeübten Goitus entstandenen tiefen Riß der Scheide zu be- obachten. Dieser zog vom rechten Scheidengewölbe schräg nach unten und hinten. Es entstand eine sehr heftige Blutung, die durch Naht gestillt wurde. Die Frau hatte vor 26 Tagen ihr 8. Kind geboren, so daß die puerperalen Veränderungen wohl eine Rolle bei der Entstehung der Ver- letzung spielten. Jadassohn-Fr^d^ric (Straßburg L E.). Stolz, Albert. Ober Totalnekrose des Hodens bei Mumps. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie. 1901. 2. und 3. Heft. Art. VIII. Einleitend weist Stolz auf die Häufigkeit des Ausgangs in Atrophie bei Mumpsorchitis hin und bespricht die bisher vorliegenden anato- mischen Untersuchungen Ton atrophierten Hoden, und zwar besonders die Arbeiten Ton Reclns und Malassez, vonMonod undTerrillon and von Langerhans in Kochers ^Krankheiten der männlichen Ge- schlechtsorgane'. Im Anschluß daran teilt Stolz ausführlich einen in der Straßburger chirurgischen Klinik beobachteten Fall mit, bei dem es sich um einen sehr stark atrophierten linken Hoden handelte, der der Sitz so heftiger Schmerzen geworden war, daß er durch Kastratton ent- fernt werden mußte. Die Atrophie war im Anschluß an eine Parotitis epidemica aufgetreten. Der pathologisch-histologische Befand ergab eine Totalnekrose des ganzen Hodens ohne nennenswerte Beteiligung des Nebenhodens. Die Hodenkanälchen waren in ihrer Gestalt und gegen- seitigen Anordnung kaum verändert, wiesen aber nirgends mehr ein deutliches Lumen auf und waren statt mit den sie auskleidenden Epithel- zellen in toto mit einer fein granulierten Masse ausgefüllt, dabei herrschte ein vollständiger Mangel jeglicher Bindegewebsvermehrung zwischen den Samenkanälchen. Das Auftreten einer isolierten Totalnekrose des Hodens ist bisher nur bekannt gewesen als eine Folge schwerer Läsionen der Samenstranggef&ße, sei es der Venen, sei es der Arterien, sei es beider zusammen. Merkwürdig in dem mitgeteilten Fall ist, daß das nekro- tische Gewebe einfach abgekapselt und allmählich resorbiert und organisiert wurde, ohne daß es zur Eiterung kam. Voß (Breslau). Clolmen, Franz. Über plastische Operationen am Penis nach Zerstörung seiner Hautbedeckungen. Arch. für klin. Chir. Bd. LV. 4. 294 Bericht über die Leistungen anf dem Gebiete Golmers empfiehlt bei größeren Defekten der Penishaut infolge ▼on Traama oder Gangrftn in erster Linie zur plastischen Deckung die Skrotalhaatf erst in zweiter Linie, wenn die Brauchbarkeit der Skrotal- haut unmöglich erscheint, die Haut der Bauchdecken. Am wenigsten eignet sich die Haut der Oberschenkel. Es sind einfach oder doppelt gestielte Lappen zu verwenden. Ortmann (Breslau). Lütl\|ey H. Über die Kastration und ihre Folgen. Arch. f. experimentelle Path. und Pharmak. Bd. L. 3., 4. H. 1903. Lüthje bestimmte den Gesamtphosphorsäuregehalt eines männ- lichen kastrierten Hundes, er betrug 116*78 g^ bei einem nicht kastrierten Eontrollhunde 115*10 g, £& bestand also hierbei kein wesentlicher Unterschied zwischen kastriertem und nicht kastriertem Tier; ein ähnliches Resultat erhielt Lüthje bei der Bestimmung des Phosphorgebalts einer kastrierten und einer nicht kastrierten Hündin. Man ist also berechtigt, „die Annahme einer Veränderung im Phosphorstoffwechsel des kastrierten gegenüber dem nicht kastrierten Tier^ zu leugnen. Auch in dem Ealkstoffwechsel existiert nach den Untersuchungen Lüthjes kein Unterschied zwischen kastrierten und nicht kastrierten Tieren. Jadassohn-Fredöric (Straßbarg). Loftoiiy Lucien. An Improvised Method of Operating for Varicocele. New- York. Med. Journ. LXXVHI. 226. Aug. 1. 1903. Lofton empfiehlt die subkutane Unterbindung der Venenbündely die schon früher vielfach praktiziert wurde; um Anheftung der unter- bundenen Venen an die Haut zu erzielen, wird der rücklaufende Unter- bindungsfaden (Darmsaite) teilweise bis in die Cutis geführt, ohne die- selbe zu durchbohren. H. G. Klotz (New -York). Sehnitkind, E. K. Ein eigentümlicher Verband bei Varicocele. Journal russe de mal. cut. Tom. IV. pag. 416. Ein Leinenband, das mehrfach um den Hodensack gewunden, ihn in eine obere zwei Drittel seines Inhalts fassende, die Hoden enthaltende und eine leere das untere Drittel des Skrotums einnehmende Abteilung^ teilte. Durch das Band werden die Hoden gehoben und gestützt, selbst schwere Arbeiten ohne Schmerz ermöglicht, während ein Suspensorium und ein Bichardscher Ring bei der angeborenen Varicocele dem Patienten keine Erleichterung brachten. Richard Fischöl (Bad Hall). Sobolew, L. A. Ein Fall von künstlich hervorgerufener und künstlich erhaltener Entzündung der Blase bei einem Soldaten. Journal russe de mal. cut. Bd. III. pag. 721. 1902. Ein Soldat hatte durch Einfahrung von Seifenstückchen (4—5 cm lang) in die Harnröhre, die er bis in die Blase drückte, sich eine ehr. Gystitis erzeugt. Durch Vortäusohung einer Gonorrhoe wollte er dem Dienste entgehen. Auffindung der Seifenstäbohen in dem Harne ermöglichte die Diagnose. Sorotsohinski beschreibt 6 Fälle dieser im übrigen ungewöhnlichen Art der Trippersimulation. Richard Fischöl (Bad Hall). der Geschlechtskrankheiten. 296 Wolfsohn, G. E. Ein Beitrag znr Ätiologie der Haemo- spermia yera. Journal rasse de mal. cot. Tom. V. pag. 892. Die Hämospermie wird als objektives Symptom einer latent ver- lanfenen chronischen Nephritis aufgefaßt. Wiewohl Patient mehrmals gonorrhoisch infiziert war, wird Gonorrhoe als ätiologisches Moment ausgeschlossen. Richard Fisch el (Bad Hall). Polta^ew, A. Experimentelle und klinische Unter- snchungen über die Wirkung des Johimbins. Journal russe de mal. cut. 1902. Bd. IV pag. 46. Nach einem Bericht über an Hunden und Kaninchen und Meer- schweinchen angestellten Experimenten wird vorläufig über die günstige Wirkung subkutaner Johimbininjektionen (0*0001 — 0'(XX)7 pro Kilo) bei paralytischer Impotenz berichtet. An der Injektionsstelle keine Reizer- scheinungen. Nach der Injektion Rötung des Gesichtes, Vermehrung der Pulsfrequenz, Spannung des Pulses nnd nicht selten vollkommene Errek- tion des Gliedes. P. gibt der Hoffnung Aasdruck, daß sich das Johimbin im Kampfe gegen die Impotentia paralytica bewähren wird. Richard Fisch el (Bad Hall). Stern, M. A. Ein neues Diureticum — Agarin. Wratsch. Gaz. 1908. Nr. 31. An der Hand von Krankengeschichten sucht Stern nachzuweisen, daß das Agurin, welches Theobromin und Natr. acet. enthalte, als Diureticum bei weitem wirksamer als selbst das Diaretin sei, besonders wenn es gleichzeitig mit einem Herzmittel (wie Digitalis) verabfolgt werde. Agarin hat nicht wie Diuretin Nebenwirkungen auf Magen und Darm. S. Prissmann (Libau). Gonorrhoe und deren Komplikationen. Brongersma und van de Yelde. Die Züchtung von Gono- kokken aufXhalmann-Agar. Zentralblatt für Bakteriologie Bd. 33, pag. 311. Brongersma und van de Yelde haben mit dem von Thal- mann angegebenen sauren Nährboden gearbeitet und denselben außer- ordentlich zweckmäßig gefunden. Der Nährboden wurde in der von Thalmann angegebenen Methode (cf. Zentralblatt Bd. 81) hergestellt und eine Reihe von Kulturen sowohl von frischen wie chronischen Fällen gemacht. Es ergab sich, worauf schon Ströhmberg hingewiesen hatte, daß in Fällen die Kultur gelang, in denen klinische Anhaltspunkte völlig fehlten. Da der Nährboden speziell für den Gonococcus günstig zu sein scheint, kommt ihm bis zum gewissen Grade die Bedeutung eines differentiellen Untersuchangsmittels zu. Die Autoren empfehlen nicht mit Unrecht die Benutzung auf das dringendste. Wolters (Rostock). 296 Bericht über die Leistnngexi auf dem Gebiete von Wahl, Arthur. Zur Gonokokken färb ung. Zentralbiatt fOr Bakteriologie Bd. 88, pag. 229. von Wahl empfiehlt zur Färbung der Gonokokken folgende Lösung: Eonzentr. alkohol. Auraminlösung 2 cm', Spiritus 957o 1*^ ^""^^y konzentr. alkohol. Thioninlösung 2*0 cm', konzentr. wäsar. Methylgrün- lösung 8*0 em>, Wasser 6*0 cm'. Die alkoholischen Lösungen werden be- reitet, indem die Farbe über der Flamme in 95 Vo Alkohol gelöst und dann filtriert werden. Die Lösung soll sich ein Jahr unverändert halten. Die Gonokokken werden rotviolett bis schwarz, Leukocyten grünliche Kerne, ungefärbtes oder gelbliches Plasma, die Epithelien gelblichgrün. Die übrigen Mikroorganismen sollen ungeförbt oder nur sehr schwach gefärbt werden. Die Färbung dauert 5 — 10 Sekunden. Wolters (Rostock). Benedict, A. L. Clinical Gonorrhoea withont the Gono- ooccus. Amer. Joum. Med. Sciences 126, 168, Juli 1908. Benedict glaubt, daß die YeröffSentlichung von Fällen, wo klinisch das Bild der Gonorrhoe besteht, ohne daß Gonokokken nachgewiesen werden können, aus verschiedenen Gründen wünschenswert sei. Er be- richtet über einige solche Fälle, aber in so unvollständiger Weise, daß dieselben keinen Anspruch auf Berücksichtigung machen können. H. G. Klotz (New-York). Cloldberg, Berthold. Bacteriuria vesicalis postgonor- rhoica durch Bacterium lactis aerogenes. Bacterium lactis aerogenes ist bisher nur von Warburg in einem Fall als Erreger von Bakteriurie beschrieben worden; Verf. bringt einen weitem Fall bei. Der Fat. litt seit 8 Monaten an chronischer Gonorrhoe und hatte eine Hodenentzündung gehabt Durch Gystoskopie wurde die Abwesenheit einer Erkrankung der Blase festgestellt; dagegen bestand eine „Prostatitis in Terstitialis chronica", die aber nach Verf. in keinem Zusammenhang mit der Bakteriurie stand, weil sie schon vorher bestand und im ezprimierten Prostata- Sekret bei einmaliger Untersuchung Bakterien nicht sicher nachzuweisen waren. Verf. glaubt, daß der Fat., der eine leichte Phimose und stagnierendes Präputialsekret hatte, die Bakterien durch Urethralinjektionen in die Blase brachte. Durch üro- tropin innerlich und lokale Behandlung von Urethra und Blase, nebst Prostataexpressionen, wurde der Urin zeitweise klar. A. Gassmann, Basel-Leukerbad (Wallis). Valentine, Ferd. G. Chronic gonorrhoea and post-gonor- rhoeal Urethritis. A sketch of their modern treatment. New. York. med. record Juni 29, 1901. Der Vortrag von Valentine gibt eine Obersicht über moderne Gonorrhoebehandlang mit Endoskopie, Spülung und Dilatation. Die Xllustra- tionen betreffen das Endoskop des Autors, bei uns durch EoUmanns Bemühungen bekannt geworden und modifiziert, sowie einen praktischen leichten Urethralirrigator. Die Dilatatoren sind die bekannten Instrumente der QeschlechtskrankheiteD. 297 Yon Oberländer und Eollmann. Schließlich bespricht Verf. «»Gonor- rhoe and Ehe**. Der Artikel ist sehr übersichtlich und lesenswert. Loewenhardt (Breslau). Zelenew, J. F. Der schmerzlose „torpide** Tripper. Jonmal msse de mal. cat. Tom. Y. 71. Der Verlauf des Trippers kann, wie an 9 Krankengeschichten er- läntert wird, vollkommen schmerzlos sein, so daß sein Beginn oft gar nicht bemerkt wird, und erst bei ans anderen Ursachen angestellten Hamnnntersuchungen die Diagnose (positiver Gonokokkenbefund) klar gestellt wird. Die meistens eintretenden Komplikationen (Cystitis, Epidi- dymitis) treten ebenfalls schmerzlos auf und kommen dem Patienten nicht zum Bewußtsein. Diese Form des Trippers, die Z. »torpide** nennt, ist Ton gerichtlich medizinischer und sozialer Bedeutung (Ehekonsens!) Bei der infizierten Frau konnte in einigen Fällen ebenfalls ein schleichen- der unbemerkter Verlauf konstatiert werden. Prognose und Behandlung werden nicht berührt. Richard Fischöl (Bad Hall). Calderone, G. Contributo allo studio della blenorragia acnta anteriore. Giomale Italiano delle malattie veneree e della pelle 1902. p. 137. Calderone übertrug den Eiter frischer Gonorrhoe auf die Ham- röhrenschleimhant von Männern, und zwar bei 4 an Tuberkulose er- krankten und dem Exitus nahen Individuen; von diesen starb der eine 17y der andere 68 Stunden, der 3. vier und einen halben, der 4. sieben Tage nach der Übertragung ; die Harnröhre wurde kurz nach dem Tode excidiert, in Alkohol gehärtet und histologisch untersucht. Aus diesen Untersuchungen ergab sich, daß die Gonokokken eine gewisse Zeit brauchen, ehe sie in das Epithel eindringen; nach 17 Stunden waren noch keine Gonokokken in den Epithelzellen nachweisbar, doch später dringen die- selben in alle Epithelien, nur daß ihnen die Plattenepithelien einen viel bedeutenderen Widerstand entgegensetzen als die Zylinderepithelien; auch die Grenzmembran zwischen Epithel und Bindegewebe setzt dem Gono- coccus keinen dauernden Widerstand; wohl findet man häufig in den obersten Schichten des Gorion bedeutende kleinzellige Infiltration, ohne daß der Gonococcus hier bereits nachweisbar wäre ; in der Folge wandert er aber auch hier ein, und man findet ihn auch in den subepithelialen Schichten des Corion; beim 1. Falle, also 17 Stunden nach der Infektion, war er hier noch nicht nachweisbar, aber auch an der Oberfläche der Epithelien war eine Vermehrung desselben noch nicht zu konstatieren; später dorchdringt er namentlich die Zylinderepithelien sehr rasch. Die Veränderungen an den Epithelien waren in allen Fällen äußerst schwere: schon nach 17 Stunden zeigten sie an den Stellen der Ino- kulation Veränderungen und Degeneration und waren bisweilen losgelöst im Lumen der Urethra; am Plattenepitbel waren diese Veränderungen in wesentlich geringerem Grade gleichfalls vorhanden; später kann man die yerschiedenen Schichten, Epithel und Bindegewebe, von einander kaum mehr unterscheiden, alles ist durch die kleinzellige Infiltration verdeckt. 298 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete denn die Infiltrationszellen dringen auch in die Epithelschichten, drängen deren Zellen auseinander und vernichten sie. Nicht alle Stellen der Ham- röhrenschleimhaut sind gleichmäßig verändert; dicht neben schwerstver- änderten finden sich solche von fast normalem Aussehen. Bei den schwereren Fällen dringt die Infiltration bis in die Trabekeln des Corpus cavemosum, wo sie mehr weniger große Herde bildet. Der zweite Teil der Arbeit umfaßt eine Reihe von Versuchen über die Einwirkung einiger der gebräuchlichsten Injektionsflüssigkeiten auf die Schleimhaut der Harnröhre von Hunden; verwendet wurden Lösungen von Argentum nitricum VsVo iVo ^^^ ^Vot Hydrargyrum bichlor. corr. 1 : 2000; Kalium hypermanganatum 1 : 2000; Zincum sulfor. 1%; Ichthyol 6Vo> Argen tamin 2®/o, Protargol 2®/©; die Dauer der Injektion betrug 5 Minuten, die Tiere wardeu Y^ Stunde, 1 Stunde, 24 Stunden nachher getötet und die Hamröhrenschleimhaut histologisch untersucht; es zeigte sich, daß alle metallischen Lösungen eine starke, in die Tiefe gehsnde Ätzwirkung ausübten, wodurch die Epithelien mehr weniger schwer ge- schädigt und zerstört werden; bei stärkeren Lösungen in größerer Menge angewendet, dringt die Ätzwirkung bis in das Bindegewebe ; stets ist sie von mehr wenig heftiger entzündlicher Reaktion begleitet, die sehr bald auf- tritt. Ichthyol ätzt nicht, und ruft kaum eine entzündliche Reaktion hervor. Das Argentamiu wird vom lebenden Protoplasma wider Erwarten ähnlich dem Argentum nitricum reduziert, wirkt also gleichfalls, wenn auch in geringerem Grade ätzend; auch vom Protargol kaun man nidit sagen, daß es dem lebenden Protoplasma gegenüber stabil bleibe, da auch hier eine, wenn auch nur geringe Reduktion stattfindet. Spietschka (Brunn). Serebrenik, N. N. Ein Fall von gänzlichem Narben- verschluß der äußeren Harnröhrenöffnung infolge chro- nischen Trippers. Journal russe de mal. cut. Tom. III, p. 106. 4tägige totale Harnverhaltung. Der narbige Verschluß des orif. externum wurde mit einem Skalpell durchgestoßen. Im Gegensatz zu dem von Schnittkind publizierten Falle, bei dem Impotenzerscheinungen auf die durch die Harnröhrnvereagerung bedingte, der Samenentleerung entgegengesetzte Widerstände zurückgeführt werden, war hier die Potenz vollständig normal. Richard Fischel (Bad Hall). Sorrentino, Gofifredo. Gontribuzione allo studio isto- logico e terapeutico della Bartolinite blenorrag^ca. Giornale Ital. delle malattie veneree e deila pelle. 1902, p. 885. Auf Grund des Studiums von 33 Fällen eitriger Bartholinitis, von denen bei zweien die Drüsen exstirpiert und histologisch untersucht wurden, kommt der Autor zu dem Schlüsse, daß es sich dabei um eine Adenitis und Periadenitis hyperplastica et suppurativa handle; infolge des häufigen Vorkommens miliarer, oystisch eingekapselter Entzündungs- herde im periadenoiden Gewebe, zieht der Autor die vollständige £x- stirpation der Drüse der einfachen Schaltung der Drüse in jenen Fällen vor, in denen sich der operative Eingriff als notwendig erweist. Spietsolika (Brunn). der GeschlechtBkrankbeiten. 299 Sowinski, J. W. Zur Kasnistik der Hodenabszesse aaf gonorrhoischer Basis. Journal russe de mal. cat. Tom. IV. S. 169. Bei einem an sabakuter Gonorrhoe (mikrosk. nnd knltarell erwiesen), akuter Epididymitis nnd Funiculitis leidenden Patienten kam es zur Bildnng eines Hodenabszesses, dessen Inhalt bakteriologisch nntersncht wurde. Es ging auf Ascitesagarplatten nur ein Stabchen in Reinkultur auf, das teils die Eigenschaften des Bac pTOcyaneus, teils die des Bao. flnoreacens liquefaciens hatte, und von dem der Autor es dahingestellt sein läßt, ob es sich um eine selbständige Art oder um eiue Varietät der obgenannten Bazillen handelt. Da sich Gk)nokokken im Abszeßinhalt nicht nachweisen ließen, so glaubt S., daß die Gonokokkentoxine im Hoden den Boden für den im Tierversuch nicht eitererregenden Bacillus vorbereitet hätten, so daß er in dem geschwächten Gewebe Süppuration hervorrufen konnte. Richard Fischel (Bad Hall). Klnnikutt, Francis P. Orchitis and Epididymitis in Typhoid. New-York Medical Record 25. Mai I90I. Einnikutt bringt 2 neue Fälle von Typhusinfektion des Hodens und Nebenhodens. In einem Falle entstand gleichzeitig im oberen Teile der Vena saphena eine Phlebitis) woraus Verfasser die Möglichkeit einer gleichen Infektion der Vena spermatica herleitet. Im zweiten Falle konnte der Bacillus Ebers in Reinkultur aus einem kleinen fluktuierenden Herde des Hodens gezüchtet werden. Eshner hat 44 Fälle zusammengestellt. (Phil. med. Journ. 1898, 1. p. 949.) Loewenhardt (Breslau). Bull, Charles Stedman. The Systemio or Constitut ional Charakter of Gonorrhoe a. Ulustrated by Five Gases of Iridochoroi- ditis. New-York, med. record December 20., 1902. Auch Bull stellt fest, daß die gonorrhoische Iridochoroiditis sich erfahrungsgemäß nicht unmittelbar an die Urethral-Infektion an- schließt, sondern es pflegen Gelenkentzündungen, am häufigsten des Knie- gelenks vorherzugehen. Der Charakter dieser spezifischen Augenerkrankung unterscheidet sich scharf von dem gewöhnlichen Typus einer rheumatischen Entzündung durch plötzliches Einsetzen, rapide Entwicklung, heftigste Schmerzen, schnelle und vollständige Erblindung. Aber dieser heftige Entzündungs- prozeß, der noch dazu überaus zu Rückfallen neigt, geht schnell vorüber und läßt gewöimlich keine Spuren zurück. Es fehlt nämlich jeder Charakter einer plastischen Iritis. Die Hauptursache der schnellen Abnahme der Sehkraft scheint in einer diffusen, serösen Infiltration der Choroidea, Iris und ebensolcher Exsndation in dem Glaskörper zu bestehen. Verfasser ist der Meinung, daß bei richtiger Behandlung die Prognose auch für die Sehkraft günstig sei (Atropin, Blutegel, Eata- plasmen, Natron salicylicum, Jodkali). Die Erklärung der Erkrankung als gonorrhoische Metastase bietet bei unserer jetzigen Kenntnis von dem Wesen der Gonorrhoe keine Schwierigkeit. Die Erblindung wurde wegen gleichzeitig beobachteter 8QQ Bericht über die Leistangen auf dem Gebiete Endokarditis auf einen direkten Embolns zurückgeführt, während andere Autoren mit Recht partielle oder totale Thrombose infolge lokaler gonor- rhoischer Entzündung annehmen. Die 5 publizierten Fälle bieten nichts besonderes. Loewenhardt (Breslau). Barbiani, Guido. La Gonococciemia. Giornale Italiano delle malattie veneree e della pelle. Anno XXXVII. (1902) p. 9. Bei einem 86jährigen Manne, der seit ungefähr 2 Jahren an Dia- betes litt, trat im Verlaufe einer Gonorrhoe eine schwere Aligemein- erkrankung ein; es zeigte sich hohes Fieber (39^), Schwellung sämtlicher, namentlich aber der Eniegelenkei ein polymorphes Exanthem, leichte Albuminurie; Gonokokken waren durch die Kultur im Blute nachweisbar. Im Laufe von 8 Monaten heilten die- Erscheinungen vollständig ab. Der Diabetes wird als Ursache der verminderten Widerstandskraft gegen die Allgemeininfektion angesehen. Der Schilderung des Falles folgt eine flüchtige, aber vollständige Übersicht der einschlägigen Literatur nach Organen geordnet. Spietschka (Brunn). Rudski, A. P. Über Vulvo- vaginitis gonorrhoica bei Kindern. Medicin. Obosren. 1903, Nr. 18. Nach eingehender Berücksichtigung der einschlägigen Literatur teilt Rudski 14 Krankengeschichten mit, aus denen hervorgeht, daß in allen seinen Fällen eine Mitbeteiligung der Urethra zu konstatieren war, wenngleich mitunter makroskopisch nicht nachweisbar. Von Komplika- tionen erwähnt Verfasser Ekzem, Knieschmerz, Gystitis, Chlorose. Nach 3 — 6 Wochen Behandlung schwinden die klinischen Symptome gewöhnlich vollkommen, das Mikroskop weist jedoch in den meisten Fällen noch Gono- kokken auf, die oft erst nach längerer Behandlungszeit (3—5 Monate) sich verlieren. Therapeutisch bewähren sich am meisten Silberpräparate — Protargol und Largin in Vi~~^7o Lösung, allmählich in der Konzen- tration steigend. Die Literaturangabe weist 66 Nummern auf. S. Prißmann (Libau). Gravayna. Nota clinica su un oaso di ascessi gono- coooici multipli e suceessivi degli organi genitali femi- nili nel corso di ana vulvo uretrite blenorragica sub- acuta. Giornale Italiano delle malattie veneree e della pelle. Anno XXXVII., p. 37. Der lange Titel der kurzen Arbeit besagt eigentlich alles; es handelt sich um das Auftreten mehrerer Abszesse, welche unter der Haut lagen; diese war nicht gerötet; die Abszesse bereiteten nur geringen Schmerz, waren von teigig weicher Konsistenz, etwa bohnengroß; sie lagen 2 cm oberhalb des Praeputium clitor., mitten im Vertibulum, in der rechten Nymphe, unterhalb der Clitoris, an der Basis des mons veneris etc ; sie entstanden, einer immer wenige Tage später als der andere, nach Ablauf einer Vulvovaginitis. Im Inhalte derselben waren außer Gonokokken mikroskopisch keine anderen Mikroorganismen wahrnehmbar. Verfasser hält die Ausbreitung der Gonokokken auf dem Wege der Lympbahnen \ der Geschleohtskrankheiten. 301 far wahncheinlicb, da die Abszesse auch nach vollständiger Abheilang der YulvoTaginitis noch auftraten; es handelt sich also nm echte gonor* rhoische Babonoli. Spietschka (Brunn). Gershel, Milton A. Snbcntaneons Abscesses Dae to th e Gonococeas, in a child Two Years of Age. New-York. med. record Febraary 7, 1903. Bei einem 2jährigen Kinde mit typhoidem Fieber (positiver Yidal- Reaktion) trat 2 Tage nach der Aufnahme ins Krankenhaus eine Gonor- rhoe auf, deren Infektions- Ursache nicht zu finden war. Eine Woche später wurde ein subkutaner Abszeß links neben dem Anus beobachtet, 8 Tage später ein eben solcher auf der rechten Seite. Es gelang Gershel der anscheinend ein wandsfreie Nachweis Ton Gonokokken (Gram und Kultur). Loewenhardt (Breslau). Tschernow» M. Über gonorrhoische Prostatitis. Journal rutse de mal out. etc. 1902, Nr. 2. Nichts Neues. Richard Fischöl (Bad Hall). John Tan der Poel. Gonorrhoeal infection of the pro- State. New-York med. record Februar 22. 1902. Die Häufigkeit der gonorrhoischen Prostatitis wird sehr verschieden von den Autoren angegeben, die Erklärung findet sich wohl in der An- wendung verschiedener Unter suchnngsmethoden. Unter den 76 Fällen van der Pools traten 20 schon in der ersten Woche auf, 5 schon am 4. und eine am 8. Tage. Letztere Infektion war durchaus eindeutig, da es sich um die erste Gonorrhoe nach einer Inkubation von 2Y4 Tagen handelte. Es scheint erwiesen, daß die Prostata auch ohne wesentliche Beteiligung der hinteren Harnröhre direkt von den GC. erreicht werden kann. In den meisten Fällen sind aber deutliche Symptome von Urethritis posterior mehr oder minder markiert. Als besondere Ursache der Erkrankung bei der Gonorrhoe nimmt van der Poel mit Bi erhoff eine vorher be- stehende Kongestion als begünstigendes Moment an, z. B. auch einen einfachen Katarrh als Folge von verschiedenen sexuellen Schädigungen. Die übliche Einteilung in glanduläre, follikuläre und parenchyma- töse Entzündung wird besprochen. Symptome, Diagnose und Behandlung, sowie Prophylaxe werden erörtert und möglichst frühzeitige Abtötung der GG. mittelst der neuen Silbersalze empfohlen. Loewenhardt (Breslau). Thompson, J. M. Some chronic pathological processes seated in the deep urethral region involving the male sexual f unction and nervous system. New-York med. record Augnst 16. 1902. Nach anatomischen und physiologischen Betrachtungen über die Prostata wird die steigende Erkenntnis ihrer Bedeutung für die nervösen Erkrankungen in der Sexnalsphäre und deren Zusammenhang mit ge- wissen Formen von Urethritis posterior erörtert. Symptomatologie, Diagnose und Behandlung werden eingehend besprochen, rektale, urethrale und konstitutionelle Seite der Therapie erörtert. Thompson faßt alle Fälle 302 Bericht über die Leistungen aaf dem Gebiete Ton Erkrankung der hinteren Harnröhre, welche sexuelle oder nervöse Störungen hervorrufen, unter dem Titel: „Chronische sexuelle neurasthe- nische Urethritis'' zusammen mit speziellen Unterabteilungen, zu deren Erl&uterung 8 Fälle ausführlich besprochen werden. Loewenhardt (Breslau). Townsend, Terry M. Prostatic gonococcal auto-rein- feotions ofthe Urethra. (New-York med record 6. September 1902). Daß die Prostata nach längerer Pause bei anscheinend völlig aus- geheilter Gonorrhoe häufig die Quelle von Reinfektionen der Harnröhre und erneuten Ausbruches einer Gonokokken-Invasion bildet, ist schon mehrfach festgestellt worden. Eine solche Beinfektion bietet gewisse diagnostische Schwierigkeiten in der Differenzierung von einer neuen An- steckung mit nachtraglicher Beteiligung der Prostata, welche bekanntlich auch schon sehr zeitig nach der Infektion beobachtet wurde. Anamnese und Mikroskop geben hier Aufschluß. Therapeutisch kommt in Betracht nach jeder Massage der Prostata eine antiseptische Irrigation der Urethra folgen zu lassen; finden sich GG., kommen Silbersalze, sind nur andere Bakterien noch vorhanden z. B. B. Coli oder Staphylokokken, zieht Townsend Sublimat vor, ist der Ausfluß nicht mehr bakteriell, sollen nur Adstringentien angewendet werden. Loewenhardt (Breslau). LaskowskL Ein Beitrag zur mechanischen Behandlung der Prostata. Dtsch. Med. Woch. Nr. 2S, 16. Juli 1903. Gemäß der Erfahrung, daß nur milde und weiche Vibrationen von After und Prostata gut vertragen werden, konstruierte Laskowski einen analen Yibrator, welcher keine Beizzustände der Afterschleimhaut hervorruft und dennoch die Prostata in genügendem Maße vibrierte. Indiziert sei die Prostatavibration bei alter Prostatitis mit Induration des Gewebes. Der Entzündungsprozeß wurde günstig beeinflußt, die Eiter- kügelchen verschwanden allmählich. Ebenso wurden nervöse Zustände der Drüse gehoben (Impotenz bei sonst gesunder Prostata infolge früherer Entzündung). Die gestörte Zirkulation wurde gleichfalls durch Hyper- ämisierung wieder hergestellt. Eine noch ausgedehntere Wirkung läßt sich erzielen mit der vom Verf. konstruierten Zitterklammer, welche neben der Prostata auch Blase, Rektum und die nervösen Plexus in Schwingung versetzt, also auch für Erkrankungen dieser Organe an Stelle von Massage zu empfehlen sei. Während man die äußere Prostatavibration mit der Faust oder Zitterklammer, ohne Reizung befürchten zu müssen, täglich vornehmen kann, solle man den analen Yibrator nur jeden 2. Tag anwenden. Auch eine abwechselnde Behandlung mit beiden Apparaten sei häufig am Platze. Ein dritter Apparat des Verf. bewirkt gleichzeitig mit der Vibration eine Auskühlung der Prostata. Die genaue Beschreibung der Apparate und deren Gebrauchsanweisung ist im Original nachzulesen. Max Josepb. Ciechanowski, Stanislaus. Anatomische Untersuchungen über die sogenannte „Prostatahypertrophie und ver- der Geschlechtskrankheiten. 303 wandte Prosesse**. Mitteilungen ans den Grenzgebieten der Medizin nnd Chirurgie. 1901, II. u. III. Heft, Art lY. In der Einleitung seiner umfangreichen Arbeit bespricht G i e c h a- nowski die Anschauungen der Guyon sehen Schule über die Ursache der Blaseninsuffizienz der Greise, für die Guyon den Namen „le pro* statisme" geschaffen hat. Eine Sklerosierung der gesamten Gewebe und Teile des ürogenitalapparates, die wiederum eine Folge des Einflusses des senilen Alters ist, soll nach den früheren Anschauungen Gayons und seiner Schüler die Ursache des Prostatismus sein, doch kam es sp&ter zu einer wichtigen Änderung in den Anschauungen der Guyon sehen Schule, die sich zum ersten Male in der im Jahre 1885 erschienenen These von Lannois dokumentierte. Von Launois wurde zuerst auf die generali- sierte Arteriosklerose als Ursache der anatomischen Veränderungen des gesamten Urogenitalapparates hingewiesen und die Prostatahypertrophie ala eine Folge des Arterienatheroms gedeutet. Demgegenüber betonen andere Forscher, wie Givinale, Mercier nnd Harriso n, lokale Ursache des Prostatismus. Ciechanowskis Absicht war zunächst nur eine Kontrolle der Angaben der Guyon sehen Schule, doch wuchs die Arbeit darüber hinaas. Der erste Teil der Arbeit behandelt das Arterienatherom als Ur- sache der Yeränderuogen des Urogenitalsystems im Verlaufe des Prosta* tismus und das Ergebnis eigener Untersuchungen, der 2. Teil beschäftigt rieh mit der pathologischen Histologie und der Ätiologie der sogenannten „Prostatahypertrophie" . Das Resultat seiner den ersten Teil betreffenden Untersuchungen faßt Ciechanowski in folgenden Sätzen zusammen: 1. Die klinischen Symptome, welche in den Fällen des Prostatismus zu beobachten sind, entbehren einer einheitlichen anatomischen Grundlage. Insbesondere darf man nicht die Arteriosklerose als eine gemeinsame Ursache der im Verlaufe des Prostatismus zum Vorschein kommenden Veränder- ong^en der Nieren, der Harnblase und der Prostata ansehen« 2. Eine der anatomischen Grundlagen der Blaseninsufßzienz ist in einer quantitativen Veränderung des Verhältnisses zwischen Blasenmuskel und Bindegewebsgerüst der Blasenwand zu suchen. Diese Veränderung scheint in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle lediglich in der Atrophie des Blasenmuskels ihren Grund zu haben. Eine wirkliche aktive Vermehrung des Blasenwandbindegewebes scheint nur infolge der häufig anwesenden chronischen Blasenentzündungen zu stände zu kommen. In den Fällen, in denen infolge der Vergrößerung der Prostata die Gestalt des Orificium yesicale urethrae und der Verlauf der prostatischen Harnröhre verändert sind, ist ein Teil der Symptome auf das dadurch gesetzte mechanische Hindernis direkt zu beziehen. 8. Die Veränderung in der Struktur der Blasenwand kommt mit zunehmendem Alter häufiger vor. Diese Verände- rung erreicht einen höheren Grad, wenn sich das den Harnabfluß mecha- nisch störende Hindernis dazu gesellt, und gleichzeitig die Fähigkeit des Blasenmuskels zu hypertrophieren verloren gegangen ist; ihren höchsten 304 Bericht über die Leistungen ant' dem Gebiete Grad erleidet die Yerftndernng, wenn zu diesen beiden Schädlichkeiten noch chronisch-entzündliche Prozesse hinzukommen. In der Mehrzahl der Fälle von Blaseninsnffioienz bei Greisen kommen sämtliche drei Schädlich- keiten gleichzeitig zur Geltung. Im zweiten Teil, der die pathologische Histologie und die Ätio- logie der Prostatahypertrophie behandelt, kommt Giechanowski be- züglich der pathologischen Histologie zu folgenden Ergebnissen: Die so- genannte „Hypertrophie ** der Prostata ebenso wie gewisse Formen der Prostataatrophie, denen die erstere histogenetisch verwandt ist, besitzen eine gemeinsame Ürsprungsqnelle. Beide Vorgänge unterscheiden sich nur durch die verschiedene Ausdehnung, Intensität, Tor allem aber durch die verschiedene Verteilung und Lokalisation der sonst analogen Verände- rungen. Der gemeinsame Ausgangspunkt ist in den produktiven Binde- gevrebsprozessen zu suchen, welche im Stroma des Organes ihren Sitz haben, konstant herdförmig auftreten und hauptsächlich unmittelbar unter dem Drüsenepithel sich abspielen. Wenn sich die produktiven Stroma- veränderungen in den zentralen Prostatateilen in der Umgebung der Hauptausführungsgänge lokalisieren, dann kann von ihnen die Verenge- rung oder der Verschluß des Lumens jener Ausführungsgänge herbei- geführt werden, was die Ansammlung des Sekretes und die Erweiterung der peripheren Drüsen Verästelungen zur Folge hat. Fast immer ist gleichzeitig ein endoglandulärer pathologischer Prozeß vorhanden, der meistens in einer lebhafteren Proliferation nebst Desquamation und Zer- fall der Epithelien besteht. Die Vergrößerung der Prostata ist fast aus- schließlich auf die Erweiterung der Drüsenräume zu beziehen; den ver- hältnismäßig reichlichen Mengen des neugebildeten Bindegewebes fallt bei dem pathologischen Wachstum der Prostata eine untergeordnete Rolle zu ; die aktive Teilnahme der Prostatamuskulatur ohne Bildung von echten Myomen ist unbewiesen und sehr zweifelhaft. Wenn die bindegewebigen Stromaveränderungen hauptsächlich die peripheren Teile einnehmen und sich in der Nachbarschaft der blinden Endverästelungen der Drüsentubuli lokalisieren, dann wird durch die Verwachsung und die Atrophie der zusammengedrückten Tubuli, durch die Schrumpfung des im Stroma gebildeten Bindegewebes eine Verkleine- rung des ganzen Organes, eine Prostataatrophie, verursacht. Außerdem gibt es aber auch eine einfache Prostatatrophie, welche lediglich auf In- volutionsvorgänge im Drüsengewebe zu beziehen ist. Bezüglich der Ätiologie kommt Giechanowski zu folgenden Schlußfolgerungen: Die Grundlage der Hypertrophie der Prostata und gewisser Formen der Prostataatrophie ist in den untersuchten Fällen in chronischen Entzündungsprozessen zu suchen, deren ätiologischer Zu- sammenhang mit der virulenten Gonorrhoe vorläufig noch nicht unmittel- bar bewiesen werden kann ; bei der großen Häufigkeit der Gonorrhoe im allgemeinen, insbesondere der großen Häufigkeit der chronischen gonor- rhoischen Prostataentzündungen, bei der Abwesenheit von anderen, nicht gonorrhoischen Entzündungen der Harnwege, vor allem aber in An- der Geschlechtskrankheiten. 305 betracht der anfallenden Ähnlichkeit der von Ciechanowski be- obachteten Veränderungen mit den anatomischen Veränderangen bei gonorrhoischen Prozessen ist jedoch ein solcher Zusammenhang als sehr wahrscheinlich anzunehmen. Den Schluß der Arbeit bilden eine genaue Angabe der verwandten Untersuchungsmethode und eine vom Jahre 1874 beginnende, 528 Nummern enthaltende Zusammenstellung der Literatur. Yoß (Breslau). Gii6pin. Le traitement du rheumatisme blennorrha- giqne. Le progr. Mediz. 25. 1902. Guepin vertritt die Ansicht, daß der gonorrh. Rheumatismus entstehe durch Retention des gonorrh. Sekrets, gleichviel ob dieses noch Gronococcen enthalte oder nicht. Diese Retention werde veranlaßt durch Verengerung des orificium, durch Strikturen im Verlaufe der Harnröhre, durch Schwellung der Drusen (Littr^, Cowper u. s. w.), durch Prosta- titis; bei Frauen durch Bartholinitis oder durch Fortschreiten der Gon. auf den Uterus. Mit der Beseitigung der die Retention bedingenden Ur- sache gelang es G. stets den Rheumatismus zu heben. Hierbei wurden die sonst üblichen Behandlungsmethoden, insbes. Ruhigstellung der Ge- lenke, Einwirkung von heißer Luft nicht außer Acht gelassen. — fline Reihe von Krankengeschichten sind der umfangreichen Veröffentlichung angefugt. Stein (Görlitz). Nobly G. Wien. Ober blennorrhoische Synovialmeta- stasen. Wiener Klinik 1903. Maiheft. Als Ausgangspunkt der Erörterungen ist ein eigenes, 28 Fälle schwerer blennorrhoischer Synovialmetastasen umfassendes Beobachtungs> material des Autors gewählt. Von den Beobachtungen betrafen 18 Männer find 5 Frauen im Alter von 4— 50 Jahren; bei allen hatte die komplikatorisohe Gelenks- resp. Sehnenscheiden- und Schleimbeutelerkrankung von einer Genitalblennorrhoe ihren Ausgang genommen. Von den Gelenken war 14mal das Knie-, 7mal das Hand-, 12mal das Sprunggelenk, 3mal Zehen und Fingergelenke usw. befallen. Die Läsionen der Sehnenscheiden bezogen sich 6mal auf die Streck sehnen des Handrückens, 5mal auf die Scheiden der Extensoren des Fußes und einmal auf den Synovialbezüg des Biceps- kopfes; von Sohleimbeuteln war 5mal die Bursa achillea affiziert. Den Ausgangspunkt der Allgemeininfektion bildete die Vulvo vaginitis kleiner Mädchen 2mal, eine Urethral- resp. Zervikal- und Korpus-Blennorrhoe 3mal; bei den 18 Männern schlössen sich die Komplikationen 16mal an eine Blennorrhoea poster resp. Prostatitis glandulär, an. Die bakteriolog. Exploration dos Gelenks-, resp. Sehnenscheidenexsudates konnte in 18 Fällen zur Ausführung gelangen, 5mal war ein positives Gonokokken- ergebnis Smal kulturell, 2mal waren Staphylokokken nachweisbar, während sich das punktierte Gelenksexsudat in 11 Fällen vollkommen steril er- wies. Aus dem strömenden Blute gelang es Imal unter 3 Versuchen Gonokokken zur Auskeimung zu bringen. Die Zeit des Auftretens der Gelenkkomplikationen schwankt in den weitesten Grenzen zwischen 10 Tagen und mehreren Monaten. Trotz Arch. f. Dermat a. Sjph. Bd. LXXII. 20 306 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der aasgesprochenen Pradilektion der angeführten Gelenke für die blen- norrhoische Synovitis kann die Lokalisation für sich allein keineswegs zur Erhärtung der klinischen Diagnose herangezogen werden, auch dem vielfach als typisch bezeichneten monoartikulären Auftreten kann nur ein bedingter diagnostischer Wert zuerkannt werden. Als Terläßliche Fährten for die richtige klinische Auffassung können hingestellt werden : die Beschaffenheit der zur Rezidivierung und ankylotischer Ausheilung tendierenden Gelenksyeränderungen, die häufige Kombination derselben mit spezifischen Sehnenscheidensläsionen, die begleitenden Allgemein- erscheinungen, Fieber oft bis 40 und 41^ und raschem Abfall, sowie das refraktäre Verhalten der antirbenmatischen Medikation gegenüber. Als wichtige seltene Form ist die phlegmonöse Arthritis resp. Peri- und Para-Arthritis hinzustellen, die sich häufig mit exsudativen und fungös wuchernden Tendovaginitiden zu vergesellschaften pflegt. Die Therapie gipfelt in der gründlichen Beseitigung des kausalen Momentes, für die erkrankten Gelenke selbst scheinen nur die lokalen Heilbehelfe von Wirk- samkeit zu sein. Viktor Bandler (Prag). T. Frendl, Wien. Gamisonsspital Kr. 1. Über einen Fall von Endocarditis gonorrhoica. Wiener klinische Wochenschrift 1903, Nr. 87. Frendl erbringt die Krankengeschichte und Obduktionsbefund eines jungen Offizieres, der 4 Wochen nach Akquirierung einer Gouor- rhoea acuta an einer Endocarditis ulcerosa zu Grunde ging. Der Fall ist bemerkenswert, weil die Endocarditis erst 3 Wochen nach der Infektion auftrat, mit hohem Fieber einherging, die Erscheinungen nur 4 Tage dauerten und aus dem Endokard der Gonococcus rein gezüchtet werden konnte. Bemerkenswert ist ferner, daß die direkte Metastase am Endokard ohne Beteiligung anderer Organe und die ausschließliche In- fektion des Endokards mit dem Gonococcus ohne jede Mischinfektion auftrat. Viktor Bau dl er (Prag). Orlipskl. Über gonorrhoische Neurosen. Allg. med. Ztrl.« Ztg. 43. 1902. Orlipskl stellt die These auf, daß es eine Anzahl von Neurosen gibt, welche als gonorrhoische oder als metagonorrhoische Neurosen zu bezeichnen sind und dementsprechend einer spezifischen, d. h. antigonor- rhoischen, resp. urethralen Therapie schneller und sicherer, als jedem anderen Heilversuche weichen. — Zur Stütze dieser These fugt 0. eine Anzahl von Krankengeschichten an, in denen im Anschluß oder mit Beginn der Gonorrhoe neurasthenische bezw. hysterische Symptome sich einstellten. Mit Beseitigung der akuten oder chronischen Gon. erfolgte auch die Heilung der nervösen Erkrankung. Stein (Görlitz). Kienböck. Die gonorrhoische Neuritis oder ihre Be- ziehungen zur gonorrhoischen Myositis und Arthritis. Samml. klm. Vortr. Volkmann 816. 1901. Kienböck unterscheidet folgende Gruppen der akuten gonor- rhoischen Allgemeinerkrankungen, soweit sie den Neurologen interessieren: r der Geschlechtskrankheiten. 307 1. Arthritis acata metastatioa kombiniert mit a) einfachen Mnskelatrophien, h) Neuritis levis Nenralgica, e) Nearitis gravis, d) Myositis. 2. Polyneuritis toxica (ohne Arthritis). 8. Chronisch fortschreitende Muskelatrophien zuweilen generalisiert. 4. Arthritis der Wirbelsäule. Bezüglich der Arthritis betont K., daß häufig nur ein Gelenk be- fallen wird, und wenn mehrere ergriffen sind, eins besonders schwer affiziert ist. Die Ursache der Muskelatrophie sucht er gleich Charcot, Erb usw. in der Verbreitung schädigender Einflüsse von den erkrankten Gelenken aus in centripetaler Richtung nach dem Rückenmark hin und von hier aus reflektorisch zurückwirkend auf die Umgebung der Gelenke. Die Nerven können in sehr verschiedener Intensität befallen werden, leichte Neuralgien, Neuritiden mit kontinuierlichen dumpfen Schmerzen und schließlich maltiple, generalisierte Neuritis sind beobachtet. Die Myositis anlangend ist es schwer zu sagen, ob nicht immer Nerven primär mit erkrankt sind. Für die Erkrankung der Gelenke nimmt E. an, daß der Gonococcns selbst die Entzündung hervorruft, während er für die Erkrankung der Nerven und Muskeln Toxine als das entzündungserregende Agens be- schuldigt, hierbei läßt er es unentschieden, wie weit Mischinfektionen mitwirken. Ein reichhaltiges kasuistisches Material wird zur Stütze aller einschlägigen Fragen besprochen. Zum Schlüsse der recht lesenswerten Arbeit wird der Befund einiger Röntgenaufnahmen nach arthrit. gonorrh. veröffentlicht, es hat sich dabei ergeben, daß neben der Muskelatrophie auch eine Atrophie in den Knochen vorhanden war, keine Ostitis, sondern ein Knochenschwund, der sich gleich dem Muskelschwund allmählich ersetzte. Stein (Görlitz). Selenew, J. Der Einfluß der Gonorrhoe auf das Nerve n- System. Journal russe de mal. cut. 1902, Nr. 1. Zusammenfassender Bericht über die von Selenew selbst während des akuten und chronischen Trippers beobachteten nervösen Störungen, deren Ursache vorwiegend den Toxinen der Gonokokken zugeschrieben wird. Sie betreffen die sensiblen, vasomotorischen, sekretorischen, tro- phischen, motorischen Nerven und die Reflexe. Genaue Zahlenangaben geben die Häufigkeit der zur Beobachtung gekommenen Affektionen an. (Gephalalgien, lumbagoartige Schmerzen, Neuralgien im Bereiche des n. ileo-lumboinguin, Gruralis, spermaticus ext. etc., Cystalgien, irritable testis vorwiegend links etc. Die Prüfung der Reflexe, die der Autor als erster systematisch durchführte, ergab Erhöhung der Cremaster- nnd unteren Banohreflexe im Beginne der akuten Gonorrhoe, Abnahme oder gänzliches Fehlen derselben bei G. posterior, subac. oder chron. Eine ausführliche Krankengeschichte eines Falles an Meningomyelitis gon. und zweier Fälle von Neurasthenia sexualis illustrieren den tiefgreifenden 20* 308 Bericht über die Leistungen anf dem Gebiete Einfluß der Blenorrhoe auf die nervösen Organe. Aach Tabes kann durch Gonorrhoe hervox^erufen werden. (!) Richard Fi sc hei (Bad Hall). Raymond. Sur un cas de polyneurite generalis6e, ayec diplegie faciale, d'origine vraisemblable blenorrhagique. Le progr. Medic. 80. 1901. Raymond gedenkt der Rolle, welche die Gonorrhoe bei einer ganzen Reihe schwerer Erkrankungen ätiologisch spielt (Endokarditis, Meningitis, Rheumatismus, Ischias) und geht dann zu seinem Falle über. Er betrifft einen 30jährigen kräftigen Mann, der 6 Wochen, nachdem er eine frische Gon. akquiriert, unter Steiflgkeit der unteren Extremitäten und Eribbelgefohl in denselben erkrankte. Der bereits versiegte Ausfluß kam wieder zum Vorschein (mikroskopische üntersuchnng? Ref.), die obigen Symptome nahmen zu und wurden verstärkt durch eine moto- rische Parese, es wurden dann die oberen Extremitäten und das Gesicht mit ergriffen. Der Kranke konnte sich nicht aufrecht halten, auch im Bette seine Glieder nicht bewegen. Dabei bestand eine Hyperästhesie der Haut. Ferner konnte der Kranke den Mund nicht spitzen, nicht pfeifen, die Augen nicht schließen. R. ist der Überzeugung, daß es sich im vorliegenden Falle um eine Polyneuritis peripheren Ursprungs handle, die hervorgerufen sei durch das gonorrhoische Virus. Er läßt es unentscheiden, ob der Gonococcus selbst, oder dessen Toxine das provokatorische Agens gewesen. Für die Behandlung empfiehlt R. vor allem Unterdrückung des Grundleidens, weiter blande Diät, Antirheumatika und Narkotika. Stein (Görlitz). Lurge, N. J. Ein Fall von Condyloma aocuminatum von ungewöhnlicher Größe und ungewöhnlicher Lokalisation. Journal russe de mal. cut. Tom. IV., p. 606. Das mächtige blumenkohlartige Papillom lokalisierte sich bei dem sehr wohlbeleibten Manne in der Leistengegend. (In der Literatur fand der Autor nur noch einen Fall gleicher Lokalisation.) Bemerkenswert in ätiologischer Beziehung ist der Umstand, daß der Patient niemals eine Gronorrhoe durchgemacht hat. Richard Fischel (Bad Hall). Ramazzotti, V. Sulla patogenesi e sull' istologia del oondiloma acuminato. Giomale Ital. delle malattie veneree e della pelle. Ao. 1902, p. 129. Ramazzotti stellte an 23 Fällen Untersuchungen über Histologie der Papillome an; die Patienten waren teils mit Gonorrhoe (6) behaftet, teils mit Balanoposthitis (7). teils mit Ulcus specif. (3), Syphilis ( 2), ohne jede andere Erkrankung (5). Die Färbung geschah nach den Methoden von Foä, Unna, Pelagatti, Sanfelice. Namentlich in den Einbuch- tungen zwischen den Papillomen fanden sich eigentümliche Zellformen, welche von verschiedenen Autoren für Mikroorganismen, von anderen für Zelldegenerationen gehalten worden sind; diesen letzteren stimmt der Autor bei; er erklärt sich gegen die bazilläre Natur dieser Wuche- rungen, da die Bazillenbefunde nur an der Oberfläche seien. Der von der Geschlechtskrankheiten. 309 Reißner and Wolhmer angegebene Nenrenreichtam ist nicht vor- handen, sondern es handelt sich bei diesen Befanden nnr um bindege- webige Elemente. Spietschka (Brnnn). Me. €aw, James F. The treatment of Acute Blennor- rhoea of Adalts. New- York Med. Journ. LXXYIII. 602, Sept. 26., 1903. Mc. Gaw bespricht zuerst die verschiedenen Quellen und Wege der Ansteckung bei Ophthalmoblennorhoe. Seine Behandlungsmethode unterscheidet sich nicht wesentlich von der (üblichen; er legt aber be- sonderes Gewicht darauf, daß in dem zweiten Stadium, dem der reich- lichen Absonderung, das Auge so oft und gründlich als möglich von dem Sekret befreit und gereinigt werde. Auf die Wahl des Antisepticum kommt es dabei nicht viel an, Mo. C. wendet meist eine halbsaturierte Lösung von Borsäure an. H. G. Klotz (New- York). Glüekmann, T. S. Ichthargan bei Gonorrhoe. Wratsch. Gaz. 1903. Nr. 86. Nach einer kurzen literarischen Einleitung sucht Glückmann an der Hand von 25 Krankengeschichten nachzuweisen, daß das Ichthargan unbedingt den Ejrankheitsverlauf abkürze, nicht irritire, Schmerzen, Aus« fluß, sowie Gonokokken relativ schnell zum Schwunde bringe. Komplika« tionen und Übergreifen auf die pars posterior seien zweifellos seltner. Die Ichtharganlösungen (bis 2 : 1000) müssen ex tempore mit kaltem dest. Wasser bereitet und nicht länger ah 2 — 3 Tage in dunklem Gefäße auf- bewahrt werden. Verfasser hält das Ichthargan keineswegs für ein Spezificum, glaubt aber, dasselbe zu den besten and zuverlässigsten Anti- gonorrhoicis zählen zu dürfen. S. Prißmann (Libau). T8eheniow,M.Die Prinzipien der Gonorrhoebehandlung. Tsehernow, M. Wann kann man die Gonorrhoe als ge- heilt ansehen? Journal russe de mal. out. Nr. 4 u. 5. Keine neuen Gesichtspunkte. Richard Fischöl (Bad Hall). Swinburne» G. K. The use of argyrol in the treatment of acute gonorrhoe. New- York med. record 11. Oktober 1902. Auch Swinburne istvon den Eigenschaften des neuen Silbersalze , Argyrol^ von Barnes sehr befriedigt und rühmt gute Erfolge bei 350 Patienten. Eine lO^oige Lösung ruft keine unangenehmen Empfin« dangen auf der Conjunctivalschleimhaut hervor. Bei frischen Gonorrhoen hat selbst eine 20^/oige Lösung keine Schmerzen verursucht. Nur einmal bestand Idiosynkrasie. Vor den bisherigen neuen Präparaten unterscheidet sich Argyrol durch größeren Silbergehalt und größere Löslichkeit. Loewenhardt (Breslau). Varnes, Albert 0. and Hille Herrman. A new Substitute for silver nitrate. New- York. med. Rec. 24. Mai 1902. Barnes und Hille haben ein neaes Silberpräparat hergestellt, welches aus Gliadin, einem der Proteide des Weizens gewonnen wird und sich als ein Yitellin charakterisiert. Das dunkelbraune Pulver soll in hervorragendem Maße alle Förderungen erfüllen, welche therapeutisch gestellt werden können. Es enthält SO^q Silber, ist in Wasser über 50®/o folgende: Die Arrig» Ätnge SUdinm «'»* «v,«Mler berbei- «ußf , rm d'^J'^JJ^^ „d eine •«»•" /"«^^^w Dwthriti» lu die«»r Bebandlnng kern f f*fr"r, »bortiren HeUung, «och hm ttcbüicb der Krtnkbeiuaauer, j^,^ Baum ^^ ' wtte Konzentrmtion der Lowmg O«^*/«; f*V bJrtericide Wirkong de. 2ö»/Jg«P Löaimg wüg reiMu «>U. r-fektion wird die Abort.»- n den e«t« 48 «^;;J;''^:f ^J^ ^üf^An^^-chnng der .or- der Geschlechtskrankbeiten. 311 deren Harnröhre alle 3 Stunden Tag and Naoht 2—8 Tage lang 77« cm'« Injektion Ton einer 20Voig«i^ Lösung, 10 Minuten Dauer. In älteren Fällen 1 — öVo^ge Injektion 3— 4mal täglich -— Je nach den Mitteln des Patienten^. Auch die hintere Harnröhre und die Blase können in entsprechen- den Fällen mit 15—30 g 10— 207oiger Lösung behandelt werden und das Medikament in der Blase verbleiben. Auch 207oi90 Salben dienen Eor Behandlung. Ebenso werden die yerschiedenen Formen der Gonorrhoe bei Frauen mit diesem Mittel behandelt Die einaelnen Maßnahmen sollen natürlich nach Art und Sitz der Erkrankung in üblicher Weise modifiziert werden. Loewenhardt (Breslau). Carlo Yignolo. Lutati e Pietro Benassi. L^Airolo nella cura delP uretrite blenorragica. Giornale Italiano delle malattie yeneree e della pelle. XXXVII. p. 43. Die Verwendung des Airols zur Behandlung der akuten Gonorrhoe des Mannes ergab den Autoren kein ungünstiges, aber auch kein ganz befriedigendes Kesultat. Die Behandlung wurde in folgender Weise aus- geführt: Ausspülung der Harnröhre mit 4%iger Borsäurelösung, dann In- jektion einer 5 — 257oigen Airol-Glyzerinemulsion, einmal täglich durch 2—3 Minuten. Die Versuche, an 50 Patienten ausgeführt, wovon 19 noch keine andere Behandlung durchgemacht hatten, ergeben folgende Schluß- sätze: Bei der Urethritis acuta anterior kann das Airol mit Vorteil an- gewendet werden, nicht aber bei der U. ac. totalis. Die Anwendung ist nur dann von Erfolg begleitet, wenn sie sofort zu einer starken Ver- minderung der Gonokokken führt. Das Airol besitzt eine stark anti- katarrhalische Wirkung, die jedoch nicht mit der Heilung der Gonorrhoe verwechselt werden darf. Die Konzentration des Mittels richtet sich nach der Empfindlichkeit der Patienten ; zumeist zeigt sich nur bei jenen ein guter Erfolg, welche die hohen Dosen yertragen. Die Anwendung des reinen Glyzerins ist vorteilhafter als die des wässrig verdünnten. Spietschka (Brunn). Coleman, Warren. Tho Toxic Actions of Urotropin: with Report of a Gase of Hematuria and Hemoglobinuria, Kollowing a Dose of 77, Grains. Med. News LXXXIII. 393. 29. Aug. 1903. Nach Coleman sind Vergiftungserscheinungen nach Urotropin nicht häufig; dieselben treten besonders auf, wenn das Mittel nicht in gehöriger Verdünnung genommen wird, stehen nicht immer in geradem Verhältnis zur Größe der Dose und sind meist abhängig von individueller Empfindlichkeit. Die leichteren Störungen bestehen in Magenafiektion mit oder ohne Diarrhoe und Leibschmerzen, masernähnlichem Ausschlag, Kopfweh, Ohrenklingen, Nierenreiz gelegentlich mit Albuminurie. Von größerer Bedeutung ist der Blasenreiz, das häufigste Vorkommnis und Brennen wunder Stellen in der Harnröhre etc.; am wichtigsten ist das Vorkommen von Hämaturie und Hämoglobinurie, von denen C. 8 sichere 312 Bericht über die LeiBtangen auf dem Gebiete und einen zweifelhaften Fall anfahrt. Ähnliche Erscheinungen sind nach intravenösen Injektionen von Formaldehyd beobachtet werden. Die toxi- schen Wirkungen treten ein, wenn eine besondere Empfindlichkeit gegen Formaldehyd besteht, wenn die Elimination desselben aus dem Körper verhindert ist oder wenn eine ungewöhnliche Menge Formaldehyd auf einmal frei wird. Die Yergiftungserscheinungen verschwinden gewöhnlich im Verlauf weniger Tage. H. (jt. Klotz (New-Tork). Kolipinski, Louis. Therapeutics of Patassi um Gopai- bate. Med. News LXXXIII. 501. 13. Sept 1903. Nach Kolipinski ist unter den Verbindungen der Copai vasäure mit Alkalien das Kalisalz am stabilsten, am leichtesten anzuwenden und am angenehmsten zu nehmen; es wird von 50 bis 150 Gran (3*0 bis 9*0) pro die in Gelatinekapseln gegeben (a 0*6 4 bis 12 pro die). Die Wirkung ist bei weitem weniger unangenehm als die des Copaivabalsams, Hautaus- schläge kommen jedoch ebenso vor. Das hauptsächlichste Feld ist die akute Gonorrhoe, bei „gleet" unwirksam. Die Wirkung ist eine stark diuretische. Unter Vermeidung von den üblichen Komplikationen erfolgt Heilung in 1 bis 2 Monaten; wenn die Behandlung sehr früh beginnt, zuweilen in wenigen Tagen. H. G. Klotz (New- York). Cholzow. Über die Behandlung der Strikturen der Harnröhre mittels Elektrolyse. Allg. mediz. Ztrl.-Ztg. 77, 78, 79. 1901. Cholzow bespricht eingehend die Geschichte der Entwicklung der elektrolytischen Behandlung der Harnröhrenstrikturen und erwähnt hier-^ über, daß Newman die zirkuläre Methode schon seit 1820 geübt Be- züglich der Wirkungsweise stellt Gh. den Satz auf, daß stärkere Ströme ätzend wirken, schwächere, und nur solche bis zu 5 M. A. will er ange- wendet wissen, wirken auflösend, das Narbengewebe umstimmend. Die lineare Elektrolyse verwirft Verf., er will nur die zirkuläre Methode an- gewendet sehen und behauptet entgegen den Erfahrungen der Guyon- Bchen Klinik, daß diese Methode vor allen anderen, mit Ausnahme der Exstirpation der Narbe, die besten Dauerresultate gebe. Zur Ausübung des Verfahrens benützt er Newman sehe Elektroden mit der Modifika- tion, daß Oliven verschiedener Stärke auf die Elektroden aufgeschraubt werden können. Für die Strikturen des bulbus und der hinteren Harnröhre kann außerdem noch ein Leitbougie auf die Olive aufgeschraubt werden (Hirschmann, Berlin). Gh. hat die Methode in einer ganzen Reihe von Fällen geübt, er veröffentlicht 22 derselben. Stets wurde die Struktur mit Bougies am besten ä demeure vorbehandelt bis zu einer Weite von etwa 15 Charr. Sodann wurde eine Olive, die die Enge um 8 Nr. übertraf, bei einer Stromstärke von 5 M. A. in einer Sitzung von etwa 5 Minuten durchgeführt. In 9 Fällen genügte eine Sitzung, in den übrigen 2 — 4. Die Dauer der Sitzungen betrug 2 — 18 Minuten. — Eine Nachbehand- lung mit Bougies hält Verf. für unnötig. Mit den Dauerresultaten ist er der Geechleohtskrankheitexu 3} 3 zufrieden, einzelne Patienten wurden 8 Monate nach der Behandlung^ untersucht und wiesen keinen Rückgang der erlangten Weite auf. Stein (Görlitz). Venerische und psendovenerisehe Helkose. TomsMzewskl, £gon. Impfungen an Affen mit dem Er- reger des Ulcus molle. Deutsche med. Woch. 26. 1903. Es gelang Tomasczewski mit sicheren Streptohazillenreinkul- turen bei einem Eronenaffen Geschwüre hervorzurufen, die klinisch und mikroskopisch alle charakteristischen Merkmale des weichen Schankers besaßen. Aus diesen Geschwüren gelang es auf Blutagar Kulturen zu züchten, die beim Menschen wiederum ülcera mollia erzeugten. Die gleichen Impfresultate erhielt er bei einem Javaaffen; nur hatten die Inokulationsulzera bei dieser Affenart einen mehr abortiven Verlauf. Es scheint also die Empfänglichkeit verschiedener Affenarten eine ver- schiedene zu sein. Dafür sprachen übrigens schon die Versuche Nicolies, der an einem Semnopithecus, einem Makakoaffen und einer nicht näher bezeichneten Affenart ähnliche Differenzen gefunden hat. Max Joseph (Berlin). Tsehlenow, M. A. Ein Fall von Ulcus durum des obern Zahnfleisches. Prakt. Wratsch. 1908. Nr. 35. Der Fall betrifft eine 29jährige Schneiderin, die scheinbar durch den Gebrauch einer Zahnbürste ihres syphilitischen „Bräutigams" sich die Infektion zuzog. Ein papulöses Syphilid und eine Polyadenitis bestätigten die Diagnose. Patientin wurde mit subkutanen Injektionen von Her- mophenyl behandelt, doch sah sich Tschlenow wegen der geringen Wirksamkeit desselben veranlaßt, zur grauen Salbe zu greifen. 8. Prißmann (Libau). Bellissen. Über Polymorphismus des syphilitischen Schankers der Tonsillen und den Wert des Symptoms „Dysphagie" in der ersten Periode der Syphilis. (Revue hebdomadaire de laryngologie, d'otologie et de rhinologie. Bd. XXII, 48.) Ausgebend von der Tatsache, daß es unter Umständen fast un- möglich ist^ ohue Anamnese die Diagnose eines Primäraffekts der Ton- sillen zu stellen, macht Bellissen auf das Symptom der über mehrere Wochen sich erstreckenden Schlingbeschwerden aufmerksam. Es ist möglich, daß diese Erscheinung zu einer richtigen Diagnose fuhren kann. Überschär (Breslau). Eti^Taut. Les l^sions sp^cifiques des paupieres. La province medicale. 1901. Nr. 39. pag. 460 ff. Etiövaut bespricht die Häufigkeit der an den Augenlidern ge* legenen Primäraffekte im Anschluß an 5 selbstbeobaohtete Fälle. Diese Primäraffekte zeigen besonders im Gegensatz zu den an diese Lokalisation 314 Bericht über die Leistangen auf dem Gebiete Belten beobachteten Gummen eine relative Häufigkeit. Der Autor gibt an, daß sie 8— 57o Aller eztragenitalen Prim&raffekte darstellen. Bei Be- sprechung der Infektionsarten und des klinischen Bildes hält sich £ti6- yaut eng an die Ausfuhrungen Fourniers. Fritz Juliusberg (Frankfurt a. M.) Druette. Chancres syphilitique s du clitoris. Le progr. medic. 87. 1901. Druette veröffentlicht aus der Abteilun^r von JuUien 8 Fälle von syphilit. Schankem der clitoris, welche er selbst beobachtet und be- handelt hat. Er erwähnt weiter, daß innerhalb von 10 Jahren an der genannten Abteilung unter 217 syphilit. Schankem der weiblichen Geni- talien 1 1 Fälle von Schankern der clitoris vorhanden waren, ein Ergebnis, das sich mit dem von Fournier veröffentlichten (10 Fälle unter 249) ungefähr deckt. Stein (Ctörlitz). Himmely J. M. Die Veränderung der Gefässe beim harten und weichen Chancre. Journal rnsse de mol. cut. Tom Y, pag. 171. Im Gebiete des Infiltrates findet man sowohl beim harten als auch weichen Chancre an den Arterien, Venen und Lymphgefäßen pathol. Ver- änderungen. Die letzteren beiden sind in stärkerem Maße affiziert als die ersteren. Die Erscheinungen an den Venen, Lymphgefößen und ins- besondere an den Arterien treten beim Ulcus molle quantitativ dem harten Chancre gegenüber zurück und unterscheiden sich nur qualitativ von den Veränderungen beim letzteren. 2. An der Peripherie des Plasmoms sieht man beim Ulcus durum hauptsächlich die Venen und Lymphgefäße betroffen, die Arterien voll- ständig intakt oder eine Hypertrophie des Bindegewebes der Adventitia (selten geringe Infiltration derselben). An gleicher Stelle finden sich beim weichen Chancre vorwiegend die Lymphgefäße yerändert, die Venen in geringerer Zahl als beim harten Chancre, die Arterien zeigen in seltenen Fällen eine unbedeutende Infiltration der Adventitia. 3. Bei gering entwickelten harten Chancem, bei welchen sich das Infiltrat hauptsächlich um die Gefäße ausbreitet, und auch bei Chancem mit unbedeutender Schwellung sieht man Veränderungen der Gefäße, analog jenen, die aus der Peripherie des mächtig entwickelten Chaneers auftreten. 4. Beim harten Chancre findet man eine Hyperplasie und Hyper- trophie des Bindegewebes der Adventitia, analoge Veränderungen an Media und Intima, an letzterer auch Schwellung und Proliferation der Endothelien, während man beim weichen Geschwür destruktive Ver- änderungen aller Wandschichten der Gefäße und Desquamation und Schrumpfung der Epithelien beobachtet. Richard Fischöl (Bad Hall). der Geschlechtskrankheiten. 315 Syphilis. AUgemeiDei* Teil« Berger, H. Die BekämpfaDg der Geschlechtskrank- heiten. Vierteljahrschr. f. gerichtl. Medizin. SnppL II, 1908. Berger macht allerhand alte und neae Vorschläge zor Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten. Diese hat sich in vier Richtungen za be- wegen: „1. Unterlassung des Coitus impurus, 2. schnelle Erkennung und Behandlung der Geschlechtskrankheiten, 8. Regelung der Prostitution, 4. Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten bei den Prostituierten.** — Die Kontrolle der Prostituierten müßte täglich in der Wohnung des Arztes stattfinden und weniger den Charakter einer polizeilichen, als einer yorwiegend gesundheitlichen Maßnahme tragen. Audi hier müßte freie Ärztewahl eingeführt werden, indem ermittelt würde, welche Ärzte die Prostituierten untersuchen wollten. In jedem Fall ist auch die An- fertigung eines mikroskopischen Präparats erforderlich. Arzt und Medizin sind kostenlos. — Bordelle sind zu gestatten, dagegen das Zusammen- wohnen von Prostituierten außerhalb der Bordelle zu verbieten. Prosti« tuierte, die sich bessern, arbeiten oder heiraten, sind schonend zu l>e> handeln, eventuell von der Kontrolle zu entbinden. Jadassohn-Fr^d^ric (Straßburg i. E.). Welander, Edvard. Wie ist die Ausbreitung der vene- rischenKrankheiten zu verhindern? Hygieal901,I. pag. 696— 713. (Vortrag in der Gesellschaft schwredischer Arzte als Einleitung zur Dis- kussion über diese Frage.) Welander betont zuerst, wie darch kluge Maßnahmen zu Anfang des 19. Jahrhunderts die derzeit sehr große soziale Bedeutung der Sy- philis in Schweden jetzt um ein bedeutendes vermindert ist. Von Ulcus moUe, als lokaler Infektionskrankheit, für welche man nunmehr sehr gute Behandlangsmethoden besitzt, läßt sich kaum sagen, daß sie von sozialer Bedeutung sei. Dagegen hat die Gonorrhoe durch ihr gewöhnliches Vor- kommen und ihre große Bedeutung als Ursache von Unterleibskrankheiten bei Frauen, Sterilität und vorzeitigem Abgang der Frucht neuerdings eine immer größere soziale Bedeutung erhalten. Von den Maßnahmen, welche zu Anfang des vorigen Jahrhunderts zur Bekämpfung der venerischen Krankheiten getroffen wurden, sind nur noch zwei übrig : freie Krankenhausbehandlung und Gesuadheitsvisitation. Die erstere, in anderen Ländern noch immer ein Desiderium pium, muß beibehalten werden, wie gleichfalls die letztere, welche jedoch nunmehr fast nur beim Militär und bei prostituierten Frauenzimmern angewendet wird. Die Berechtigung der ersteren dieser Maßnahmen ist nicht be- stritten worden, umsomehr aber ist die letztere bekämpft worden, unter anderem aus dem Grunde, daß keine exakte statistische Beweise für den Nutzen derselben vorgelegt worden sind. Es muß zwar eingeräumt werden, 316 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete daß dieselbe nicht hat verhindern können, daß die Gonorrhoe sich immer mehr ausbreitet, aber es liegt doch klar am Tage, daß sie viele Gelegen- heiten cur Übertragung von Ansteckung verhindert haben muß. Da sich genaue, häufig wiederholte Gonokokkenuntersuchnngen an allen Prosti- tuierten bei der gegenwärtigen Einrichtung des Besichtigungsbureaos schwerlich ausführen lassen, so befürwortet Welander bedeutende Ver- änderungen derselben und verweist wegen Details auf seine Antwort auf die vierte Frage der Brüsseler Konferenz (1899) und ist der Meinung, daß die Überwachung, um mit entsprechendem Nachdruck wirken zu können, auf einem durchaus gesetzlichen Grunde basieren muß. Unter den übrigen Maßnahmen, welche getrofiPen werden müssen, um der Ausbreitung der venerischen Krankheiten vorzubeagen, wird er- wähnt eine gute und sittliche Erziehung, Yerbessemng der Heimstätten, vor allem der unbemittelten Klassen, Gewöhnung der Jugend an Arbeit, Verbreitung von Kenntnis von der Art der venerischen Krankheiten und deren Ansteckungsweise durch populäre Vorträge vor Universitäts- jugend und Studierenden an anderen Hochschulen, Kriegsschulen, in Arbeitervereinen, ja selbst vor den höchsten Klassen der Elementar- lehranstalten, sowie durch Aufrufe, einen passenden kurzgefaßten Aufsatr, bestimmt in den Heimstätten der Armen verteilt zu werden. Mehr als eine Gesetzvorschrift mit Strafverordnuug für wissentliche Ausbreitung von venerischer Ansteckung dürfen die Arzte dadurch ausrichten können, daß sie ihren Patienten das verbrecherische einer derartigen Handlung vorhalten. Eine Möglichkeit müßte doch den Obrigkeiten zu Gebote stehen, solche Personen zur Aufnahme in ein Krankenhaus zu zwingen, resp. hier festzuhalten (bis sie symptomenfrei sind), von welchen man Verdacht hegen kann, daß sie die Ansteckung auf andere verbreiten. Besonders wichtig, ist eine rationelle Behandlung, weshalb Quack- salberei bei strenger Strafe verboten werden muß. Krankengeld muß von den Kassen auch für venerische Krankheiten verabfolgt werden und poli- klinische Behandlung gewährt werden, jedoch nur in solchen Fällen, wo man annehmen kann, daß der Patient Gelegenheit hat, die ordinierte Behandlung in seiner Wohnung durchzuführen. Spezielle Vorsicht ist hier bei jungen Frauen mit ansteckenden Symptomen nötig (die übrigen werden auf die unentgeltliche Behandlung im Krankenhause verwiesen). Für syphilitische schwangere Frauen soll das Krankenhaus ein Asyl sein, für die hereditär-syphilitischen Kinder sollen besondere Asyle errichtet werden. Für die Hemmung der Gonorrhoe dürfte es, was die Frau anbe- langt, am wichtigsten sein, daß in gynäkologischer Praxis regelmäßige Gonokokkenuntersuchnngen ausgeführt werden, sowie daß die Frau wirklich von der Gefabr unterrichtet wird, welche ihre Krankheit für sie selbst und für andere mit sich fuhrt. Mehr noch läßt sich bei Männern erreichen und in erster Linie durch Instruktion über präventive Behand- lung, welche Welander als eine sehr früh begonnene abortive Behand- lung charakterisiert, welche gerade darum größere Aussicht auf Erfolg der Geschlechtskrankheiten. 317 hat. — Nachdem er über die anbedeatende Verbreitung ▼enerischer Krankheiten unter einigen kasernierten Truppen und unter den Soldaten des Heeres und der Wehrpflichtigen berichtet hat, stellt Verf. die Mei- nung auf, daß man durch aufklärende Vorträge, £inschärfuug von Sauber- keit, sorgfältige Gosundheits Visitationen, präventive intermittierende Be- handlung Syphilitischer und, was die Gonorrhoe anbelangt, vor allem durch Aufklärung über Abortiv- und Präventivbehandlung die Frequenz dieser Krankheiten noch um ein weiteres wird vermindern können. Der Verfasser schließt seinen Vortrag mit einer deontologischen Betrachtang über die Pflichten des Arztes den venerischen Krankheiten und der venerisch Kranken gegenüber. Sederholm (Stockholm). Heddalus. Die prophylaktische Schmierkur der Eltern. AUg. med. Zentralztg. 83. 1901. Heddalus ist der Überzeugung, daß die Skrophulose eine para- syphilitische Erkrankung sei, daß sie zu Tage trete bei Kindern, deren Eltern oder Großeltern syphilitisch infiziert waren. Ausgebend von dieser Theorie behandelt er jede skrophulose Ophthalmie mit Hg innerlich oder mit Inunktionen. H. rühmt der Behandlungsmethode die besten Erfolge nach. Er fordert, daß Eltern, welche bereits kränkliche Kinder gezeugt haben, oder welche ein Gebrechen haben, dessen Vererbung zu befürchten ist, angehalten werden sollen, prophylaktisch zu schmieren. Stein (Görlitz). Griffin, E. Harrison. That Gan Be Done to Prevent the Spread of Syphilis. (New- York. med. record Dezember 27, 1902.) Unter Mitteilung von verschiedenen seltenen Übertragungsmöglich- keiten von Syphilis insontium und Erwähnung von diagnostischen Irrtümern anderer Kollegen (Diphtherie, Carcinom, Mykosis), wird von Griffin ein poliklinisches Formular mit Instruktionen und Vorsichtsmaßregeln gegen die Verbreitung vorgeschlagen, wie solche bei uns wohl in den meisten Polikliniken vorhanden sind. Die Trinkbecher an den öfifentlichen Brunnen hält G. für recht geeignet zur Übertragung der Krankheit. Zigarrenmacher und Schauspieler sind durch ihren Beruf besonders gefährdet und für andere gefährlich. Ein junges Mädchen erwarb angeblich einen Primäreffekt an der Oberlippe durch das Aussaugen von Apfelsinen. Der Händler pflegte auf die Früchte zu spucken und sie dann abzuputzen, um ihnen ein glän- zenderes Aussehen zu geben. Löwenhardt (Breslau). Cabot, Folien. Instructions to Patients Affectedwith Syphilis and Gonorrhoea. (New-York med. record Dez. 20, 1902.) Auch Cabot empfiehlt Syphilitikern und Gonorrhoikern gedruckte Instruktionen in der Poliklinik mitzugeben und publiziert zwei solche Schemata. Löwenhardt (Breslau). Fanoni, Antonio. Syphilis in the Barber Shop: A Gase of Infection through anAccidental RazorWound. (New-York med. record Dezember 18, 1902.) 318 Beriebt fiber die Leistungen auf dem Gebiete Fanoni weist auf die Wichtigkeit der Desinfektions-Maflregeln in den Barbierläden hin und publiziert das Auftreten eines Falles von Primftr- affekt in einer Rasier- Schnittwunde. Löwenhardt (Breslau). €artwright, S. S. Syphilis Transmitted by Dental For- ceps. (New- York. med. record. May 16, 1903.) Cartwright berichtet kurs über eine luetische Infektion durch die Zahnzange eines Dentisten. Löwenhardt (Breslau). Donald, J. A. Mc. Syphilis in the Well-To-Do. (New-York, medic. Record 11. Mai 1901.) Mo. Donald stellt je 150 Fälle ans der Privatpraxis und der Poliklinik zusammen, um zu eruieren, daß ein großer Unterschied zwischen der Syphilis der Armen und der wohlhabenden Klassen bestände. In der ersten Klasse (milde vorübergehende Aftektionen) war das Verhältnis 657o in der Privatprazis und 33 im Hospital, in der zweiten Abteilung, welche alle destruktiven Läsionen umfaßt, von der Pustel bis zur Knochennekrose, umgekehrt 28:5l7o (hereditäre Lues 6:10). Die dritte Klasse umfaßt Fälle mit zeitweisen oder dauernden, besonders schweren Symptomen. Unter den 6Vo der Privatpraxis wird „totaler Haarausfall*', sehr heftige Laryngitis und „vorübergehende innere Stö- rung** angeführt. Auch hier konnten unter der armen Bevölkerung 2 Paralysen, 2mal Iritis, 3 Onychien und 3 schwere Periostitiden reg^i- striert werden. Wenn auch die Statistik nicht ganz maßgebend ist, wird die An- sicht des Verfassers, daß bessere Körperpflege für den Verlauf der Syphilis wichtig ist, gewiß nicht bestritten werden. Löwenhardt (Breslau). TamOTBky, W. M. Die syphilitische Familie und ihre Deszendenz. Journal russe de mol. cut. Tom. II. Nr. 11, 12, Tom. III. Nr. 1. In den in der Stadt lebenden Familien wird die Syphilis gewöhnlich an den Männern, die sich vor der Ehe bei Prostituierten infizieren, in die Ehe gebracht. Die syphil. Heredität kann in dreierlei Weise zum Ausdruck kommen: In den ausgeprägten Symptomen der h. S., in der P*orm der Dystrophien uud der hereditären Immunität. — In allen diesen drei Formen kann die syphil. Heredität sich bei erworbener Syphil. der Eltern (1. Geschlecht) äußern. Der hereditäre Einfluß der erworbenen Lues ist am stärksten bei der zweiten Generation ausgesprochen. (Aborten, Totgeburten, Sterblichkeit im frühesten Kindesalter etc.) Die hereditäre Immunität der zweiten Generation (Profetasches Gesetz) ist mit seltensten Ausnahmen nur zeitlich. Der Einfluß der syphil. Heredität auf das dritte Geschlecht zeigt eine deutliche Abschwächung, welche sich äußert in einer Verminderung der Aborte, Totgeburten etc., in einer geringeren Zahl von Dystrophien und im Auftreten leichterer Formen. Die akquirierte Syphilis des ersten Geschlechtes wird, weder was die ausgesprochenen syphil. Symptome noch was die Immunität betrifft, auf die 3. Generation übertragen. Vater oder Mutter mit deutlichen Erscheinungen hered. der Gesohlechtskrankheiten. 319 8yphil. w&hrend der Konzeption oder der Schwangerschaft übertragen die Syphilis aaf die Kinder nicht. Die hereditäre Übertragung von Grafieltem auf die £nk6l, ohne daß die Eltern Symptome aufweisen , wurde vom Autor nicht beobachtet und kann kaum zugegeben werden. Die syphil. Hereditat des zweiten Geschlechtes äußert sich beim dritten fast ausschließlich als Distrophie. Der distrophische Einfluß der Syphil., das ist die ungünstige Beeinflussung der Lebens- und Fortpflanzuugsenergie verlinfb nicht entsprechend und parallel der Zunahme bezw. der Ab- Schwächung der Äußerung der Krankheitserscheinungen, sowohl bei der erworbenen Form (1. Geschlecht), als auch bei der hereditären (2. Ge- schlecht). — Der dystr. Einfluß des 2. Geschlechtes entspricht gewöhnlich dem Degenerationsznstande desselben d. h. je schwerer und zahlreicher die Symptome der Entartung, umso leichter entsteht ein dystrophisches drittes Geschlecht. Man darf die Heilung der Syphil. des infizierten Organismuses nicht mit der Wiederherstellung seiner Lebens- und Prokreationsenergie identifizieren. Die zweite Generation von Luetikern, die keine manifesten Zeichen von Erbsyphilis und keine Dystrophien darbietet, zeugt eine gesnnde Nachkommenschaft, wenn anders sie sonst keine hered. Belastung aufweist. Die Dystr. der zweiten Generation überkommen nicht in gleicher Form auf die dritte. Hereditäre S. der dritten Generation be- obachtet man bei frischer Luesinfektion von Familienmitgliedern der 2. Generation. Diese Form, von Tarnovsky S. binaire genannt, wird häufiger am Lande als in der Stadt beobachtet. Die Syphilis binaire weist in ihrem Verlaufe charakteristische Abweichungen, sowohl von der akquirierten als auch von der hereditären S. auf, die S. biuaria oboriiva, levis, atypica. In der großen Mehrzahl der Fälle unterscheidet sie sich nicht von der Syphil. acquisita von Leuten, die aus gesunden Familien stammen. Die S. binaria hat auf das dritte Geschlecht einen viel vernichtenderen Einfluß als die Syph. des ersten Geschlechtes auf das zweite: Eine bedeutend größere Zahl von Aborten, Totgeburten, früher Kindersterblichkeit, Verminderung der Zahl normaler Früchte, Verstärkung der Dystrophien. Sowohl die anatomischen als auch die fonktionellen Dystrophien der Geschlechtsorgane der zweiten und dritten Generation der Luetiker spielen eine wesentliche Rolle bei der Verringe- rung der Nachkommenschaft in syphil. Familien. Die Syphil. bin. ist eine der Hauptursachen der raschen Degeneration bei endemischer S. (insbes. am Lande). Die Annahme von der ständig zunehmenden Abschwächung der S. durch die zunehmende Syphilisation der Bevölkerung kann gegen- wärtig nicht aufrecht erhalten werden. Die Dystrophien der 3. Generation ermöglichen weder an und für sich noch in ihrer Gruppierung die sichere Diagnose auf Lues. Der ungünstige Einfluß der ersten Generation auf die zweite schwächt sich bei der dritten ab und geht auf die vierte nicht über. Für eine richtige Prognose und Therapie der erworbenen Lues ist es notwendig, zum wenigsten über den Gesundheitszustand der Eltern des Kranken Daten zu erhalten. Die Syphilis ist für die Nach- 320 Varia, kommenschafb und die Gesellschaft von weit größerer Gefahr als für das von ihr betroffene Indiyidaum. Der ausführlichen Abhandlung liegen 30 Stammbäume von syphil. Familien bei. Richard Fischel (Bad Hall.) Trinkler, N. Über Syphilis visceralis in chirurgischer Beziehung. Journal russe de mal. cut. Tom IV. pag. 254. Nach Anfuhrung eigener und zahlreicher Beobachtungen aus der Literatur kommt Trinkler zu folgenden Schldssen: Die S. visceralis wird sowohl bei erworbener als auch bei hereditärer S. beobachtet. Bei Erkrankung der lieber kommt ein chirurg. Eingriff bei Abschnürung von Leberläppchen, und bei großen der spezif. Therapie widerstehenden Gummen in Betracht, insbes. wenn ein differential diagnostischer Zweifel in Bezug auf Carcinom besteht (Probelaparatomie). Die luetischen Affek- tionen des Darmes kommen hauptsächlich als Stenosen zur Erscheinung and erfordern eine chir. Behandlung. Die syphil. Geschwüre des Magens haben in ihrer Symptomatologie große Ähnlichkeit mit dem Ulcus rotundnm und bedürfen, eine Achillesferse der chir. Diagnostik, der Beibringung eines größeren kasuistischen Materials. Zum Schluß bedauert der Autor, daß der geringe Umfang des literarischen und eigenen Materials ihm noch nicht gestattet, strikte Operationsindikationen aufzustellen. Richard Fisch el (Bad Hall). V a r i a* Preisverleihung, Der Monographie von Dr. Magnus Mdller: ,Der Einfluß des Lichtes auf die Haut in gesundem und krankhaftem Zustande^, Bibliotheca Medica 1900, Abt. D«, ist so- eben der Preis der Schwedischen Gesellschaft der Ärzte zuerkannt worden. Dieser Preis für Arbeiten auf dem (iebiete der internen Medizin wird alle vier Jahre ohne Bewerbung verliehen. Personalien. Der außerordentliche Professor für Dermatologie und Syphilis in Erakau, Dr. Ladislaus Reiss, ist zum ordentli- chen Professor dieser Fächer ernannt worden. Prof. Dr. Gustav B ehrend (Berlin) ist von seiner Stellung als leitender Arzt an der von ihm organisierten Anstalt für Geschlechts- kranke im städtischen Obdach zurückgetreten. Zu seinem Nachfolger wurde Sanitätsrat Dr. Wechselmann ernannt. Dr. Montesano (Rom) und Dr. M. Gravagna (Catania) habilitierten sich für Dermatologie und Syphilis. Scarenzio, Finsen f. Das Archiv wird diesen hervorragenden Männern besondere Nachrufe widmen. Originalabhandlungen. Areh. f. Dennat. v. Syph. Bd. LXXn. 21 Uitteilxiag aus dem Laboratormm des Jenaer-Pastenr-Institxits in Budapest. Hämagglutinations-Untersuchuugeu bei syphilitischen und gesunden Individuen. Von UniT.-Doz. Dr. Ladislaus Detre und Dr. Josef Sellei. Das Bestreben, die Diagnose der Syphilis auch auf Grund der im Blute Tor sich gehenden Veränderungen festzustellen, führte zur Entwicklung verschiedener Methoden^ welche jedoch bisher nur geringe positive Besultate ergeben haben. Im großen und ganzen kann man die bei Syphilis bisher vorgenommenen hämatologischen Untersuchungen folgendermaßen gruppieren: a) Untersuchung der molekularen Konzentration, &) des Hämoglobin-, c) des Eisen- gehaltes, d) des spezifischen Gewichtes, e) der Alkalizität des Blutes, sowie f) zahlenmäßige Feststellung der roten Blutzellen. Da von vornherein anzunehmen war, daß der Syphilis - virus auf a), b) und c) von besonderem Einfluß ist, haben auch verschiedene Autoren derlei Untersuchungen in großer Zahl angestellt. Während einzelne durch Untersuchung der von der Syphilis verursachten Veränderungen der roten Blutzellen zum Ziele zu gelangen suchten, wollten andere, so besonders Sem- mola, Justus, Yerotti, Sorentino, Falcone u. s. w. aus der Wirkung des Quecksilbers auf die roten Blutzellen (das Hämoglobin u. s. w.) Schlüsse ziehen, denen zufolge die Blutanalyse die klinische Diagnose zu bestätigen vermöchte. Das Quecksilber sei nämlich eben bei Syphilis fähig, im Blute, so namentlich in gewissen Bestandteilen desselben, charakteri- 21 324 Detre und Sellei. stische, formelle und biochemische Veränderungen hervorzurufen derart, daß diese Reaktion in zweifelhaften Fällen auch als unterscheidendes diagnostisches Symptom verwertet werden könne. Man hat jedoch gegen diese Untersuchungen Einwände erhoben» auf welche vdr diesen Ortes nicht eingehen wollen. Wir griffen nun zu neuen Methoden, um zu sehen, ob man die Diagnose der Syphilis nicht mit Untersuchungen an- derer Art sichern könne. Und wenn das Resultat einer solchen Untersuchung anfangs auch nur problematisch schien, so dach- ten wir doch, daß es uns auf diesem Wege vielleicht gelingen könne, nicht bloß zu in der Praxis verwertbaren Schlüssen zu gelangen, sondern auch uns Daten über die von einzelnen be- tonte „Resistenz "-Verringerung der syphilitischen roten Blut- zellen oder deren „Debilität" zu verschaffen. Mit einem Wort, wir machten überhaupt zum Gegenstande unserer Untersuchung ob der Blutwiderstand bei der Syphilis wirklich abgenommen habe. Wenn der Satz begründet ist, daß bei der Syphilis als konstitutioneller Erkrankung vor allem das Blut erkrankt, so kann man voraussetzen, daß, wenn wir syphilitisches Blut mit dem Blute eines gesunden Individuums vergleichen, jenes sich debiler, das heißt in seiner Resistenz geschwächt erweisen wird. Diese Theorie wurde jedoch von diesem Standpunkte aus noch nicht bekräftigt und so strebten wir durch Versuche zu erforschen, ob in den verschiedenen Stadien der Syphilis die Resistenz des Blutes im Vergleiche zu der normalen Blutresistenz wirklich abgenommen habe. Wir arbeiteten nicht mit chemischen Reagenzien, sondern mit einem physiologischen Reagens, mit dem Serum eines fremden normalen Menschen, von dem wir voraussetzen konnten, daß es sich gegenüber syphilitischen Blutzellen anders verhalten werde, als gegenüber normalen Blutzellen. Wir ge- langten zu dieser Voraussetzung auf Grand der Analogie der in der Literatur gefundenen Daten, gemäß denen bei einzelnen Krankheiten sich das Verhalten der Blutzellen gegenüber frem- den Seren verändert. Wir konnten dabei auf zwei Erschei- Hämagglntinations-Ünters. bei ges. und kranken Individuen. 325 nungen Rücksicht nehmen: 1. auf die blutlösende, 2. auf die agglutinierende Kraft des fremden Serums, wie ja gerade diese beiden Erscheinungen, die Lösbarkeit der roten Blutzellen durch Serum (Haemolysis) und deren Agglutination (Haemag- glutination) in der jüngsten Zeit zu vielfachen Studien An- laß geboten haben. Es wird vielleicht nicht überflüssig sein, wenn wir dem Leser die notwendigsten Angaben über die hier vorkommenden Stoffe (1, 3, 5) ins Gedächtnis zurückrufen. Die Träger der agglutinierenden und blutlösenden Kraft des Serums beißen Agglutine und Haemolysine. Man unterscheidet a) Nor- mal- und b) Immun-Agglutine und Lysine. Die Normal- Agglutine verursachen, daß das Serum eines normalen Tieres anderes Blut zu agglutinieren vermag, und zwar nicht bloß die zu einer ande- ren Tiergattung gehörenden Blutzellen (Heteroagglutine), sondern auch das Blut eines Tieres derselben Gattung (Homoagglutine). Diese letzteren können wieder zweierlei sein: je nachdem das Serum das Blut eines anderen zu derselben Gattung gehörenden Indivi- duums agglutiniert, wo man dann von Isoagglutination spricht ; oder das Serum wirkt auf seine eigenen Blutzellen, was man Autoagglu- tination nennt. Die Immunagglutine treten dann auf, wenn wir — wie wir dies seit Bordet wissen — in den Körper der Tiergattung Ä zn B gehöriges Blut einspritzen, wo dann der Organismus Ä als Reaktion solche Immanstdffe hervorbringt, welche B-Blutzellen, d. h. dem zur Injektion verwendeten Blute ähnliehe, zu agglutinieren und später zu lösen vermögen. In tabellarischer Übersicht ist das Schema unter solchen Umständen auf- tretenden Stoffe folgendes: ^ Hetero- ] A) Normale ^-.^ g^^^^. ^^^ Iso- I agglutine und Lysine. (in dem Serum nicht vor- " ^' ) behandelter Tiere) B) Immunagglutine und -Lysine (in dem Serum vorbehandelter Tiere). Als wir darangingen, die Resistenz des syphilitischen Blutes mit einer neuen Methode festzustellen, konnten wir jeden beliebigen unter den angefahrten Stoffen wählen. D. h. wir hätten untersuchen können, wie z. B. ein stark agglutinierendes Serum eines fremden Tieres auf das syphilitische menschliche Blut wirkt oder wie sich das letztere z. B. gegenfiber eines menschliche Blutsellen sehr rasch agglutinierenden und lösenden Serums, d. i. das Serum mit Menschenblut vorbehandelter Tiere, verhält. Wir wählten jedoch absichtlich gerade fremdes mensch- liches Serum zur Durchfuhrung unserer Reaktion, d. h. wir unter- suchten nur die Isoagglutination, da wir von vornherein annahmen, daß wir bei der Feststellung der voraussichtlich geringen Unterschiede, 326 Detre und Sellei. welche in dieser Beziehung zwischen den Blntzellen gerander und lu- etischer Individuen bestehen können, nur mit einem stabilen und dabei nicht allzu kräftig wirkenden Reagens cum Ziele gelangen können, ge- rade wie man bei der Aufstellung z. B. von Typhus- und Colidiagnosen gleichfalls kein zu starkes agglutinierendes Serum verwenden wird^ da dieses auf beide stark wirkt, sondern eher mit diagnostischem Semm von geringerer Stärke, welches aber eben darum prägnante Unterschiede er- gibt, die Reaktion vornimmt. Naturlich kam auch in Betracht, daß, wenn wir mit menschlichem Serum, mit Isoagglutinen, arbeiten, wir immer über gleich starkes, weil frisches Serum verfugen können und die Ver- gleichung der gefundenen Werte keine Schwierigkeiten verursacht. Wir behalten uns jedoch vor, außer den Agglutinations Verhältnissen auch das Verhalten des luetischen Blutes zu den von uns eben erwähnten anderen Stoffen zu untersuchen. Schon Maragliano (16) hat gefunden, daß verschiedene patho- logische Seren im stände sind, normale rote Blutzellen zu lösen. Grünbanmund Schattock (17) bestätigten den Befund Mar agl i- anos, indem nach ersterem das Serum von Typhus- und Scharlach- kranken normale rote Blutzellen oder die roten Blutzellen an einer an- deren Krankheit leidender Individuen zu agglutinieren im stände ist, während dieses Serum auf von Typhus- oder Scharlachkranken stammende rote Blutzellen gar keine Wirkung hatte; letzterer (Schattock) sah die- selbe Erscheinung in zwei Fällen von kruppöser Pneumonie und in je einem Falle von Typhus, Erysipelas und akuter Gelenksentzündung. Lo Monaco und Panichi (17) fanden ähnliche Verhältnisse bei Malaria-Kranken. Unter den neueren Untersuchungen dieser Art sind die von Eisen- berg (6, 7) zu erwähnen. Eisenberg hat zum Zwecke des Studiums der Entstehung und biologischen Bedeutung der Isoagglutine und Lysine 160 an verschiedenen Krankheiten leidende Individuen untersucht. Aus der seiner Arbeit beigefügten Tabelle geht hervor, daß er diese Verhält- nisse auch in acht Fällen von Syphilis untersuchte, bei denen er fünfmal zu positiven, dreimal zu negativen Resultaten gelangte. Eisenberg sucht den Grund darin, daß die drei negativen Fälle sich auf das Anfangsstadium der Syphilis bezogen, wo der Virus noch keine spezifische Anämie erzeugt hatte, während in den fünf positiven Fallen die Infektion schon allgemein war. Asooli (2) gelangte bei den von ihm nntersuohten pathologischen Fällen gleichfalls zu negativen und positiven Resultaten. So erhielt er negative Ergebnisse in 5 Fällen von Chlorose, 2 von Anchylostomum duodenale, I von Leberabszeß (mit Ikterus), 8 von Gelenksentcündnng usw.; positive Resultate erlangte er in 2 Fällen von Magencarcinomy 1 Falle von Addisonscher Krankheit usw. Bei Tuberkulose fand As coli noch im primären Stadium der Krankheit, daß das von derartigen Indi- Hamagglulinations-Unters. bei ges. and kranken Indiyidnen. 327 yidaen herrührende Serum im stände war, von anderen Individuen her- stammende rote Blutzöllen intensiver und in stärkerer Verdünnung zu lösen. Donath (14) fand die Agglutinationsfthigkeit des Serums in meh- reren Fällen von Chlorose in größerem Maße. Aus den Ergebnissen der bisher erwähnten und auf pathologische Fälle bezüglichen Untersuchungen geht hervor, daß die Autoren die Haemagglutination bzw. die Isoagglutination betreffend bei den ver- schiedenen Krankheiten keine spezifischen diagnostischen Werte erreichen konnten, d. h. daß die Isoagglutination vom diagrnostischen Standpunkte bisher keinen Aufschluß geben konnten. Eisenberg sagt auch, daß das Vorkommen von Isoagglutinen und Isolysinen kein spezi- fisches Merkmal der betreffenden Krankheiten sei; nach seiner Ansicht bilden sich diese Stoffe nur als Resultat der Reaktion des Organismus während und infolge der Resorption der kranken roten Blutzellen. Die Auffassung Eisenbergs wurde von einzelnen nicht geteilt, weil sie teils bei Versuchen mit normalen Menschen-, teils mit Tierhaemoaggluti- nationsversuchen zu anderen Resultaten gelangten. Landsteiner (11, 12, 18) kam gleichfalls zu folgendem Ergebnisse : Er brachte sechserlei normales Serum mit den roten Blutzellen derselben gesunden sechs Individuen zusammen, ferner Serum von sechs gesunden Wöchnerinnen mit den roten Blutzellen derselben sechs Wöchnerinnen und schließlich Serum von fünf gesunden Wöchnerinnen mit dem Blute der placenta. Die Sera konnten folgendermaßen gruppiert werden. Das Serum der zur Gruppe A, gehörenden Individuen reagiert auf die roten Blutzellen der Gruppe B., jedoch nicht auf die der Gruppe A,\ andererseits beeinflußt das Serum der Gruppe B. in ähnlicher Weise die Blutzellen der Gruppe A, In der dritten Gruppe C. agglutiniert das Serum die Blutzellen von A. und £., während auf die Blutzellen von C die Sera A, und B. keine Wirkung haben. Die agglutinierende Kraft der Seren hängt von dem Agglutin ab, welches, wie Malkoff (15) zuerst nachwies, zu den morphologischen Elementen, welche es zu agglutinieren vermag, eine spezifische Affinität besitzt und sich mit denselben vereinigt, in ähnlicher Weise, wie auch das blutlösende Haemoljsin sich mit der Blutzelle vereinigt, um dann die Lösung desselben zu veranlassen (Bordet-Ehrlich). Ein normales Serum, das zu gleicher Zeit verschiedene Zellen zu agglutinieren im stände ist, enthält nach Malkoff so vielerlei spezifische Agglutinine, als es ver- schiedene Blutzellen zu agglutinieren vermag. Jüngst beschäftigte sich Liebermann (14) eingehend mit der Frage der Haemagglutination und betrachtet auf Grund seiner Versuche, bei denen er das agglutinierende Serum auf verschiedene Mengen von Blutzellen wirken ließ, die Agglutination als Resultat der zwischen den BlutzellfU und einem agglutinierenden chemischen Stoffe vor sich gehenden chemischen Vereinigung. 328 Detre und Seilei. Unsere Untersuchungsmethode. Zur Untersuchung sind erforderlich: a) normales Blutserum, b) Blutemulsion. Das normale Serum erhalten wir, indem wir die ge- reinigte Fingerspitze stechen, das Blut in einer Pipette auf- fangen und gerinnen lassen, worauf wir das ausgeschiedene Serum neuerdings in eine Pipette bringen. Die Blutemulsion, d. h. das zu untersuchende Blut präparieren wir folgendermaßen: Wir fangen das Blut in einer einperzentigen Kochsalz- lösung auf. Zu diesem Zwecke führten wir aus dem Blute der eben angestochenen Fingerspitze in 2 cm^ sterilisierte Kochsalz- lösung mit Hilfe einer auf in Hundertstel eingeteilten Pipette 6 bezw. 10 Teile ein, wodurch wir eine drei- bezw. fun^ro- zentige Blutemulsion erhielten. Das so emulgierte Blut gerinnt nur allmählich (in Va^'A Stunden). Jetzt mengen wir ver- schiedenen Mengen der Blutemulsion eine Einheit des rea- gierenden Serums bei; gewöhnlichverwenden wir zu 0*01 Serum 002— 0-05— 0-10— 0-20 Emulsion. Wenn jedoch die Blutemulsion schon während der Untersuchung zu einer lockeren Masse ge- rinnt, so wird es nötig, dieselbe mit einem Platindraht zu rühren und zu defibrinieren. (Dies ist jedoch nur ausnahmsweise nötig.) Zu größerer Verdünnung, z. B. 1 : 40 oder 1 : 80, setzten wir die Serummenge auf die Hälfte herab, damit die Gesamt- emulsion nicht zu viel sei. Wir wollten nämlich vermeiden, daß die roten Blutzellen im Uhrglase zu Boden sinken und der Wirkung einer zu hohen Flüssigkeitsschichte ausgesetzt seien, wen die Agglutination ja nur dann ganz gleichmäßig vor sich geht, wenn jede Blutzelle von einer Flüssigkeitsschichte mit derselben Agglutinationskonzentration berührt wird; wenn je- doch die Blutzellen in einer dichten Schichte liegen, sind die tieferliegenden der Wirkung agglutinärmerer Flüssigkeit aus- gesetzt als die Blutzellen an der Obei-fläche, zu denen durch Osmose fortwährend frisches Agglutin gelangt Die Gesamt- menge des Gemenges von Serum und roten Blutzellen betrug bei unseren Versuchen niemals mehr als 0*20 cm'. Die stärkeren Verdünnungen erhielten wir folgendermaßen : Ys • 20 (entspricht 1 •• *0), V4 : 20 (entspricht 1 : 80) u. s. w. Zur Messung des Serums benützten wir entweder unsere in 0*01 cm' eingeteilte Kapillarpipette oder wir nahmen von dem vorher zweimal, viermal u. s. w. verdünntem Serum eine Hämagglutinations-Unters. bei ges. und kranken Individuen. 329 entsprechende Menge von Hundertsteln. Die Mischungen führten wir in Uhrgläsem durch und dann beobachteten wir bei Zimmer- temperatur mit freiem Auge und mit der Lupe die vorsichgehen- den Veränderungen. Unser reagierendes Serum lieferte meistens ein Indivi- duum namens „Eonr.^ (ein 24jähriger gesunder Mann), zweitens „De** . . . (29 Jahre alt, gesund), femer figurierten hie und da 1 — 2 syphilitische und andere gesunde Individuen. Am stärksten erwies sich darunter das Serum des Konr., dann kam die mit der Bezeichnung De. versehene; während sich die übrigen als weniger wirksam erwiesen. Bei der Bereitung der Mischungen sahen wir darauf, daß sich das Serum mit der Blutemulsion gleichmäßig verteile und bliesen deshalb nach der Einführung des reagierenden Serums die Mischung mit der Pipette fest zusammen; dieses Zusammen- blasen wiederholten wir hauptsächlich bei den Grenzmischungen, bei denen die Feststellung der Reaktion in positiver oder ne- gativer Sichtung Schwierigkeiten verursachte, um zu sehen, ob die auseinandergeblasenen roten Blutzellen zerstreut bleiben oder sich neuerdings zu Gruppen zusammenfinden. In welcher Reihenfolge verlaufen die Symp- tome der Hämagglutination? Wenn wir stark agglutinierendes fremdes menschliches Serum mit stark agglutinierbaren Blutzellen zusammenbringen, so yereinigen sich in den schwächer verdünnten Proben (z. B. 1 : 2, 1 : 3), schon nach 1 — 2 Minuten die roten Blutzellen zu Gruppen und kleben zu großen Haufen zusammen, welche namentlich dann hervortreten, wenn man das Uhrglas ein wenig schüttelt. Späterhin werden infolge des Zusammenklebens der mit- einander in Berührung kommenden Haufen dieselben immer größer, schließlich kleben sich sämtliche Blutzellen der Emul- sion in der Gestalt von 2 — 3 sternförmigen klebrigen Haufen mit unregelmäßigen Konturen an den Boden des Uhrglases. Diese Masse bleibt stundenlang unverändert; das Austrocknen wird dadurch vermieden, daß man das ganze Gemenge samt den Blutzellen in eine Kapillare aufsaugt und dasselbe zuBchmelzt ; bei gewöhnlicher Zimmerwärme kann man dieselbe tagelang erhalten, ohne duß die Blutzellen sich auflösten. Ein Symptom jedoch zeigt trotzdem, daß das mit dem Hämagglutin zusammen zu dem Versuche benützte fremde Serum auch blut- lösende Stoffe, Hämolysine, enthält, jedoch in so geringer Menge, daß ihre auflösende Wirkung nicht zur Geltung kommt. Diese Erscheinung ist das Zusammenkleben und das Kleben der Blutzellen an das Uhrglas. Wenn das agglutinierende Serum bis zu 60® erhitzt oder mehrere Tage lang an einem dunklen 380 Detre und Sellei. Orte stehen gelassen wurde, so kann man wahr- nehmen, daß eich wohl die agglutinierende Kraft desselben nicht verändert, die Agglutination jedoch ein wenig anders verläuft, d. h. die aggluti- nierten Blutzellen häufen sich zwar an, aber sie bilden nur lockere Haufen, die beim Schütteln zerfallen, um sich dann wieder zu Haufen zu vereinigen. Mit frischem Serum bekommen wir zusammengeklebte Massen^ mit gestandenem oder erhitztem Serum nur lockere Ansammlungen von Blutzellen Dies beweist klar, daß sich die Wirkung des Agglutins bloß in der eigenartigen Yergrößerong der Oberflächenadhäsion der BlutzeUelemente äußert. Das Zusammenkleben selbst verdankt seine Entstehung einem viel labileren Körper, unseren bisherigen Erfahrungen nach dem AI ex in (Ehrlichsches Komplement), dem auch bei Zu- standekommen der Blutlösung, der Hämolysis, eine wichtige Rolle zukommt. Nebenbei sei bemerkt, daß wir der von uns „lockere Agglutination" genannten Erscheinung auch dort begegneten, wo wir die Wirkung eines solchen agglutinierenden Serums untersuchten, dem wir den größten Teil seines Agglutins und Alexins (Komplements) mit einer der an anderer Stelle noch zu beschi'eibenden Absorptions-Methoden entzogen hatten. Bei stärkerer Verdünnung beginnt die Agglutination später, wird allmählich stärker und auch die Häufchen erlangen nur eine geringere Größe. Die Bestimmung des Grenzwertes stößt also auf genug zahlreiche Hindernisse, umsomehr, als ja bei allen der Aggluti- nation ähnlichen biologischen Prozessen das allgemeine Gesetz Gültigkeit hat, daß mit der Verringerung der Konzentration der wirkenden Stoffe die Wirkung nur allmählich bis zur un- tersten Grenze der Wahrnehmbarkeit herabsinkt. Wir mußten daher willkürlich das Eo'iterium aufstellen, das wir in Bezug auf den Grenzwert ein für allemal anwenden sollten. Zwei Momente spielten hier mit: 1. Was für Haufen« bildung betrachten wir noch als Agglutination? 2. Wie bringen wir bei dieser Erscheinung den Zeitfaktor zum Ausdruck? Dieser letztere Umstand war schon deshalb wichtig, weil es uns schon bei den ersten Unter- suchungen auffiel, daß bei dem Vorrücken der Zeit nicht bloß eine schon vorhandene Häufchenbildung intensiver wird, sondern auch bei Gemengen positive Agglutination auftritt, die vorher keine Spur derselben zeigten. Es genügt uns also nicht, zu wissen, ob bei einer ge- wissen Proportion von Serum und Emulsion die Agglutination eintritt oder nicht, sondern wir müssen auch in Be- J Hämagglatinations- Unters, bei ges. und kranken Individuen. 331 tracht ziehen, wann sie beginnt, wie sie fortschrei- tet und wann sie ihre ganze Stärke erreicht. Die bisherigen Untersuchungen maßen diesem Umstände überhaupt keine Bedeutung bei, was um so auffallender ist, als die Forscher der Terwandten Bakterienagglutinationserscheinungen oft genug hervorheben, daß man die Zeit bei der Beurteilung der Reaktion nicht yernachlässigen darf. (Wi dal sehe Probe.) Wir haben also in unseren Aufzeichnungen den nach 3, 5, 10. 15, 20. 30 und 50 Miauten wahrnehmbaren Zustand der Blutgemenge immer genau angegeben; später begnügten wir uns mit der Beobachtung der Proben bis zu 20 Minuten, die vollkommen genügen, um den Grenzwert festzustellen. Fassen wir das Gesagte kurz zusammen: Als Maß (Grenzwert) der agglutinierenden Kraft eines Serums und zugleich der Agglutinationsfähigkeit einer Blutzelle betrachten wir jene Zahl, welche ausdrückt, wieviel Teile der 37oig6ii Blutemulsion wir zu einem Teil Blutserum hinzufügen können, damit innerhalb 20 Minuten die Emulsion unter der Lupe eben sicher erkennbare agglutinierte Häufchen zeige. Den beobachteten Grad der Agglutination haben wir in unseren Aufzeichnungen in folgender Weise bezeichnet: Beginnend, mittelmäßig, stark, sehr stark, fast vollkommen, vollkommen. Beginnend = sehr kleine Häufchen zeigend (unter der Lupe). Mittelmäßig = mit freiem Auge eben sichtbare Häufchen. Stark = mit freiem Auge leicht sichtbare Häufchen. Sehr stark und fast vollkommen = neben sehr großen Häufchen sind noch nicht agglutinierte Blutzellen sichtbar. Vollkommen = freie, nicht agglutinierte Blutzellen sind in der ganzen Probe nicht zu sehen, bloß große Massen. 332 Detre und Seilei. Zur Demonstration des Ganges der Untersachnng teilen wir zwei Yersachsprotokolle mit 1. M. Sz., 21 J., Jurist. Sklerosis, Roseolen. Untersuchung: 6. No- vember 1908. Serum von Eonr. Tom 2./XI. gegen die roten Blntzellen von M. Sz. 2' 5' 10' 20' SO* 1: 1 beginnend vollkommen / 1:2 stark vollkommen — 1 :6 beginnend stark vollkommen — 1:10 beginnend mittelmäßig vollkommen — — 1:20 ? beginnend stark sehr stark vollkommen 1:60 — ? beginnend beginnend mittelmäßig 1.70 — — ? ? beginnend o II e O 2. J. H., 24 J., Zimmermann. Sklerosis. Untersuchung: 81. De- zember 1903. a) Serum von De. vom 31./XII. gegen die rotön Blutzellen von J. H. 2* 5' 10' 1 :5 beginnend stark vollkommen 1 : 10 beginnend mittelmäßig vollkommen 1 :20 ? beginnend sehr stark 1 :40 — ? mittelmäßig Ag > 40. b) Serum von Konr. vom 30./XII. g. d. r. B. v. J. H. 8' 5' 10* 16' 20' 1 :5 1 4 Jk : 10 :20 1 :40 :60 begrinnend beginnend ? fast voUk. fast vollk. beginnend etwas vollkommen fast vollk. mittelmäßig beginnend ? vollkommen mittelmäßig beginnend beginnend sehr stark mittelmäßig beginnend Ag z: 60. HlnugglDtinfttioni-nDtera. bei ges. nnd kranicen Individiien. 333 Über die Resultate der an dem Blate von 50 lodiTidnen mit der beschriebeDen Methode Torgenommenea UnterBucbangen gibt folgendfl tabellariscbe Übersicht Aufschluß: L Si^iritiMhe bHll«idnMi.>) Aller H. Si. 21 J. Jurist J. Wen. 19 J. ScMler J. H, 24 J. Zimmerm B. E. 23 J. Korporal J. Soh. 32 J. HuchiD. J. D. 27 J. Schlosser Anna K. 26 J. ElM D. 34 J. J. M. 29 J. J. P. 26 J. B. T. 21 J. Schaler J. N. 24 J. Schlosaer J. B. SO J. Sohankgeh. J. A. 24 J. Jurist J. W. 21 J. Profeaior L. F. 20 J. Beamter S. L. 23 J. Beamter 6. Nor. 22. Dez. 3L Dei. 30. Okt. 9. Jäa. 2a Dez. 93. Not. 2, Jan. U. Jiu. IS. Jan. 21. Jia. 21. Dei. 5, Nov. 9. Nov. 14. Nov. 6. Nov. 10. Nov. Sklenn., roi SklerosiB Plaques, Pap. Coodyl. lata Plaqa. mnqu. Polyadenitis PIaqnes opal. RoB.S2J]rnp.) Roaeola 12. Nov. 1903 Syph. latesa Heag. 3? AnniBr- ^""■^ knDB Konr. 60 De. 60 70 Konr. 60 De. 60 Konr. 0 40 De. 80 Konr. 0 10 20 0 Anto- 20 0 Da. 20 20 0 0 Sam. 0 De. 0 0 ') Ton diesen hat ans Herr Profeisor Röna einige Fälle cor Ter- 'Bgvng gotollt; fär seine Qüte nehme er hier unseren Dank entgegen- Detre uad Sellei. Alter, B«chlfllKiiD| J. H. 23 J. LebramtBk. J. M. 27 J. Ädv.-Krp. Marie B. 16 J. Dienitm. 22 I ' . I 87a Moriz H. 21 J. G. J&d. 1904, 31. Dez. 1903 ■11. Jin. 1904 12.Jiii. 1904 6. Jan. 1904 18. Feb. 1904 a Feb. 1904 4. Jan. 1904 5. Dei. 1908 18. Feb. 1904 10. Feb. 1904 12. Jan. 1904 Sfph. latens Sypb. i'spul. Plaqn. op.orii Syph. UtenB Ganini. palat. GummaU Hämagglutinations-Unters. bei ges. und kranken Individuen. 335 Zahl f Fallet Name, Alter, Beachäftfgung Tag der Unteraachnng 38a 39a 40a b 41a b 42a b 48a b 44a b 45a b 46a b 47a b 48a b 49 50 J. E. 22 J. Tischler J. R. 84 J. Advokat K. L. 41 J. Maurer L. W. 82 J. S. W. 36 J. Anna P. 84 J. 6. Jan. 1904 7. Jan. 1904 J. A. 41 J. Marie L. 46 J. ;6. Jan. 1904 » 8. J&D. 1904 GiselaE.lSJ. \ g 0 GQ I a o Irma K. 80 J. Anna K. 82 J. E.-Schw. J. M. 80 J. Jurist R. E. 23 J. Beamter n 80. Dez. 1903 6. Nov. 1903 Diagnose Reag. 8erttm S C ! Aniner< S * ^ ^ I kang De. Eonr. De. Eonr. De. Eonr. De. Eour. De. Eonr. De. Eonr. De. Eonr. 0 0 0 80 60 40 0 60 80 60 40 80 0 0 De. GO Eour. . 60 De. Eonr. De. Eonr. De. ■ Eonr. De. I 0 0 0 0 0 0 0 60 336 Detre und Sellei. Agglutinations-Endwerttabellen. Wir gruppieren die Falle im folgenden nach Endwerten. I. Rezente SyphilisfäJle. „De.-Serum/ Im 2. Falle 60 n 8. „ 70 « 4. „ 60 » 7. „ 80 Dem Werte nach geordnet: 50, 60, 70, 80. »Konr.-Senim.' Im 1. Falle 50 Im 8. Falle 0 3. « 6. 60 0 40 » 9. „10. 11. Dem Werte naoh geordnet: 0, 0, 0, 10, 20, 40, 50, 60. 10 20 0 2. Sekundäre Syphilisfälle. Im 14. Falle 20 Im 19. Falle 70 Dem Werte naoh: 0, 0, 0, 0, 0, 20, 20, 60, 70, 80. Im 12. Falle 20 Im 28. FaUe 60 , 16. 71 20 n 20. n 60 n 13. n 0 , 24. n 80 , 16. n 0 , 26. » 0 r, 21. » 60 , 26. i> 80 » 17. n 0 n 27. fi 0 n 22. 1) 70 . 27. » 60 . 18. n 0 „ 28. ff 80 Dem Werte nach: 0, 20, 60, 60, 60, 70, 80. 3. Tertiäre Syphilis. Im 30. Falle 0 Im 32. Falle 80 » 31. „ 0 d. h. 0, 0, 80. Im 29. Falle 0 „ 31. Falle 0 d. h. 0, 0. 4. Sypliilis maligna. 3 Fälle zeigten Autoagglutination. 5. Normale Individuen. Im 36. Falle 0 Im 44. Falle 0 , 37. D 0 n 46. » 60 » 37. n 20 . 44. » 0 . 38. n 0 « 46. » 0 ,. 38. n 0 , 46. » 60 n 89. 1) 0 n 47. n 0 n 39. n 80 , 46. . 0 , 40. n 60 n 48. n 0 n 40. n 40 n 47. . 0 , «. n 0 » 49. n 0 » 41. *» 60 „ 48. » 0 , ■iä. n 80 » 50. n 60 » 42. ff 60 , 48. n 40 Dem Werte naob : 0, 0, 0, 0,0, 0, d. h.: 0, 0, 0,0, 0. 0. ao. 40, 60, 0, 0, 0,0, 40, 60, 60, 60, 80. » 60 ,60, 80, 80. Im 86. Falle 0 Im 43. Falle 80 Wenn wir nun die Fälle nach Werten in Gruppen anordnen, so können wir in die I. Qruppe diejenigen Fälle aufnehmen, wo der Wert der Agglutination 0 ist, in die 11. Gruppe der „mittelmäßigen Aggluti- Hämagglutinations-Unters. bei ges. und kranken Individaen. 337 nation*' die 10 — 20 wertigen Fälle, III. von 80 an bezeichnen wir die Ag- glutination als j^starke*. Demgemäß stellten wir in einer Tabelle die Zahl deijenigen Fälle xnsammen, deren Blutcellen das Seram (De. und Konr.) im L, U. und III. Grade agglutinierte, wobei wir in jeder Kolumne die entsprechenden Werte von «De.^ und „Konr." nebeneinander stellten. Gmd der Agglutination I. IL III. De. Konr. De. Konr. De. Konr. Rezente Syphilis . . . — 3 — 2 4 3 Sekundäre Syphilis . . 5 1 2 1 8 6 Tertiäre Syphilis . . . 2 2 — — 1 — Gesamtzahl der Syphilisfälle . 7 6 2 8 8 9 Gesunde Individuen . 10 6 ^^ 1 6 6 Also unter den mit dem einem Serum (De.) untersuchten 17 Syphilisfallen gehörten zur I. Gruppe 7 = 41 Vo» ^^^ ^' Gruppe 2 = 127o} zur in. Gruppe 8 zi 477o: anter den 15 Gesunden: zur I. Gruppe 10 zz 677o, zur II. Gruppe — , zur III. Gruppe 6 — 337^,. Unter den mit dem anderen Serum (Konr.) untersuchten 18 Syphilisfallen gehörten zur I. Gruppe 6 = 387o> ^^ ^^* Gruppe 8 =: 177«) zur III. Gruppe 9 =: 607o9 unter den Gesunden: zur I. Gruppe 6 =:467o} zur II. Gruppe 1 zz 87o, zur III. Gruppe 6 zz 467o. Unter den Werten sind die wichtigsten die Daten der III. Yertikalreihe, die Auüschluß darüber geben, in wieviel 7o der Fälle das reagierende Serum die Blutzellen stark agglu- linierte (stärker als 1 : 20). In Bezug auf das erste Serum fallt sofort auf, daß zwischen luetischen und gesunden Blutzellen ein gewisser Unterschied in der Agglutinationsfahigkeit besteht; während nämlich von den gesunden Individuen 33% zu den stark agglutinierenden (III. Gruppe) gehören, gehören bei den luetischen Individuen 47%, d. h. fast die Hälfte der Fälle dazu; demgemäß war die Verhältniszahl der überhaupt nicht agglutinationsfähigen bei den gesunden Individuen 677o9 hei den luetischen 417o« Wenn wir nun unsere Untersuchungen nur mit diesem „De. ''-Serum durchgeführt hätten, hätten wir uns verlocken lassen, Arcb. f. Dcrmat. n. Syph. Bd. LXXII. 22 338 Detre und Sellei. diesem Unterschiede eine gewisse diagnostische Be- deutung zuzuschreiben, obwohl wir wissen, daß die yerhältnis- mäßig geringe Zahl der Fälle (32 Individuen mit De.-Serum) uns dazu noch nicht berechtigt hätte. Aber wir wurden vor diesem Irrtume durch den Umstand bewahrt, daß wir als anderes reagierendes Serum, zufällig eine von solcher Stärke wählten, daß dasselbe sogar auf einen großen Teil der normalen Blut- zellen eine starke Wirkung auszuüben vermochte. In der Tat verschwanden für dieses Serum die erwähnten Unterschiede, indem dasselbe die gesunden und die luetischen Blutzellen ungefähr in demselben Maße stark agglutinierte (467o und 507o)- Die etwaigen Agglutinationsunterschiede zwischen dem Blute luetischer und gesunder In- dividuen können wir nicht für solche ansehen, die über den Rahmen physiologischerUnterschiede hinausgingen: und demgemäß betrachten wir das luetische Blut mitBezug auf seine Agglutinations- verhältnisse als normales. Auf Grund dieser unserer Auffassung halten wir nun nicht mehr für nötig die getrennte Besprechung der beiden Agglutinationsgruppen (gesunde und luetische), sondern fassen dieselben zusammen und gehen im allgemeinen auf die Dar- stellung der Bedeutung der Isoagglutination über. Vorher müssen wir jedoch über die kombinatorischen Versuche Bericht erstatten, welche wir bezüglich einiger schwebender Fragen der Theorie der Isoagglutination anstellten. '^) Agglutiniert syphilitisches S eram die normalen roten Blutzöllen und zwar dann, wenn das Seram der betreffenden normalen Individuen die syphilitischen Blatzellen a) agglutiniert, h) nicht agglutiniert (Reziproke Untersuchung)? Serum Fall a) 1. De. ca. Blutz. von 4 Ag. = 60 ; «; 2. Sam. „ „ „ 1 « =80; y 1. De. „ „ „16 „ zz 0; h) 2. Konr. „ „ „ 5 „ zz 0; Resultat: Wenn das normale Serum das syphilitische Blut agglutiniert, so ist das Serum des letzteren zu rezi- proker Agglutination nicht f&hig; wenn jedoch das nor- male Serum das syphilitische Blut nicht agglutini ert, to kann das Serum des letzteren in reziproker Richtung wirken oder nicht. Gerade der Umstand, daß syphilitisches Blut auf normale Blutzellen eine starke Wirkung ausüben kann» spricht am deut- lichsten dafür, daß die Agglutinationsfahigkeit keine Debilität ist. ß) Wie verhält sich syphilitisches Serum gegenüber syphilitischem Blute? Serum 4 ca. De. Ag. 1= 0. 1 0 Sam. » ZI 0. 16 „ De. « zz40. 5 „ Konr. » ZI 0. rph, : . Serum 6 ca. 8 Blut-Ag. =: 0. » » 4 „ 3 „ zzO. n ' „ 16 „ 19 , = 0. n „ 17 „ 18 ^ iz 0. HämagglaÜDations-Unters. bei ges. und kranken Individuen. 389 1. Bezente Syph. ca. rezente Sypb. 2. » n n latente 8. Sekundäre ^ n » «• » 9 9 n Resultat: Die untersuchten Fälle waren einander gegenübe r wirkungslos; dies kann jedoch keinesfalls alt Regel gelten, nachdem wir oben die Möglichkeit „Syphilis wirksam ca. normales Blut^ (h 1) gesehen haben. y) Steigert das Quecksilber die Agglutina tions« fähigkeit? Mit Quecksilber behandelte normale De. Serum ca. 49. Blut-Ag. =z CO. Individuen (Syphiliphobia) 1. 49. „ ,» De. „ =0. 2. De. „ „50. „ - 60. 3. 6. „ „ 49. « ZI 0. Resultat: Die Agglutinationsfähigkeit steht mit dem Quecksilber in keinem Zusammenhange. ^) Reziproke Agglutinations -Versuche (iL ca. B und B ca. A). a) Normale Individuen: 1. Sam.-Sernm ca. Eonr.-Bl. zz 0; Eonr.-Serum ca. Sam. -Blut =z 0. 2. „ „ De.-Bl. z:30; De.-Serum „ „ — 0. 8. Konr.-Serum ^ „ =20; „ „ Eonr.-Blut = 0. 4. 49.-Serum „ » zz 0; „ „ 49.-Blut zi 0. h) Syphilitische Individuen: Siehe die Glieder a \, a 2, 6 1, 5 2 der Reihe a. Resultat: Wenn .4-Serum B-Blutzellen agglutiniert, so ist ^-Blutserum auf .4* Blutzellen wirkungslos; wenn A die .B-Blutzellen nicht agglutiniert, so kann B .4-Blut- zellen agglutinieren und nicht. Die Tatsache, daß auch das Blut zweier sonst gesunder Individuen in solcher Beziehung stehen kann, daß das Serum des einen das Blut des anderen agglutiniert, ohne daß jedoch au den Blutzellen dieses Individuums irgendwelche Symptome der De- bilität zQ beobachten wären, läßt darauf schließen, daß die Agglati- nationsfähigkeit der Blutzellen nicht zugleich einen Schwächezustand derselben bedeutet. Wenn wir in der Lehre Ton der Immunität Analogien Buchen, wovon z. B. die Agglutinationsfahigkeit einzelner Bakte- rien durch Immunserum abhängt, so werden wir Angaben finden, die uns als Richtschnur dienen können. Es ist z. B. bekannt, daß das Immunserum gegen Cholera die verschie- denen ChoIeraTibrionen umso stärker agglutiniert, je weniger virulent diese sind. Die Unterschiede können geradezu über- raschend sein. Es kommt z. B. vor, daß dac Serum auf den ganz avirulenten Bazillus in lOmal, 20mal größerer Verdünnung wirkt als auf den virulenten. Es ist nun die Frage, ob der 22* 340 Detre und Sellei. erste debiler ist als der zweite. Die Antwort kann bejahend und vemeinend lauten. Sie ist verneinend in Bezug auf die allgemeinen Schäden, die das Leben der Bakterienzelle be- drohen. Sie ist bejahend, wenn von jener schädlichen Wirkung die Bede ist, welche der tierische Körper auf die Bakterien ausübt. D. h. der avirulente Choleravibrio ist gegenüber che- mischen Einwirkungen, desinfizierenden Agentien ebenso wider- standsfähig wie der virulente. Dagegen ist er gegenüber den für ihn schädlichen Prozessen des tierischen Organismas un- vergleichlich weniger widerstandsfähig als jener. D. h. also die Avirulenz und die damit verbundene starke Agglutinationsfähigkeit des Bazillus ist nicht eine Krankheit desselben, sondern nur eine in gewisser Beziehung veränderter, aber gesunder Zustand. Es ist nun gleichgültig, ob wir diese veränderte Be- schafifenheit überhaupt als speziellere Empfindlichkeit auffassen oder im Sinne der Ehrlich sehen Terminologie auf die Ver- schiedenheit des Rezeptoren-Apparats der Bakterien zurück- führen. Wenn wir diese Analogie auf die roten Blutzellen übertragen, welche ohnedies in ihren osmotischen Verhältnissen, femer in ihrem Verhalten gegenüber den Immunstofifen die größte Analogie mit den Bakterien zeigen, so kann man sich leicht vorstellen, daß zwei sonst gesunde Blutzellen in der Struktur ihres Protoplasmas derartige Unterschiede aufweisen, infolge deren die eine Affinität, d. h. Rezeptoren für den agglutinierenden Stoff des Blutserums besitzt, die andere da- gegen nicht. Die Erklärung des Umstandes nämlich, daß die eine Blutzelle mit irgendeinem Serum agglutinierbar ist, ist in jedem Falle in den Affinitätsverhältnissen der roten Blut- zellen zu suchen. Bei einem unserer Absorptionsversuche, den wir weiter unten mitteilen, haben wir geradezu nachgewiesen, daß die unagglutinierbare Blutzelle die aggluti- nierende Kraft des Serums gänzlich unberührt läßt, während die agglutinierbare rote Blutzelle das Agglutin an sich zieht Dies haben wir gezeigt, indem wir aus dem Gemenge der roten Blutzellen mit dem Serum nach Ablauf der Reaktion die nach einer gewissen Zeit das Serum absonderten, worauf dann im ersten Falle (bei nicht agglutinierbarem Gemenge) die abgesonderte Flüssigkeit unver- ändert andere rote Blutzellen agglutinierte. Dagegen, wenn das Serum mit agglutinierbaren roten Blutzellen in Berührung kam, erwies sich das von diesen abgesonderte Serum als seiner Agglutinationskrafb größten- teils beraubt. „ den Blatzellen rezenter Syphilis. Hämagglatinations- Unten, bei ges. und kranken Indiyidnen. 341 Absorptionsversueh. Am S.ßX. 1903 Abends 10 ühr Mengen iriBches Serum von De. in der Quantität aa: I. mit der Emulsion von Konr. roten Blutzellen, n. „ „ , p Sam. m. , IV. „ „ roten „ von De. Y. Eontroll (reines Serum). Anmerkung: De. Serum ca. Konr. (I.) = 0 Aggl. De. „ „ Sam. (IL) =i 0 „ De. „ „ Sypb. (III.) zz starke „ De. „ „De. (IV.) = 0 „ Die Röbrchen liegen bis zum 19./XI. vormittags in der Tischlade horizontal, am 9./XI. vertikal. Am 9./XI. setzen sich die roten Blutzöllen ab und über ihnen nimmt das doppelt verdünnte Serum Platz. Die mit der Pipette abgesaugte Flüssig- keiten werden nun an den früher als stark agglutinabel erkannten roten Blutzellen (Syphilis) untersucht. Verhältnis von dekant. Serum und roten Blutzellen 1 : 2. ( Zeit 1 Minat« 5 Minuten 10 Minuten I. beginnend stark vollkommen 1 r II. mittelmäßig fast vollkommen vollkommen in. beginnend beginneud gering ■ IV. stark vollkommen vollkommen 1 V. stark vollkommen vollkommen Yerhiltnis von dekant. Serom und roten Blatzellen 1 : 5. Zeit I. n. III. IV. V. S Minuten 5 Minuten stark ! f^st vollkommen beginnend jfast vollkommen I vollkommen vollkommen vollkommen kaum mittelm. vollkommen vollkommen 342 Detre und Sellei. Resultat: Die durch das untersuchte De.-Senn nicht agglntinierharen (I., II., IV., Y.) Blutzellen banden das Agglutin dieses Serums nicht, während die stark agglntinierharen III. Blutzellen das Serum zum größten Teile seiner agglutinierenden Kraft beraubten. Wenn wir nun die Lehre yoq der supponierten Analogie zwischen roten Blutzellen und Bakterien aufmerksam bedenken, so nehmen wir wahr, daß in beiden Fällen neben den Äbnlich- keiten auch Abweichungen vorkommen. Jene rote Blut- zelle, die Agglutin zu binden vermag, wirdinfolge der Bindung selbst agglutiniert werden; diejenige, welche nicht agglutiniert wird, absorbiert auch keinAgglutinin, dagegen vermögen die virulenten, schwer agglutinierbaren Bakterien, wie Pfeifer und seine Schule nachgewiesen haben, die Im- munkörper stärker, d. b. in größerer Menge zu binden, als die avirulenten Keime. Die Blutzellen werden also dann nicht agglutiniert, wenn sie keine chemische Verwandtschaft mit dem wirkenden Stoffe (dem Agglutin) haben, die virulenten Bakterien dagegen werden nicht agglutiniert, obwohl ihre Bindekraft sehr groß ist, weil zu ihrer Aggluti- nation sehr viel Agglutin nötig ist. Der erste Fall ist leicht zu verstehen, da ja natürlich, daß ein Körper auf das Protoplasma erst dann zu wirken ver- mag, wenn es mit diesem eine chemische Verbindung eingeht. Wenn also das Blutzellenprotoplasma oder dessen Rezeptor mit dem Agglutin in keiner Verwandtschaft ist, so wird auch keine Wirkung geltend werden. Die virulenten Bakterien sind zur Bindung von viel Agglutin befähigt, besitzen also viel adäquate Affinität, und wenn sio dennoch schwer agglutinierbar sind, so ist es wahrscheinlich, daß die Mehrzahl der Affinitäten, Rezeptoren, die Vereinigung der empfindlichen Gruppen des Protoplasmas mit dem Ag- glutin nicht vermitteln, sondern gewissermaßen als „schützen- des^ Rezeptorensystem den größten Teil der Agglutin-Moleküle binden und damit die Agglutination der Bakterien verhindern. Wir haben also zwei Arten der Wirkungslosigkeit des Agglutins gezeigt, deren jede in der Zellenbiologie vorkommen kann: vnr haben jedoch für die roten Blutzellen nur für die erstere ein Beispiel gefunden. Am Beginne unserer Experi- mente standen wir noch unter dem Einflüsse der Autoren^ die die verschiedenen, namentlich bei den mit Fieber erscheinen- den und zehrenden Krankheiten gefundenen Agglutinationen H&magglntinations-UDters. bei ges. und kranken Individnen. 343 mit den Intoxikationserscheinungen der roten Blutzellen in Verbindung brachten; jedoch unsere diesbezüglichen Versuche, welche wir über die Bedeutung und den Mechanismus der Agglutination anstellten, brachten uns immer mehr zu dem Standpunkt, den wir oben auseinandersetzten. Wir glauben festgestellt zu haben, daß, ebenso wie die mangelnde Agglutinabilität noch kein gesun- der, sondern ein zufälliger Zustand ist, auch die starke Agglutinationsfähigkeit noch kein krank- hafter Zustand ist. Daß wir uns jedoch auch nicht starr Tor der Möglichkeit yerschließen, daß in einzelnen Fällen die starke Agglutinations- fahigkeit zugleich auch mit der Erkrankung der roten Blut- zellen verbunden ist, hat seinen Grund in unserer Wahr- nehmung, daß jene roten Blutzellen, welche in ihrer Emulsion z. B. 24 Stunden lang bei Zimmerwärme standen und Spuren der Beschädigung ihres Protoplasmas darbieten (Vorhandensein von Spuren ausgelösten Hämoglobins), durch dasselbe Serum Tiel mehr, ungefähr zweimal stärker agglutinierbar sind als in frischem Zustande. Die A£Snität eines schon kranken Proto- plasmas zu dem Agglutin ist, wie es scheint, stärker, wie auch manche Anilinfarben, wie z. B. Methylenblau oder Neutralrot, von den Zellen bloß nach ihrem Absterben, beziehungsweise beim Tode des Protoplasmas angenommen werden. Wir halten es also nicht für übermäßig wichtig, daß von den unter- suchten 2 normalen reagierenden Seris die eine das Blut der syphilitischen Individuen stärker agglutinierte als das der normalen, und sind geneigt, diese Erscheinung dem Einflüsse von der Syphilis unabhängiger und schon bei normalen Individuen auch auftretenden, bisher nicht aufgehellten Verhältnissen zuzu- schreiben. Wir sind dieser Meinung nicht bloß auf Grund der früher auseinandergesetzten Analogien, sondern unserer direkten Versuche, weil stärker agglutinierbare sy- philitische Blutzellen nicht debiler sind als die normalen, z. B. nicht rascher aufgelöst werden, femer weil kein wesentlicher Unterschied zwischen den Agglutinationserscheinungen bei normalem und 344 Detre und Sellei. krankem Blute besteht. Man kann auch keinerlei festes Gesetz für die Agglutinationsfähigkeit des Blute bei der rezenten und der veralteten Syphi- lis finden: die rezenten Fälle sind nicht leichter agglutinierbar als die latenten, und es besteht den- noch kein Zweifel darüber, daß in den Fällen rezenter Syphilis das Gift im Organismus in größerer Menge im Umlauf ist, im Sinne der Debilitätstheorie die roten Blutzellen also stärker aggluti- niert werden müßten. Selbst mit dem Fortschreiten der Quecksilberbehandlung werden die roten Blutzellen nicht agglutinierbarer, was wir indes er- warteten, als wir bezüglich der Erscheinung der Agglutination noch nicht zu unserer jetzigen Auffassung gelangt waren; jetzt haben wir eher den Eindruck gewonnen, daß während der Quecksilberbehandlung der Widerstand der roten Blutzellen gegenüber dem Agglutin größer wird, was vielleicht dadurch veranlaßt wird, daß der Orga- nismus durch den Einfluß des aufgenommenen Quecksilbers von den zuerst geschwächten Blutzellen rasch befreit wird, so daß während der Untersuchung nur die widerstandsfähigeren Blutzellen zurückbleiben und so zur Beobachtung gelangen. Für unsere Ansicht spricht auch der Umstand, daßy wie wir gesehen haben (kombinatorische Versuche: n) b 1), auch das Serum eines Individuums mit re- zenter Syphilis die roten Blutzellen eines gesun- den Menschen agglutinieren kann, was auch für die Zukunft allen Bestrebungen ein Ende macht« welche aus der Agglutinationsfähigkeit oder deren Mangel auf Beschädigung der Blutkörper- chen Schlüsse ziehen wollten. Die Agglutinationsverhältnisse des Blutes der syphilitischen Individuen unterscheiden sich überhaupt nicht von normalen Verhältnissen, und darum gingen wir nach Aufhellung dieser Verhältnisse auf die Weiterentwicklung der Lehre von den normalen menschlichen Isoagglutinen über. Schon oben haben wir die auf das Isoagglutinin be- zügliche Literatur angeführt; es ist augenfällig, daß die bis- HämagglatinatioDS-Unters. bei ges. und kranken Individuen. 345 herigen Autoren bei dem Studium der normalen Agglutination die moderneu Immunitätsbegriffe nicht hinreichend verwertet haben. Namentlich nahmen sämtliche Autoren weder auf den Verlauf der Reaktion noch auf die quantitativen Werte ge- bührend Rücksicht, während es doch offenbar — wie wir oben erwähnt Laben — gänzlich unberechtigt ist, bloß mit dem Bei- wort positiv oder negativ eine Eigenschaft zu bezeichnen, deren positive Skala sich von 1 bis ungefähr 100 erstrecken kann. Eben darum ist es sehr schwer, die Resultate der einzelnen Autoren zu vergleichen, weil z. B. der Agglutinations-Grenz- wert 1 : 1 nicht mit dem Werte 1 : 50 oder einem höheren Werte gleichwertig erscheint. Darum haben wir — wie wir schon bei der Besprechung der Methodik auseinandersetzten — uns nicht allzusehr an die bisher festgestellten Tatsachen ge- halten, sondern haben uns bemüht, mit unserer eigenen, wie wir glauben, richtige Werte liefernden Methode in das Wesen der normalen Agglutination einzudringen. Daß die Blutzellen verschiedener normaler Individuen durch ein und dasselbe fremde Serum verschieden stark agglutiniert werden können, haben wir schon oben erwähnt. Unsere Werte schwanken zwischen 0 und 80. Bei näherer Untersuchung ergaben sich folgende Verhältnisse (s. die Reihe der Kombinationen et und <^). 1. Wenn das Serum des Individuums A^ B zu agglutinieren vermag, dann kann das Serum von B die Blutzellen A^s nicht agglutinieren (höchstens in Spuren). 2. Wenn j4-Serum j5-Blutzellen nicht aggluti- nieren kann, sind zwei Fälle möglich: der häufi- gere ist der, daß £-Serum il-Blutzellen aggluti- niert. Seltener ist der Fall, daß auch B auftrete Blutzellen wirkungslos ist (Komb. » b 2., ^al., ^a4.). 3. Wenn sowohl A- als S-Serum C- und D-Blut- zellen agglutiniert, so besteht zwischen den ge- fundenen Werten kein ständiges Verhältnis. Es ist also nicht richtig, daß, wenn ^-Serum auf C^Blutzellen zweimal so stark wirkt wie ^-Serum, sie auch auf 2>-Blutzellen zweimal sostark wirkte. 346 Detre und Seilei. Vielmehr kann es vorkommen, daß auf 2)-Blutzellen eben das £-Seram stärker wirkt (1., 30., 40. und 42. Fall), selbst wenn das ^-Scrum so stark ist, daß es auch die zu anderen reagierenden Serum ge- hörigen J3-Blutzellen zu agglutinieren vermag. (Eonr. ser. ca. De Blutzellen.) Siehe folgende Tabelle: Fall De.(-B) Kr.(A) Fall De.(B) Kr.(A) Fall De,(BjKT.(Ä) 8. 70 60 88. 0 0 48. 40 80 27. 0 60 89. 0 80 44. 0 0 81. 0 0 40. 60 40 45. 60 60 86. 0 0 41. 0 60 47. 0 0 87. 0 20 42. 80 60 48. 0 0 Dies bestätigt neuerdings unsere Auffassung, daß die Ursache der Agglutinationsfähigkeit nicht ein einfacher Schwächezustand sein kann. 4. Die Glieder derselben Familie (Geschwister) scheinen auf einander wirkungslos zu sein (Konr.«- Serum gegen dessen 3 Schwestern 46., 47., 48.), ebenso wie das Serum auch die von demselben Individuum herrührenden roten Blutzellen nicht zu agglutinieren vermag. (Die Kenntnis dieser Tat- sache kann in der Praxis wichtig sein. In Fällen, in denen Transfusion ratsam sein kann, werden wir, wenn es nur geht, Blut von Geschwistern empfehlen, nicht bloß, weil wir so die Agglutination der eingeführten fremden Blutzellen durch das Plasma des behandelten Individuums und die AggL der Blut- zellen des behandelten Individuums durch das Serum des fremden Blutes am sichersten vermeiden werden, sondern weil blos auf diese Weise die allmähliche Auflösung der in den Organismus eingeführten Blntzellen verhindert wird. Der Lysis HamagglntinationB-Unters. bei ges. und kranken Individnen. 847 der roten Blutzellen geht nämlich gewöhnlich Agglutination Yoraus, 80 daß ceteris paribus das fremde Serum umso ge- ringere lösende Wirkung ausübt, je geringer ihre Agglutiuations- kraft. 5. Das normale Isoagglutin ist nicht ein einfacher Körper; das Serum Terdankt seine agglutinierende Kraft nicht einem, sondern in den von uns untersuchten Fällen wenigstens zwei besonderen Agglutinen, welche sich von ein- ander durch ihre Affinität zu den roten Blutzellen yerschiedener Individuen unterscheiden. Durch einen direkten Absorptionsversuch, den wir an anderer Stelle in einer einschlägigen Arbeit mitteilen werden, haben wir nachgewiesen, daß, wenn wir einem auf die Blutzellen B^ C, D und E in yerschiedenem Grade wirkenden Serum A durch Absättigung der ^-Blutzellen das auf B wirkende Agglutin entziehen (elektive Absorptionsmethode), das auf J5- Blutsellen fast wirkungslos gewordene Serum noch auf C- oder 2>- oder ^-Blutzöllen oder noch auf andere wirksam bleiben kann. 6. In Bezug auf die physiologische Bedeutung der normalen Agglutine führten uns unsere Ver- suche der Auffassung Ehrlichs über dieRolle der normalen Hämolysine zu, der entsprechend die Hämolysine als für die fremden assimilierbaren Albumine Affinität besitzende chemische Komplexe der Zellen bei der Ernährung der Zellen und dem inneren, assimilierenden Leben des Protoplasmas eine wichtige Rolle spielen. Wir unserer- seits messen den Agglutinen, die in der Gesetz- mäßigkeit ihrer Wirkungsweise ein den eigent- lichen Hämolysinen analoges Verhalten zeigen, auf Grund vorliegender Untersuchung eine den Hämolysinen ähnliche physiologische Bedeutung bei. 348 Detre und Sellei. Literatur. 1. Aschoff: Zeitschr. f. allg. Phys. I. Bd 3. Heft 1903. 2. M. A 8 c o 1 i : Isoagglutinine und Isolysine menschlicher Blut- sera. Münch. m. W. 1901. 3. Deutsch (Detre) u. Feistmantel: Impfstoffen. Sera. 1903. 4. Donath: Wiener klin. W. 1902. Nr. 22. 5. Ehrlich u. Morgenroth: Berliner klin. W. 1900. 6. Eisenberg: Über Isoagglutiniae und Isolysine im mensch- lichen Seris. Wiener klin. W. 1901. Nr. 42. 7. Eisenberg u. Volk: Untersuchungen über die Agglutination. Wiener klin. W. 1901, Nr. 60 u. Zeitschrift f. Hyg., 34. Bd., 1902. 8. Ford: Beitrag zur Lehre von den Hamagglutinioen. Zeitschr. f. Hyg. u. Inf. 1902, 2. Heft. 9. Halb an: Wiener klin. W. 1902, Nr. 24. 10. 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Das von Kaposi unter dem Namen Acne urticata be- schriebene Krankheitsbild wird von diesem Autor in folgender Weise charakterisiert: „In jahrelang sich wiederholenden Nachschüben entstehen ' bei der Acne urticata im Bereiche des Gesichtes, Stirne, Nase, Kinn, Wangen, Gapillitium, oder auch noch später an den Händen, Unter- und Ober- extremitäten, meist den Streckseiten, höchst akut und unter heftigstem Jacken, Brennen und Schmerzgefühl ein und mehrere, bohnen- bis über- krenzergroße, blaßrote, quaddelartige, sehr harte Erhebungen, welche binnen Stunden, meist aber erst 2—4 Tage spontan sich involvieren, in der Regel aber, wegen des äußerst heftigen Brennens und Juckens, von den Kranken mittels der Fin;?emäge1, Nadeln, Messerspitzen zerkratzt, dann gequetscht werden, wdil dieselben erst nach derart ermöglichtem Austritt von Serum und Blut aus dem gequollenen Papillarkörper und Rete etwas Erleichterung verspüren. Es stellt sich rasch Gerinnung des Exsudates nnd Überhäutung ein, aber die Basis und Umgebung bleiben im weiten Umfange sehr hart und insolange dauern auch Jucken und Brennen, Schlaflosigkeit und nervöse Unruhe an und wiederholen die Kranken die Stech- und Quetscheingrifie. Endlich nach 8— J4 Tagen ist die Härte geschwunden und bleiben entsprechend den Verletzungen und Eiterungen flache, braun pigmentierte, narbige Streifen zarück.** Der Prozeß hielt in den wenigen Fällen, die Kaposi überhaupt beobachtete, besonders in drei Fällen, dem eines dysmenorrhoisohen weib- lichen and zweier dyspeptischer männlicher Kranken seit 15—20 Jahren an. „Jucken, Schmerzhaftigkeit, Lokalisation, Verwundung, Eiterung, Schlaflosigkeit infolge der subjektiven Belästigung und die kontinuierlichen 350 Waoisch. Kachschftbe gestalten den Prozeß zu einem der allerl ästigsten und ent- mutigendsten nn der allgemeinen Decke.'' Vor dieser Beschreibung durch Kaposi hat schon Bronson ein ähnliches Krankheitsbild unter dem Namen Acne ulcerans geschildert und als besouders eigenartig die starken subjektiven Empfindungen hervorgehoben, welche die Krankheit hervorruft: Ein quälendes Stechen, als ob ein Fremdkörper in der Haut säße, welches die Patientin, die schon 26 Jahre an dieser Erkrankung litt, nicht eher zur Ruhe kommen ließ, als bis durch Kratzen, Quetschen und Kneifen größere oberflächliche Ulzerationen entstanden waren ; diese bedeckten sich dann mit blutigen Krüstohen und heilten mit oberflächlichen weißen oder pigmentierten Narben ab. Die Läsion selbst begann mit kleinen roten papnlösen Eßioreszenzen, mit etwas Eiter an der Spitze, die auch peripher serpiginös Fortschritten. Sie lokalisierte sich auf Stirn, Nacken, Brauen, Schläfen, überhaupt besonders im Gesichte. T o u t o n beobachtete zwei hierher gehörige Fälle, welche unter das Bild der Acne urticata subsummiert werden konnten. Das Gesicht, besonders die Stirn einer Lehrerin, welche, ohne eigentlich hysterisch zu sein, doch ein eigentümliches Wesen beim Herannahen des Klimak- teriums darbot, war bedeckt mit ganz oberflächlichen linsen- bis zwanzigpfennigstückgroßen weißen oder pigmentierten Narben. Da- zwischen sah man meist nur entsprechende Exkoriationen mit Blnt- krüstchen. Einmal sah Touton ein flaches, blasses Papelchen, die Affektion juckte sehr stark und die Patientin kam erst dann zur Ruhe „wenn Blut floß*". Der 2. Fall betraf einen anämischen Mann von zirka 82 Jahren mit Dyspepsie und Obstipation ; psychisch nicht ganz intakt. Die Krank* heit lokalisierte sich am Kopf. Primäre Effloreszenzen bekam man kaum zu sehen, fast immer handelte es sich um kreisrunde bis pfenniggroße, mit oberflächlichen Schorfen bedeckte Erosionen. Pat. mußte, gezwungen von „durch unüberwindliches Jucken zu wahrer Wut treibender Gewalt^ die entstehenden Schorfe immer wieder abkratzen. Was die Klassifizierung dieses Krankheitsbildes betrifft, so gesteht Touton selbst, daß er in beiden Fällen nicht an Acne dachte; es machte ihm „der ganze Prozeß den Eindruck einer schubweisen, vaso- motorischen quaddelähnlichen Eruption, bei der Epidermis mit Papillar- körper nekrotisch wird und sich in Form großer, flacher, schuppen- förmiger Schorfe abkratzen ließ**. Touton möchte die Erkrankung Urticaria necroticans oder Erythema urticatum necroticans nennen. Irgendwelche Beziehungen zu den Haarfollikeln scheinen ihm vollkommen zu fehlen. „Eine gewisse Verwandtschaft zu Urticaria wird noch wahrscheinlich durch den Umstand, daß eigentlich alle Fälle über Acne urticata. 351 mit einem Leiden des Magendarmkanals oder der weiblichen Genitalsphäre behaftet waren^. Löwenbach beschrieb ans Max Josephs Poliklinik einen Fall ?on Acne urticata, dessen Effloreszenzen er auch histologisch untersuchen konnte. Die Erkrankung bestand bei dem zur Zeit der Beobachtung S5jfthrigen Manne seit 10 Jahren, hatte sich im Anschluß an eine Skabieskur entwickelt und war bisher immer erfolglos behandelt worden. Im Winter traten spontan Remissionen bis zur Dauer von 4 Wochen auf, dann aber entwickelte sich der Symptomenkomplex mit erneuerter Heftigkeit. Die Erkrankung lokalisierte sich an den Streckseiten beider Vorderarme, an der Streokseite des linken Oberarmes, an beiden Axillar^, Snpra- und Infraolavicular-Regionen, am Hals, behaarten Kopf und Stirn, am Rucken entlang der Wirbelsäule bis zum Gesäß, besonders um den Anus, an beiden Inguinalgegenden und Kniekehlen. An diesen Stellen fanden sich neben kleinen blassen oder leicht pigmentierten zarten Narben kleine undeutlich begrenzte, leicht erhabene harte Quaddeln. Bevor dieselben sichtbar wurden, verspürte Patient schon ein uner* trägliches Brennen und Jucken, so daß er sich mit den Fingernägeln und allen möglichen anderen scharfen Gegenständen zu kratzen suchte. Nach Aufschießen der Quaddeln, in deren Mitte ein feines Härchen sichtbar war, war der Juckreiz zwar kein so enormer mehr, aber immerhin noch lebhaft genug, um den Patienten auch zum Zerkratzen der fertigen Effloreszenzen zu veranlassen. Wird die Quaddel nicht zerkratzt, so ver- größert sie sich langsam auf zirka das doppelte ihres ursprünglichen Durchmessers (von 3 — 5 mm bis 6—12 mm). Die peripheren Anteile sind dann leicht gerötet, hart, erhaben, das Zentrum nicht mehr so gerötet, flacher als zu Beginn. Auf dem Zentrum lagert ein Tröpfchen Serum, welches zu einer Kruste eintrocknet. Unter dieser sinkt die Quaddel nach einigen Tagen noch mehr ein. Unter Abnahme des Juckreizes hebt sich die Borke ab und darunter kommt eine weiße, etwas vertiefte, zu- nächst noch etwas schuppende zarte Narbe zum Vorschein, die nach einigen Tagen weißlich schiefrigglänzend und eingesunken erscheint. Wird die Quaddel zerkratzt, so bedeckt sie sich mit einer Blutborke und durch Eindringen von Eitererregem entwickeln sich kleinere und größere intensiv rote Knötchen oder von Blut und Eiter erfüllte Bläschen. Auch hier Ausgang in Narbenbildung mit hie und da zurückbleibender, noch ziemlich lange Zeit persistierender Pigmentierung der betroffenen Stellen. Im Anschluß an die klinische Schilderung bespricht nun Löwen- bach die Difierenzialdiagnose und schließt vor allem Prurigo und Dermatitis herpetiformis aus. „Am naheliegendsten war es jedenfalls," wie Löwenbach schreibt, „an Urticaria chronica zu denken." Bei dieser treten aber die Quaddeleruptionen in längeren Intervallen schub- weise auf. Auch fand Löwenbach niemals erhebliche Mengen von Indican im Urin, während bei Urticaria chronica solches „fast regel- 352 Waelsch. m&fiig" der Fall ist. Löwenbach glaubt auch noch Ähnlichkeit der beschriebenen Afiektion mit Acne varioliformis zu sehen, obzwar er selbst zugibt, daß die Pustelbildung im vorliegenden Falle nicht zum Wesen des Prozesses gehörte. Er schreibt : „Weit mehr überwog infolge der primären Quaddelbildung und des starken Juckreizes der Eindruck einer urticariellen Affektion und nur die bleibenden Narben vermittelten die Beziehung zwischen unserem Falle und der Acne varioliformis. Doch auch dieses Kriterium erwies sich nicht als komplett identisch, indem ja hier die Narben exquisit flach und zart waren, während sie bei Acne varioliformis tiefer, eben variolaähnlich tind.*^ Acne necrotica 60 eck, die Löwenbach auch zur Differentialdiagnose heranzieht, ist im. klinischen Bilde schon durch die Art der Schorfe und Narbenbildung, sowie die capillaren Hämorrhagien zu trennen. Durch das Eigentümliche der akneähDÜchen Eruption (Beginn um Haarbälge, Abschluß mit Narbenbildung), femer gewisse Symptome, welche an chronisch-urtikarielle Affektionen gemahnen (Beginn mit Quaddelbildung, Verlauf unter starkem Juckreiz), glaubt Löwenbach seinen Fall richtig zu klassifi- zieren, wenn er ihn der Acne urticata Kaposi einreiht. Diese Hauterkrankung steht also „klinisch-makroskopisch in der Mitte zwischen den chronisch-urtikarischen Affektionen einerseits und der Acne varioliformis und necrotica andererseits^. Histologisch fand Löwenbach an den periphersten Teilen der Effloreszenzen einfaches, an den weniger peripheren entzündliches, sehr starkes Odem der Cutis, welches im Papillarkörper bis zur Ansammlung freier Flüssigkeit in den Papillenspitzen und dadurch zur Bildung kleinster subepidermoidaler Bläschen fährte. Im Zentrum der ££Bores- zenzen besteht das starke Odem nun mehr in der Tiefe der Cutis ; in der Höhe des Papillarkörpers zunächst in schmaler Zone vermindertes Odem. Der von dieser schmalen Zone noch weiter zentral gelegene Teil zeigt sich als durch den Mangel des Odems gegenüber der Peripherie eingesunkene, homogene, nekrotische Masse, ohne deutliche Qrenze zwischen Epidermis und Papillarkörper, durchsetzt yon - einem Aus- fnhrungsgang einer Talgdrüse. Der Drüsenkörper und zugehörige Haar- balg ist in der Cutis von einer starken kleinzelligen Infiltration um- geben. Der ganze Prozeß ist also nach Löweubach eine echte, sehr intensive Koagulationsnekrose und zeigt einerseits große Ähnlichkeit in seinem histologischen Bilde mit Urticaria chronica perstans, andererseits mit dem Befunde bei Acne necrotica. J arisch spricht sich bei Erörterung des fraglichen Erankheitsbildes dahin aus, daß ihm für die von Kaposi ge- schilderte Erkrankung der Name Acne wenig berechtigt er- scheint, da eine Erkrankung der Follikel nicht eyident ist. Er über Acne nrticata. 353 glaubt, die Affektion in einem Falle gesehen zu haben, wäre aber geneigt^ dieselbe der multiplen, idiopathischen Haut- gangrän bezw. der Urticaria gangraenosa einzureihen. Ehr mann nimmt einen ähnlichen Standpunkt ein. Er bespricht die Acne urticata zwar bei den Funktionsanomalien der Talgdrüsen, ist aber doch der Ansicht, daß diese Erkrankung höchstwahrscheinlich in das Gebiet der Urticaria, bezw. der autotoxischen oder Autointoxikationserytheme gehört Ereibich fuhrt die Acne urticata als besonderes Erank- heitsbild an und bespricht sie bei den Acneformen. Ich hatte nun Gelegenheit, fast gleichzeitig 2 Fälle dieser seltenen Erkrankung zu sehen und längere Zeit zu beobachten. Franlein E. P. 25, Jahre alt. Fat. ließ mich wegen einer ungemein juckenden Haataffektion rufen, die sich vor 4 Jahren plötzlich im Gesichte, am Nacken, an den oberen Brust- und Rückenpartien entwickelt hatte und welche, sich in mehrfachen Schüben wiederholend, bisher allen therapeutischen Bemühungen widerstanden hatte. Zeitweise trat diese Affektion in geringerem Grade auf, so daß Fat. sich schon der Hoffnung hingab von derselben befreit zu sein, oder wenigstens glaubte, eine Beeinflussung der Erkrankung durch das gerade angewendete Medikament bemerken zu können. Ein sich aber nach kurzer Pause wieder einstellender Nach- Bchnb ließ diese Hoffnung zu Schanden werden. Die Erkrankung selbst begann vor 4 Jahren im Hochsommer während eines Landaufenthaltes. Fat. war bis dahin immer vollkommen gesund gewesen. Speziell hatte sie nie an einer Hautaffektion gelitten, ihr Teint soll immer vollkommen rein gewesen sein. Um diese Zeit aber mußte sie sich körperlich stark an- strengen und konnte sich auch während der Menses nicht schonen. Es stellte sich damals eine leichte Blutarmut ein, femer Störungen der Periode* gleichzeitig trat auch das erste Mal die Afiektion im Gesichte auf. Es entwickelten sich unter ganz unerträglichem Jucken, dem die Fat. durch Eratzen nachgeben mußte, blaßrote, leicht zugespitzte Knöt- chen, nach deren Zerkratzen aus der Kuppe, derselben klare Flüssigkeit hervomäßte. Dann bedeckte sich die Effloreszenz mit einer dünnen Kruste, unter welcher es bei geringem, wenn auch noch vorhandenem Jucken zu oberflächlicher Eiterung kam. Allmählich bildeten sich dann die sich langsam abflachenden, dafür aber mehr in die Fläche sich aus- breitenden Knötchen zurück, in dem Maße verschwand auch das Jucken, und an der Stelle des ursprünglichen Sitzes der Effloreszenz blieb ein brauner Fleck oder eine blaßbraun umrahmte zarte Narbe zurück. Die Affektion lokalisierte sich mit besonderer Vorliebe an Stirn, Nase und Kinn, weniger an den unteren Partien der Wange. Zur Zeit der ersten Eruption, welche gehäuft am Kinn auftrat, soll eine Schwellung der linken submaxillaren Drüsen bestanden haben. Arch. f. Dermftt. a. Syph. Bd. LXICII. 28 354 Waelscli. Fat. schildert den Gang der Entstehung der Effloreszenzen in fol- gender Weise: Zuerst beginnt an einer umschriebenen Stelle ein ge< ringes Jucken, so daß die Aufmerksamkeit der Fat. gerade auf diese Stelle gelenkt wird. Diesem Juckreiz kann anfanglich noch widerstanden werden ; ein leichtes Darüberstreichen mit dem Finger mildert ihn etwas. Zu dieser Zeit ist an der Haut noch gar nichts zu sehen, nur eine ganz geringe nmschriebene Yerhärtuug zu tasten, die sich langsam Ter- größert Hand in Hand damit geht eine Zunahme des Juckreizes, der dann endlich nicht mehr überwunden werden kann. Wird dann ge- kratzt, so entwickelt sich an dieser Stelle mit großer Schnelligkeit ein harter, roter, flacher oder leicht zugespitzter Knoten, der dann unter dem Eratzen die oben beschriebenen Veränderungen durchmacht. Dem Juck- reiz zu widerstehen ist in den späteren Entwicklungsstadien des Knöt- chens ganz unmöglich. Auf meine Frage, wie sich die Effloreszenzen entwickeln, wenn sie trotz des Juckens nicht zerkratzt werden, gab mir die Fat. zur Antwort, daß sie dies nie habe beobachten können, weil der Juckreiz unwiderstehlich sei und auch bei größter Anstrengung ihrer Willenskraft habe sie noch nie eine Effloreszenz unzerkratzt lassen können. Fat. leidet an dysmenorrhoischen Zuständen. Die Menses ver- späten sich jeden Monat um zirka 8 — 10 Tage und dauern zirka 1 Woche, leichte Kreuzschmerzen, die Blutung sehr reichlich. Dadurch kommt Fat. sehr herunter und braucht dann immer zirka 14 Tage, um sich wieder halbwegs zu erholen. Eine Woche vor Auftreten der Menses fühlt sie sich müde und matt, hat Kopfsohmerzen. Sie befindet sich daher in der Zeit zwischen 2 Menstmationsperioden eigentlich nur eine Woche wohl. Stuhl ist in Ordnung, Appetit gut. Status praesens: E[räftig entwickeltes Mädchen, mit weicher geschmeidiger Haut, deutliche Chlorose. Im Gesichte, femer an der Stirn, am linken Nasenflügel, am Kinn, blaßrote, derbe, etwas über das Niveau elevierte bis erbsengroße, von einer dünnen, seröseitrigen Kmste bedeckte Knoten. Dazwischen frisch überhäutete blaßrote, nur noch mäßig infiltrierte Herde, welche augenscheinlich Rückbildungs- stadien der vorerwähnten darstellen ; an der Stirn, den Wangen und am Kinn blasse, von einem braunen Figmenthofe umgebene, ungefähr linsengroße Narben; an der linken Wange ein tiefbrauner, 7, em im Durchmesser haltender Figmentfleck. Am Nacken blasse Narben, zwischen den Schulterblättern, sowie in der Clavioular- und Sternalgegend EfiTlo- reszenzen analog denen im Gesichte. Speziell am Rücken sind dieselben etwas größer und frischeren Datums, indem einerseits die Efiloreszenzen in ihrem Zentrum frische Substanzverluste tragen, aus welchen blutig- seröse Flüssigheit hervortritt, andererseits blutig-seröse Krusten an ihrer Oberfläche erkennen lassen. An der Haut des Gesichtet keine Akne-Knötchen oder Fusteln, mäßig zahlreiche Comedonen ausschließlich an der Nase; an der Haut des Stammes und der Extremitäten überhaupt keine pathologischen Veränderungen zu konsta- über Acne urticata. 355 tieren ; keine Urticaria faotitia. — Fat. steht nan vier Monate in Behand- lung, die in Verabreichung von Eisenpräparaten und den Juckreiz mil- dernden Wischwissem und Salben besteht. Damnter stellte sich eine all- mähliche Bessomng insoferne ein, als die Menses nicht mehr so reichlich sind und auch nicht mehr so lange dauern, so daß Fat. durch dieselben nicht mehr stark herunter kommt und jetzt auch besser aussieht. Die Hantaffektion ist zwar noch immer vorhanden, jedoch treten die Schübe viel geringer an Zahl auf. Brust und Rücken sind vollkommen frei. Im Geeichte finde» aifih immer nur 2—8 Effloreszenzen, welche zwar geringere Juckrtiz ausüben, aber doch noch immer zerkratzt werden müssen. Frau \y., 25 Jahre. Der Ausschlag im Gesichte, der Fat: durch das Jucken ungemein belästigt, besteht in der jetzigen Stärke seit ungefähr einem halben Jahr. In geringerem Grado war er schon früher durch drei Jahre vorhanden. Fat. ist 7 Jahre verheiratet. Schon vor der Ehe (wie lange weiß Fat. nicht genau anzugeben, sie glaubt aber, daß es im ganzen 10 Jahre her sein dürften) belästigte sie ein heftig juckender Aus- schlag an der Haut der Brüste, wo er auch bis in die jüngste Zeit in geringerem Grade weiterbestand, in der allerletzten Zeit aber, seit der JEntwicklnng der Affekt ion im Gesichte, nur noch in Resten vorhanden ist. Fat. hat zweimal geboren, vor 5 Jahren ein Mädchen, das lebt und geeund ist, vor 4 Jahren eine Frucht im 8. Monat, die nach der Geburt fltarb. Seit dem zweiten Fartus wurden die Mensea sehr unregelmäßig, sie traten manchmal in Fausen von 6 — 8 Wochen unter sehr heftigen Schmerzen auf. Die Hautaffektion entwickelte sich immer besonders stark, wenn die Memes unregelmäßig wurden, und zwar, wie Fat. angibt, in der Zeit, wo sie hätten auftreten sollen, bis zu der, wo sie dann endlich eintraten. Wegen dieser Beschwerden stand Fat. in frauen- ärztlicher Behandlung und wurde vor ungefähr einem Jahre geheilt ent* lassen. Die Menses waren um diese Zeit regelmäßig geworden, die Haut- affektion in erträglichem Grade vorhanden. Vor einem halben Jahre, also zu der Zeit, wo die Affektion im Gesichte die auch jetzt noch bestehende unerträgliche Höhe erreichte, wurden die Menses wieder unregelmäßig und traten unter heftigen Schmerzen erst wieder alle 5 — 6 Wochen auf. Da- bei sind sie ziemlich reichlich. Sonst war Fat. stets gesund, bis auf eine Furunculose, an der sie angeblich im ersten Lebensjahre litt. Der Ausschlag im Gesichte juckt ungemein heftig und trotz aller guten Vorsätze und gütlichen Zuredens ihrer Umgebung muß Fat. die Effloreszenzen zerkratzen. „Sie reißt sich/^ wie ihr Gatte sich ausdrückt, ,ganze Stücke Fleisch mit den Fingernägeln ans dem Gesichte heraus,** da nach ihrer Angabe erst dann der unerträgliche Juckreiz nachzulassen beginnt, wenn die Effloreszenzen zu bluten anfangen. Sie gibt ganz präzise an, daß wenn die Haut an einer Stelle zu jucken beginnt, noch gar nichts an derselben zu pehen sei. Wenn sie sie aber „berührt", so entwickelt sich sehr rasch ein harter Knoten, der unerträgliohes Jucken ver- anlaßt. Wenn sie dann die Effloreszenz nur „angerührt** hat, wird sie eitrig. Appetit ist gut, Stuhl in Ordnung. 23* 356 Waelsch. Status praesens: Mäßige Chlorose. Im Gesiebte zahlreiche Epheliden, keine Akne. Die Efiloreszenzen der Hanterkrankong, wegen der sie mich konsultierte, sind allenthalben über das Gesicht zerstreut. Eine besonders große sitzt an der Nasenspitze und in der Mitte des Kinns. Sie zeigen verschiedene Entwicklnngsstadien. Die größte Zahl derselben stellt sich dar in Form ungefähr linsen- großer Exkoriationen, die von dünnen blutig-serösen Krusten bedeckt sind; dieselben nehmen das Zentrum einer geröteten, derben, nicht scharf umschriebenen, etwas elevierten Hautpartie ein, deren Durch- messer zirka V4 — I ^""^ beträgt. Daneben sieht man Exkoriationen inmitten nur mehr wenig veränderter Haut; die dieselben bedeckenden Krusten von einem schmalen roten Hof umgeben, dem Koste des ursprünglich vorhanden gewesenen Randinfiltrates. Die frischen, noch nicht zer- kratzten EfiEloreszenzen, von denen ich einige wenige erst nach längerer Beobachtung zu Gesichte bekam, da sie immer gleich nach ihrem Auf- schießen zerkratzt werden, sind rote, derbe, leicht zugespitzte Knötchen. Zwischen diesen frischen und zerkratzten Effloreszenzen finden sich blasse von einem zarten Pigmentraum umgebene, oder in ihrer Gänze leicht pigmentierte Narben. Durch die dazwischen noch eingestreuten Epheliden und Krusten bekommt die Haut ein eigentümlich scheckiges Aussehen. Der Hals ist frei. Am Rücken Narben wie im Gesichte. Die letzteren sind sehr zahlreich in der Nachbarschaft beider Brustwarzen, welche von einem ganzen Kranz blasser und pigmentierter Närbchen umgeben sind. Dazwischen spärliche, frisch zerkratzte, im Zentrum ge- dellte und daselbst von einem BIntkrustchen bedeckte Effloreszenzen. Sonst am Körper keine Hautveränderung außer mäßigem Liehen pilaris über den Streckseiten der oberen Extremitäten; keine Urticaria factitia. Die Therapie: Juckreiz mildernde Mittel, Guberquelle hat sich bisher als machtlos erwiesen. Ob eine inzwischen einsetzende Gravidität einen Einfluß auf die Hauterkrankung ausüben wird, wird erst die Folge lehren. Auf Grund der Schilderung dieser beiden Krankheits- fälle, welche den in der Literatur vorhandenen vollständig gleichen, bin ich wohl berechtigt., dieselben als Acne urticata im Sinne Kaposis zu bezeichnen. Es fragt sich aber, und dies soll jetzt untersucht werden, ob überhaupt die Berechti- gung besteht, das geschilderte Erankheitsbild als ein ganz be- sonderes und so eigenartiges hinzustellen, daß es einen eigißnen Namen verdient und speziell jenen Namen verdient, der ihm von seinem ersten Beschreiber gegeben wurde, d. h. ob wir mit Recht diese Fälle als eine Kombination ?on Akne und Urticaria bezeichnen können. Da muß ich nun vor allem gestehen, daß es mir beim ersten Anblick meiner Fälle so erging, wie seinerzeit Touton: über Acne urticata. 357 ich habe in beiden Fällen überhaupt nicht an Akne gedacht, sondern dieselben als Urticaria papulosa mit eigenartiger Lokalisation, Verlauf und Ausgang gedeutet. Erst beim Studium der einschlägigen Literatur ging mir die Erkenntnis auf, daß es sich hier um Acne urticata im Sinne Kaposis handele. Da kamen dann auch jene Bedenken bezüglich der Berechtigung zur Aufstellung der Acne urticata als eines besonderes Erank- heitsbildes, welche mich zu dieser Mitteilung yeranlaßt haben. Vor allem muü ich den Namen „Acne urticata*' als nicht glücklich gewählt bezeichnen. Für verschiedene ganz bestimmte Erankheitsbilder wegen oberflächlicher Ähnlichkeit Namen zu wählen, welche bereits für andere vergeben sind und dieselben nur durch ein Beiwort zu differenzieren, hat ja in der Dermatologie schon genügend schädliche VerwiiTung gestiftet. Speziell die Acne ist ein typisches Beispiel dafür. Ich erinnere z. B. nur an die Acne varioliformis der Franzosen, welche unserem Molluscum conta* giosum entspricht und die Acne teleangiectodes, welche ein Lupus follicularis disseminatus ist. Die Beziehung zu Haarfollikeln, deren absolute Regelmäßig- keit ich überdies bei Acne urticata bestreite, ist sicherlich das- jenige Symptom, welches unserer Erkrankung ihr eigenartiges Gepräge nicht gibt und darf uns daher nicht verleiten des- wegen derselben den Namen Acne zu geben, zumal dieser Name bereits für ein typisches Erankheitsbild vergeben ist, das mit der vorliegenden Erkrankung sicherlich nichts zu tun hat. Mit mehr Recht könnte man, obzwar ich auch dies nicht anerkenne, die in Rede stehende Erkrankung, wenn man ihren häufig follikulären bzw. perifollikulären Knötencharakter im Namen zum Ausdruck bringen will, als „Liehen*' bezeichnen und durch Beifügung des Wortes „urticatus^ den urticariellen Charakter der Affektion genügend betonen. Allein auch diese Bezeich- nung ist schon für ein bestimmtes Erankheitsbild gebräuchlich und daher, um Verwirrung zu vermeiden, zurückzuweisen, ob- zwar gerade das Aussehen der Effloreszenzen an den Extremi- täten und deren vorwiegende Lokalisation an den Streckseiten im Falle Löwenbachs, sowie das an den Brüsten der einen S58 Waelsch. meiner Patientinnen die Berechtigung dieser Bezeichnung yiel- leicht mit Glück yerteidigen liefie. Ich hatte leider nicht Gelegenheit eine Effloreszenz histo- logisch zu untersuchen, muß mich aber trotzdem dahin aus- sprechen, daß auch die histologischen Befunde, wie sie L ö w e n- bach yerzeichnet, nichts an der eben geäußerten Anschauung ändern. Dieser Autor hebt ja selbst hervor, daß an der Peri- pherie der Effloreszenz das histologische Bild dem der Urti- caria perstans gleiche, nur die subepidormoidalen Bläschen paßten nicht in das Bild, obzvar Bona, wie Löwenbach selbst hervorhebt, in seinem Falle von Urticaria perstans auch ein derartiges Bläschen fand. Dazu ist zu bemerken, daß es bei Urticaria papulosa (Liehen urticatus) nach J arisch gelegentlich in der Mitte der Effloreszenzen zu umschriebener Abhebung der Epidermis, zu tiefsitzenden, prallgespannten, dem tastenden Finger hart er- scheinenden Bläschen kommt, femer, daß Ehr manu bei der histologischen Beschreibung der Quaddel eines Erythema urti- catum erwähnt, daß mau „in den Papillenkuppen häufig Hohl- räume findet, welche nach oben von der Epidermis gedeckt werden, nach unten aber von verdrängtem Bindegewebe der Papillen **. Es ist also dieses histologische Symptom, das von Löwenbach als nicht ganz in den Rahmen des Urticaxia- Gharakters der Effioreszenzen passend bezeichnet wurde, doch als in denselben leicht einfügbar anzusehen. Auch der negative Befund an Indikau im Harn bei Acne urticata, das sich bei Urticaria chronica nach Löwenbach „fast regelmäßig-' nachweisen läßt, ist nicht gegen die Diagnose der letzteren Erkrankung yerwertbar. Ich habe bei meinen Fällen ebenfalls kein Indikan gefunden (was übrigens schon von vorneherein wahrscheinlich war, da nicht Störungen der Dann- funktion, sondern solche in der genitalen Sphäre das ätio- logische Moment abgaben); ich fand es aber z. B. auch nicht bei zwei typischen jahrelang bestehenden Fällen von Urticaria chron., die ihren Grund hatten in chronischer Obstipation, Eotstauung im Colon descendens und der Flexur. Dagegen muß ich zugeben, daß das Auftreten der Nekrose in der Mitte der Effloreszenz etwas ganz eigenartiges ist, ein über Acne urticata. 359 Symptom, welches Löwenbach dazu geführt hat, den ge- schilderten Krankheitsprozeß anatomisch genommen „sehr in die Nähe der Acne necrotica zu placieren**. Nun fehlen aber, was Löwenbacli selbst zugesteht, in dem Erankheits* und histo- logischen Bilde der Acne urticata gerade die übrigen für Acne necrotica charakteristischen Veränderungen in den Papillar- gefaßen, nämlich die Stauung, Thrombose, Blutung, so daß also für die Zugehörigkeit der Acne urticata zur Acne necro- tica eigentlich nur die Eoagulationsuekrose verwertet werden kann. Zur Deutung dieser Nekrose bedarf es aber nicht wohl etwas weit hergeholter, sehr lockerer, vielleicht nur konstruierter verwandtschaftlicher Beziehungen. Die Entstehung dieser Nekrose läßt sich wohl auch dann einfach erklären, wenn wir das Krankheitsbild unter die Urticaria einreihen. Dafür gibt uns willkommene Anhaltspunkte die ausgezeichnete histologische Beschreibung Löwenbachs. An der Peripherie findet er enormes Ödem; die Blut- und Lymphgefäße zu schmalen Strängen komprimiert. Ebenso besteht gegen das Zentrum zu voll- ständige Kompression der von kleinzelliger Infiltration um- gebener oder dieser entbehrender Blut- und Lymphgefäße. Im Zentrum, wo ,yfirüher ödem, Infiltration und subepidermoidale Ansammlung von Flüssigkeit mit Kompression der Epidermis bestand**, ist es zur Nekrose gekommen, zu einer Nekrose, welche durch die vorausgegangene und an der Peripherie der Effloreszenzen noch deutliche, sehr rasch sich entwickelnde Zirkulationsstörung ihre einfachste Erklärung findet. Die Urticaria ist also das primäre der Erkrankung und reicht auch zur Deutung des ganzen Symptomenkomplezes voll- kommen aus. Es ist daher nach meiner Ansicht nicht die Not- wendigkeit einzusehen, wegen nicht sehr hervorstechender, äußerer Ähnlichkeiten dieses Krankheitsbild von der Urticaria zu trennen und als eine Form der Acne aufzustellen, es als Acne urticata zu bezeichnen. Ich glaube vielmehr, daß für diese Erkrankung die Be- zeichnung Urticaria papulosa necroticans (Touton) zur Char- akterisierung vollkommen ausreicht. Da es sich um eine chro- nische Urticaria handelt, bei welcher der protahierte Verlauf durch das Auftreten immer neuer akuter Schübe bedingt ist, 360 Waelscfa. kann man diese erwähnte Bezeichnung noch durch das Beiwort „reddiva" im Sinne Ereibichs yervoUständigen. Ich glaube demnach für dieses Erankheitsbild anstatt der Bezeichnung Acne urticata den Namen „Urticaria papulosa necrotisans reci- diya*' vorschlagen zu dürfen. Literatur. B r o n 8 o n. Acne ulcerans. Journal of cutaneous and genito- urinary diseaies 1891. E fa r m a n n. Handbach der Hautkrankheiten I. Bd. pag. 618. Ehr mann, ibidem, pag. 649. Jarisch. Lehrbuch der Hautkrankheiten. Kaposi. Über einige ungewöhnliche Formen von Akne (Folli- kulitis). Archiv f. Dermatologie u. Syphilis 1894 .Bd. 26. Kreibich. Lehrbuch der Hautkrankheiten. 1904. E r e i b i c h. Über Urticaria chronica. Archiv f. Dermatologie und Syphilis 1899. Löwenbach. Über Acne urticata. Archiv f. Dermatologie und Syphilis. Bd. 48 pag. 30. T o u t o n. Verhandlungen des YI. Kongresses der deutschen dermato- logischen Gesellschaft in Strasburg 1899 pag. 44. Ans der k. k. Univenit&tskliidk fär Dermatologie xmd SypUlidoloe^e in Wien. (Prof. Dr. Ghistav lUeU.) Über die persistierende Form des Erythem a nodosum. Von Dr. Walther Piek, AasiBtent der Klinik. (Hiezu Taf. IX.) Wenn wir aui die ursprüngliche Bazinsche Mitteilung über das j^erytheme indure de nature scrofuleuse'' zurückgehen, 80 sehen wir, daß der Autor dasselbe beschreibt als eine nicht seltene Hautkrankheit, die sich charakterisiert durch rote, indurierte Herde, deren Rötung auf Fingerdruck abblaßt, um nach kurzer Zeit wiederzukehren. In und unter der Hand ist eine Verhärtung fühlbar, die mehr oder weniger tief in das Unterhautzellgewebe hinabreicht. Die dunkle, oft violette Röte ist im Zentrum deutlicher und verliert sich am Rande ganz allmählich in der umgebenden normalen Haut Über den Efflo- reszenzen besteht keinerlei Jucken; der Fingerdruck ist kaum schmerzhaft. Die Affektion findet sich häufiger bei jungen Mädchen, als bei Knaben; oft begegnete ihr B. bei jungen Wäscherinnen, welche alle Zeichen eines skrofulösen Habitus trugen. Die Lieblingslokalisation ist die untere und äußere Partie der Unterschenkel, doch finden sich Herde zuweilen auch über der Ferse entlang der Achillessehne und im Gesicht. Streng an diese Beschreibung hielten sich eigentlich nur Hardj und später Besnier; durch Hutchinson wurde das Bild in der Art erweitert, daß wir in der späteren Literatur fast nur mehr Fälle beschrieben finden, in welchen das Ery- thema induratum einhergeht mit der Bildung kleinerer und größerer, oft auch in großer Zahl an den Extremitäten disse- 362 Pick. minierter Knoten, welche Neigung zu Nekrose und zentralem Zerfall aufweisen und größtenteils exulzerieren. Diese Efflo- reszenzen zeigen histologisch ganz den Bau tuberkulösen Gre- webes mit mehr oder weniger deutlicher Verkäsung, sie reagieren häufig auf Tuberkulin, und auch positive Bazillenbefunde und Inokulationsyersuche finden wir verzeichnet, so daß die An- schauung, es handle sich bei dieser Form des Erythema indu- ratum um eine mit Tuberkulose in Beziehung stehende Er- krankung, immer mehr an Boden gewinnt. Ganz anders aber liegen die Verhältnisse, wenn man sich streng an das von Bazin beschriebene Erankheitsbild hält, von welchem wir zwei Fälle zu beobachten Gelegenheit hatten. I. Fall. S. H., 17 Jahre alt, ledig, Hilfsarbeiterin, eingetreten am 22./IV. 1904. Anamnese. Patientin litt früher nie an einer ähnlichen Erkrankung und will das Auftreten derselben erst vor einem Jahre be- merkt haben. Die AiTektion soll damit begonnen haben, daß der Unter- sckenkel stark anschwoll, die Haut daselbst zuerst rot, dann blau wurde, überhaupt verschiedene Farben spielte und sehr schmerzhaft war. Gleich- zeitig wären „Krämpfe'' im Bein aufgetreten. Nach Abnahme der Schwellung und Rötung hätte die Patientin die Knoten erst bemerkt. Patientin hat als Kind vielfach an Augenentzündung gelitten. Zu Weih- nachten 1908 hätte sie durch 8 Wochen starken Husten gehabt, mit an- fangs rötlich, später gelblich gefärbtem Auswurf und stand deshalb durch 2 Monate auf einer hiesigen laryngologischen Klinik (mit der Diagnose Laryngitis catarrhalis) in Behandlung. Unterhalb des linken Unterkiefer- astes eine lineare, leicht eingezogene Narbe, über deren Provenienz Patientin nichts anzugeben weiß. Für Tuberkulose gibt die Familien* anaronese keinen Anhaltspunkt. Geschwister leben und sind gesund. Der an der Wade sichtbare frische Knoten sei vor 10 Tagen unter starker lokaler Schmerzhaftigkeit, doch ohne irgendwelche Allgemeinersohei- nungen, ohne Fieber, ohne Gelenksschmerzen aufgetreten. Status praesens: An der Wade, etwa in der Mitte des Unter- schenkels, findet man inmitten einer ganz leicht pigmentierten Haut« partie drei etwa kreuzergroße, bräunlich gefärbte und scharf begrenzte Herde, über denen die Haut etwas stärker abschuppt und bei Faltung sich in feinere Fältchen legt, als in der Umgebung. Entsprechend den verfärbten Partien finden sich in der Tiefe, gleichfalls unscharf begrenzt, knotenförmige Infiltrationen, die stark schmerzhaft sind. Dieselben sind mit der Haut verwachsen, aber mit dieser über die Unterlage, soweit dies die starke Spannung an den Waden zuläßt, verschieblich. Ueber dem, nach Angabe der Patientin, frischesten Knoten von zirka Erbsen- größe, findet sich eine hellergroße, schlafie Blase in leicht geröteter Um- gebung. Der Inhalt der Blase war zum größten Teile schon ausgetreten, über die persistierende Form des Erythems nodoaum. 363 der Rest wurde mit einer Pravaz-Spritze entleert, um mikroskopisch und bakteriologisch untersucht zu werden. Das Resultat war ein vollkommen negatives, insofern die Kulturen steril blieben und sich mikroskopisch keine geformten Elemente nachweisen ließen. In den folgenden Tagen trocknete die Blase ab, die Rötung schwand und es blieb eine leicht bräunliche Pigmentation über dem Knoten zurück. ' Auf 5 Milligramm Tuberkulin weder lokale noch Allgemeinreaktion. Unter absoluter Bett- ruhe und Verband mit essigsaurer Tonerde, sowie interner Darreichung von Salyzil schxvand die Schmerzhaftigkeit vollkommen, doch waren, als Patientin nach sechstagigem Aufenthalte das Spital verließ, noch immer alle Effloreszenzen deutlich tastbar und kaum etwas verkleinert. Auch als Patientin sich zwei Monate nach ihrer Entlassung ans dem Spitale wieder vor- stellte, waren die Knoten noch tastbar und in ihrer Größe nicht beson- ders verändert, doch hatte die Schmerzhaftigkeit aufgehört; die Haut über den Knoten schien mit Ausnahme einer bräunlichen Verfärbung vollkommen intakt. IL Fall. M. H., 19 Jahre alt, ledig, Dienstmagd, wurde am 27./IIL in die Klinik aufgenommen. Anamnese. Vater, Mutter und sechs Geschwister leben und sind gesund. Bis zu ihrem 7. Lebensjahr hat Patientin keinerlei Erkrankung durchgemacht. Mit sieben Jahren er- krankte sie an einem Augenleiden (Conjunctivitis eczematosa?), weshalb sie vier Monate lang behandelt wurde. Mit 18 Jahren litt sie an einer rheumatischen Erkrankung mit starken Schmerzen und Steifigkeit der Hals- und Gesichtsmnskel ; im Anschlüsse daran entwickelte sich eine noch jetzt sichtbare Facialisparese. Mit 15 Jahren menstruiert; Men- strnation stets regelmäßig, gleich stark, ohne Schmerzen oder sonstige Beschwerden. Patientin soll immer etwas schwächlich und blaß gewesen sein. In den letzteren zwei Jahren klagte sie oft über Mattigkeit, Schwäche- gefähl, Nachtschweiße. Die gegenwärtige Erkrankung besteht angeblich seit sechs Monaten (September 1903), wo plötzlich unter heftigen Schmerzen die Beine an- geschwollen seien; Patientin lag eine Woche zu Bett und hätte kalte Umschläge gemacht; hierdurch sei die Schwellung bald zurückgegangen, jedoeh die noch jetzt sichtbaren Verhärtungen zurückgeblieben. Statuspraesens: Patientin mittelgroß, von etwas blasser Gesichts- farbe, grazilem Knochenbau, mäßig gut entwickelter Muskulatur, ge- ringem Fettpolster; Thorax schmal, die Infraclaviculargruben beiderseits etwas eingesunken. Die allgemeine Decke blaß, elastisch. Es besteht ein leichter Grad von Keratosis pilaris. An beiden Unterschenkeln, u. zw. nahezu symmetrisch, über dem Muskelbauche des M. bigeminus und dessen unterer UmranduDg finden sich je zwei zirka hellergroße Herde von hellroter, auf Druck vollkommen abblassender Farbe. Neben diesen finden sich rechts drei, links zwei braun- oder lividrot gePirbte Flecke von über Kronenstückgröße, deren Ffirbung bei Druck einem geblichen Farbenton Platz macht. Außer dieser Farbenveränderung zeigt die Hant an diesen Stellen mit Ausnahme eines 364 Pick. matten Glanzes, bedingt darch teilweisen Verlast der Follikel, bei In- spektion keinerlei Ver&nderiingen. Bei Palpation ffthlt man an diesen Stellen teils oberflächlich gelegene derbe Platten Ton Knorpelkonsistenz, teils, u. iw. besonders an den größeren und älteren Herden, welche die ober- wähnte brannliche Verfärbung zeigen, eine in die Tiefe des Subkntangewebes reichende, derbe, knotenförmige Induration. Ein im Entstehen begriffener Herd, auf welchen Patientin durch geringe Schmerzhafligkeit daselbst aufmerksam gemacht wurde, und der unter und hinter dem Malleolus internus sitzt, läfit sich durch Inspektion nicht nachweisen, nur die Pal- pation ergibt einen subdermal gelegenen, zirka erbsengroßen, derben Knoten, von dem sich ein Strang nach oben hin erkennen läßt. Auf 1 und 5 mg Tuberkulin (a) keine Reaktion, auf 10 mg starke Allgemein- reaktion (89*4), keine lokale Reaktion. Es wurden lokal Umschläge mit essigsaurer Tonerde, intern Na. salycil. verabreicht, ohne daß am Ende des dreiwöchentlichen Spitalaufenthaltes, IS./IV. 1904, eine wesentliche Änderung des klinischen Bildes hätte konstatiert werden können, nur hatte die hellrote Farbe der frischen Effloreszenzen der mehr lividroten, der älteren Platz gemacht. Ein frischerer und älterer Herd von der rechten Wade wurde unter lokaler Anäthesie excidiert. Heilung per primam. Am 26. Mai 1904 ließ sich Patientin neuerdings wegen Schmer- zen in den erkrankten Partien ins Spital aufnehmen. Das Bild hatte sich gar nicht verändert, es waren die gleichen Knoten in gleicher Aus- dehnung fühlbar und auch an der Stelle der beiden Excisionen &nden sich, unter den linearen Narben tastbar, je ein großer derber Knoten im Subkutangewebe. Es wurde wieder Bettruhe und essigsaure Tonerde verordnet, intern Pilul. asiaticae in steigenden Dosen. Diesmal änderte sich das Bild auf- fallend rasch, schon in der zweiten Woche war ein Kleinerwerden der Knoten deutlich zu konstatieren, und aly Patientin nach kaum vier- wöchentlichem Aufentbalte (18./VI. 1904) die Klinik verließ, war selbst an den größten Knoten eine Induration kaum noch nachweisbar, nur die bräunliche Verfärbung der Haut über denselben erschien unverändert. Da während beider Spitalsaufenthalte die Bedingungen bis auf die ver- schiedene interne Therapie die gleichen waren, glauben wir, die rasche Resorption der Infiltrate in diesem Falle auf Rechnung des Arsens setzen zu müssen. Wir haben es also in unseren Fällen zu tun mit zwei jugendlichen Personen weiblichen Geschlechtes, deren Allgemein- status in dem einen Fall überhaupt keinen Anhaltspunkt für interne Störungen ergab, während im zweiten Falle jener Zu- stand vorlag, den wir im allgemeinen als lympatischen Habitus bezeichnen. Bei diesen Personen waren im Anschluß an plötz- lich einsetzende Anschwellung der Beine, subakut, in gleicher Lokalisation, d. h. auf der Höbe und der unteren Umgrenzung über die persistierende Form des Erythema nodosum. 365 der Waden, Knoten im subkutanen Gewebe entstanden, die nur Ton geringen Erscheinungen von Seiten der Haut begleitet waren und teils persistent blieben, teils ohne Regressiverschei- nung Ton seiten der Haut resorbiert wurden. Die Beteiligung der Epidermis an dem Prozesse ist eine gauz sekundäre, in- sofern sich über dem erwähnten, während der Beobachtung entstandenem Infiltrate am Malleolus, in dem zweiten Falle die Haut gänzlich unverändert fand. Auch die Bildung einer Blase im ersten Falle, die ein zwar seltenes, aber wie wir später sehen werden, nicht vereinzeltes Faktum darstellt, ist wohl durch Ernährungsstörungen infolge des darunterliegenden Infiltrates zu erklären. Die histologischen Veränderungen an den beiden exddierten Herden sind die gleichen und unterscheiden sich nur quantitativ, insoferne als das gleich zu schildernde Infiltrat bei dem älteren Herde viel größere Dimensionen angenommen hat. Epithel und Cutis finden sich vollkommen normal, die Veränderungen beschränken sich auf das subkutane Fett- gewebe und reichen nur dort etwas höher hinauf in die Pars reticularis cutis, wo das Fettgewebe die eingelagerten Schweiü- drfisenknäuel umgibt. Die hauptsächlich erkrankte Partie im Fettgewebe grenzt sich gegen die Umgebung durch schmälere oder breitere Züge vom Bindegewebe ab, das ziemlich kem- arm erscheint und in welchen straffgespannte, gleichsam ge- streckte elastische Fasern verlaufen, doch ist diese Umgrenzung des Infiltrates keineswegs eine scharfe, an vielen Stellen greift vielmehr dasselbe auf das umgrenzende Bindegewebe über und setzt sich auch über dieses hinaus in das benachbarte Fett- gewebe fort Nur an wenigen Stellen finden sich reichliche Mengen von Rundzellen angesammelt, und fallen diese Herde schon bei schwacher Vergrößerung durch die intensivere Fär- bung und die Kleinheit der Kerne auf. Es sind dies besonders perivaskuläre Infiltrate, wo oft in konzentrischen Schichten aneinander gereihte Lymphocyten eine Arterie umgeben; ins- besondere sind es die Gefäße um die Schweißdrfisenknäuel, welche derartige Veränderungen zeigen. Die Hauptmasse des Infiltrates wird von Zellen mit oblongen oder spindelförmigen Kernen gebildet, zwischen welchen sich an wenigen Stellen 366 Pick. ganz spärliche Runclzellen eingestreut finden. Diese spindel- förmigen Zellen des Infiltrates sind oft parallel angeordnet, wodurch sie stellenweise eine faserige Struktur Yortäuschen. Oft umgeben diese Zellen konzentrisch ein von mehreren Fett- zellen gebildetes Lumen, wodurch kreisförmige Herde entstehen. Während an einigen Stellen das Infiltrat vollkommen an die Stelle des Fettgewebes getreten ist, zeigt es sich an anderen wiederum mehr oder weniger reichlich von Fettzellen durch- brochen, mit denen es betreffs seiner Genese in inniger Be- ziehung zu stehen scheint. Es finden sich nämlich neben völlig normalen Fettzellen, insbesondere innerhalb des Infiltrates solche, welche neben einem großen Fettropfen spindel- oder sichelförmig an der Peripherie eine trübe, schlecht farbbare Protoplasmaanhäufung mit einem oblongen Kerne zeigen. Weiterhin gewinnt dieser Protoplasmaleib immer mehr an Raum und wir finden späterhin den Fettgehalt der Zelle auf einen kleinen Tropfen zusammengeschmolzen, welcher von einem oft mehrere Kerne enthaltenden Zelleib umschlossen ist. In an- deren Zellen wiederum hat sich das getrübte Protoplasma vom Zellkontur losgelöst und wir finden dann in deren Mitte runde oder ovale riesenzellenartige Gebilde mit vielen Kernen. Durch diesen Prozeß ist, wie erwähnt, ein großer Teil des Fettgewebes zu Grunde gegangen und nur an wenigen Stellen haben die Ge- fäße, wie sich namentlich bei Färbung auf elastische Fasera gut erkennen läßt, längeren Widerstand geleistet, zeigen sich aber allenthalben in hohem Grade verändert. Es erscheint nämlich, u. zw. betrifft diese Veränderung ausschließlich die Arterien, die media hochgradig gewuchert, d. h. ihre Muscularis um das drei- bis vierfache im Verhältnisse zum Lumen er- weitert und durch interstitielles Ödem aufgelockert, so daß die einzelnen Muskelbündel deutlich von einander geschieden er- scheinen. Durch dieses Ödem sind auch die elastischen Fasern auseinandergedrängt und umgeben als zarte Ringe in mehrfachen Schichten konzentrisch das Lumen. Dabei erscheint die Intima und Adventitia dieser Gefäße nicht wesentlich verändert und nur eine geringe Aufquellung der Zeilen ist hie und da an dor ersteren sichtbar. In so hohem Grade veränderte Gefäße finden sich ganz unabhängig von dem Infiltrat, in vollkommen nor- über die persistierende Form des Erythema nodosum. 367 malern Fettgewebe, ein Befund, der insoferne von großer Wichtig- keit ist, als er dafür spricht, daß diese Veränderungen voll- kommen unabhängigYon dem Entzündungsprozesse, also primär entstanden sind. Die meisten Gefäße sind maximal kontrahiert und ihr Lumen entweder als schmaler, lichter Streifen sichtbar, oder vollkommen verschwunden. An anderen Gefäßen, insbesondere an solchen, welche in der Nähe des In- filtrates oder ganz von demselben umschlossen liegen, erscheint das Lumen zuweilen von zahlreichen Leukocytenkernen ein- genommen. Endlich finden wir an wenigen Stellen ringförmig angeordnete elastische Fasern mitten im Infiltrat gelegen, ohne daß sich sonst irdendwelche Wandelemente der früher vor- handeuen Gefäße erkennen ließen. Wenn wir kurz den histologischen Befund zusammenfassen, so finden wir einen nicht scharf umschriebenen Herd, der die Symp- tome der Fettatrophie aufweist, wie sie von Flemming, Schmidt, Pfeifer, Kraus u. a. teils als Erki*ankung sui generis, teils mit entzündlichen Prozessen einhergehend, be- schrieben wurde. Daneben finden sich in unserem Falle nur geringe entzündliche Erscheinungen und ein Prozeß in den Gefäßen, der sich als Mesarteriitis mit bis zum Verschluß füh- fübreuder Verengung des Lumens darstellt. Sowohl dieser Befund an den Gefäßen als auch der der Fettatrophie zeigt, wie wir uns an Eontrollpräparaten überzeugen konnten, eine vollkommene Analogie mit den Bildern, welche wir bei dem typischen Erythema nodosum vorfinden. Auch bei diesem sehen wir mit den mitten im Fettgewebe gelegenen Infiltrationsherd mit epitheloiden und mehrkernigen Zellen, auch hier die Ge- fäßTeränderungen oft mit Obliteration des Lumen ; der einzige, durchaus nicht essentielle Unterschied wäre der, daß Ödem und Leukocytengehalt bei dem acuten Er. nod. größer sind, als dies in unseren Fällen statt hatte. Andererseits deckt sich unser Befund auch mit jenem, welcher in einigen Fällen von Erythema induratum erhoben wurde. Die erste histologische Untersuchung dieser Erkrankung stammt von Audry, und da dessen Fall auch in klinischer Beziehung für uns Yon Wichtigkeit ist, sowie die Ansicht dieses Autors über die Natur des Prozesses sich mit der unseren deckt, möchte ich auf den Fall kurz eingehen. 368 Pick. Dieser Fall erscheint schon dadurch interessant, daS es sich bei demselben um ein in Attacken wiederkehrendes Auf- treten der Erkrankungen handelt Die Patientin, wie Audry angibt, eine etwas fette, gedunsene, blasse Fran, balte fünf Jabre vor ihrem Spitalseintritt die erste Attacke, und zwar seien am unteren Drittel beider Unterschenkel kleine rote Knoten aufgetreten, die nach swei oder drei Tagen hart wurden und geringe Schmerzen bereiteten. Nach 14 Tagen war alles verschwunden und nur kleine braune Flecken blieben surück. Seither alle drei bis vier Monate ein neuer Schub, und zwar immer an Stelle der alten. Am unteren Drittel beider Unterschenkel Herde von Stecknadelkopf- bis 5 Frks.-Stückgrösse, rund, braun oder violett, etwas schmerzhaft, die größeren von blasser, etwas schuppender Oberfläche, exulceriert. Die Ulzera rund oder polyzyklisch, der Rand violett, nicht unterminiert, der Orund violett, mit Eiter bedeckt, bei Betastung in der Tiefe Knoten fühlbar. Bei der Ezcision dringt das Messer in ein schwammiges Ge- webe, welches Flüssigkeit und keinen Eiter enthält. Während des Spitals- aufenthaltes klagt Patientin über Schmerzen in den Füßen; dieselben sind am Dorsum ödematös geschwollen. In den folgenden Tagen ent^ steht in der Mitte des linken Faßrückens eine schmerzhafte, harte, scharf umgrenzte Anschwellung; die gerötete Partie darüber ist weniger aus- gedehnt als die Induration und entspricht nur deren Zentrum. In den folgenden Tagen grenzt sich der Herd ab, erscheint 5 Frks.-Stück groß, nicht rund, buckelig. Auch auf dem rechten Fuße entstehen nach Ab- klingen des Odems mehrere hellrote Erhabenheiten. Histologisch findet sich Epidennis und Cutis normal, die Veränderungen beginnen unterhalb der Schweißdrüsenknäuel und bestehen aus einem Ödem, welches von einem feingranu- lierten Exsudat gebildet wird, das die Färbung des Binde- gewebes annimmt. Am Rande große unregelmäßig runde oder ovale Zellen mit exzentrischen Kernen; daneben beschreibt der Autor zystisch alveoläre Hohlräume. Keine Bazillen, Impf- versuche negativ. Audry schließt, daß uns nichts berechtigt, eine Beziehung des Leidens zu Tuberkulose anzunehmen. Die histologischen Veränderungen erscheinen als Degeneration des Fettgewebes, die sich auf einem vorher von spontanem, hocb> gradigen Ödem eingenommenen Gewebe entwickelt hat. Die Entzündungserscheinungen sind auf ein Minimum redusdert und der Autor hält das Erythema induratum mit Hardy für eine chronische, zuweilen ulzeröse Form des Erythema nodosum. Uns erscheint es ganz sicher, daß die von Audry beschriebenen Veränderungen mit denen in unserem Falle vorhandenen iden- über die persistierende Form des Erythems nodosum. 369 tisch ednd, nur sind dem Autor die Veränderungen an den Gefäßen entgangen, welche sich in unserem Falie ganz deutlich manifestierten. Im klinischen Bilde scheint ims neben dem Wiederkehren der Affektion in Attacken deren Beginn mit ödematösen und erythematösen Veränderungen sehr bemerkens- wert, zumal sie sich auch in unseren Fällen nachweisen ließen und im Zusammenhalt mit den plötzlichen Schmerzen für die embolische Natur des Leidens zu sprechen scheinen. Schon der nächste Autor, der sich mit der Histologie des Erythema induratum beschäftigt, Leredde, macht auf die Gefaßyeränderungen aufmerksam, die er als Obliteration und Thrombosierung derselben beschreibt, und kommt auf Grund dieser Veränderungen der Riesenzellenbildung im Verein mit dem klinischen Befunde in seinem Falle zu dem Schlüsse, daß diese Erkrankung in die Gruppe der Tuberkulide einzureihen sei. Die späterhin untersuchten Fälle von Dade, Johnsson unterscheiden sich ebenso wie einer der von Thibierge und Rayaut untersuchten Fälle von den unseren schon klinisch dadurch, daß es sich immer um sehr zahlreiche, disseminierte ^ößere und kleinere Knoten handelte, welche die Haut inten- siv in Mitleidenschaft gezogen haben und zum größten Teile ezulzeriert sind. Hiebei handelt es sich zumeist um hereditär stark belastete Individuen, die selbst mehr oder weniger deut- liche Zeichen Ton Tuberkulose aufweisen. In zwei Fällen von Thibierge und Ravaut aber finden wir nur wenige Efflores- zenzen beschrieben, die nicht ulzoriert sind und sich bei nicht belasteten Individuen vorfinden. Histologisch sind ganz kon- stante Gefaßyeränderungen an der Intima und perivaskuläre Infiltration nachweisbar, welche die Autoren für das Primäre halten ; gleichzeitig finden sich Riesen- und epitheloide Zellen ; im Fettgewebe Degeneration und Nekrose. Der Umstand, daß die Affektion meist plötzlich unter stechendem und brennendem Schmerz einsetzt, scheint den Autoren dafür zu sprechen, daß dieselbe das Resultat eines embolischen Prozesses ist. Auch die von Mantegazza mitgeteilten Fälle unter- scheiden sich durch die große Zahl der Effloreszenzen sowie deren NeiguBg^ zur Exulceration und die Kombination mit typischen Scrofulodermata in dem einen der Fälle klinisch Areh. f. Dennat. «. Syph. Bd. LXXIJ. 24 870 Piok. Ton den in unsere Gruppe gehörigen. Histologisch fand sich eine Thrombarteriitis, welche zur Bildung großer nekrotischer Herde fährt, und ein Granulationsgewebe mit epitheloiden und Riesenzellen, das den Autor zu dem Schlüsse veranlaßt, daß das Erythema induratom dem Scrofuloderma nahesteht. In letzter Zeit wurde die Frage des Erythema induratum von Harttung und Alexander ausfuhrlich bearbeitet. Der Fall, welcher den Autoren hiezu Veranlassung gab, unterschied sich zwar von den bisher genannten durch den Beginn der Affektion an den oberen Extremitäten, doch ist andemteils die Angabe des Patienten, die am Unterarm aufgetretene Eiflores- zenz hätte wie ein Insektenstich ausgesehen, ganz charakteristisch für das einleitende Erythema und Ödem. Innerhalb kurzer Zeit trat dann eine Disseminierung der Herde ein, über welchen nur ganz vereinzelt die Haut verändert erschien. In diesem Falle ließen sich auch klinisch sklerosierte Gefäße nachweisen, ähnlich wie dies in einer von unseren Beobachtungen der Fall war. Während des ersten Spitalsaufenthaltes trat auf 3 Mlgr. Tuberkulin keine Reaktion auf; bei einem zweiten Spitals- aufenthalte auf 1 Mlg. Tuberkulin allgemeine Reaktion unter Auftreten eines Tuberkulin-Exanthems. An einem Herde konn- ten die Autoren das Entstehen einer Induration aus einer urticariaähnlichen Quaddel, hierauf das Zunehmen der Infiltra- tion bei raschem Schwinden des Erythems und geringer Ent- wicklung der Stauungsfarbe verfolgen. Patient starb an einer Lungenphthyse und tuberkulöser Meningitis. Die histologischen Befunde der Autoren ergaben degenerative Veränderungen im Fettgewebe und. typische Tuberkelbildung mit epitheloiden und Riesenzellen. Im Gegensatze zu den oberwähnten Unter- suchungen von Leredde, Thiebierge und Ravaut konn- ten die Autoren primäre Veränderungen an den Gefäßen nicht nachweisen, und wie sie schon klinisch bei der Excisioni die Arterien ganz oder teilweise in dem Granulationsgewebe ein* geschlossen fanden, so fanden sich auch histologisch allenthalben nur dort Gefaßveränderungen, wo auch entsprechende entzünd- liche Veränderungen nachweisbar waren. Hieraus ziehen die Autoren den Schluß, daß das Erythema induratum in die tuber- kulösen Affektionen einzureihen sei. Aus der großen Zahl über die persistiereDde Form des £rytfaeina nodosum. 371 sonstiger Beobachtungen möchte ich nur noch einen von Pautrier mitgeteilten .Fall hervorheben, der für uns insofern von Interesse ist, als bei demselben sich auf der erythematösen Haut über der Induration an zwei Stellen kleine Erusten- auflagerungen vorfanden, die nach Angabe der Patientin durch die Bildung kleiner Blasen mit serösem Inhalte veranlaßt wor- den waren, ein Phänomen, das sich auch in einem unserer Falle konstatieren ließ. Eine Übersicht über die histologische Veränderung, welche beim Erythema induratum erhoben wurde, ergibt als konstanten Befund atrophische Vorgänge im Fettgewebe, welche zur Bildung von Riesenzellen und Zellen von epitheloidem Charakter Ver- anlassung geben imd ferner ganz konstant Veränderungen in den Gefäßen, welche als Thrombose und Entzündung der Gefaß- wand mit Wucherungen derselben sich darstellt. Der Prozeß im Fettgewebe kann, wie Flemming, Pfeifer und Kraus u. 8. w. nachgewiesen haben, allein für sich in die Erscheinung treten. Es ist aber auch eine die verschiedensten entzündlichen Prozesse im Fettgewebe begleitende Erscheinung, und ist, aller- dings nicht in so hoch ausgeprägtem Grade, auch bei Skro- fuloderma, Gumma sowie auch bei akuten Prozessen, wie dem Erythema nodosum sichtbar. Der Umstand, daß sich in unserem Falle die Gefäßveränderungen vollkommen unabhängig von dem entzündlichen Prozesse und in keiner Beziehung mit demselben deutlich nachweisen ließen, spricht wohl beweisend dafür, daß wir in diesem Gefäßprozesse den primären Faktor zu suchen hatten, doch ergibt sich m, unserem Falle gar kein An- haltspunkt dafür, welcher Natur dieser Prozeß ist. Zu den erwähnten ganz konstanten Befunden kommt nun als weiteres, nur in einem Teil der Fälle verzeichnetes Phs^nomen, das Auftreten von Nekrosen, ja von Verkäsung in der Umgebung der thrombosierten Gefäße, ein Befund, der im Zusammenhange mit positivem Ausfall der Tuberkulinreaktion, ja in einem Falle sogar mit positivem Bazillenbefnnd (Philipps on) dazu geführt hat, daß das Erythema induratum in ätiologische Beziehung mit Tuberkulose gebracht wurde. Wie es aber möglich ist, die publizierten Fälle ihrem histologischen Befunde nach in zwei Kategorien einzuteilen: in eine solche, wo tuberkulöse Ver- 24* 372 Pick. ändernngen fehlen, und in eine solche, bei \velcher zwar auch Zellen von der Gestalt epitheloider und Riesenzellen nachweis- bar sind, wo dieselben aber rein auf atrophische Veränderungen im Fettgewebe zurückgeführt werden müssen, so scheint auch die klinische Beschreibung der bisherigen Fälle eine Scheidung derselben in zwei Gruppen zu erfordern. Bei der einen Gruppe sehen wir aus einem akut entstandenen Ödem heraus wenige erythematöse Effloreszenzen sich entwickeln, welche mit starker Induration, die bis ins Fettgewebe reicht, einhergehen, und später unter Übergang der Rötung in bräunliche Pigmentation lange Zeit als derbe Knoten persistent bleiben. Eine zweite Form, bei welcher allmählich zahlreiche Knoten auf der Haut entstehen, unter welchen gleichfalls eine Induration im subdermalen Ge- webe sich abspielt und welche nach längerem oder kürzerem Bestände zum großen Teile exulcerieren. Gleichzeitig bestehen in den dieser zweiten Gruppe angehörigen Fällen zumeist deutliche Anhaltspunkte dafür, daß es sich um tuberkulös belastete oder selbst tuberkulöse Individuen handelt, am häufigsten um Kom- binationen dieser Erscheinungen mit Formen der Hauttuberkulose, insbesondere mit Skrofuloderma^ mit welchem diese Form überhaupt in enger Beziehung zu stehen scheint. Unsere beiden Fälle, bei welchen wir weder im klinischen noch im histologischen Bilde irgendwelche Anhaltspunkte für Tuberkulose finden konnten, glauben wir in die erste der ge- schilderten Formen einreihen zu müssen. Sowohl bezüglich der Symptome und der Lokalisation, als auch in der Anatomie der Herde zeigt diese Erkrankung die größte Analogiemit dem akuten Ery thema nodosum, als dessen persistente Form sie dem Erythema induratum auf tuberkulöser Grundlage gegenüberzustellen wäre. Wie beim akuten Erythema nodosum dürfte es sich auch bei dieser Form um einen symptomatischen Prozeß han- deln, der den verschiedensten Ursachen (Rheumatismus etc.) seine Entstehung verdanken kann. Zum Schlüsse gestatte ich mir, meinem hochverehrten Ghef^ Herrn Professor Riehl, für die Zuweisung der Fälle und die Unterstützung bei Bearbeitung derselben meinen er- gebensten Dank zu sagen. Die Erklärung der Abbildung auf Taf. IX ist dem Texte zu eatnebneii. IV f Dermatologie u Syphilis Band LXXfl. Pick WHlthep^PcrsisHei-ende Form dt-s Kr>thpm Ans der k. k. dermatologisohen Universitätsklinik in Wien. (Prof. Dr. Gastav Rio hl.) Ein Beitrag zur Kenntnis des Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum (Kaposi). Von Dr. Angust Halle. (Hiezu Taf. X.) Im Jabre 1872 beschrieb Kaposi (1) ein Krankheitsbild, welches er j^idiopathisches multiples Pigmentsarkom ^ nannte, im Jahre 1894 aber mit dem ihm passender erscheinenden Namen „Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum« be- legte. Er sah diese Krankheit als „eine ganz eigenartige und typische Form der Sarcomatosis cutis« an, welch letztere wiederum Yon ihm mit der Mycosis iungoides, der Lympho- dermia perniciosa und dem Sarcoma proprio dictum zu der einen Gruppe der ,,8arkoiden Geschwülste^ zusammengefaßt wurde. In Anbetracht der Sonderstellung, welche das Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum namentlich in klinischer Beziehung einnimmt, und mit Rücksicht auf die gerade in neuerer Zeit unter diesem Namen sich mehrenden Publikationen 7on Fällen, die nur zum Teil der Kaposischen Beschreibung entsprechen, erscheint uns ein Hinweis auf das von diesem Autor entworfene klinische Bild nicht unangebracht. Seinem Lehrbuche (2) entnehmen wir folgende Schilderung: „Dasselbe (das Sarcoma i. m. h.) beginnt stets zugleich an beiden Füßen und Händen, Planta und Vola, Hand- und 374 Halle. Fnßrücken und schreitet mittels diskreter Produktionen über die Unter- und Oberschenkel und Arme vor, bis es nach 2 bis 3 Jahren auch im Gesichte und auf dem Stamme erscheint. Es entstehen schrotkom-y erbsen- bis bohnengroße, rotbraune, später blaurot werdende, rundliche, mäßig derbe Knoten, die teils diskret und unregelmäßig situiert sind, teils zu Gruppen und diffusen Infiltraten von Kreuzer- bis Flachhandgröße an- einanderreichen. Füße und Hände sind an der Streck- und Beugeseite polsterartig aufgetrieben, knollig verdickt, unförmlich, bei Druck und auch spontan sehr schmerzhaft, die Finger spindelförmig verdickt, von einander gedrängt, das Gehen und Hantieren wegen der Starrheit der Haut in hohem Grade behindert. Die älteren Knoten sinken nach mehrmonatlichem Bestände ein unter Schilferung ihrer Epidermis und schwinden teilweise sogar gänzlich unter Hinterlassung sehr dunkler, pigmentierter, narbiger Gruben. Die aus Knotengruppen bestehenden Plaques atrophisieren ebenfalls im Zentrum und bilden so später einen die mittlere pigmentierte Narbengi'ube umrahmenden, gekerbten derben, braunroten, mit harten Schuppen bedeckten Wall. Manche Knoten werden auch weich, aber es kommt selten zu Ulzeration oder Massennekrose. ^ Weiterhin heißt es: „Nach 2 bis 5 Jahren, wohl auch noch später, erscheinen auch Knoten von Bohnen- bis Nußgröße auf den Augenlidern, der Nase, auch an ihrer Schleimhaut, der Wange, Lippe und an verschiedenen Stellen des Stammes, die zum Teile dunkel- blaurot, schwammig sich anfühlen und auch von der Oberfläche her zerfallend ein blutig suffiindiertes Gewebe zu Tage legen. Drüsenschwellung scheint von gelegentlich sympathischer abgesehen, wie z. B. bei Gangrän am Fuße, diesem Sarkom- typus nicht eigentümhch zu sein. Um diese Zeit stellt sich Fieber, blutige Diarrhoe, Haemoptoe, Marasmus und alsbald der Tod ein. Bei der Sektion findet man die gleichen blutreichen, fleischfarbenen Knoten in großen Mengen in der Lunge, Leber, Milz, im Herzfleisch, im Tractus intestinalis, besonders dicht gedrängt und nekrotisch zerfallen im Colon descendens.*^ Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhaglcam (Kaposi). 375 Diesem eng umgrenzten Erankheitsbilde entsprechen nun manche der in den letzten Jahrzehnten veröffentlichten Falle von multipler Hautsarkomatose, viele andere dagegen müssen als andere Formen der Sarcomatosis cutis angesehen werden, deren systematische Einteilung aber bisher noch nicht endgültig gelungen ist. Schuld an dieser Unklarheit trägt einerseits die Neigung mancher Autoren mit jedem veröffentlichten Falle auch einen neuen Typus aufstellen zu wollen, andrerseits die Yer- schiedenartigkeit des Standpunkts, von dem aus die einzelnen Autoren die betreffenden Kraukheitsbilder beurteilen zu müssen glaubten. Während nämlich viele das klinische Bild als allein maßgebend ansahen, nahm z. B. Unna (3) eine Einteilung vom anatomischen Standpunkte aus vor und zwar unterschied er dermale und hypodermale multiple Sarkome ; von den dermalen zählt er 4 Formen auf: 1. Sarcoma multiplex cutaneum durum album. 2. Sarcoma multiplex cutaneum durum pigmentosum (Typus Piffard). 3. Sarcoma multiplex cutaneum moUe (Typus Neumann). 4. Sarcoma multiplex cutaneum gumraatodes (Typus Funk- Hyde). Diesen 4 dermalen Sarkomtypen, welche alle das Gemein- same haben, daß sie unregelmäßig über den ganzen Körper zerstreut sind, stellt Unna eine Gruppe systematisierter Sar- kome gegenüber, welche als dunkle blau- bis brauaschwarze Knoten sich zuerst an den Händen und Füßen lokalisieren. Diese von genanntem Autor als „ Acrosarcoma multiplex cutaneum teleangiectodes (Hebra-Kaposi)^ bezeichnete Gruppe ent- spricht dem Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum, welches allein den Gegenstand unserer Abhandlung bilden soll. Perrin (4) teilt alle Sarkome erst anatomisch in melanotische und nicht melanotische, dann diese beiden Haupt- gruppen wieder klinisch in primäre und sekundäre. Zu den nicht melanotischen primären Sarkomen zählt er den Typus Kaposi. Schwimmer (5) unterscheidet nur das sogenannte chirurgische Sarkom und das von Kaposi beschriebene Pig- mentsarkom. De Ami eis (6) zählt 3 Arten von Sarkomatosis der Haut auf: 1. Sarcomatosis cutis non pigmentosa. 2. Sarcomatosis melanotica. 376 Halle. 3. Sarcomatosis multipla idiopathica pigmentata et haemor- rhagica. Pelagatti (7) teilt die Sarkome ein in die eigentlichen Sarkome und die Sarkoide oder falschen Sarkome. Die ersteren ordnet er folgendermaßen: Erster Typus: Primäres multiples Sarkom mit den Varietäten: a) Akrosarkoma Kaposi, b) das multiple maligne Sarkom. Zweiter Typus: Das solitäre Sarkom. Dritter Typus: Das multiple sekundäre Sarkom mit den 3 Varietäten: a) generalisiertes Yon einem entzündeten kongenitalen Naeyus ausgegangenes, b) id. Yon einem primären Sarkom der Haut, c) id. von einem primären nicht in der Haut lokalisiertem Sarkom ausgegangenes Sarkom. Die Sarkoide teilt er ein in: 1. Sarkoide nach dem Typus yon Boeck. 2. Sarkoide mit zahlreichen zerstreuten Knötchen. 3. Sarkoide in Gestalt Yon großen Tumoren. 4. Durch Fremdkörper verursachte Sarkoide. Lieberthal (8) ist der Ansicht, daß das idiopathische multiple Pigmentsarkom und die Sarcomatosis cutis denselben Prozeß mit gewissen Modifikationen darstellen, da die aufge- stellten klinischen und histologischen Unterscheidungsmerkmale keine durchgreifenden seien. Diese wenigen aus der Literatur geschöpften Proben mögen genügen, um die auf diesem Gebiete der Dermatologie bestehende Uneinigkeit der Autoren zu kennzeichnen. Bei der Durchsicht der Literatur konnten wir uns des Eindrucks nicht erwehren, daß mit der Anzahl der Gruppen, in welche dieser oder jene Autor die Sarcomatosis cutis einteilte, auch gleich- zeitig die Unsicherheit wuchs betreffs der Frage, in welche Gruppe der jeweilige Krankheitsfall denn nun eigentlich ein- zureihen sei. Solange über die Sarcomatosis cutis die Anschauungen so geteilt sind und solange die Ätiologie und Pathogenese dieser Erkrankungen so in Dunkel gehüllt bleiben wie bisher, hat jede systematische Einteilung einen mehr oder minder problematischen Wert. Der einzige Standpunkt, von dem aus sich schon heute eine gewisse Sonderung einzelner Gruppen Sareoma idiopathicum multiplex haemorrhagicam (Kaposi). 377 YomehmeD ließe, ist der klinische; aber auch nur bis zu einem gewissen Grade, da es zweifellos zwischen den zahlreichen bisher aufgestellten Gruppen unzählige Übergänge gibt. Eine wirkliche Sonderstellung in klinischem Sinne nimmt nun u. £. das Sareoma idiopathicum multiplex haemor- rhagicum ein und zwar wegen seines eminent charakteristischen Beginns tmd Verlaufs, den es mit keiner anderen Form der Sarcomatosis cutis gemeinsam hat. Alle jene Fälle, welche in dieser oder jener Hinsicht Ausnahmen von dieser Form dar- stellen sollen, gehören a. £. überhaupt nicht hierher. Eine Einteilung der verschiedenen Sarkomformen in histo- logischem Sinne vorzunehmen ist bisher auch nicht geglückt da — wie z. B. gerade beim Sareoma i. m. h. — nach den Beschreibungen offenbar ganz identische mikrobkopische Bilder bald als Sarkome, bald als Granulationsgeschwülste gedeutet werden, und die Anschauungen hierüber, wie wir im histo- logischen Teil unserer Abhandlung zeigen werden, noch sehr geteilt sind. Trotzdem haben aber die meisten Autoren an der Bezeichnung „Sarkoma^ für den Typus Kaposi festgehalten. S e 1 1 e i (9) machte den Vorschlag, die uns beschäftigende Krankheit als „Granuloma multiplex haemorrhagicum** zu bezeichnen. Pospelow (10) schlug die Bezeichnung „Acroangioma haemorrhagicum^ vor. Unna wählte — wie schon erwähnt — den Namen ,iAcro8arcoma multiplex cataneum teleangiectodes^. Indem wir uns jetzt lediglich dem Sareoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum zuwenden, bringen wir zunächst die Krankengeschichten von 4 Fällen, die Herr Professor Dr. Riehl, Direktor der dermatologischen Klinik des k. k. allge- meinen Krankenhauses in Wien, uns gütigst überließ und von denen wir die 3 letzten selbst zu beobachten Gelegenheit hatten : I. J. M., 69 Jahre alt, verwitwet, aus Odenburg in Uogam, Schoh- macber, wurde aufgenommen am 6. Juni 1901. Anamnese: Aus den schwer verständlichen Angaben des Kranken ist nur zu erfahren, daß das Leiden seit etwa einem Jahre besteht. Status praes.: Am ganien Körper zerstreut, insbesondere aber an den Extremitäten zahlreiche erbsen- bis wallnußgroße, violettgefarbte Tumoren, über denen die Haut unverschieblioh ist Besonders zahlreich 378 Halle. encheinen sie an den Händen und Fußen, an den Ohren and am Skrotum ; einzelne davon, namentlich an den Handrücken, scheinen dem Verlauf der oberflächlichen Venen zu folgen. An der linken großen Zehe, an deren Endglied ebenfalls ein solcher Knoten sitzt, erscheint die Haut in Form yon violett gefärbten drüsigen Warzen verdickt. Diagnose: Sarcoma idiopathicum multiplex haemoirhagicum. Therapie: Injektionen von Natr. arsen. 29./VI. Die verrucösen Ezkressenzen an der linken großen Zehe sind zurückgegangen, die Erustenbildung ist geringer. Viele Tumoren zeigen im Zentrum eine Delle. 7./VII. Hinter dem rechten Gaumenbogen ein an der Gaumenwmnd mit dünnem Stiel aufsitzender blanvioletter, haselnußgroßer Tumor, der an mehreren Stellen eitrig belegt erscheint; Tonsillen selbst frei. lO./Vn. Stärkere Schmerzen in der linken großen Zehe. Injektionen von Natr. arsen. I7./X. Zinkpflaster. Die Schmerzen bestehen fort. 38./X. Enukleation der linken großen Zehe wegen fortbestehender Schmerzen und dadurch bedingter Schlaflosigkeit. Operation unter Schleichanästhesie. 24./XI. Operationswunde geheilt Patient auf Wunsch entlassen, ungeheilt. II. B. L., 64 Jahre alt, verheiratet, Händler aus Olkusz in Bußland, wurde am 12. Mai 1908 aufgenommen. Anamnese: Patient überstand vor 8 Jahren die Cholera. Er hat 9 gesunde Kinder. 8 seiner Schwestern starben an unbekannten Krank- heiten. Ein Bruder und eine Schwester sind gesund. Beginn des Leidens vor 4 — 6 Jahren mit Auftreten eines dunklen schmerzlosen Flecks am rechten Handrücken; bald darauf erschien ein ähnlicher Fleck am linken Fuß. Kein Juckreiz. Vor iVt Jahren griff die Affektion vom Rücken der rechten Hand auf den Zeigefinger und allmählich auch auf die übrigen Finger über. Die linke Hand wurde vor 6 — 6 Monaten ergriffen, etwas später der rechte Fuß, welcher alsbald schmerzhaft wurde. Status praes.: Am Dorsum der rechten Hand — und zwar über den Metakarpen des 4. und 5. Fingers — findet sich ein fünfkronen- stückgroßer Herd von unregelmäßiger Begrenzung, der sich auch auf die ersten Phalangen des 8. und 4. Fingers erstreckt und hier mit unregel- mäßigen Zacken endigt, blaurot verfärbt aussieht und bei Palpation sich als pseudoödematoses Gewebe repräsentiert, das nach Verdrängung der Hyperämie leicht pigmentiert erscheint. Ein zweiter Herd findet sich über dem Köpfchen des Metatarsns indicis und der ersten Phalange desselben. Beide Herde sind sehr scharf begrenzt. Innerhalb des letzteren Herdes finden sich sowohl am Rande als auch innerhalb der sonst ganz Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum (Kaposi). 379 fi^leiehaiüg aussehenden HantyerAndemng kleine, reiskomgrofie, leicht über das Hantnivean emporragende Knötchen. Ein dritter Herd, isoliert stehend, findet sich am Daumen, seinen Metakarpus und die erste Phalange einnehmend; er erstreckt sieh bis auf die Beugefl&che des Handgelenks. Ein weiterer Herd sitst an der Palma manus und swar dem Metakarpus des 2. und 8. Fingers entspre- chend. Der 2., 8., 4. und 5. Finger der rechten Hand weisen Gestalts- ▼erinderungen auf, und zwar erscheint die 1. und 2. Phalange senkrecht abgebeugt und fixiert, die Fixation der 1. Phalange in der Verlängerung der Metakarpen. Die Haut sowohl über den bezeichneten Fingern als auch über dem Dorsum manus fast bis zum Bereiche des Handgelenks ist in fol- gender Weise yer&ndert: Sie ist rotbraun, von erweiterten Gef&ßen durchsetzt, atrophisch. An den Stellen, wo die Hyperämie sich zurück- gebildet hat, sieht die Haut mehr graurot aus. Die Herde sind Tiel&ch von einer 2 — ^S mm breiten, sehr stark pigmentierten, sicher aus Hämor- rhagien hervorgegangenen Linie umsäumt An der linken Hand nimmt ein Herd den ganzen Daumen ein und zwar sowohl den Metakarpus als auch die Phalangen mit Ausnahme des Kagelgliedes, sowohl beuge- als streckwärts. Hier finden sich die- selben Erscheinungen wie an der rechten Hand. Der dorsale Herd der Finger geht auch radialwärts auf die Beugeseite über und erreicht hier ungefähr die Mitte der Hohlhand, sonst alle Finger überziehend. Innerhalb dieses Herdes finden sich zahlreiche Stecknadelkopf- bis linsengroße blauviolette Knötchen sehr dicht aneinandergedrängt, wodurch man den Eindruck gewinnt, als bestände hier eine flache papilläre Wucherung. Kleine flache Scheibenformen finden sich sonst 4—5 an der Zahl am Thenar. Diese zeigen im Zentrum leichte Involution und sind leicht über das Hautniveau hervorragend. Auch an der Streckseite des rechten Vorderarms finden sieh spärliche, zerstreut stehende, linsengroße Herde. Ferner finden sich: an der Beugeseite des Handgelenks in der Nähe der Gubita ein subkutan sitzender, sehr leicht beweglicher, nicht derber Knoten; an der linken Hand eine ganze Reihe solcher Knoten, die schief über den radialen Rand nach der Gubitalgegend hinüberziehen; einzelne auch am ulnaren Rande des Vorderarms Die Drusen in der Axilla sind nicht geschwollen, dagegen die Drüsen in der Gubitalgegend bis zur Größe einer welschen Nuß. Ahnliche Tumoren finden sich am Oberarm. Beide Füße sind fast symmetrisch in gleicher Weise ergrifien, und zwar findet man beiderseits einen Herd, der ungefähr von den Köpfchen der Metatarsi bis zu der ersten Phalange der Zehen reicht, die große Zehe dorsalwärts ganz überzieht, um nach rückwärts in einer Linie zu endigen, die gedacht werden kann vom Malleolus internus zur Basis des Köpfchens der 8. Phalange, von hier über den inneren Fußrand auf die Planta übergeht und über den äußeren Fußrand auf das Dorsum zurück- 380 Halle. kehrt Aach über dieser ganzen Partie ist die Haut blaarot, an einzelnen Stellen schwarz verfärbt. Auf der Planta pedis finden sich innerhalb eines Herdes, der leicht ödematös, auf Druck schmerzhaft ist, scharf begrenzte, linsengroße, blau- rote Knötchen. Einzelstehende Herde finden sich auch sonst noch in der Gegend der Malleolen, linkerseits und rechterseits auch über dem untersten Drittel der Tibiakante. Alle Herde sind ödematös ; beim öfteren Darüber- streichen läßt sich das ödem verdrängen und es bleibt eine graue Ter- farbung zurück. Einzelne Herde haben einen leicht gelblich g^flrbten Saum, der aber bei den meisten Herden verloren gegangen ist Oft sind die Herde scheinbar serpiginös angeordnet, immer aber mit unregel- mäßigem Kontur begrenzt. Die Herde springen ungef&hr 2 mm über das Hautniveau empor. Ahnlich wie am Oberarm sind auch am Unterschenkel innerhalb der Cutis unregelmäßigere und diffusere Knotenformen, an der Streck- seite beider Oberschenkel im oberen Drittel ganz symmetrische Tumoren nachzuweisen. Diagnose: Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum. Therapie: Injektionen von Matr. arsenicos. 20./Vn. Blutbefand: Hämoglobin (Fleischl) öl*/« Erythrocyten .... 2706000 Leukocyten 18000 Die roten Blutkörperchen verhalten sich normal ; die poljrnucleären Leukocyten überwiegen. 24/VII. Am rechten Sprunggelenk zahlreiche rote Knötchen von Stecknadelkopf- bis Linsengröße, ziemlich derb, unter dem Fingerdraok abblassend, leicht schuppend. Ezcision eines Knotens an der Fußsohle. Am 81. August wird der Patient auf seinen Wunsch entlassen, nachdem während des Spitalanfenthaltes vereinzelte Tumoren sich zurüok- gebildet, an anderen Stellen aber doch wieder neue aufgetaucht sind. in. M. M., 58 Jahre alt, verheiratet, Goldschmied aus Czemiohew in Rußland. Anamnese: Der Patient gibt an, daß er vor 2 Jahren eine von Juckreiz begleitete Verdickung der Haut wahrnahm. Der Zustand ver- schlimmerte sich allmählich. Status praes. : Beide Füße sind ziemlich symmetrisch erkrankt, der linke mehr; dortselbs t sind die ganze Sohle, die Zehen in ihrer Totalität und die innere Seite des Fußes blaurot verfärbt und die Haut hebt sich in wulstigen Verdickungen über das normale Haut- niveau empor. Die Zehen erscheinen plump und ihre Haut ist von feinhöckeriger Beschaffenheit. An der Planta sind die Unebenheiten so stark, daß die Haut papillomatös aussieht Diese Partien sind ziemlich schmerzhaft. Sarcoma idiopathicam multiplex haemorrbagicum (Kaposi). 881 Aueh an den Unterschenkel q ist die Haat leicht verdickt, und es finden sich dort isoliert stehende, erbsen- bis gnldengroße, blaurote, ziemlich flache Knoten, welche meistens zentral eingesunken sind und von welchen in die Umgebung gelbliche Verfärbungen ausstrahlen. Die Tumoren nehmen zentripetalwärts an Zahl ab, doch finden sich noch vereinzelte in der Kniekehle und an der Rückseite der Oberschenkel. Anoh zwischen diesen Knoten fühlt sich die Haut höckerig an, obwohl sie normal aassieht. Am rechten Fuße sind die Erscheinungen weniger ausgeprägt. Die Interdigitalfurchen und die seitlichen Teile der Phalangen sind blaurot infiltriert. Die Glans penis und der Sulcns coronarius weisen mehrere flache blaurote Infiltrate auf, welche sich kartenblattartig aufheben lassen und sich knorpelhart anfahlen. An der rechten Brustseite ein Herpes zoster mit bereits vertrock- nenden Bläschen. Diagnose: Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrbagicum. Therapie: Arsen; äußerlich essigsaure Tonerde. 20./VI. Solut. arsen. Fowl. 30./ VI. Röntgenbestrahlang, Umschläge mit essigsaurer Tonerde. 15./yU. Leichte Reaktion auf die Röntgenbestrahlung vom 30./ VI. SohmerzempfinduDg in den beiden Fußgelenken. 25./Vn. Borsalbenverbände ; innerlich wird weiter Sol. arsen. Fowl. gegeben. 90./VIII. Schmerzen im linken Fuße. An der rechten Tonsille ciroumscripte bläolichrote Verfärbung. 2d./X. Injektion von Natr. arsenioos. Eisumschläge auf die Füße 30./X. Jeden zweiten Tag Injektionen von Natr. arsenicos. Blutbefund : Hämaglobin (Fleischl) 65% Erythrocyten .... 3894000 Leukocyten 9600 Die roten Blutkörperchen sind normal, die polynucleären weißen überwiegen. 8./XI. Excision zweier bohnengroßer Knoten der rechten Faßsohle. 24./XI. Am (s. Zt. bestrahlten) rechten Faße ist eine leichte Ab- schwellung und Abblassung zu bemerken. Patient hat beim Auftreten weniger Schmerzen. 21./XII. Exulzeration der an der linken Fußsohle befindlichen Sarkomknoten. Borsalbe. Wegen penetranten Geruchs der Geschwüre JodoformkohlenpuWer. 15.^. Das Geschwür an der linken Fußsohle fast handtellergroß, der Grund uneben mit mißfarbigem Eiter belegt Der Rand ist unregel- mäßig and stark eleviert 30./L Der Gesohwürsrand beginnt sich abzuflachen und die Sekre- tion tat im Abnehmen begriffen. 382 Halle. 5./n. Das Epithel sohiebt sich an einielnea Stellen vom Bande gegen das Zentrum des Geschwürs vor. 9./1I* Vor Ablaaf des Heilungsprozesses wird Patient anf eigenes YerlaDgen entlassen. In jenen Haatbezirken, die während des Spitalaufenthaltes der RontgenbestrahluDg ausgesetzt werden konnten, sind neue Tumoren nicht aufgetreten; die schon vorhandenen zeigen vielfach Spuren von Büok- bildung. Die Bestrahlung wurde in der Weise vorgenommen, daß an ein- zelnen Tagen ein abgegrenzter Hantbezirk nur einmal 10 — 15 Min. hin- durch bestrahlt wurde. Die ziemlich harte Bohre befand sich in einem durchschnittlichen Abstände von 16 cm von der Haut. Die angewandte Stromstarke betrug 8 Milli-Amp^re. Die Beaktion trat in Form einer leichten Bötung durchschnittlich nach 6 — 8 Tagen anf. rV. J. E.y 65 Jahre alt, Agent aus Wien, wnrde am 31. Juli 1903 aufgenommen. Anamnese: Die Krankheit begann vor 4 Jahren am unteren Drittel des Unterschenkels als eine Verfärbung, die der Patient auch bei ihrem Fortschreiten nicht beachtete, da sie ihm keine Schmerzen verur- sachte. Trotzdem auch bald die Fußsohlen befidlen wurden, hatte er zunächst keine Schmerzen. Erst in letzter Zeit stärkere Beschwerden beim Gehen. Status praes.: Beide Füße sind symmetrisch ergriffen, vor allem die Sohlen und Fußrücken; nur die Bänder sind frei. Die Haut an diesen Stellen ist blaurot verf&rbt und stark verdickt, leicht schuppend. Die Färbung ist fleckig, hell und dunkel, an manchen Stellen tiefblau. Die Zehen sind plump verdickt, tiefblau verfärbt; nur die beiden kleinen Zehen sind an der Außenseite frei. Die Unterschenkel weisen bis zur Mitte ebenfalls eine blaurote verdickte Haut auf; überall sind etwa erbsengroße, ziemlich weich sich anfühlende, dunkelbraunrote Knötchen eingelagert. — An den Ober- schenkeln und am Bauch finden sich zahlreiche, unregelmäßig geformte, gnldengroße und noch größere, blaurote Infiltrate in die Haut ein- gelagert. Die Bückseite der Oberschenkel ist mit größeren, aus einzelnen kleinen Flecken konfluierenden, plattenförmigen Infiltraten von Hand- flächengröße besetzt — Ad nates fühlt sich die Haut höckerig an, und diesQ Stellen sind teils blaurot, teils normal gefärbt. Der Handrücken weist eine verdickte, braunrote Haut anf. Die Haut zwischen den Fingern fühlt sich polsterartig an. Am Oberarm finden sich unregelmäßig geformte, fleckige, blaßrQte, plattenförmige Intiltrate in die Haut eingelagert, die sich ebenfalls ziemlich weich anfühlen. — In inguine beiderseits etwa bohnQUgroße Lyi9phdrü>en. Sarcoma idiopathicam multiplex haemorrhagicum (Kaposi). 383 Am Penis mehrere blaurote Infiltrate. — Die Haut des rechten Nasenflügels und der Ohrmusohelränder ist leicht verdickt und braunrot yerftrbt Diagnose: Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum. Therapie: Pil. asiaticae, Borsäure-Umsohl&ge, Radiotherapie. 6./IX. An der hinteren Rachenwand rechts findet sich ein längs- oyales, scharf begrenztes, blaurotes Infiltrat. 24./X. Gebestert entlassen. 22./I. 04. Der Patient wird ungefähr in demselben Zustande wieder aufgenommen, in dem er sich zur Zeit seiner Entlassung im Oktober be&nd. Nur sind die Infiltrate am rechten Fuße weniger derb und ihre Farbe ist deutlicher ins braune übergegangen. Die Hände sind frei. Blutbefund : Haemoglobin (Fleischl) . 52Vo Erythrocyten 2930000 Leukocyten 6600 Neutrophile 72Vo Lymphocyten 21% Große mononukl 47o Eosinophile ViVo 23./I. An der polsterartig verdickten linken Fußsohle werden zwei etwa kreuzergroße Infiltrate excidiert. Es erfolgt starke venöse Blutung (ca. Vs ^ ^l^t)' Der Fuß schwillt ab. Der Kranke fühlt sich subjektiv erleichtert. Der Patient wird an sämtlichen sarkomatösen Herden bestrahlt und bekommt innerlich Levico. lO./III. Der Patient wird gebessert entlassen. Viele Infiltrate bilden sich zu Pigmentationen zurück, andere bestehen unverändert fort. Der rechte Fuß ist abgeschwollen und gebrauchsfähig, der linke polsterartig geschwollen, gerötet und schmerzhaft. 18./iy. Wiederaufnahme. In der Zeit vom ai./IY. bis 4./VI. wird der Patient ISmal je 15 Min. lang bestrahlt Yerbände mit essigsaurer Tonerde und Borsalbe. Innerlich: Solut. Fowl. steigend bis 10 Tropfen pro die. Nach Bestrahlung sämtlicher Effloreszenzen trat Reaktion ersten Grades auf mit gleichzeitiger Abnahme der Infiltration und Pigmentation. An den diffus ausgebreiteten Infiltrationen der Innenfläche beider Oberarme bemerkt man eine deutliche Depigmentation, welche zentri- fugal erfolgt, so daß dieselben von einem dunkelbraunroten Rande — der ursprünglichen Verfärbung — umsäumt erscheinen. 18 /VI. Gebessert entlassen. Mit vergleichenden Rtickblicken auf unsere Kranken- geschichten wollen wir nun in folgendem eine Übersicht über die Anschauungen der Autoren bringen, wie sie in den wich- tigsten Publikationen der innerhalb 30 Jahren riesig ange- wachsenen Literatur zur Geltung kommen: 384 Halle. Bezüglich der Ätiologie ist man seit Kaposi in der Erkenntnis um keinen Schritt Yorwärts gekommen. Schon Perrin nahm an, daß Mikroorganismen eine RoUe spielen. Pringle (11) fand in zwei Fällen Bazillen, über deren Wesen er sich aber eines Urteils enthielt. Philippson (12) glaubt^ daß irgend ein Virus von außen in die Haut gelange und an der Eintrittsstelle die Wu- cherung von Spindelzellen oder die Bildung von cayernösen Haem- bzw. Lymphangiomen veranlasse. Eine Zeitlang hier lokalisiert komme das Virus alsdann in den Blutkreislauf und auf embolischen Wege neuerdings in die Haut, u. zw. zunächst in die Hand- und Fußregionen. Von hier aus rückt es durch die Lymphwege zentripetal weiter vor. In jüngster Zeit mehren sich nun jene Stimmen, welche sich für die infektiöse Natur des Leidens aussprechen, doch sind alle nach dieser Richtung hin angestellten Versuche bisher erfolglos gehlieben. (Frosch, Reale, Bernhardt, Semenow u. a.) Semenow (13) sieht auf Grund zweier zur Sektion ge- kommener Fälle, bei denen anamnestisch sowie bei objektiver Untersuchung Störungen von Seiten des Nervensystems zu kon- statieren waren, die auch mikroskopisch sich bestätigten, das Sarcoma pigmentoides idiop. m. cutis (Kaposi) als ein nervöses Leiden an, welches höchst wahrscheinlich durch paralytische Angioneurose hervorgerufen sei. Gampana (14) fand in einem seiner Fälle Sarkom der Nerven und der Haut, in einem anderen Sarkom der Haut und ein Neurofibrom. Beim ersten Falle fanden sich trophische Veränderungen der Nägel, der Haut und des Unterhautzell- gewebes, Stauungen in den Blut- und Lymphgefäßen, Sensibi- Utäts- und auch Motilitätsstörungen. Die sarkomatösen Tumoren standen manchmal im Zusammenhange mit dem NervenverlanC Daraus zog Gampana den Schluß, daß die Sarkomatosis eine neurotische Affektion sei. Diese Anschauung teilt auch Tinzew auf Grund eigener Beobachtung. Ob die von letzt;i;enanntem Autor und auch von anderen (z.B. Semenow, Schwimmer) erwähnte, dem Beginn des Leidens vorausgegangene Durchnässung resp. Erkältung der Ffiße mit dem Leiden in irgend einen kausalen Zusainmenhan>^ gebracht werden kann, muß dahingestellt bleiben. Erwähnen möchten auch wir die Angabe eines unserer Patienten (IV), daß nach wiederholtem Gebrauch von einem Arzte verordneter kalter Bäder sein Zustand sich erheblich verschlimmerte. Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagioam (Kaposi). 885 Paltauf (16) hält 68 fiir wahrscheiDlich, daß noch andere Ursachen als die bekannten und immer wieder in Rechnung gezogenen formatiyen und yitalen Beize derartige Gewebs- produktionen auslösen können, und rechnet die Sarcomatosis cutis zu den „Yegetationsstörungen^. Das auffallig häufige Vorkommen der Krankheit bei Juden legt die Frage nahe, ob nicht etwa auch eine in der Rasse liegende Disposition dem Auftreten der Krankheit günstig sei. Vererbung und Syphilis ließen sich nie mit der Krankheit in Verbindung bringen. Über den eigentlichen Verlauf des Leidens wäre der klassischen Schilderung Kaposis kaum etwas hinzuzufügen, zumal auch alle späteren Autoren damit im wesentlichen fibereinstimmen. Charakteristisch ist vor allem der Beginn des Leidens an den Händen und Füßen. Meist findet sich anfangs eine mehr diffuse Infiltration oder ein Ödem der Extremitäten; Knoten- bildung erfolgt erst später. Bei einem Fal-e Köbners (17) zeigte sich zuerst ein juckender Fleck am Knöchel. In 6 Yon den 10 Fällen Semenows (18) begann das Leiden am linken Fuß und ergriff dann kreuzweise nach- einander die übrigen Extremitäten. Dasselbe beobachteten auch wir an zweien unserer Patienten (ü u. IV), während bei den beiden anderen der Sitz der ersten Affeld;ionen anamnestisch nicht zu ermitteln war. Entsprechend diesem anscheinend sehr häufigen Beginn des Leidens am linken Fuß und an der rechten Hand fanden wir auch im weiteren Verlauf die Symptome an den genannten Extremitäten stets stärker aus- geprägt als an anderen Körperstellen. Beispiele für diese Be- obachtung liefern außer den schon erwähnten auch unsere Fälle I u. III. Interessant war in einem Falle Seil eis (19) und bei einem unserer Patienten die Lokalisation der Knötchen in der Richtung der größeren Venen, hauptsächlich der Vena saphena. In einem unserer Fälle war bei einer Anzahl fast gleich- zeitig aufgetretener Knötchen eine Gruppierung nach der Spalt- richtung der Haut deutlich erkennbar. Subjektive Beschwerden fehlen anfangs meist oder sie sind gering .und steigern sich erst später besonders durch die vorzugsweise Lokalisation der Knoten an der Fußsohle. Auch der Gebrauch der Hände ist oft schon frühzeitig durch die polsterähnliche Beschaffenheit der stark gespannten Haut sehr erschwert. Areh. f. D«nnat. vl Sjpb. Bd. LXXII. 25 386 Halle. Sehr auffällig ist die anfangs teiffige Konsistenz der zu- nächst mehr hellrot gefärbten Knoten, die dem tastenden Finger vielfach das Gefühl eines ausdrückbaren und sich dann wieder füllenden Schwammes darbieten. Mit zunehmender Derbheit der Knoten wird auch ihre Farbe immer dunkler, bis sie endlich als dunkelblaue fast knorpelharte Tumoren den höchsten Grad ihrer Entwicklung erreichen. In diesem Stadium können sie monatelang ohne makro- skopisch wahrnehmbare Veränderung verharren, bis sie endlich durch Resorption mit Hinterlassung dunkel pigmentierter, mehr oder minder atrophischer Flecke verschwinden während an anderen Körperstellen neue erscheinen und denselben Ent- wicklungsgang durchmachen. Dieses spontane Verschwinden der Knoten stellt u. £. eine der auffallendsten klinischen Erscheinungen des Leidens dar und wird von Kaposi (20) in folgender Weise erklärt: Er glaubt, daß das harte Infiltrat einzelner frischer Knoten eine Art Fibrininfiltration darstelle, die durch die zahlreichen Hä- morrhagien veranlaßt wird. Mit der Schrumpfung und Re- sorption dieser Infiltrate erfolge auch gleichzeitig die Atrophie jener kleinzelligen Sarkomknoten, die in ihrem Bereiche liegen. Schwimmer (21) dagegen ist der Ansicht, daß die in dem Gewebe auftretenden häufigen Blutungen innerhalb der Faserbündel das Sarkomgewebe auseinanderschieben, wodurch die einzelnen Sarkomzellen in die Umgebung verdrängt werden. Seilei glaubt, daß teils die ausgetretenen Blutzellen, teils die neugebildeten Blutgefäße die Sarkomelemente ver- nichten. Philippson erklärt die spontane Rückbildung durch die von ihm beobachtete mucinöso Degeneration der Zellen und durch die fibröse Veränderung der Neubildungen. Bernhardt (22) unterscheidet zwei Rückbildungstjpen : a) durch Atrophie, b) durch Degeneration. Im ersten Falle bemerkt man, daß das Knötchen nach Erlangen einer gewissen Größe sich allmählich zu verkleinem anfängt. Hauptsächlich wird es flacher, wobei in seiner Mitte eine seichte Vertiefung sichtbar wird. Die Epidermis schuppt ab. Eine solche Atrophie schreitet gewöhnlich nur bis zu einem gewissen Grade, auf welchem sie stehen bleibt. In ein- zelnen Fällen findet jedoch eine totale Atrophie statt und auf der Stelle des Sarkomknötchens bleibt dann eine stark pigmen- tierte Narbe zurück. Der zweite Rückbildungstypus besteht in einer allmählichen Erweichung des Sarkomgewebes so, daß endlich ein weiches, schmutzigbläuliches, halbkugelförmiges Knötchen entsteht, in dem man die Anwesenheit einer zähen Flüssigkeit nachweisen Sarcoma idiopaihicum multiplex haemorrhagicam (Kaposi). 387 kann. Das Verschwinden des Knötchens geschieht endlich in- folge Resorption der degenerierten erweichten Masse. Bernhardt beobachtete aber auch eine große Rege- nerationsfähigkeit der Knoten an atrophischen, pigmen- tierten Stellen, die dem frühereu Sitz inzwischen inTolvierter Knoten entsprachen, ja sogar innerhalb der nach gründlicher Excision zurückgebliebenen Narben eine auffallende Erscheinung, die sehr an das Verhalten anderer Tumoren erinnert, die wir aber sonst nirgends in der Literatur erwähnt fanden und auch an unseren Fällen nie konstatieren konnten. Ein spontanes Ulzerieren der Knoten scheint höchst selten Torzukommen ; von uns wurde es in einem Falle (III) beobachtet. Wo wir aber sonst geringfügige Ulzerationen fanden, waren sie fast stets durch die Lokalisation resp. durch traumatische Einwirkungen (Fußsohle) zu erklären. Gerade die oben er- wähnte, spontane, ohne jeglichen Zerfall erfolgende Involution der Knoten gilt vielen neueren Autoren als ein Beweis dafür, daß es sich bei dieser Krankheit nicht um echte Sarkome handeln könne, da bisher in der Pathologie mit dem Begriff des Sarkoms stets das grenzenlose Wachstum und der schließ- liche Zerfall verbunden war. Nun gibt es aber sicherlich auch andere echte Tumoren, wie z. B. manche Epitheliome des Ge- sichts, welche nur geringe Neigung zum Zerfall zeigen und ohne Ulzeration durch Bildung narbig atrophischen Gewebes teilweise verschwinden können ; ebenso ist es von den Lympho- sarkomen bekannt, daß sie sich hochgradig involvieren können. Mit diesem Einwurf soll aber keineswegs geleugnet werden, daß die Tumoren unseres Krankheitsbildes mit ihrer anfäng- lich schwammartigen Beschaffenheit, später derben Konsistenz und ihrem spontanen Verschwinden eine Besonderheit dar- stellen. Ob sie aber wegen dieser Sonderstellung aus der großen Gruppe der echten Geschwülste (Sarkome) auszuscheiden sind, ist eine Frage, welcher wir im histologischen Teil nähertreten wollen. Mit Hinweis auf Kaposis Beschreibung möchten wir ferner das allmähliche Fortschreiten der Krankheit von den Extremitäten aus in zentripetaler Richtung hervorheben. Mit der Ausbreitung der Affektion über den Stamm nimmt die Anzahl der Knoten höufig in ganz überraschendem Maße zu. In einem Falle Kaiinderos (23) betrug die Anzahl der im Verlauf von 4 Monaten aufgetretenen Tumoren 450. Zu welcher Zeit die vielfach beobachteten Tumoren der Schleimhaut auftreten, ist aus der uns zur Verfügung stehen- den Literatur nicht genau zu ersehen. Bei einem unserer Fälle beobachteten wir nach 4jährigem Bestehen der Krank- 25* 388 Halle. heit einen etwa erbsengroßen flachen Tumor an der hinteren Pharynswand. Bei einem Falle Kaposis war an der hinteren Wand des Pharynx, femer an der unteren Fläche der rechten Epi- glottishälfte die Schleimhaut und Submucosa durch einen ge- fäßreichen, mäßig derben Knoten ersetzt. Sedziak (24) fand in einem Krankheitsfalle, den El- senberg als zum Typus Kaposi gehörig ansieht, den Isth- mus faucium durch eine hühnereigroße Geschwulst von glatter Oberfläche und dunkelblauer Farbe ausgefüllt Auch über den Zeitpunkt des Auftretens der Tumoren in inneren Organen sind sichere Anhaltspunkte nicht Zuge- winnen, doch darf man u. E. aus dem oft jahrelang guten Allgemeinbefinden der Kranken schließen, daß erst zuletzt der Prozeß auf innere lebenswichtige Organe übergreift. Auf diesen Punkt werden wir bei Besprechung der Sektionsbefunde noch näher eingehen. Die Erkrankung der Knochen demonstrierte S c h o 1 1 z (25) io Tivo bei einem von Bernhardt publizierten Falle ver- mittelst der Röntgenstrahlen. Bei der Durchleuchtung der Füße fiel besonders rechts eine hochgradige Durchlässigkeit der Knochen für die X-Strahlen auf. Dieselbe war an den Phalangen, dem Metakarpus und den distalen Fußwurzelknochen des rechten Fußes so stark, daß von diesen Knochen ein deutlicher Schatten überhaupt kaum mehr geworfen wurde. Nach der zur Linderung der Beschwerden vorgenommenen Amputation des Fußes wurde die auf Grund jenes Befundes vermutete sarkomatöse Erkrankung der Knochen durchaus bestätigt : Die Phalangen, die Metakarpal- und distalen Karpus- knochen waren teils vollständig sarkomatös zerstört und in braunrote, schwammige Massen verwandelt, teils war nur noch eine dünne Knochenlamelle erhalten, und auch in den proxi- malen FuBwurzelknochen und selbst im distalen Ende der Tibia und Fibula fanden sich kleinere Sarkomherde. Auch in einem unserer Fälle (I) ergab sich Dach der wegen großer Schmerzhaftigkeit vorgenommenen Enukleation der linken großen Zehe, daß die Knochen vollkommen zerstört und durch sarkomatöses Gewebe ersetzt waren. Über den Blutbefund bei Sarcoma id. m. h. finden wir in der Literatur schwankende Angaben. In den meisten Fällen bietet die Blutuntersuchung keine Besonderheiten dar, wie z. B. auch bei imseren Patienten; zuweilen zeigen sich Abweichungen von der Norm z. B. im Falle Geza Die- b alias (26), der eine deutliche Lymphocytose aufwies. Viel- leicht war dieser Befund aber ebenso zufäJUg, wie die auch sonst bei Sarcomatosis cutis z. B. von Joseph, Touton Sarcoma idiopathicam mnltiplex haemorrhagicum (Kaposi). 389 und Fröhlich heobachtete Leukämie resp, Pseudoleukämie. Da, wie gesagt, ein abnormer Biutbefund nicht die Regel bildet, liegt kein Grund vor, ihn zum Symptomenkomplex zu rechnen. Ebernao gehören Lymphdrüsenschwellungen zu den Aus- nahmen und wo sie vorkäme q, waren sie vielfach auch nur regionär. Tanturri (27) beobachtete sie allerdings in 6 von 8 Fällen ; auch S e 1 1 e i (28) betont ihr häufigeres Vor* kommen. Nachdem wir somit noch einmal die Hauptsymptome, wie sie von zahlreichen Beobachtern dargestellt werden, ge- streift haben, wollen wir von zufälligen Nebenbefunden noch einen Fall von idiopathischer Hautsarkomatose verbunden mit visceraler Garcinomatose erwähnen, den Philippson (29) beschrieb. Für eine eigentümliche Form der sogen. Sarcomatosis cutis, die er ,,Sarcoma idiopathicum multiplex en plaques pig- mentosum et lymphangiectodes"* nennt, nimmt Bernhardt (30) eine Sonderstellung (Untertypus) in Anspruch, weil trotz einer Krankheitsdauer von 6 Jahren nur eine Extremität befallen war und keine Knoten aufwies. Die sarkomatöse Degeneration der Haut äußerte sich vielmehr in Gestalt von teigig-weichen, scharf-begrenzten Herden, welche sich über das Niveau der Haut nicht emporhoben und eine kolossale Erweiterung des Lymphgefäßsystems aufwiesen. Aber schon Kaposi war die vielfach ungewöhnliche Erweiterung der Lymphspalten bekannt; ebenso fand u. a. Philippson Neubildung von Lymphkapil- laren und Lymphangiomen. Auch Sedziak (31) beschrieb einen „seltenen Fall von Sarcomata multiplicia cutis et lympho- sarcoma tonsillae dextrae'', den Elsenberg (als Beferent) für idiopathisches multiples Pigmentsarkom hielt. Als häufige Komplikation, die aber nicht zum Symptomen- komplex gehört, sei noch das Erysipel erwähnt, dessen Vorkommen bei Sarcoma id. m. h. schon von Kaposi (32) hervorgehoben wurde. Von späteren Beobachtern hat vor allem Bernhardt auf diese Tatsache hingewiesen. In einem seiner Fälle begann die Krankheit mit einem Erysipel, und er glaubt^ daß letzteres durch Alteration des Lymphgefäßsystems einen güi.stigen Boden für die Entwicklung des Sarkoms geschaffen und außerdem das Eindringen eines noch unbekannten Krank- heitserregers gefördert habe. In einem anderen jener von ihm beobachteten Fälle, die von rezidivierendem Erysipel begleitet waren, zeigte es sich, daß bald nach einem Erysipel auf der- selben Stelle eine große Anzähl frischer Sarkomknötchen ent- 390 Halle. stand, während die schon bestehenden rasch zu wachsen an- fingen. Ob dieses nur eine Koinzidenz sei oder auf einem kausalen Zusammenhang beruhe, läßt Bernhardt dahinge- stellt, doch macht er darauf aufmerksam, daß die erwähnten auffallenden Erscheinungen nur beim Sarcoma i. m. h. vor- kommen, während sonst bei vielen anderen Fällen von Sar- comatosis cutis die Tumoren unter dem Einfluß eines Erjsipels gänzlich verschwinden können. Wir selbst möchten betreffs der Beziehungen zwischen Tumoren und Erysipel auf die Publikationen von Stanziale (33), Langenbuch (34) und Coley (35) hinweisen. Ein besonderes Interesse nehmen nodi die Sektions- befunde in Anspruch, da das Befallenwerden innerer Organe den schließlich stets ungünstigen Ausgang des Leidens erklär- lich macht. Kaposi hat das Wesen der Krankheit auch nach dieser Richtung hin gekannt und über das Vorkommen der Knoten in Lunge, Leber, Milz, Herz und Darm in seiner ersten Be- schreibung berichtet. Schwimmer fand bei einem seiner Fälle hauptsächlich Tumoren im Magen. Semenow und Campana fanden, wie schon oben er- wähnt, auch sarkomatöse Veränderungen an den Nerven. Überhaupt scheint jedes Organ befallen werden zu können, doch wurden am häufigsten Tumoren im Verdauungstraktus gefunden und hier wiederum am zahkeichsten im Kolon, wo- durch die blutigen Diarrhöen und der häufig rapide Verfall der Kranken ihre Erklärung finden. Über den Zeitpunkt des Auftretens der Knoten in inneren Organen lassen sich keine positiven Anhaltspunkte gewinnen, nur vermutungsweise kann man mit Berücksichtigung der Tat- sache, daß der Verdauungskanal vorzugsweise und von allen inneren Organen am frühesten befallen wird, annehmen, daß diese überhaupt erst relativ spät ergriffen werden. Das Allgemeinbefinden der Kranken müßte sonst doch viel irüher alteriert werden als dies nach den übereinstimmen- den Angaben der Autoren der Fall ist. Überhaupt rapid verlaufende Fälle ändern an dieser Überlegung nichts. In einem Falle Köbners fand sich bei der Sektion in den inneren Organen keine Spur von Sarkom. Zur Ergänzung des klinischen Bildes haben wir noch hinzuzufügen, daß von der Krankheit vorzugsweise Männer be- fallen werden. Unter 88 von Bernhardt zusammengestellten Fällen befanden sich nur 2 Frauen, was einem Verhältnis von b*2b% entspricht. Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum (Kaposi). 391 Von 50 Fällen de AmiciB, betraf keiner eine Frau. Was das Lebensalter der Kranken anbetrifft, so scheiat die früher herrschende Ansicht, daß nur das höhere Alter be- troffen werde, keine allgemeine Giltigkeit mehr zu haben. Die meisten Kranken hatten zwar das 45. Lebensjahr überschritten, jedoch berichtet z. B. de Amicis von einem 5jährigen Kinde and einem 15jährigen jungen Manne. Auch unter den 10 Fällen Semenows befanden sich Kranke von 12, 22, 24 und 26 Jahren. Betreffs der Krankheitsdauer hat Kaposi selbst schon seine ursprüngliche Ansicht modifiziert Im Jahre 1872 gab er an, dafi die Krankheit innerhalb 2—3 Jahren zum Tode führe, doch rechnete er im Jahre 1886 schon mit einer Krank- heitsdauer von 10 — 15 Jahren. Ein Patient Jacksons (36) erfreute sich nach 21 jähriger ICrankheit noch eines relativ guten Allgemeinbefindens. Auch Elliot (37) will Fälle von so langer Dauer schon gesehen haben. Die Diagnose des Leidens ist nicht schwierig. Von anderen Formen der Sarcomatosis cutis unterscheidet sich das Sarcoma id. m. h. durch den charakteristischen Beginn an den Extremitäten sowie durch die Eigentümlichkeit der Tumoren sich inTolyieren zu können. Zuweilen können letztere Ähnlichkeit mit luetischen Pro- dukten haben, wie in einem Falle von Havas (38). D 'Anton a (89) ist der Ansicht, daß viele Fälle von sog. Pigmentsarkom luetischer Natur seien. Einige Ähnlichkeit können unter Umständen die Knoten auch mit tuberösen Formen der Lepra haben. Femer kommen differentialdiagnostisch noch Fibrome, Neurome, Myome, der Cysticercus cellulosae und die Mykosis fungoides in Betracht, doch ist eine Verwechslung mit diesen Affektionen, wenn auch nicht immer im Beginn, so doch im weiteren Verlauf durch die Beobachtung sicher zu vermeiden. Die Prognose ist als ungünstig zu bezeichnen. Zwar können, wie bereits erwähnt, die Kranken sich oft viele Jahre lang eines leidlichen Wohlbefindens erfreuen^ doch droht schließlich stets der letale Ausgang durch die Erkrankung innerer Oigane. Anscheinende Besserungen werden häufig durch die Rück- bildungsfahigkeit der Tumoren vorgetäuscht, durch welche auch 392 Halle. bisher eine kritische Würdigung der vorgeschlagenen thera- peutischen Maßnahmen sehr erschwert wurde. Sequeir und Bulloch (40) glauben, daß die Krank- heit in einer gutartigen und in einer bösartigen Form auftrete. De Amicis berichtet Yon einem spontan geheilten Fall Therapie: Nach Köbners (41) Vorschlage, welcher im Jahre 1882 als erster das Arsen gegen Sarkome der Haut mit Erfolg anwandte, haben seither eine große Anzahl von Autoren dieses Mittel auch beim Typus Kaposi versucht. Das Arsen wurde bald in Form subkutaner Injektionen, bald per os den Kranken einverleibt. Über die damit erzielten Erfolge lauten die Berichte nun sehr verschieden. Günstige Wirkung von der Arsenbehandlung sahen Havas (42), Yigano (43), Metscherski (44), Trapesnikow (45), Pospelow (46), Kracht (47) u. a. De Amicis stellte einen mit Arsen behandelten 15jährigen jungen Mann als geheilt vor. Auch Sherwell (48) beobachtete eine Heilung durch Arsen. Bei einem Patienten Jacksons verschwanden nach 4monatigem Arsengebrauch mehrere Läsionen. Im Gegensatz zu diesen günstigen Berichten sahen Ka- posi, Schwimmer, Semenow n. a. nur mäßigen resp. gar keinen Erfolg von der Arsenbehandlung. Inwieweit vorübergehende Besserungen bei unseren Pa- tienten auf Rechnung des Arsens zu setzen sind, entzieht sich unserer Beurteilung. Von anderen therapeutischen Vorschlägen sei der d 'An- ton as erwähnt, welcher das Quecksilber auch in solchen Fällen für günstig wirkend erklärt, die nicht mit Syphilis in Verbindung gebracht werden können. Uiorth (49) behandelte die Tumoren ohne Erfolg mit Empl. de Goa. Havas zerstörte die Knoten mit lO^oig^r Pyrogallussalbe. Zur Linderung der subjektiven Beschwerden wandte Kutiak (50) warme Bäder mit gutem Erfolg an. Schwimmer (51) empfahl auf Grund guter eigener Er- folge das Phenacetin zur Linderung der Schmerzen. Sarcoma idiopathieum multiplex haemorrhagicam (Kaposi). 393 Gute Erfolge sahen wir von der Böntgenbestrahlung. Dieselbe wurde in der Weise ausgeführt, daß bestimmte Be- zirke der Wirkung der X-Strahlen für die Dauer von 10—15 Min. ausgesetzt wurden. Die angewandte Stromstärke betrug 3 Milli-Ampere, der durchschnittliche Abstand 10—20 cm. Die Reaktion wurde nach einmaliger Bestrahlung abgewartet und alsbald zeigte sich jedesmal, daß in dem jeweiligen, durch seine Rötung deutlich gegen die in der üblichen Weise abge- deckten Hautpartien sich abhebenden Bezirke die Tumoren allmählich kleiner wurden, während die in der Nachbarschaft befindlichen nicht bestrahlten Knoten unbeeinflußt blieben. Mit der Rückbildung der bestrahlten Tumoren bzw. In- filtrate trat gleichzeitig eine Depigmentation in der Weise ein, daß die zentral gelegenen Partien zuerst abblaßten und die ursprünglich diffuse dunkle Verfärbung sich schließlich auf die Ränder beschränkte. Auf diese Weise entstanden hellbraune Pigmentflecke, die Ton einem dunkelbraunen Saum begrenzt wurden. Die Infiltrate waren an diesen Stellen, die außer geringer Atrophie und der geschilderten Pigmentierung nichts Abnormes mehr boten, schließlich völlig yerschwunden. Wenn wir auf Grund dieser guten Erfahrungen die Röntgentherapie empfehlen, so sind wir uns doch der Grenzen des damit zu Leistenden wohl bewußt: Der durch das Auftreten von Tumoren in inneren Organen bedingte ungünstige Ausgang des Leidens wird auch durch dieses Mittel nicht verzögert werden, doch können wir durch dasselbe die subjektiven Beschwerden vielfach lindern und durch Ermutigung der über den sichtlichen Erfolg stets er- freuten Kranken viel zur Erhaltung ihres Wohlbefindens bei- tragen. In vielen Fällen werden auch Dunstumschläge, Salben - verbände, die Darreichung von Analgeticis und eine gute Er- « nährung von Nutzen sein. ^ Die Anwendung des Arsens ist in jedem Falle zu emp- fehlen. Hier und da dürfte auch die Exzision des einen oder anderen schmerzhaften Knotens ratsam sein. So haben z. B. wir wiederholt die bei unseren Patienten durch ihre Lokalisa- 394 Halle. tioD besonders schmerzhaften, an der Fußsohle sitzenden Knoten exzidiert, was freilich meistens mit kolossalen Blutungen rer- bunden war, aber doch stets große Erleichterung brachte. Nach dieser Übersicht über die den Kliniker interessie- renden Einzelheiten wenden wir uns den histologischen Befunden zu. Dieselben sind innerhalb dreier Jahrzehnte immer zahlreicher und auch immer umfangreicher geworden, so daß mit der ausführlichen Wiedergabe aller sich Bände füllen ließen. Im Interesse einer möglichst übersichtlichen und klaren Darstellung müssen wir uns darauf beschränken, stets nur die wichtigsten Punkte hervorzuheben. Um dieser Aufgabe genügen zu können, bemerken wir schon jetzt, daß den Kernpunkt aller mehr oder weniger umfangreichen histologischen Beschreibungen heutigen Tages lediglich die Frage darstellt: Handelt es sich bei den Tumoren des Typus Kaposi um echte Sarkome oder um entzündliche Produkte (Grranula- tionsgeschwülste) ? Indem wir von diesem Gesichtspunkte aus eine Scheidung der Anhänger dieser beiden Haupttheorien vornehmen, beginnen wir wiederum mit der Ansicht Kaposis. Dieser Autor schreibt: „Histologisch stellt sich dasselbe (d. Sarkom) darchwegs dar als Randzellensarkom, doch findet sich stellenweise aaoh charakteristisches SpindelzeUensarkom. Eigentümlich diesem Typus sind mikroskopisch er- weislich interstitielle Kapillarhämorrhagien, woher die sp&tere schwars- blane Pigmentierung der anfangs mehr lebhaften Knoten erklärlich erscheint.* Babös (52) und Bernhardt (58) nennen nach ihren histo- logischen Untersuchungen die Kaposisohe Krankheit |»Angiosarcoma periteliale fnsooellulare''. R i e h 1 (64) ist der Ausicht, dafi die Tumoren als Angiome be- ginnen, die aber sofort das Charakteristische der malignen Neubildong an sich tragen, indem neb^n den Gefäßanlagen sofort die Sarkomsellen auftreten. Auch Joseph (55) hält die Tumoren fär Angiosarkome. Rundzellensarkome fanden n. a. Kaposi, Perrin, Jordan (56), Unna. Femer fanden Sarkome und zwar meistens Spindelzellensarkome: Metscherski, Philippson, Bernhardt, Johnston und Köhler (57), DeAmiois, Funk (58), Uiorth, Havas, Köbner» Lustgarten (59), Schwimmer n. a. Sarcoma idiopathicam multiplex haemorrhagicam (Kaposi). 896 Pelagatti sähli ebenfalls von seinen 7 Fällen von Haatsarko- matose 3, welche dem uns ausschließlich beschäftigenden Typus Ka- posi entsprechen, zu den Sarkomen; sein vierter, auch klinisch vom Typus Kaposi abweichender Fall stellt ein Riesenzellensarkom dar. Die Tumoren seiner 8 übrigen Fälle sind nach seiner Ansicht Granulations- geschwülfte. Spiegier (60) sieht seine als IV, Y, VI publizierten Fälle von Sarcomatosis cutis, welche klinisch durchaus dem Kaposi sehen Typus entsprechen, nicht als Sarkome an, sondern erklärt die Tumoren als sganz streng circumscripte, nicht fortschreitende, wohl aber der Bdck- bildnng f&hige Bindegewebswuchemngen mit kleinzelligem Infiltrate**, welche aber seiner Ansicht nach „Übergangsformen von entzündlicher Wucherung (chronischer Entzündung) zu den Sarkomen darstellen mögen''. Im Falle von K u d i s c h (61) wies das mikroskopische Bild eben- falls auf einen chronisch entzündlichen Granulationsprozeß hin. S e q u e i r und B u 1 1 o c h fanden bei der Untersuchung ihres Falles ein Gewebe von eher chronisch entzündlichem als sarkomatösem Charakter. G o 1 1 h e i 1 (62) fand gruppenweise Anhäufungen von meistens rundlichen Bindegewebszellen, die aber nicht das Bild eines echten Sarkoms boten. Jadassohn (68) hält es für eine noch der Entscheidung har- rende Frage, ob es sich bei der Kaposi sehen Krankheitsform um Angiosarkome oder entzündnngsartige resp. infektiöse Neubildungen handelt. S e 1 1 e i fand in seinen Fällen, welche klinisch durchaus der Kaposi sehen Beschreibung entsprachen, mikroskopisch niemals Anhalts- punkte dafür, daß es sich um echte Sarkome handle, und teilt auf Grund •einer Untersuchungsresultate die Ansicht T ö r ö k s (64), K ö b n e r s, Steiners (65), Petersens u. a., daß die Kaposi sehe Krankheit nicht zu den Sarkomen gehöre. Auch Kundrat, Paltauf und Majocchi sondern sämtliche Hautsarkome von der Sarkomgruppe ab und zählen sie zu den Granu- lomen« Bei der vorstehenden Übersicht über die histologischen Befunde der einzelnen Autoren haben wir, um die bestehende Verwirrung nicht noch zu erhöhen, jene Fälle unberücksichtigt gelassen, deren klinische Beschreibung sich nicht völlig mit den von Kaposi aufgestellten An- gaben über das idiopath. multiple Pigmentsarkom deckt, oder welche von den Autoren selbst als abweichende Formen bezeichnet werden, z. B. die Fälle von Fendt (66), Tandler (67) und Krzystal- 1 o w i o z (68). Ob der von C h o 1 i n (69) vorgestellte Fall, der von ihm selbst als in die bisher beschriebenen Sarkomgruppen nicht passend angesehen, von Tschlenoff und Pospelow aber für Sarkom gebalten wurde, zum Typus Kaposi gehört oder nicht, können wir nicht entscheiden. 396 Halle. Unsere eigenen histologischen Untersuchungen nahmen wir an Tumoren vor, die aus therapeutischen Gründen ezcidiert worden waren und fast ausschließlich an der Fußsohle saßen. In der Entstehung begriffene Knötchen zu erhalten, war leider in keinem unserer Fälle möglich, jedoch bot die Untersuchung auch der ausgebildeten Knoten nebst ihrer nächsten Umgebung 60 charakteristische Befunde, daß wir durch eine Schilderung derselben zur Histologie des Sarcoma idiop. multipl. haem. beitragen zu können glauben. Zur Besprechung wählen wir zunächst ein Präparat, welches sich schon bei äußerer Besichtigung als Durchschnitt durch einen Tumor erweist, der durch seine Erhebung über das Hautniveau und eine stärkere Ilornschicht von seiner Um- gebung abgegrenzt erscheint. Schon bei schwacher Vergrößerung fallt zunächst in der Nachbarschaft des Ejiotens eine große Anzahl mit roten Blutkörperchen gefüllter Räume ins Auge, welche dieganze Cutis durchsetzen und bis in die Papillarschicht reichen. Die Pa- pillen sind vielfach verstrichen und die Grenze zwischen Cutis und Epidermis entbehrt der charakteristischen Zeichnung. Die Epidermis selbst erscheint im ganzen verschmälert; nur die Homschicht ist verdickt. Die von den erwähnten Bluträumen nicht eingenommenen Teile der Cutis erweisen sich überaus zellreich. Bei starker Vergrößerung kann man erkennen, daß die erwähnten bluthaltigen Räume teils aus abnorm erweiterten, teils aus neugebildeten Gefäßen bestehen. Das Endothel ist meistens gut erhalten, an manchen Stellen zeigen sich jedoch im Gefäßrohr deutliche Lücken, durch welche das Blut sich in das umgebende Gewebe ergossen hat. Zuweilen komnmni- zieren auch die größeren Bluträume durch derartige Lücken miteinander. Eine genauere Betrachtung der, wie erwähnt, zellreichen Umgebung, der teils diktierten, teils neugebildeten Kapillaren ergibt, daß die meist spindelförmigen Zellkerne in Zügen ange- ordnet sind, die vielfach dem Verlauf der Kapillaren ent- sprechen; an anderen Stellen wiederum ei scheinen sie mehr regellos oder im Querschnitt getroffen. Zwischen diesen Zellen findet sich an vielen Stellen ein zartes, zuweilen auch gröberes Fibrinnetz, dessen Maschen wiederum häufig mit zahllosen roten Blutkörperchen und vereinzelten Lymphocyten gefüllt erscheinen. In den tieferen Cutisschichten kommen die Gefaß- veränderungen weniger als Dilatation oder Neubildung, sondern vielmehr als kolossale Wucherung des Perithels und Verdickung des Gefäßrohrs durch Quellung der Endothelien, vor allem aber durch Wucherung der Media zum Ausdruck. Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagioum (.Kaposi). 397 Die geschilderten, in langen sich vielfach verflechtenden Zügen angeordneten, Zellwncberungen finden sich am reich- lichsten in dem deutlich gegen seine Umgebung abgesetzten Knoten selbst wieder. Sie bilden sozusagen die Grundsubstanz des Tumors. Innerhalb desselben weisen die Zwischenräume der Zellen — im Gegensatz zu der oben geschilderten Umgebung des Tumors — nur selten frische Blutungen in Gestalt wohl- erhaltener Blutkörperchen auf; hier erscheinen die Zwischen- räume vielmehr an vielen Stellen durch ein weit gröberes viel- maschiges Fibrinnetz ausgegossen. Die auch oft zahlreich innerhalb des Tumors zu findenden, oben beschriebenen — aber hier viel kleineren — Bäume ent- halten dagegen meist noch gut erhaltene Erythrocjten. Von besonderem Interesse ist noch das Verhalten der elastischen Fasern: Innerhalb des Tumors fehlen die- selben völlig. Dagegen verhalten sie sich in der Umgebung der Knoten normal, abgesehen von den Stellen, an denen sich die erwähnten Wucherungen der Gefäßperithelien vorfinden. Mast- und Plasmazellen fanden sich nie in auffal- lender Zahl. In der Umgebung der erwähnten durch Eapillarzerreißung entstandenen Blutungen ins Gewebe war häufig Pigment in größerer Menge nachweisbar. Bei der obigen Skizzierung des histologischen Befundes haben wir absichtlich die Veränderungen innerhalb des Tumors denen seiner Umgebung zum Vergleich an die Seite gestellt, da letztere u. E. jene Vorgänge erkennen läßt, durch die es schließlich zur Bildung eines derben Knotens kommt. Betrachten wir zunächst die unmittelbare Umgebung des Tumors, so ist der Reichtum an neugebildeten Gefäßen so auf- fallend, daß sofort der Gedanke an ein Angiom auftaucht. Außer der Gefäßvermehrung sehen wir aber auch an vielen Stellen eine deutliche Wucherung der Perithelien, die durch exzessive Zellvermehrung schließlich zur Bildung derberer Tu- moren führt. Wir haben es also mit einem Angiosarkom zu tun. Um diese Diagnose zu begründen, müssen wir etwas weiter ausholen. Bei genauem Studium der wichtigsten, in letzter Zeit er- schienenen Publikationen fiel uns auf, daß die ausführlichere Schilderung der histologischen Befunde in den meisten Fällen auf gleichartige oder mindestens sehr ähnliche mikroskopische Bilder zurückzuführen, daß nur ihre Deutung eine verschieden- artige war : während ein Teil der Autoren sich für die Diagnose , Sarkom^ entschied, erklärten andere für Sarkom nicht den geringsten Anhaltspunkt gefunden zu haben. Wie ist das zu erklären ? 1 398 Halle. Man fand in der Hauptsache neugebildete und erweiterte Gefäße und in der Umgebung derselben viele Zellen: „Ent- zündung^ sagten die einen, ^ Sarkom^ die anderen. Da nicht anzunehmen ist, daß die Produkte einer klinisch 80 gut abgegrenzten Krankheit sich bald als Sarkome^ bald als entzündliches Granulationsgewebe manifestieren, so bleibt uns nichts anderes übrig als die große Ähnlichkeit vieler ent- zündlicher Prozesse mit manchen echten Neubildungen — soweit sie bindegewebiger Natur sind — zur Erklärung dieser Meinungs- verschiedenheiten heranzuziehen. Wir zitieren in folgendem eine Äußerung Kolasceks (70), die sich hierauf bezieht: „Was den ADgiosarkomen in meinen Angon noch einen besonderen Wert verleiht, das ist das an die Entzündung mahnende mikroskopische Bild ihrer Wachstumanßlngre. Die mikroskopischen Eardinalsymptome einer Entzündung, nämlich Erweiterung und pralle Füllung der Gefäße, hauptsächlich aber die mantelformige Anhäufung von Zellen um dieselben, hat die in Rede stehende Geschwulstbildung (das Angiosarkom) mit der Entzündung gemein. Manchmal sind noch die Geschwulstzellen allem Anschein nach mit Granulationszellen identisch, so daß die Ähnlichkeit mit den Ent- zündungsprodukten noch gesteigert wird.'' Nuu haben wir es aber in unserem Falle nicht nur mit einer „Erweiterung und prallen Füllung der Blutgefäße^, sondern mit einer deutlichen Vermehrung resp. Neubildung derselben zu tun, da der große Reichtum an Gefaßquerschnitten, die wir in unseren Präparaten fanden, keineswegs lediglich auf Erweiterung autochthoner Kapillaren, sondern yielmehr auf wirkliche Vermehrung derselben zurückzufuhren war und zwar in so hohem Grade, wie es niemals bei Entzündung, sondern nur bei echten Gefäßgeschwülsten, bei Angiomen, vor- kommt. Betrachten wir jetzt die in der Umgebung jener Gefäße angehäuften Zellen, so fallt allerdings auf den ersten Blick eine gewisse Ähnlichkeit mit solchen Bildern ins Auge, wie sie uns von der mikroskopischen Untersuchung entzündlicher Vor- gänge her geläufig sind. Bald aber erkennen wir, daß die in nächster Umgebung der Gefäße angehäuften Zellen mit rundem Kern keineswegs alle den bei entzündlichen Vorgängen sich findenden per diapedesin ausgewanderten weißen Blutzellen entsprechen, sondern zum größten Teil junge Bindegewebs- zellen sind, die in ihrer mehr rundlichen Gestalt, wie man sie in embryonalem Gewebe findet, das jüngste Stadium ihrer Entwicklung darstellen. Sie liegen ja noch in nächster Nähe ihrer Mutterzellen, nämlich jener Zellen, aus denen' sich die Kapillaren zusammensetzen, die in ihrer einfachsten Gestalt Sarcoma idiopathicum multiplex haemorrhagicum (Kaposi). 399 gewissennaßen einen Protoplasmaschlauch mit eingestreuten Zellkernen darstellen. Daß die fraglichen Zellen tatsächlich Ton der Wand der Blutgefäße aus gewucherte junge Bindegewebs- zellen sind, scheint uns bewiesen durch ihre dem Verlauf der Gtofaße entsprechende Anordnung und angesichts der Tatsache, daß die jüngsten, gleichsam embryonalen, noch nicht differen- zierten Zellen mit rundem Kern den Gefäßen am nächsten liegen, während die spindeliörmigen, in dichten Zügen ange- ordneten, die älteren Zellindiyiduen darstellen. Wir haben es also mit exquisiter Neubildung von Gefäßen und von Bindegewebselementen zu tun und nicht mit einer entzündlichen Infiltration des autochthonen Gewebes. Unsere Abbildung (s. Tafel) zeigt nun in anschaulicher Weise die oben geschilderte Erweiterung und Vermehrung der Blutgefäße, sowie in deren Umgebung jene Zellwucherungen, die in der Tiefe in einem größeren Bereich bereits eine solche Dichtigkeit erlangt haben, wie wir sie in den bereits länger bestehenden derben Knoten durchweg nnzutreffen pflegen. Der Schnitt stammt von einem relativ jungen Knoten, d. h. von einem solchen, der sich zwar bereits deutlich über das Haut- niyeau erhob und im Gegensatz zu den in Entstehung begrif- fenen hellroten Tumoren bereits eine blaue Färbung zeigte, im übrigen aber noch jene charakteristische schwammartige Kon- sistenz aufwies wie wir sie im klinischen Teil beschrieben haben. Weitere Einzelnbeiten der Abbildung erklären sich an der Hand unserer histologischen Schilderung von selbst. Resumö. Aus dem Resultat unserer klinischen Beobachtungen und mikroskopischen Untersuchungen möchten wir noch folgende Punkte hervorheben: Wir halten das Sarcoma id. m. h. für eine exquisite Er- krankung des Gefäßsystems, indem wir das letztere trotz der üblichen anatomisch und physiologisch gerechtfertigten Trennung in Arterien, Venen, Kapillaren und Lymphgefäße als eine Einheit ansehen, dessen einzelne nur durch Differenzierung von ein- ander abweichenden Abschnitte bald in ihrer Gesamtheit, bald einzeln die geschilderten pathologischen Vorgänge aufweisen können. Wie erwähnt, beobachteten z. B. Philippson und Bernhardt eine ganz auffallende Alteration der Lymphgefäße; in anderen Fällen wiederum trat eine solche mehr in den Hintergrund. 400 Halle. Nehmen wir somit das ganze Gefäßsystem als Ausgangs- punkt der pathologischen Produkte an, so tritt uns zuerst die Frage entgegen: Durch welche Noxe werden diese Vor- gänge ausgelöst? Die Ansicht so vieler Autoren, daß es sich dabei um die Tätigkeit von Mikroorganismen handle, vermögen wir nicht zu teilen. Selbst aber wenn es sich in unserem Falle wirklich um eine Infektionskrankheit handeln sollte, so reicht doch die Annahme einer spezifischen Art von Bakterien allein zur Er- klärung der Krankheitserscheinungen nicht aus, denn gerade bei Infektionskrankheiten stehen sich zwei Faktoren gleich- wertig gegenüber: Die Disposition und die veran- lassende Schädlichkeit. Was nun bei den an Sarcoma id. m. h. leidenden Kranken zunächst die Disposition betrifft, so könnte dieselbe z. B. angeboren sein, oder — wie oben erwähnt — in der Rasse ihre Erklärung finden, vielleicht auch in der Ernährung, wie sie durch Klima, Bodenbeschafienheit und Lebensgewohnheit bedingt wird. Wir erinnern daran, daß diese Krankheit vor- zugsweise im Osten Europas und vielfach bei Juden vorkommt. Wir glauben, daß gerade bezüglich der Disposition sich noch wertvolle Aufschlüsse gewinnen lassen werden, sobald man sich wieder mehr daran gewöhnt haben , wird, die Ursachen mancher pathologischen Erscheinungen mehr aus den kom- plizierten Vorgängen im Organismus zu erklären, anstatt sie allein in einer Invasion von Parasiten zu suchen. Bezüglich der veranlassenden Schädlichkeit erinnern wir daran, daß in manchen Fällen wiederholte Durch- nässungen resp. Erkältungen der Füße den ersten Krankheits- erscheinungen voraufgegangen waren. Daß derartige Beob- achtungen sicherlich keine Zufälligkeiten darstellen, darauf weist z. B. die Angabe eines unserer Patienten hin, daß jedesmal nach einem kalten Bade sein Zustand durch Zunahme der Knoten sich erheblich verschlimmert habe. Freilich reicht der in solchen Fällen anzunehmende Reiz, den Temperatureinflüsse auf ein labiles Gefäßsystem ausübten, keineswegs für alle der- artigen Erkrankungen aus. In einem Falle Bernhardts zeigten sich die ersten Sarcoma idiopatbicum multiplex baemorrhagicnm (Kaposi). 401 Symptome an einer Stelle, wo erst kurz vorher ein Erysipel abgelaufen war. Auch in diesem Falle wird es uns weit leichter, die durch ein Erysipel bedingte Alteration der Gefäße als veranlassende Krankheitsursache anzusehen, als uns die Tätig- keit unbekannter Mikroorganismen vorzustellen, für deren Existenz bisher noch nicht die geringsten Anhaltspunkte er- bracht worden sind. Wir sind also der Ansicht, dafi die Ursachen, welche das Leiden hervorrufen, mannigfacher Natur sein können und daß bei in gleicher Weise disponierten Individuen bald das eine, bald das andere auslösende Moment in Wirksamkeit treten und die ersten Krankheitserscheinungen hervorrufen kann. Ferner glauben wir, daß bei der uns beschäftigenden Krankheit die Tumorenbildung keineswegs immer die Antwort auf einen von außen kommenden Reiz zu sein braucht, sondern oft auf Vorgänge im Organismus selbst zurückzuführen sein wird. Wir erinnern in dieser Beziehung an die glänzende Abhandlung Paltaufs „über die lymphatischen Neubildungen der Haut", in welcher er darauf hinweist, daß 25% der an Leukaemie Erkrankten schwere Intermittens durchgemacht hatten und daß die Ansprüche, welche zur Regeneration an die blut- bereitenden Organe gestellt wurden, bei gewissen Individuen wahrscheinlich den Reiz zu übermäßiger Bildung abgaben, oder — mit anderen Worten — daß gewisse Regenerations Vorgänge über die Norm hinausschießen können. Da nun auch wir beim Studium der Literatur und in unseren Krankengeschichten nicht selten die anamnestische Angabe fanden, daß die Pati- enten an schweren Krankheiten (Malaria, Cholera) gelitten hatten, so halten wir es für möglich, daß auch in diesen Fällen durch das Bestreben des Organismus die Blutbeschaffenheit wieder auf ihre frühere Höhe zu bringen, der erste Anstoß zu Wucherungen im Geräßsystem bei dazu besonders dispo- nierten Individuen gegeben wurde. Indem wir uns jetzt den ersten Anfängen der Krankheit selbst zuwenden, heben wir nochmals hervor, daß die ersteki Oeschwulstanlagen Wucherungsvorgänge an den Gefäßen mit Neubildung solcher darstellen, so daß die histologischen Bilder den Eindruck von Angiomen hervorrufen, die aber sehr bald Areb. f. Dermat n. Sypta. Bd. LXXII. 26 402 Halle. ■ durch Wucherung der Perithelien den Charakter der Angio- sarkome annehmen« Aus dem kolossalen Reichtum an neugebil- deten Gefäßen ist die anfanglich teigige Beschaffenheit der Tumoren sowie ihre blaurote Farbe zu erklären, während die häufig schmutzig grünliche Verfärbung ihrer Umgebung auf Blutungen in das Gewebe zurückzuführen ist, wie wir sie in unseren Präparaten häufig beobachteten. Mit zunehmender Zellwucherung innerhalb der Knoten nimmt auch ihre Konsistenz zu, die sie längere Zeit beizu- behalten pflegen. Die häufig erst nach Monaten erfolgende Involution der Tumoren ist einerseits sicherlich die Folge regressiver Vorgänge, wie sie auch sonst bei Sarkomen und Garcinomen allgemein bekannt sind, andrerseits erklären wir uns dieselbe dadurch, daä durch Zerreißung der prall gefüllten Kapillaren häufig Blutungen ins Gewebe stattfinden, wodurch die betreffenden Gefäße zu Grunde gehen und gleichzeitig die vorher von ihnen ausgegangene Zellwucherung zum Stillstand gelangt. Wir sehen in der Tatsache, daß die Knoten nicht immer ins Grenzenlose wachsen und ohne Ulzeration wieder scheinbar völlig verschwinden können, keinen Grund, dieselben aus der Reihe der echten Geschwülste überhaupt zu streichen. Wenn von vielen Autoren darauf hingewiesen wird, daß schon Virchow betonte, man müsse zur Charakterisierung mancher Geschwülste auch ihr klinisches Verhalten heranziehen und demzufolge die Tumoren dieses Leidens wegen ihrer Fähig- keit sich fast völlig zu involvieren, nicht zu den echten Ge- schwülsten zählen wollen, so möchten wir demgegenüber folgendes hervorheben : Es ist gewiß richtig, daß in vielen Fällen die Tumoren des Sarcoma id. m« h. sich hochgradig involvieren, ja daß sie sogar scheinbar völlig verschwinden können. U.E. beruht aber diese Erscheinung u. a. darauf, daß die im Zentrum der Knoten zuerst sich bildenden Produkte der regressiven Metamorphose sowie die durch die erwähnten Blutungen zerstörten G^webs- elemente außergewöhnlich leicht zur Resorption gelangen können wegen des kolossalen Reichtums der Tumoren und ihrer Um- gebung an Lymph- und Blutwegen. Ebenso scheint uns in dem Umstände, daß auch die Peripherie und nächste Umgebung Sftrcoma idiopathioam multiplex haemorrbagioam (Kaposi). 403 der Knoten so überaus reich an Blutgefäßen zu sein pflegt und daher unter relativ guten Emäbrnngsyerhältnissen sich befindet, auch die Tatsache hinreichend erklärt, daß die Tumoren 80 selten spontan ulzerieren. Im Gegensatz zu der in der Literatur häufig hervor- gehobenen spontanen Involution der Tumoren möchten wir aber doch hervorheben, daß manche Knoten zwar mit Bildung einer zentralen Delle sich zum Teil zurückbilden, dafür aber nach der Tiefe zu ein unbegrenztes Wachstum zeigen können« Wir erinnern in dieser Hinsicht an die völlige Zerstörung von Knochen in einem Falle Bernhardts und bei einem unserer Patienten. Gerade die Tatsache, daß die Zellwucherungen sich nicht immer auf die Haut beschränken, sondern auch die tiefer liegenden Organe durchsetzend Muskeln und Knochen zerstören können, beweist, daß wir es mit echten malignen Neubildungen zu tun haben. Sowohl die Resultate der anatomischen Unter- suchungen als auch die klinischen Beobachtungen führen uns zu dem Schlüsse, daß wir diese eigentümliche Krankheit als eine besondere Form der „Sarcomatosis cutis** aufzufassen haben, wie dies Kaposi bei seiner ersten Schilderung bereits getan hat. Inwieweit andere Formen der „Sarcomatosis cutis" mit dem Typus Kaposi verwandt sind oder tJbergänge zu demselben darstellen, wird vielleicht durch spätere Unter- suchungen festgestellt werden können. Nach dem Stande unserer heutigen Kenntnisse sind wir durchaus berechtigt, für das Sar- coma idiopathicum multiplex haemorrhagicum eine Sonder- stellung in Anspruch zu nehmen. Am Schlüsse meiner Arbeit angelangt erlaube ich mir Herrn Prof. Dr. Riehl für die gütige Überlassung des Mate- rials, wie auch für die vielfache Anregung und mir gewidmete Zeit meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. 26* 404 Halle. Literatur. 1. Kaposi. Idiopath. multiples Pigmentsarkom der Haat. . Archir für Dermat. and Syph. 1872. 2. Kaposi. Pathologie and Therapie der Haatkrankheiien. 3. Unna. Die Histopathologie der Hautkrankheiten. 4. Perrin, De la dermatose cutanöe. Paris 1886. 5. Schwimmer. Arohiv für Dermat. und Syph. Bd. XXXYII. 1896. pag. 245. 6. De Amicis. Bulla tarcomatosi cutanea idiopatica. — Gkiz* letta degli ospedali e delle cliniohe. Napoli, 1897. Nr. 64. pag. 685. 7. Pelagatti. Die Hautsarkomatote. Monatshefte f. prakt. Dermat, Bd. XXXY. 6. Heft. pag. 497. 8. Lieberthal. Sarcomatosis cutis. Amer. Med. Assoc. Journ. 1902. Nr. 28. 9. Sellei. Über das idiopath. Kaposisohe Sarcoma multiplex haemorrhagicum. Monatsh. f. prakt. Dermat. 1900. Bd. XXXI. pag. 413. 10. 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V f Dermatologie uSjphilis Band LXXU /^,v~--# Halle: Sarcoma idiopatliicum nmltiplex hafimorrhiiiiicuni . Ans der k. k. deutschen dermatologischen Universitätsklinik von Prof. F. J. Pick in Prag. Weitere Untersuchungen iiber die entzündliche Atrophie des subkutanen Fettgewebes/^ Von Dr. Alfred Kraus, Auistent der Klinik. Im LXYI. Bande dieses Archivs konnte ich den zunächst Ton Pfeifer (1), dann von Rothmann (2) mitgeteilten Beob- achtungen von herdweiser Atrophie des subkutanen Fettgewebes einen neuen Fall anreihen, in welchem ich die gleichen Ver- änderungen konstatieren konnte« Während in diesen Fällen, wo die erwähnten Veränderungen für sich allein bestehen, diese anscheinend als primär aufzu- fassen sind, kommen gleichartige Erscheinungen im Fettgewebe offenbar viel häufiger sekundär in Begleitung andersartiger, zumeist wohl entzündlicher Prozesse vor. Nach Marchand (3) nimmt das Fettgewebe immer an der Wucherung des Bindegewebes in der Umgebung von Nekrosen und Entzündungsherden Anteil. In dem Kapitel „Neubildung des Fettgewebes^ bildet er Wucherungserschei- nungen des Fettgewebes aus der nächsten Nachbarschaft der Demarkationszone bei einer Frostgangrän des Fußes von lltägiger Dauer ab und beschreibt den Prozeß in folgender Weise : „Die Fettropfen sind infolge der Aufhellung der Schnitte als solche nicht mehr erkennbar; an ihrer Stelle sind wie gewohnlich helle, kreisförmig begrenzte Hohlräume zurück- ^) Auszugsweise vorgetragen am VIII. Kongreß der Deutschen dermatologischen Gesellschaft in Sarajevo. 408 Kraus. geblieben. In der Umgebung eines solchen Raumes ist eine größere Anzahl rundlicher, länglicher, polyedrischer Zellen angehäuft, darunter eine mit zwei Kernen, femer eine große, halbmondförmige mit vier Kernen. Das Protoplasma dieser Zellen ist fein granuliert, bei stärkerer Vergrößenmg löst sich die Granulierung indes in feine Vacuolen auf, wodurch der Zellkörper netzförmig erscheint. Der Raum einer anderen Fett- zelle ist durch eine große, fein vacuoläre Riesenzelle mit fünf Kernen eingenommen. Die rundlichen oder durch gegenseitigen Druck polyedrischen, ein- oder mehrkemigen Zellen entstehen durch fortschreitende Teilung aus dem ursprünglichen, einfachen ZeUkörper (Protoplasmarest mit Kern) der Fettzellen. Und zwar deutet das gelegentliche Vorkommen von Mitosen auf die Art der Kernteilung hin, wenn auch vielleicht direkte Ab- schnürung nicht ausgeschlossen ist.^ Eine zweite Abbildung zeigt eine weiter vorgeschrittene Wucherung des Fettgewebes im Unterhautfett unter einer Granulations-Schicht von längerer, mehrwöchentlicher Dauer, gleichfalls nach Frostgangrän: „Die Membran der Fettzellen ist zum Teil noch erhalten, so daß die jungen Zellen noch darin eingeschlossen sind; an anderen Stellen ist sie bereits zerstört, so daß die Zellen ziemlich regellos gelagert sind, hier und da von feinen Bindegewebsfasern und Gefäßen durch- zogen. Die jungen Zellen haben im allgemeinen dieselbe Be- schaffenheit wie die oben beschriebenen, sie sind fein vacuolär, nach der Extraktion oder Aulhellung des Fettes sehr durch- sichtig, mit einer feinen Membran versehen und nicht selten mehrkemig. Oft sind sie durch gegenseitigen Druck polyedrisch, so daß sie in der Tat sehr epithelähnlich aussehen können, wie G z a j e w i c z angab. . . . Man sieht inmitten der in dem Räume der ursprünglichen Fettzelle angehäuften Zellen eine unregelmäßig begrenzte helle Lücke, j^die im frischen Zustande mit einem Reste des Fettropfens ausgefüllt ist. An Präparaten, die mit Osmiumgemischen behandelt wurden, verdecken die Fettropfen durch ihre schwarze Färbung viel Einzelheiten ; die jongen Zellen sind ebenfalls tiefschwarz oder schwarz punktiert ; nach Lösung des osmierten Fettes treten die kleinen Lücken im Zellkörper deutlich hervor. In der Nachbarschaft der Fett- Unten, üb. d. entzündl. Atrophie d. sab kutanen Fettgew. 409 läppchen liegen zahlreiche, fetthaltige Zellen von dem Aussehen der jungen, durch Wucherung entstandenen Abkömmlinge des Fettgewebes." Marchand kommt zu dem Schlüsse, daß es sich bei dem beschriebenen Vorgange augenscheinlich um eine Neu- bildung Ton Zellen innerhalb der die ursprünglichen Fettzellen umgebenden Membran, von dem darin enthaltenen Protoplasma- reste aus, handle; man könne also mit einem gewissen Recht tatsächlich von einer endogenen Zellbildung sprechen. Wenn ich diese Befunde Marchands der Genauigkeit ihrer Schilderung halber so ausführlich wiedergegeben habe, so sei sofort darauf hingewiesen, daß die Angaben hierüber in der dermatologischen Literatur, wo man sie doch zunächst erwarten sollte, äußerst spärliche sind. In seiner Arbeit über normale und pathologische Histo- logie des Unterhautfettgewebes weist Heitzmanu (4) darauf hin, daß schon nach den Erfahrungen von Czajewicz sich analoge Bilder von Fettgewebsyeränderungen beim Studium des Fettgewebes von Individuen, bei welchen eine allmähliche Ab- zehrung erfolgt ist, sowie an Präparaten der Haut aus der Umgebung chronischer Entzündungsprozesse Torfinden. Er selbst bildet ein Präparat von der Brusthaut aus der Nähe eines eiternden Hohlganges ab, welcher zu einer durch Aktinomykose hervorgerufenen Bippennekrose führte ; an demselben sind sehr gut die von Flemming als ffWucheratrophie"* beschriebenen Fettgewebsveränderungen zusehen. Daß Heitzmann in den- selben weder einen Wucherungs- noch einen atrophischen Prozeß, sondern lediglich eine Rückkehr zum embryonalen Zustand der Fettkugel nach Schwund des Fettes sieht, sei nebenbei erwähnt. Weitere, die Befunde hierhergehöriger Fettgewebsverände- rungen betreffende Angaben finden sich in der dermatologischen Literatur der letzten Jahre bei verschiedenen Untersuchern des Erythema induratum Bazin. So heißt es bei Audry (5): „Die eigentlichen Verände- rungen beginnen in der Subcutis, unmittelbar in der Gegend, in welcher die Schweißdrüsenknäuel liegen. Sie bestehen in einer Art von Ödem, das aus einem feinkörnigen Exsudat 410 Kraus. besteht, und sich wie das Bindegewebe färben läfit Am Rande dieser ödematösen Partien findet man große Zellen von rander oder ovaler Form, die ein belies, wenig gefärbtes Protoplasma und einen kleinen, wandständig gelagerten Kern besitzen, welcher durchweg gefärbt ist. Diese Zellen stehen inmitten des Exsudates getrennt, am Rande zusammengelagert. Ich halte sie für große, einkernige Leukocyten, die eine ähnliche Um- wandlung durchgemacht haben wie bei Aktinomykose. Das umgebende Bindegewebe weist keine Reaktionserscheinungen auf^ es begrenzt die ödematösen Partien und das elastische Gewebe hört an der Stelle auf, wo das Ödem beginnt, als ob dieses ödem eine arrodierende Wirkung auf das anliegende Oewebe ausüben würde. Mehr in der Tiefe zeigt das Grewebe eine schwammige Beschaffenheit, es besitzt zahlreiche, runde Höhlungen, die wie mit einem Locheisen ausgeschlagen erscheinen und eine gelbe, ölige Flüssigkeit enthalten, welche auf makro- skopischen Schnitten leicht zu konstatieren ist, und wahr- scheinlich durch eine Umwandlung des Fettgewebes bedingt isf Thibierge und Rayaut (6) fanden beim Erythema induratum Tumoren von gelblicher Farbe, hart, im Unterhaut- fettgewebe sitzend, deutlich von der Umgebung abgegrenzt. Auf dem Durchschnitte entleeren sie eine ölige Flüssigkeit und sind durch „Bandes Sclereuses^ in mehrere, makroskopisch schon sichtbare Läppchen zerlegt. Diese Bänder bestehen aus Bindegewebe, in dem sich zahlreiche, von entzündlichen Infil- traten umgebene Gefäße finden, welche teils eine sehr starke, teils mäßige Endothelwucherung, zum Teil auch eine Ent- zündung ihrer Wände aufweisen. An einzelnen Stellen findet man in unmittelbaren Zusammenhang mit den Gefäßen oder auch in periyaskulären Infiltraten epitheloide und Riesenzellen. Das Yon den beschriebenen sklerotischen Bändern umgebene Bindegewebe enthält teils normales oder entzündlich gewuchertes, teils nekrotisches Fettgewebe. Alle diese Veränderungen sitzen in den tieferen Partien der Haut, während die oberen Teile kein Zeichen von Entzündung aufweisen. ** Harttung und Alexander (7) fanden inmitten des Fettgewebes große und kleine, scharfrandig begrenzte Hohl- räume Yoa verschiedener Gestalt, bald polygonal, bald rund, Unters, üb. d. entzündl. Atrophie d. subkutanen Fettgew. 411 je stärker die umgebende Infiltration ist, desto mehr sich der Kreisform nähernd. Ihr Inhalt sind große, runde oder yiel- kemige Zellen mit bläschenförmigen Kernen und mehreren Eemkörperchen. Das Protoplasma derselben ist teils normal, teils ist es von Vacuolen durchsetzt, und in eine schaumige, amorphe Masse verwandelt. Überwiegt nun die Zahl dieser letzteren, schon der Verfettung anheimgefallenen Zellen die der normalen, so erscheinen bei Alkoholhärtung die Hohlräume leer, überwiegen die gut erhaltenen, so sind die Hohlräume ganz mit ihnen angefüllt.'' . . . ,,Wir glauben nunmehr diese Bäume für Fettgewebsbezirke ansehen zu müssen, welche durch die dichte, sie zuweilen völlig schalen- und wallartig um- gebende und von dem Nachbargewebe abschließende Kand- infiltration in ihrer Ernährung gestört wurden und der Atrophie verfielen. Allmählich trat eine völlige Resorption des Fettes ein und an dessen Stelle trat dann eine kompensatorische Wucherung der Kerne der Fettzellen, eine Wucherung, die nun ihrerseits ebenfalls nicht von langer Dauer sein konnte, und bald der Verfettung anheimfallen mußte. Das mehrfeich erwähnte, die Hauptmasse unserer Tumoren bildende und deren Härte hervorrufende Infiltrat durchzieht in großer Mächtigkeit das gesamte untere Corium und Fettgewebe und reicht zuweilen ziemlich hoch hinauf. Es besteht teils aus mononucleären Leukocyten und gewucherten fixen Zellen, teils — wenn auch seltener — aus typischen Riesenzellentuberkeln, und bildet im Verein mit dem normalen und entzündeten Fettgewebe, den erweiterten Hohlräumen und den größeren oder kleineren fibrösen Strängen ein ganz eigenartiges und charakteristisches Büd.- Ich habe in meiner ersten auf die Fettatrophie bezüglichen Arbeit auf diese Befunde beim Erythema induratum mit dem gleichzeitigen Hinweise aufmerksam gemacht, daß ein Teil der Untersucher neben den Veränderungen im Fettgewebe gleich- zeitig echt tuberkulöse Veränderungen erheben konnte, und war zu dem Schlüsse gelangt, daß die verschiedensten lokalen Erkrankungsvorgänge im Bereiche der Haut, unter ihnen nicht in letzter Linie die Tuberkulose, gelegentlich von der circum- scripten, entzündlichen Fettatrophie begleitet sein dürften. Nichts 412 Kraus. lag näher als die Annahme, daß auch die verschiedensten anderen Entzündungsprozesse, die sich vorwiegend in der Tiefe der Haut abspielen, zu den gleichen Wahrnehmungen Veran* lassung geben würden, wenn erst einmal auf diese die Auf- merksamkeit gelenkt würde. Es scheint mir deshalb nunmehr angezeigt, über die histologischen Untersuchungsergebnisse eines Falles zu berichten, der mir als Bestätigung meiner im Vorausgehenden ausge- sprochoDen Annahme dienen zu können scheint. Derselbe betraf eine 36jährige Dienersfrau, die zum ersten Mal am 22. November 1902 das Ambulatorium unserer Klinik aufsuchte. Die Anamnese ergab folgendes: Fat. seit 12 Jahren verheiratet, gebar zunächst ein Kind, das im 4. Lebensjahre an Hirnhaatentzündung starb. 2 Jahre später 1. Abortus im 4. Monate; einige Zeit später trat ein über den ganzen Körper ausgebreiteter Ausschlag auf, der unter einer vom Arzte vorgeschriebenen Medizin in wenigen Tagen abgelaufen sein soll, seit dieser Zeit bis vor etwa 3 Jahren, zeitweise heftige Kopf- schmerzen. Vor 7 Jahren starke Hämorrhoidalblutungen mit konse- kutiver, schwerer Anämie. Operation auf einer chirurgischen Klinik. Vor etwa 3 Jahren 2. Abortus im 4. Monate, wieder ohne nachweisbare Ursache. — Die Afiektion, derentwegen Fat. unsere Hilfe in Anspruch nimmt, besteht seit etwa 3 Monaten. Es trat zunächst ohne schwerere Störung des Allgemeinbefindens, doch unter Schmerzen, allmählich eine starke Schwellung über der linken Fatella auf. Auf einer internen Klinik, an die sich Fat. zunächst wandte, wurden Einreibungen mit Chloroformöl verordnet. Unter diesen ließen die Schmerzen wohl nach, doch bildete sich in der Mitte der Anschwellung, wo sich mittlerweile die Haut stark gerötet hatte, eine Erweichung aus. Nach 2 Monaten, während welcher Zeit unter Schmerzen und Schwellung neue derartige Krankheitsherde am rechten und linken Oberschenkel, am rechten Unterschenkel und in der Kreuz beingegend entstanden waren, erfolgte an dem zuerst erwähnten — am linken Knie — der Durchbruch nnter Entleerung eitriger Massen. Nunmehr suchte Fat. unsere Klinik auf. Hier wurde folgender Status praesens erhoben: Fat. mittelgroß. Allgemeine Decken etwas blaß, gut entwickelter Fanniculus. An einzelnen Stellen der Haut beider Oberschenkel, der Rückseite des rechten Unterschenkel!, des linken Oberarms und der linken Glutaealgegend tastet man in der Tiefe der Haut gelegene, znm Teil mit ihr verlötete, dieselbe wenig vorwölbende, derbe, undeutlich begrenzte, knotige Infiltrate von Erbsen- bis Überhaselnußgröße. Am linken Knie und an einer Stelle der Haut des äußeren oberen Drittels des linken Oberschenkels ist dieselbe etwa im Umfange eines Oulden- Unters, üb. d. entzündl. Atrophie d. subkutanen Fettgew. 41 3 Stückes brannrot verfärbt, stark infiltriert und weist eine zentral ge- legene, erbsengroße, scharfrandige Wundhöhle auf, deren Boden leicht belegt ist. Unterhalb der rechten Wade befindet sich eine gleichfalls braunrot verfobte, oberflächlich schuppende Stelle, an der zentral bereits Heilung erfolgt ist. — Der somatische Befund entspricht der Norm. An Lymphdrüsen, Enochensystem und Schleimhäuten keine Besonderheiten. Am 24. Dezember 1902 wird ein erbsengroßer, nicht spontan, wohl auf Druck schmerzhafter Knoten an der Vorderfläche des linken Oberschenkels, über dem die Haut nicht wesentlich verändert ist, excidiert. Über das Ergebnis der vorgenommenen histologischen Unter- suchung will ich später berichten. Decursus: Die Wundheilung an der Excisionsstelle erfolgte bis auf eine Naht, die durchschnitt, per primam. 5. Jänner 1903. Trotz andauernden As-Gebrauches und innerlicher Darreichung eines Polyjodats sind neuerdiugs an verschiedenen Stellen Knoten aufgetreten. 2. März. Ulzeration am linken Knie hat Kronengröße erreicht. Therapie: Jodkalium, graues Pflaster. 6. März. Ulzeration am linken Knie bedeutend ver- kleinert. Die Knoten sämtlich geschwunden. 15. März. Wundhöhle am linken Knie kaum erbsengroß; ein neuer Knoten am linken Knie aufgetreten. 30. März. Fat hat aus äußeren Gründen die verordnete Therapie nicht durchgeführt. Der Knoten am linken Knie nußgroß, im Zentrum Fluktuation, die Haut darüber sehr stark entzündlich verändert. 15. April. Unter Jodkalium, grauem Pflaster auflallend rascher Rückgang der Entzündungserscheinungen. 15. Juni. Unter antiluetischer Therapie seit 2 Monaten keine frischen Knoten. 8. August. Der zuletzt entstandene Knoten am linken Knie nur noch als erbsengroße, derbe Resistenz in der Tiefe der Haut fühlbar. Entzündungserscheinungen der bedeckenden Haut völlig abgelaufen. — Der Knoten wird in Form einer ihn umgreifenden Hautspindel mit dem subkutanen Fettgewebe bis tief auf die Fascie excidiert. — Dasselbe war auch gelegentlich der ersten Excision geschehen. Die Diagnose war unter Berücksichtigung des klinischen Befundes namentlich an den beiden exulcerierten Knoten, der ziemlich positiven Anamnese und später ganz besonders der auffallend günstigen Beeinflussung durch die eingeleitete anti-^ luetische Behandlung auf Lues gummosa gestellt worden. Was nan die histologische Untersuchung der beiden excidierten Knoten betrifft, so wurden diese zum Teil 414 Eraan. in Alkohol fixiert, zum Teil in Flemming scher Lösung kon- serviert und in Alkohol nachgehärtet, sodann teils in Paraffin- serien, teils nach Gelloidineinbettung geschnitten, und den gebräuchlichen Methoden der Kern, Bindegewebs- und elastischen Faserfarbungen unterzogen. Makroskopisch betrachtet zeigte das Präparat an einem durch die größte Breite der Hautspindel gelegten Querschnitt, der den durch die deckende Haut als derbe Resistenz tastbaren Knoten traf, an einer Stelle des subkutanen Fettgewebes ein in sehr dichten, zirkulären Zügen angeordnetes Bindegewebe, das einen — etwa 1 mm im Durchmesser messenden — rundlichen Hohlraum begrenzte, dessen Lumen von einer Masse ausgefüllt erschien, die nur an einer Stelle der Wandung diese nicht ganz erreichte, so daß man das Bild eines thrombosierten Lumens vor sich zu haben glauben konnte. Von der dichten bindegewebigen Umrandung dieses Gebildes sah man dann stärkere und schwächere Bindegewebszüge nach verschiedenen Richtungen hin abzweigen, verschieden große Partien eines auffallend stark gelb gefärbten Fettgewebes zwischen sich fassend, in dem man hier und da kleine, rundliche, lochförmige Hohlräume bemerken konnte. Der histologische Befund beider excidierter Partien ergänzte sich zu einem einheitlichen Bilde, weshalb ich der Kurze halber in Einem darüber berichten will. Epidermis und Corium zeigen keine wesentlichen Ver- änderungen, abgesehen von einem mäßigen Ödem und geringer kleinzelliger Infilration, die zum größten Teile den Gefäßen folgend, hier und da in kleinen, isolierten Herden verstreut, anzutreffen ist. Der Beteiligung der tieferen Schichten des Corium will ich später Erwähnung tun. Sehr auffallende Veränderungen aber weist das Unterhaut- fettgewebe auf, das sich als Hauptsitz der Affektion erweist. Während einzelne Läppchen desselben sich — von geringen Entzündungserscheinungen abgesehen — ziemlich unverändert erweisen, sind andere Teile desselben mehr oder minder voU- ständig dem Krankheitsprozesse zum Opfer gefallen, der sich der Hauptsache nach als ein typisches, subkutanes, in den zentralen Partien deutlich verkästes Gumma dar- Unters, üb. d. entiündl. Atrophie d. subkatanen Fettgew. 41 5 stellt, das an der unteren Grenze des Corium beginnend, nach aufien hin von einer sehr mächtigen Schicht konzentrisch an- geordneter Bindegewebsmassen umgeben ist. Diesen folgt nach innen zu eine breite Zone zelligen Infiltrates, das sich aus mononucleären Leukocyten, Fibroblasten, Plasmazellen und stellenweise Riesenzellen zusammensetzt, welche mit ihrer oft polygonalen Form sehr an jene erinnern, wie sie bei der Wucheratrophie des subkutanen Fettgewebes beschrieben worden sind und wie ich sie selbst noch zu erwähnen haben werde. Das Zentrum der Bildung endlich ist von einer, zum Teile in die randständige Infiltrationszone allmählich übergehenden, stellenweise von derselben durch einen schmalen Zwischenraum YÖUig abgesetzten homogenen Masse gebildet, die nur noch an den peripheren Teilen einzelne Zellkonturen und deutlicher gefärbte Kerne aufweist, während ihr völlig strukturloses Zentrum mit basischen Farbstoffen nicht mehr färbbar, sauere begierig aufiummt. Hier und da sieht man in der ganzen Bildung Beste elastischer Fasern versprengt. Von dem eben geschilderten Gebilde setzen sich nach den benachbarten Partien des Fettgewebes Züge des rand- ständigen Bindegewebes fort, und umfassen in lebhafter Ent- zündung begriffene Teile desselben. Während an einzelnen dieser im wesentlichen kleinzellige Infiltration mit Übergang in Bindegewebsneubildung zu konstatieren ist, weisen andere Partien des Fettgewebes in der unmittelbaren Nachbarschaft des großen Entzündungsherdes deutlich die Charaktere der Wucheratrophie des Fettgewebes auf. Die Bindegewebsmaschen des Fettgewebsnetzes zeigen sich Yon einer großen Zahl rund- licher, polyedrischer, oder länglicher Zellen erftUlt. Die ein- zelnen derselben haben einen großen Protoplasmakörper, der ein fein granuliertes Aussehen hat und bei starker Vergrößerung zahlreiche Vacuolen erkennen läßt. Die großen, ovalen, gut farbbaren Kerne zeigen häufig eine kreisrunde, wie mit einem Locheisen ausgeschlagene Lücke. Neben diesen einzelnen Zell- gebilden sieht man vielfach Übergänge zu mehrkemigen und endlich zu ausgesprochenen Riesenzellen, mit sehr zahlreichen Kernen, deren zumeist sehr gut farbbare Zelleib bald eine der Kugelform sich nähernde, rundliche Kontur aufweist, bald 416 Krau«. einen sehr unscharf und unregelmäßig begrenzten Protoplasma- kluinpen aufweist, der zwar zahlreiche Kerne besitzt, in der Form aber viel weniger sich der wirklichen Riesenzelle nähert. Man sieht an vielen Stellen die Übergänge von den einzelnen Zellen zu diesen Zellkomplexen, indem an den erwähnten, vielgestaltigen Protoplasmaklumpen noch vielfach die in ein- ander übergehenden Konturen der einzelnen Zellen wahr- zunehmen sind. In der weiteren Umgebung des großen Ent- zündungsherdes verlieren sich diese Veränderungen allmählich und die kleinzellige Infiltration setzt sich längs der die Fettläpp- chen trennenden Bindegewebssepten, verschieden weit in diese fort, nur stellenweise zusammenhängendere Bezirke desselben in Gänze einnehmend. Diese herdweisen Infiltrate, die sich stellen- weise auch noch in der Nähe der untersten Grenze des Ck>rium finden, enthalten vielfach epitheloide und Riesenzellen, welche letztere vollkommen identisch mit jenen, im atrophisch wuchernden Fettgewebe erwähnten sind, und zur Gestaltung eines an miliare Tuberkel ungemein erinnernden Bildes beitragen. Diesen letzteren Befund möchte ich ganz besonders her- vorheben; auch Pfeifer tut dies gelegentlich der Beschreibung seines Falles von herdweiser Atrophie des Fettgewebes in folgender Weise: „Äußerst spärlich fand man kleine Infiltrate in der Pars reticularis des Coriums selbst und da nur in nächster Nähe des Fettgewebes; im übrigen war das Corium frei von patho- logischen Veränderungen. An einzelnen Stellen des erkrankten Unterhautfettgewebes, wo sich das entzündlich veränderte Bindegewebe gleich unter dem Uorium vorfand, ließ sich natürlich oft eine inoige Verschmelzung dieser Bindegewebs- massen mit den großzelligen Bindegewebszügen des Corium nachweisen. Das mikroskopische Bild der vorerwähnten, herd- weisen Infiltrate erinnerte in Große, Form und Bau sehr an miliare Tuberkelherde. Besonders da wurde die Ähnlichkeit eine auffallende, wo einzelne Fettzellen in einem bestimmten Stadium der Wucheratrophie miteingeschlossen waren. In diesem Stadium nämlich sehen dieselben den Riesenzellen des Tuberkel- knötchens sehr ähnlich.^ Unters, üb. d. entzündl. Atrophie d. sobkutanen Fettgew. 417 Demgegenüber aber muß hier doch darauf hingewiesen werden, daß Harttung und Alexander in mehreren Fallen Erythema induratum Bazin das Nebeneinandervorkommen wirklich tuberkulöser Veränderungen neben den beschriebenen, der Wucheratrophie zugehörigen Prozessen im subkutanen Fettgewebe beobachtet haben. Auch ich hatte mittlerweile Gelegenheit, eine ähnliche Wahrnehmung zu machen, indem ich bei der histologischen Untersuchung eines eigenartigen, seitdem von mir unter dem Titel „Multiple, primäre, in Knoten- form auftretende Zellgewebstuberkulose der Haut" publizierten Falles, neben dem ausgesprochensten Bild verkäster Tuberkel des Unterhautfettgewebes eine typische entzündliche Atrophie des Fettgewebes vorfand (8). Kehren wir nunmehr zur Beschreibung des histologischen Befundes in unserem Falle zurück, so wäre hier nur noch der — für die Natur des Prozesses allerdings sehr wichtigen — Gefäßveränderungen zu erwähnen. Diese betrafen in erster Linie die arteriellen Gefäße des Hypoderms, welche allent- halben sehr starke endarteriitische Prozesse aufwiesen. Das Lumen der kleineren Arterien war durch die Wucherungsvor- gänge fast YoUständig verschlossen. Resümieren wir das Gesagte, so erbrachte die histologische Untersuchung den Beweis, daß es auch im Gefolge des spezi- fischen luetischen Entzündungsprozesses im subkutanen Fett- gewebe sekundär zu atrophischen Veränderungen desselben kommen könne. Es ist uns nicht fraglich, daß gleichartige Ver- änderungen ebenso bei den verschiedensten anderen, mit pri- märer oder sekundärer Beteiligung des subkutanen Fettgewebes einhergehenden pathologischen Prozessen eine Rolle spielen. Für Prozesse tuberkulöser Natur scheint uns dies nach dem Vorerwähnten gleichfalls sichergestellt. Während der Korrektur der Arbeit ist in diesem Archiv (Bd. LXXI, pag. 385) die zweite Publikation von Harttung xmd Alexander (9) über das Erytheme indure Bazin er- Areh. f. Dermat. n. Syph. Bd. LXXII. 27 418 Kraus. schienen. Es sei mir gestattet, hier mit einigen Worten auf dieselbe einzugehen. Am Vin. Kongreß der deutschen dermatologischen Ge- sellschaft in SarajoYO demonstrierte Harttung mikroskopische Präparate von Erythema induratum Bazin, durch welche er den Nachweis der tuberkulösen Natur dieser Affektion zu er- bringen suchte. Im Anschlüsse daran berichtete ich (s. Arch. Bd. LXXII, Heft 3, pag. 433) über die bei der Untersuchung des dieser Arbeit zu gründe liegenden Falles wahrgenommenen Befunde und hob die Ähnlichkeit der durch die Wucheratro- phie des Fettgewebes gelegentlich entstehenden Bilder mit denen der Tuberkulose hervor. Dies sei deshalb konstatiert, weil nunmehr auch Harttung und Alexander (9) in ihrer letzten Mitteilung über das Erythema induratum über gleich- artige Wahrnehmungen berichten, dies im Gegensatze zu ihrer ersten, dasselbe Thema behandelnden Arbeit. So heißt es bei der Wiedergabe des mikroskopischen Befundes in einem der Fälle (1. c. pag. 391) wörtlich: „Einzelne Stellen sind bei flüchtiger. Betrach tung sehr tuberknlosen ähnlich. Es sind das diejenigen Schnittpartien, in denen die Riesenzellen enthaltenden Fetträume nicht besonders deat- lich von ihrer Umgebung abgegrenzt sind and mehr diffus zerstreut in einem Gewebe liegen, welches sich infolge seines Reichtums an gewucher- ten, den epitheloiden sehr ähnlichen Fettzellen, und seines Leukocyten- gehaltes in seiner Struktur der des tuberkulösen Gewebes sehr nähert Bei einigem Dnrcharbeiten wird es aber doch sicher, daß diese Riesen - Zellen in präfurmierten Hohlräumen liegen and das Wesentlichste: sie sind eben in ihrem ganzen Aufbau von den La nghans sehen Zellen grundverschieden . . .** Wenn heute auch das Erythema induratum von einer Anzahl von Autoren den echten Tuberkulosen der Haut zugezählt, von anderen in einen noch nicht genägend scharf präzisierten, aber jedenfalls bestehenden, indirekten Zusammenhang mit der Tuberkulose gebracht wird, so wird man unseres Erachtens doch diesen — ebenso bei anderen Affektionen als gerade auch beim Erythema induratum zur Beobachtung gelangenden „sehr tuber- kulosenähnlichen' Veränderungen Beachtung schenken müssen, welche auf die im Gefolge der verschiedenartigsten entzünd- lichen Prozesse im Fettgewebe sich abspielende Atrophie zurück- zuführen sind und auf deren Bedeutung ich — wie erwähnt — schon seinerzeit aufmerksam machte. Uniers. üb. d. entzündl. Atrophie d. subkatanen Fettgew. 419 Noch ein zweiter Punkt in der jüngsten Arbeit von Harttang und Alexander gibt mir Veranlassung, auf die- selbe zurückzukommen. Die Autoren sagen nämlich (pag. 403) ^ nDie AofiiMsangy die Kraus für seine Fälle findet — cUe gewiß ftr diese und die von Pfeifer und Rothmann zu reoht besteht — •daß die Enotenbildung nur die Bedeutung eines Symptoms habe und daß die Knoten gelegentlioh einer die Kräfte des Organismus und dessen Ge- 'webe stark konsumierenden schweren Erkrankung auftreten, trifft fär unsere Fälle sicher nioht zu. Im Gegenteil, die Erkrankung ist eine rein lokale und so sehr lokalisiert und abgeschlossen, daß sie, trotzdem überall die Disposition zur Tuberkulose besteht, den Gesamtkörper noch gut nicht allgemein angegriffen hat . . .'^ Demgegenüber muß ich feststellen, daß es am Schlüsse meiner ersten, auf die entzündliche Atrophie des subkutanen Fettgewebes bezüglichen Arbeit (10) wörtlich heißt: j,Es scheint demnach, daß die erwähnten Prozesse im Fettgewebe nicht nur als Symptom allgemeiner konsu- mierender Erkrankungen überhaupt, sondern auch im ■Gefolge lokaler Erkrankungsvorgänge im Bereiche der Haut «elbst auftreten können, unter welchen wieder die Tuber- kulose nicht in letzter Linie in Betracht käme, wofür die i^ngaben der erwähnten Autoren (Thibierge undRavaat Mantegazia, Harttung und Alexander!) sprechen, die neben den Erscheinungen der circumscripten, entzündlichen Fett- atrophie gleichzeitig yorhandene tuberkulöse Verände- rungen vorfanden.^ Wir glauben demnach, daß die neuerlichen Befunde Harttungs und Alexanders diese unsere damalige Schluß- folgerung nur abermals bestätigt haben. Meinem hochverehrten Chef, Herrn Professor Pick, erlaube ich mir für die Zuweisung dieser Arbeit und die freundliche Unterstützung bei derselben den besten Dank auszusprechen. 27* 420 Kraus. Literatur. 1. Pfeifer. Über einen Fall von herdweiser Atrophie des sub- kutanen Fettgewebes. Dtsoh. Arch. f. klin. Med. Bd. L. p. 488. 2. Rothmann. Über Entzündung und Atrophie des subkutanen Fettgewebes. Yircb. Arch. Bd. CXXXYl. p. 159. 8. Marchand. Der Prozeß der Wundheilung mit Einschluß der Transplantation. Deutsche Chirurgie. Lief. 16. p. 186 ff. 4. Heitzmann. Normale und pathol. Histologie des Unterhaut- fettgewebes. Arch. f. Derm. u. Syph. Bd. XXXII. 1805. 5. Audry. De la lesion de l'^ritheme indure de Bazin. Ann. de derm. 1898. Zit nach Mraöek, Handb. d. Hautkr. 1902. 6. Thibierge und Ravaut. £tude sur les Msions et la nature de l'örythöme indurä. Ann. de derm. 1899. 7. Harttung und Alexander. Zar Klinik und Histologie des Erytheme indure Bazin. Arch. f. Dermatol. u. Syph. LX. 1902 und Vin. Kongress d. deutsch, derm. Ges. Sarajevo. 1908. 8. Kraus, A. Multiple, primäre, in Knotenform auftretende Zell- gewebstuberkulose der Haut. Prag. med. Woch. 1904. Nr. 28. 9. Harttung und Alexander. Weitere Beiträge zur Klinik u. Histologie des Erytheme indur4 Bazin. A. f. D. u. 8. Bd. LXXL p. 885. 10. Kraus, A. Über entzündliche Knotenbildung in der Haut mit umschriebener Atrophie des Fettgewebes. Archiv f. Dermatol. u. Syphil. Bd. LXYI. pag. 887. Bericht über die Leistungfen auf dem Gebiete der Dermatologie und Syphilis. Bericht über die Verliandliiiigen des Vni. Kongresses der Deutschen dermatologisclien Gesellscliaft in Sarajevo vom 21.— 23. September 1903. (SchlaB.) III. Sitzung. Mittwoch, den 24. September im bo8n.-herz. Landesspitale. 22. Glftck (Sarajevo). Ober den Verlauf und die klinischen Formen derLepra mit Kranken de monstrationen. Über den Ursprung und das Alter der Lepra in Bosnien und der Herze- gowina liegfen keine Quellen vor; die von Prof. Neumann seinerzeit ausgesprochene Vermutung, daß die Krankheit durch römische Soldaten zur Zeit der Eroberung des Landes im 2. Jahrhundert n. Gh. eingeschleppt wurde, ist eine ganz unerwiesene Hypothese. Die Tatsache, daß die sogenannte tuberöse Lepraform mindestens eben so h&ufig als die anästhetisohe zur Beobachtung gelangt, spricht gegen die Annahme eines hohen Alters der Krankheit in Bosnien. Es ist ja bekannt, daß die Lepra in jenen L&ndenip wo sie seit Jahrhunderten endemisch ist, viel häufiger in nervösen Formen anzutrefien ist als in der Knotenform. Gegenwärtig sind bei uns etwa SOO Lepröse bekannt. In Bezug auf die Verbreitung des Leidens wäre zu bemerken, daß dasselbe meistens auf den Osten und Südosten des Landes sich beschränkende Herde bildet, u. zw. sind die Grenzbezirke gegen Serbien und die Türkei am meisten betroffen. Überdies findet man im Zentrum des Landes einen intensiven Lepraherd im Bezirke Prozor. In den übrigen Teilen des Landes kommt die Lepra nur sporadisch oder überhaupt gar nicht vor. Glück stellt 14 Männer, 8 Weiber vor, davon gehören 8 Männer und 2 Weiber der sogenannten tuberösen Form an; 2 Männer, 1 Weib der tubero-anästhetisohen und 4 Fälle der reinen anästhetischen Form an. Der Primäraffekt kann sowohl an der Haut wie an der Schleimhaut sitzen, von dem Befunde, daß die Nase stets der Ausgangspunkt der Lepra 424 Verhandlungen sei, wie Stick er behauptet, konnte Glück sich nicht überzeogen. Das sekundäre, resp. das Frühstadiom folgt nun nach kürzerer oder längerer Zeit und ist durch polymorphe erythematöse Ausschläge gekennzeichnet, die nach kürzerem oder längerem , Bestände schwinden, doch können manchmal diese Flecken bestehen bleiben. Diesem Stadium folgt bei der tuberösen Form die Entwickelung der Knoten, resp. der Infiltrate. Bei der anästhetischen Form fallt das Stadium der leprosen Neubildungen, das der Leprome weg und es treten die Veränderungen von Seiten des Nerrensystems mit ihren Folgen in den Vordergrund. Bei den Krankenvorstellungen macht 61. auf die charakteristischen Erscheiuungen am Kopfe, dem leprösen Gesichte aufinerksam, weist auf die Verdickungen der Nn. auriculares majores hin, bespricht die Veränderungen des Rachens, des Kehlkopfes, demonstriert den Farben ton der Haut, die Verdickungen der Nn. ulnares, die Infiltration der Haut, eventuell Geschwüre und Narbenbildung über den Ellbogen, in 2 Fällen die rosenkranzartige Verdickung der Haut- venen am Handrücken (Phlebitis leprosa), zeigt die Atrophie der Hohl- haudmuskulatur, die Veränderungen an Genitale und den Hoden etc. Bei der Vorführung der anästhetischen Formen verweist Gl. auf die Kontrakturen der Hände, die Mutilationen, Mala perforantia, die Ver- änderungen an den Fiugern und demonstriert Röntgenaufnahmen, an denen man ganz genau den Gang der Mutilationen verfolgen kann. In 2 Fällen fanden sich ausgedehnte Morphäen. Aus diesen Darlegungen ist zu ersehen, daß Gl. sich mit der der- maligen Einteilung der Lepra in die Knoten- und Nervenlepra nicht zu- friedenstellt und eine mehr den klinischen Erscheinungen der einzelnen Fälle entsprechende Einteilung der Krankheitsformen als erwünscht be- trachtet. Die Erkrankung dauert Jahre lang und die Kranken gehen alle entweder durch Entkräftung, oder eine andere interkurrente Erkrankung, gewöhnlich durch Tuberkulose zu Grunde. In Bezug auf die Therapie teilt GL mit, daß nach seinen jahrelangen Beobachtungen nur mittels Arsen eine Besserung zu erzielen ist. Das Arsen wird in Form des Guberwassers verabreicht, bis zu 12 Löffeln täglich. Unter dieser Medikation sieht man oft ein Abflachen der Knoten, Verheilung aus- gedehnter Geschwüre, ja in einigen Fällen temporären Stillstand des Prozesses eintreten. Von Iigektionen mit Ghaulmograol oder Hydrargymm wurde nicht die geringste Beeinflussung des Prozesses bemerkt, ebenso nicht bei der internen Verabreichung des Ghaulmograöles in kleineren oder größeren Dosen, oder bei Darreichung von Natrium salicylionm bis 6 Gramm pro die, auch Gurjunöl blieb völlig ohne Effekt. Die Ii^ektionen mit Ghaulmograol sind außerordentlich schmerzhaft, führen in einzelnen FäUen zur Abszeßbildung, die Sublimatinjektionen schwächen die Kranken und greifen Mund wie Darmschleimhaut in intensiver Weise an. Die Semmbehandlung nach Garasquilla führte zu keinerlei Resultaten. Neben der medikamentösen Therapie wird der sorgfältigsten Pflege der Haut, sowie der Lokalbehandlung der einzelnen Veränderungen und der Lebens- des YIII. Eongr. der Deutschen denn. Ges. in Sarajevo. 425 weise volle Aufmerksamkeit geschenkt. Nur in dieser Weise kann im einselnen Falle eine günstige Beeinflussung erwartet werden. In jenen Fällen, wo eine Besserung im Zustande eintrat, war dieselbe nur auf die entsprechende medikamentöse (Arsen-) Therapie und die hygienisch- diAtetische Behandlung zurückzuführen. Diskussion. Herr von Petersen (St. Petersburg). In der Leprakolonie Krut^a Rutschji der Gesellschaft zur Bekämpfung der Lepra im Gouvernement St. Petersburg wurden alle bekannten Mittel versucht. Im Anfange wirken auf alle Kranken die guten hygienischen Verhältnisse ffünstiff ein. Am besten bewährte sich Natr. sahcyl (0*8 ^ X 8 täglich) durch Monate, ja Jahre hindurch und OL Gynocard. (anflnglich 8 Tropfen täglich, langsam steigend). Über 35 Tropfen 2—8 täglich vertragen die Leprosen nicht mehr gut. Die großen Dosen schaden mehr, da die Therapie durch das Aussetzen ja für längere Zeit nicht fortgesetzt werden kann. Die Injektionen von Nitr. gynocard., wie auch Ol. Gynocard wurden wegen zu großer Schmerzhaftigkeit bald verlassen. 23. von Masehek (Agram) demonstriert einen Fall von Syringomyelie. Die Kranke stammt aus einer vollkommen leprafreien Gegend (Grenze Kroatiens und Steiermark). Anamnestisch also nichts für Lepra, nnd ebenso nicht für Syringomyelie zu eruieren. Es bestehen ausgedehnte Störungen der Tast-, Schmerz- und Temperatur- empfindung und zwar in größerer Ausdehnung auf der linken Körper- hälfte. Die zahlreichen, allenthalben verstreuten Narben rühren von Geschwüren her, welche durch unbewußte Verbrennungen entstanden sind, so z B. eine ausgedehnte Narbe an der linken Mamma, durch An- lehnen an den Ofen während eines Malariafrostes. An den Händen be- steht Atrophie und Lähmung der Interossealmuskulatur, sowie des Thenar und Antithenar. Beim Versuche die Hand zu strecken bietet dieselbe das typische Bild der Predigerhand. 24. Wodyiiski (Sarajevo). Über Sektionsbefunde bei Lepra (mit Demonstration pathologisch-anatomischer und mikroskopischer Präparate). Während des neunjährigen Bestandes des bosn.-herz. Landes- spitales sind unter 2600 Obduktionen 24 Leichen Lepröser seziert worden ; darunter waren 5 Weiber und 19 Männer. Was die Provenienz anlangt, so stammten alle aus Bosnien und der Herzegowina mit Ausnahme eines Weibes aus dem angrenzenden Dalmatien. Das Alter der Verstorbenen schwankte zwischen 15 und 50 Jahren, die meisten waren nicht über 40 Jahre alt. Der Eonfession nach waren 5 Islamiten, die übrigen Christen. Als Todesursache wurde konstatiert: Tuberkulose der Lungen und anderer Organe in 6 Fällen, wobei sich auch in anderen Fällen, bei welchen die Todesursache anderer Art war, Anfänge von Tuberkulose fanden, Lungengangrän in einem Falle, katarrhalische P neumonie in 4 Fällen, krupöse Pneumonie in einem Falle, Lungenemphysem und Herzentartung in 3, akute serofibrinöse Perikarditis ebenfalls in 3, ausgebreitete Phlegmone und Erysipel in 3 Fällen, chronische Dysenterie einmal; allgemeiner Marasmus ohne Nachweis einer primären tötlichen Organerkrankung fand sich zweimal, so daß eigentlich nur in diesen 2 Fällen die Lepra als primäre Todes- 426 Yerhandlungen Ursache angesehen werden konnte, während in den anderen Fällen die akzidentellen Krankheiten den Tod herbeigeffthrt hatten. Was die für Lepra charakteristischen Organerkranknngen — mit Ausschloß der Haut — anbelangt, so waren in erster Linie die Ver- änderungen im Kehlkopfe von Interesse. Der Vortragende zeigte eine Beihe von Präparaten, an welchen die f&r Lepra charakteriatisohen Affektionen im Rachen und Kehlkopf — von geringgradigen Verände« rungen bis zu den schwersten Destruktionen zu erblicken sind. Inter- essant waren die dabei entstehenden Stenosen, die auch in 2 Fällen die Vornahme der Tracheotomie erforderlich gemacht hatten. In 2. Reihe als far Lepra sehr charakteristiseh waren die Präparate Yon Lymphdrüsen, der Leber und der Milz. Im Anschluß daran wurde eine Reihe von mikroskopischen Prä- paraten aus der Leber demonstriert, in welchen der histologische Bau der sogenannten Lepromata miliaria besonderes Interesse erweckte. 26. Justyn Karli^ki, Öajnica (Bosnien). Zur Bakteriologie der Lepra. Die Frage nach einer Kultur des Leprabazillus maß trotz vielfacher Versuche als eine ungelöste betrachtet werden. Wohl ist es einzelnen Forschem gelungen, aus dem Lepramateriale säurefeste Bazillen zu züchten, die Angaben werden meistens widerlegt, so daß die gefundenen Mikroorganismen lediglich in die schon stattliche Gruppe der säurefesten Bazillen eingereiht werden können. K. will hier auf die Ergebnisse der Forschung von Bordoni - CJfroduzzi, Levy, Gzaplewski, Teich, Barannikov, Garasquilla und Ken- drowsky etc. und deren Schicksale verweisen. Es hat fär K. den Anschein, als ob die aus den Lepraknoten stammenden und mikroskopisch nachweisbaren Bazillen eine verschiedenartige individuelle Lebenaenergie besäßen, wodurch sich die Verschiedenheiten ja sogar Widersprüche in den Angaben einzelner Forscher erklären. K. demonstriert einige Kulturen und Präparate eines exquisit säure- und alkoholfesten Bazillus, den er aus Leprakuoten gezüchtet hatte. Die Kulturen wurden auf folgende Art angelegt: Nach sorgfaltiger Desinfektion der Haut mittels Seife, Sublimat und Alkohol wurden an einzelnen Oberarmstellen, abseits von den mani- festen Knoten, Stücke von frisch bereitetem Emplastrum euphorbiae angelegt und als sich eigroße Blasen gebildet haben, der klare Inhalt mittels steriler Kanülen in sterilisierten Eprouvetten aufgefangen. Das so ge- wonnene gelbliche Serum erwies sich bei genügender Vorsicht stets steril. Nun wurde unter antiseptischen Kautelen ein Knoten, welcher keine Ulzeration oder Erweichung zeigte, ausgeschnitten, im sterilen Mörser zerdrückt und in das früher beschriebene Serum einzelne mohn- große Stückchen gelegt und in Thermostaten aufbewahrt. Im zerdrückten Knotensafte wurden Leprabazillen massenhaft nachgewiesen. Nach 6 bis 8 Tagen bei Temperatur 88 G. aeigte sich um das hineingelegte Knotenstückchen ein schwacher weißlicher Bodensatz, nach 14 Tagen waren kompakte mohngroße schollige Massen im Bodensatze des YIII. Eongr. der Deatschen derm. Ges. in Sarajero. 427 sichtbar, die an Gröfie yariierien und hie und da bis an die Oberfl&che des Semms hinaufstiegen. Einzelne Stückchen dieses Bodensatzes in frisches Serum desselben Patienten hineingelegt, vergrößerten sich langsam, zerbröckelten jedoch bald. Die mikroskopische Untersuchung ergab eine Reinkultur eines dünnen säurefesten Bazillus, welcher hie und da kolbige Anschwellungen aufwies, hie und da gekörntes Aussehen darbot, nie jedoch Verzweigungen aufwies. Die S&urefestigkeit erhielt sich in einzelnen Kulturen bis zur 6. Generation (innerhalb 7 Monaten), dann waren die späteren Gene- rationen weniger gegen die Säure resistent. An keinem anderen Nähr- boden, nicht einmal am koagulierten Serum des leprösen Patienten, war irgend ein Wachstum nachweisbar. Tierversuche au Katzen und Kaninehen, sowohl bei intravenöser Injektion wie auch bei Einbringung kleiner Partikelchen in die Aagenkammer blieben resultatlos. Unterhalb der Temperatur 38^ C. blieb das Wachstum aus, ebenso bei Anlegung von Kulturen bei Sanerstoffabschluß. Der Bazillus ist absolut unbeweglich. Bis jetzt hat K. solche Kulturen aus 2 Leprapatienten (Ge- schwister 11, respektive 14 Jahre alt, aus dem türkischen Gebiete stammend) gewonnen und die Kulturen zeigten sowohl gleiches Aus- sehen, wie mikroskopische Bilder. Im Serum eines 8. Patienten, bei dem die leprösen Erscheinungen bereits stark vorgeschritten waren, mißlang die Kultur der aus den zwei früheren Fällen gewonnenen Bazillen, während aus den vorhandenen Knoten im eigenen Serum schwaches Wachstum nach 3 Wochen zu konstatieren war. 26. Preindelsberger (Sarcgevo). Über epidurale In- jektionen bei Erkrankungen der Harnblase. Aufgeregt durch die Erfolge, die Cathelin bei den verschiedensten Affektionen des ürogenitalapparates mit epiduralen Injektionen erzielte, beschloß P. diese Methode bei Enuresis nocturna und Erkrankungen der Harnblase anzu- wenden. Genau nach Gathelins Angabe wird die Einspritzung durch den Hiatus sacralis in einen Raum des canalis sacralis vorgenommen, der unterhalb der Beinhitnt gelegen, sich in den das ganze Rückenmark umgebenden epiduralen Raum fortsetzt; in diesem Räume liegen die letzten Verzweigungen der cauda equina und hier im Tierversuche ein- gespritzte Farbstofilösungen verbreiten sich in kurzer Zeit im ganzen epiduralen Cavam, ebenso Arzneistoffe in Lösungen und gelangen so zur Resorption. Preindelsberger hat in 18 Fällen 82 epidurale In- jektionen vorgenommen und handelte es sich um: 1 Fall von Schrumpfblase (erst später wurde eine Bauchdecken- blasenfistel angelegt); 1 Fall von Incontinentia paralytica; 2 Fälle von Cystitis acuta; 1 Fall von Fissura ani; 1 Fall von Spondylitis typhosa. 428 Verhandlungen In diesen 6 Fällen war kein Erfolg der Cocaininjektion zu ver* zeichnen, die schmerzstillende Wirkung war nur eine temporäre, vielleicht etwas länger anhaltend als die einer subkutanen Morphinmiigektion. In 6 Fällen von Enuresis nocturna war einmal ein Mißerfolg, einmal eine nicht genau kontrollierbare Besserung zu bemerken, in den übrigen 4 Fällen kann aber von einem vollen Erfolge gesprochen werden. In diesen Fällen wurde je 6 ^ physiologischer Kochsalilösung verwendet. In 2 Fällen (Spätenuresis), wo es sich um je ein ITjähriges und 26jähriges Individuum handelte, ließ sich eine Hypoplasie der Prostata nachweisen. Die Anwendung dieser Methode erscheint mit Rücksicht auf die früher erfolglose Behandlung der Enuresis nocturna, mit Hinaicht auf die Gefahrlosigkeit bei aseptischem Vorgänge gerechtfertigt und wäre diese Methode einer weiteren Nachprüfung empfehlenswert. (Die Methode wurde einer Anzahl von Teilnehmern an 2 Fällen demonstriert.) 27. Sattler (Sarajevo). Zur Behandlung der Ver- brennungen mit Trockenverbänden. In Bosnien und der Herze- gowina sind Verbrennungen ziemlich häufig, da es zumeist keine ge- schlossene Ofen gibt, die Bevölkerung sich am offenen Herdfeuer wärmt, schließlich findet die Verbrennung oft durch Einschlafen bei offenem Feuer im Freien statt. Die ungünstigen Statistiken großer Kranken- häuser sind aus dem Umstände erklärlich, daß nur ausgedehnte, tief- greifende Verbrennungen zur Aufnahme gelangten. Die letzten Jahre brachten jedoch in der Mortalitätsziffer ein bedeutendes Sinken. Die Therapie hat bei Verbrennungen 2 Aufgaben vorgezeichnet, erstens der Gefahr des primären Verbrennungstodes vorzubeugen, und 2. doroh die Lokalbehandlung die hochgradige Schmerzhafbigkeit zu mildem, anderer- seits den glattesten Heilungsprozeß herbeizuführen und den Gefahren einer Wundinfektion vorzubeugen. S. bespricht nun die Methode der Behandlung der Verbrennungen, wie sie an der G 1 ü c k sehen Abteilung seit 6 Jahren geübt wird. Bis zum Jahre 1898 kamen die Kranken in das Wasserbett, wo sie bis zur gänzlichen Reinigung der Defekte verblieben, dann wurde Ichthyol oder das Kaposische Kalkliniment gebraucht. In den Jahren 1894—97 starben von 88 Fällen 9 Ejranke, während in den Jahren 1898 bis 1900 von 29 Verbrennungen, darunter 18 mit solchen ausgedehnten HI. Grades, kein Fall letal endete, in den letzten Jahren 1901 — 1902 wiederum findet sich ein Verhältnis von 44:5, also 8*8% Mortalität. Die Behandlung der Verbrennungen mit Trockenverbänden warde zuerst von Lustgarten, Mosetig- Morhof, Bardeleben, Ross- b erger. Eichhoff u. a. empfohlen, um die Eintrocknung der Schorfe zn bewirken, und um dadurch deren Zersetzung hintanzuhalten. Mosetig machte auf die günstige Wirkung des Jodoform aufmerksam und Schiff berichtete im Jahre 1889 über 109 mit günstigem Erfolge behandelte Fälle. Demme, Haas, Walton fQhrten statt des Jodoform das Aristol in die Therapie ein. Bardeleben wiederum verwendete des Vlll. Kongr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajevo. 429 statt des Jodoform Bismuthum subnitricum und imprägnierte später, nm ein stets gebrauchfertiges Verbandmaterial zur Verfügung zu haben. Binden mit diesem Mittel. Andere Versuche der Trockenbebandlung mit 57o Bor- und Salizylsänrepulver haben keine Resultate ergeben, die ge- eignet gewesen wären, das Jodoform oder die Bardenleben sehe Wismutbehandlnng zu ersetzen. In den letzten Jahren kamen ver« sohiedene Präparate zur Verwendung, so das Dermatol, das von B i d d e r empfohlene Thiol und das an der Glüokschen Abteilung in Gebrauch stehende Xeroform. Die Behandlungsweise ist eine aseptische, nötigenfalls wird die Wunde selbst, aber ganz besonders die Umgebung gereinigt. Uneröffhete Blasen werden an der tiefsten Stelle mit steriler Schere eröfifnet, ge- platzte Blasen werden abgetragen, ebenso herabhängende oder zusammen- gerollte Epidermisfetzen. Hierauf wird die Wunde mit einer dicken Lage von Xeroform, dann mit Puder dick bestreut, darauf kommt eine Lage steriler Gaze und endlich wird durch eine Schichte steriler Watte die Wunde mittels eines Bindenverbandes abgeschlossen. um nun den Verbandwechsel schmerzlos zu gestalten und um Blutungen bei demselben zu vermeiden, geschieht der Wechsel des Ver- bandes im Bade. Ahnlich wird bei Verbrennungen HI. Grades vor- gegangen. Das Hauptaugenmerk bei diesen ist dahin gerichtet, nach Abstoßung des Brandschorfes die granulierenden Wuudflächen so rasch als möglich der völligen Vernarbung zuzuführen, um von vornhinein Kontrakturen, Schrumpfung und Entstellung zu vermeiden. Die Ab- stoßung der Schorfe nimmt unter dem Puderxeroformverbande durchaus nicht längere Zeit in Anspruch als bei anderen Behandlungsarten. Im Gegenteil, da bei der Trockenbehandlung die profuse, erschöpfende Eitemng fast vollkommen oder erheblich beschränkt wird. Zu üppige Granulationen werden entweder mit dem Lapisstift behandelt oder mit dem Paquelin kauterisiert. Wunden, die bereits inßziert zur Behandlung gelangen, werden nach gründlicher Beinigung nach der gleichen Methode behandelt, jedoch müssen die Verbände wegen der stärkeren Sekretion öfters gewechselt werden. Selbstverständlich wird neben der lokalen Therapie der Funktion des Herzens, der Nieren, der Expektoration die größte Aufmerksamkeit geschenkt, die Verbandsabnahme geschieht im Bade unter ärztlicher Aufsicht. Gewöhnlich findet dies nach 4 — 5 Tagen statt, nur bei zu starker Eiterung wird der Wechsel nach 3 Tagen vorgenommen. Die analgetische Wirkung dieser Puderxeroform verbände ist eine auffallende, Kranke, die bei ihrer Einbringung unsäglich unter Schmerzen leiden, beruhigen sich baldigst nach Applikation des Verbandes, ebenso ausgezeichnet ist die schmerzstillende Wirkung nach Abstoßung des Schorfes bei Wunden HI. Grades, der sich in kurzer Zeit gewöhnlich abstößt. Die Wunden granulieren kräftig, die Epithel isierung geht rasch vor sich. Die Narben sind fest, zeigen keine Tendenz zur Retraktion. Die Gefaßversorgung ist eine genügende, so daß in den Narben die sonst 430 YerhandluDgen 80 lästigen und gefürchteten Geschwürsprozesse nicht znm Aufschießen kommen. Schließlich ist noch die Ungiftigkeit des Xeroforms erw&hnenswert. Diskussion. Herr Weidenfeld (Wien) ^b in Karlsbad eine Methode an, die darin besteht, daß die verbrannte Haut abgetragen und dann darüber ein trockener Verband gelegt wird. In der Tat konnte er ausgedehnte Verbrennungen bis zum 12. und 14. Tag erhalten. Zu dieser Zeit stellten sich dann Eiterungen ein, die zn Phlegmonen und dann zum Tod der Patienten fahrten. Während er diese Methode als sehr zweckentsprechend ansehen muß, ist die Trockenbehandlnng zwar besser als das Wasserbett, aber noch immer nicht vollkommen ausreichend. Herr Spie gl er (Wien) hat im Anschlüsse an Verbrennungen nie Phlegmonen gesehen. Wenn bei chirurgischer Abtragung derselben öfters solche beobachtet werden, so ist dies auf Infektion bei der Abtragung zurückzuführen, die bei so großen Flächen unter den gegebenen Ver- hältnissen schwer zu vermeiden ist. S. spricht sich gegen die chirurgische Entfernung der Schorfe aufs entschiedenste aus. Der Ejrankbeitsherd ist nicht der Schorf selbst, sondern er liegt unter demselben. Die histo- logische Untersuchung lehrt auch, daß die Bakterien und Kokken aus- schließlich im Schorfe sitzen. Die ungünstigen Resultate der Wasserbett- behandlung beruhen darauf, daß in das Wasserbett von vorne herein ver- lorene Fälle gelegt werden. Daß die Behandlung im Wasserbette schädlich sei, beruht auf theoretischen Überlegungen, die durch die Praxis nicht bestätigt werden. Es beruht dies auf der theoretischen Über- legung, daß die Toxine im Wasserbette leichter resorbiert werden, welcher Behauptung man ebenso entgegensetzen kann, daß die Toxine im Wasserbett besser ausgelaugt werden. Herr Glück (Sarajevo) erkennt zwar die Vorzüge des Wasser- bettes an, betont jedoch als Nachteile die so häufig eintretenden inter- kurrenten Krankheiten, namentlich Pneumonie. Herr Kreibich (Graz): Die Verbrennnngsschorfe werden im Verlaufe immer eitrig iufiziert. Die Behandlung muß den Zweck ver- folgen, den Eiter und damit die Toxine zu entfernen. Dies wäre durch das Wasserbett zn erreichen ; dasselbe nimmt jedoch einen sehr schlechten Einfluß auf das geschwächte Herz und auffadlend viele Fälle enden in kurzer Zeit letal. Eine zweite Methode wären Burowverbände, welche aber wegen eintretender Schmerzen nicht lange vertragen werden. Man greift mit gutem Erfolge zu l7o Jodoformvaselin aiu weiße Gaze fe- strichen, und es ist wahrscheinlich, daß lockere Pulververbände ähnlich aufsaugend wirken. Herr Weidenfeld: Die Abtragung der Schorfe geschieht sehr tief, so daß sicher die Toxine, der tiefen Teile mit abgetragen werden. Herr Sattler: Bei den Sektionen wurde nie Sepsis beobachtet ; es starben eben nur Pat. mit Verbrennungen, die von vornherein verloren waren. Es ist geradezu sicher, daß manche fast aussichtslose Fälle, die im Wasserbette au den Folgen der Herzschwäche zu Grunde gegangen wären, infolge der Trockenbehandlung durchgekommen sind- 28. Herr Harttung (Breslau). Über Erythema indure Bazin. H. berichtet über 5 Fälle von Erythema Bazin. In 3 der unter- suchten Fälle wurde histologisch deutliche Tuberkulose gefunden. Ein Kranker reagierte auf Tuberkulin lokal und allgemein. Alle hatten tuberkulöse Lungenveränderungen. Diskassion. Heller (Berlin) erwähnt, daß in der tierärztlichen Literatur ein Fall beschrieben ist, indem es bei einem abgemagerten, zu Fieberanfallen neigendem Pferde zur Bildung von Infiltraten an den Extremitäten kam. Das Tier reagierte stark auf Tuberkulin. Die des Vm. Kongr. der Deutschen denn. Ges. in Sarigevo. 431 Eigenart der Infiltrate ließ den Aator sofort an Taberkalose der Haut denken, obwohl diese Erkrankung außerordentlich selten ist. £ h r m a n n (Wien) hat 6 Fälle von Erythema indnratnm be- obachtet, von denen nur 2 manifeste Tuberkulose zeigten, ein 3. ein sehr robuster Mann zeigte aus der Kindheit skrofulöse Narben auf dem Halse. Es ist wahrscheinlich, daß bei Erythema induratum ebenso wie bei den Tuberkuliden-FoUiklis und Lupus erythematodes nur ein indirekter Zusammenhang mit Tuberkulose bestene. Herr Kreibich (Graz) hat bereits an anderer Stelle über einen Fall berichtet, bei welchem sich neben tuberkulöser Lymphdrüsen- schwellunff am Halse und Conjunctivitis eczematosa, Liehen scrofulo- somm, Foiliclis und Erythema induratum zugleich fanden und kann diese von einem Kinde stammende Beobachtung heute durch eine zweite er- ganzen, die eine 21jährige Patientin seiner Klinik betrifft, bei welcher sich neben einem Liehen scrofnlosorum ein typisches Erythema induratum findet. Die Knoten des letzteren nehmen als breite plattenartige Infil- trate die hintere und äußere Wadengeeend ein, finden sich bis aber das Kniegelenk hinauf, sind tiefsitzend schlecht begrenzt, blaurot und haben an einigen SteUen durch langsame Einschmelzung zu guldengroßen Ge- sohwnren geführt. Der Lachen scrofulos. bildet in Gruppen stehende, zart schuppende Knötchen, die mit Hinterlassung von Narben ausheilen. Das Leiden besteht 4 Jahre; wegen der falschen Diagnose Yaricen wurde ihr die Vena saphena unterbunden. Patientin hustet etwas, über der rechten Lungenspitze expiratorisch knackende Geräusche, dabei aber von kräftigem Körperbau. 0*001 g Tuberculin (alt) erzeugt Lokalreaktion. Ein tiefsitzender, nicht erweichter Knoten ^ibt histologisch folgenden Befund: Epidermis normal, Cutis bis auf eme perivaskuläre Zcllver- mehrung wenig verändert, an ihrer unteren Grenze, von hier gesen das Fett vordringend, ein Infiltrationsprozeß, der nach seinem Aussehen als ein tuberkulöser bezeichnet werden muß. Die einzelnen Herde sind groß, nehmen oft das ffanze Gesichtsfeld ein und sind schon makroskopisch im Präparate zu erkennen. Mikroskopisch bestehen dieselben aus einem peripheren Wall, der durch epitheloide Zellen spärliche Riesenzellen und Knndzellen gebildet ist, und einem nekrotischen zentralen, große Strecken einnehmenden Anteile. In der Umgebung des Knotens ist das Fettgewebe kleinzellig infiltriert und von kleinen Herden durchsetzt, die aber eben- falls bereits zentrale Nekrose zeigen, in denselben oft zahlreiche Riesen- zellen. Sämtliche Herde erscheinen im Präparat vielfach durchlöchert, indem offenbar Fettzellen von der Infiltration verschont bleiben. In etwa zehn Präparaten wurde kein Tuberkelbazillus gefunden. 29. Sack (Heidelberg). Über eine eigentümliche Knoten- erkrankung der Haut der unteren Extremitäten. Sack berichtet über 2 Beobachtungen, die eine große Ähnlichkeit mit dem Erytheme indure Bazin zeigten, die jedoch trotz großer Ähn- lichkeit mit diesem Krankheitsbilde durchgreifende Verschiedenheiten Yon diesem aufwiesen. Es handelte sich um 2 ältere weibliche Individuen, die eine Frau stand in der Mitte der 40er, die zweite in der ersten Hälfte der 60er Jahre. Keine von beiden war auffallend anämisch. Die erste Patientin war äußerst nervös und litt an häufigen Magen- und Darm- störungen, die auf nervöse Dyspepsie bezw. auf unter nervösen Einflüssen auftretende, vermehrte Darmperistaltik zurückzuführen waren, von Skrophulose — und noch weniger von Tuberkulose — war weder in der Familie etwas bekannt, noch bei der Patientin, trotz jahrelanger Be- obachtung, etwas zu finden. Noch weniger Anhaltspunkte für eine tuber- 432 Verhandlungen kulöse Ätiologie bot die zweite, ältere Frau dar, bei dieser standen arteriosklerotische Prozesse im Vordergrund. Die Lymphdrüsen — die regio- nären wie die femliegenden — waren in jeder Beziehung normal. Beide Fälle unterschieden sich vom Erythema nodosum durch erhöhte spontane Schmerzhaftigkeit, wenn auch diesem Momente, dem Schmerze, nur eine untergeordnete Bedeutung in differential-diagnostischer Hinsicht beige- messen werden kann. Im ersten Falle war die Hautverfarbung während der Akme der Erkrankung eine sehr intensive und stark ins Lila spielende, daß dadurch das Bild der sklerodermischen Plaques vorgetäuscht wurde, der weitere Verlauf bestätigte jedoch diese anfangs gestellte Diagnose nicht, denn immer deutlicher trat die Ähnlichkeit mit dem Erythema induratum in den Vordergrund. In diesem einen Falle, wo Varicen mit Sicherheit auszuschließen waren, kam es trotz des 2jährigen, schubweisen Bestandes der Affektion nie zur Ulzeration bezw. Nekrose der Knoten. Anders verhielt es sich mit dem anderen Falle, der älteren Frau mit Myokarditis und Arteriosklerose. Hier verliefen sich im Laufe des ersten Jahres die vereinzelten Knoten allerdings ganz langsam und un- bemerkt in der Umgebung unter allgemeiner Verflachung, Atrophie und Pigmentation, ohne auf dem Gipfel die charakteristische Ulzeration zu bilden. Doch veränderte sich das Bild, als bei einem Nachschübe in der ganzen Ausdehnung eines I Pfennig großen, flachen Knotens lokale Haut- nekrose mit Bildung einer festverfilzten, schmerzhaften und schwärzlichen Eschara entstand, die sich langsam abstieß und eine schlecht granulierende, kraterförmig vertiefte Ulzeration zu Tage förderte. Diese brauchte einige Wochen zur Überhäutung. Ein nach einigen Monaten entstandener neuer Knoten wurde behufs histologischer Untersuchung excidiert, im Bilde fanden sich wesentliche Anlehnungen an die histologischen Befunde bei Erythema induratum, daneben aber auch manche besondere Eigentüm- lichkeiten, wie speziell zentrale Cystenbildung. Nach Verlauf von einigen Monaten trat bei Verschlimmerung des Herzleidens das Moment des nekrotischen Zerfalles an 2 anderen Knoten noch deutlicher hervor. Ab- stoßung des Schorfes und Überhäutung ging abermals nur langsam vor sich. In diesem Falle konnten die Zirkulationsstörungen die schon be- standenen Gewebsveränderungen chronisch entzündlicher Art bis zur 6e- websnekrose gesteigert haben, wodurch die Ursache der sekundären Nekrose, die gewiß nicht zum Wesen der Krankheit selbst gehörte, ge- funden wurde. Mit der Ulzeration des Erythema nodosum hat sie aber auch nur eine entfernte Ähnlichkeit. Varicen fehlten auch bei dieser Patientin, Lues war auszuschließen, so daß weder phlebitische Knoten noch luetische Prozesse diese Nekrose herbeiführen konnten. Die histologische Untersuchung ergab einen Befund, der im wesent- lichen mit den Befunden von Harttung und Kraus übereinstimmt. Diskussion. Herr Harttung (Breslau). Die Impfungen, wie die Bazillenuntersuchungen sind negativ ausgefallen. Ähnliche Erkrankungen können auch bei anderen Infektionskrankheiten vorkommen, die jedoch nicht übereinstimmen mit dem Bilde des Erytheme Bszin, dem auf jeden Fall eine Sonderstellung einzuräumen ist. des VIII. Eongr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajevo. 483 30. Krans (Prag). Über die Beteiligung des subkutanen Fettgewebes an Entzündungsprozessen der Haut. Kraus weist auf seine diesbezügliche Arbeit „Über entzündliche Knotenbildung in der Haut mit umschriebener Atrophie des Fettgewebes*^ hin und teilt die Resultate der histologischen Untersuchung eines Falles ▼on Lues cutanea gummosa, wo sich neben typischen luetischen Ver- änderungen (Gumma, Fndarteriitis obliterans) eine ausgesprochene Be- teiligung des subkutanen Fettgewebes in der Form der von Flemming beschriebenen „Wucheratrophie^ vorfand. Der Vortr. macht auf die oft sehr an miliare Tuberkel erinnernden Bildunjyen aufmerksam, die hierbei gelegentlich zur Beobachtung gelangen. Beim Erythema induratum Bazin sind sehr ihnliche Veränderungen beschrieben worden. Kraus ist der Ansicht, daß die beschriebenen Prozesse im subkutanen Fettgewebe sowohl als Folge konsumierender Allgemeinerkrankungen, als auch lokaler Störungen (Lues, Tbk.) in der Haut auftreten können, vielleicht auch bei allen, das subkutane Fettgewebe in Mitleidenschaft ziehenden Prozessen eine Rolle spielen. 31. Aming (Hamburg). Weitere Erfahrungen über die therapeutische Anwendung hoher Kältegrade bei Haut- krankheiten. A. berichtet über Erfahrungen, welche er mit der Erfrierungs- therapie bei Hautkrankheiten gemacht. Er hat die von Saalfeld— Berlin für die Behandlung der Tricho- phytie und von dänischen Autoren (Detlefsen— Holstenbro) für Lupus und Garcinom empfohlene Methode zunächst an Lupus und Ulcus rodens nachgeprüft und sodann auf weitere Dermatonosen ausgedehnt, vor allem auf den Lupus erythematodes, weiter auf Trichophytosen, alte infiltrierte Ekzeme, alte keratotische Lichenherde, Pruritus genitalium, Ulcus molle, ülcera specifica gangraenosa, Ulcera cruris, Leukoplakia labiorum und Röntgenulcns. In allen Fällen war der Erfolg der Friernngen, die in einfacher Weise mit einem Strahl von Methyl-Athyl-Ghloridgemisoh erzielt wurden, von sehr eklatanter Wirkung, die sich äußerte in Rückbildung des pathogenen und Anregung des normalen Gewebes. Wesentlich in Beziehung auf den Lupus erythematodes bespricht Vortragender die Technik des Verfahrens. Die Intensität der Frierung muß sich nach dem Einzelfalle richten, da es beim Lup. eryth. wesentlich darauf ankommt, nicht zu reizen. Bei frischen oberflächlichen Fällen kommt man mit wenigen, 4 — 6, Frierungen ans. Zwischen jeder Frierung sollen einige Tage zum Ablauf der Reaktion und Beurteilung des erzielten Erfolges eingeschaltet werden. Vortragender hofft, daß die verblüffend einfache Methode Nach- prüfung in weiteren Kreisen finde, und bei allgemein günstigen Erfahrungen die kostspielige und in den Händen Ungeübter gefahrliche Röntgentherapie verdränge, da ihr Wirkungsgebiet sich im wesentlichen mit dem decke, was die Röntgentherapeuten in den letzten Zeiten abgesteckt haben. Areh. f. I>ermat. v. Syph. Bd. LZXII. qq 434 Verhandlungen Diskussion. Herr W o 1 f f (Straßbarg) hat, nachdem H. v. H e b r a seine Alkoholäthermischang bei Behandlung des Lupus erythematodes publiziert hatte, von dem Gedanken ausgehend, daß die Kälte das Wirk- same sein soll, sämtliche Fälle von Lupus erythematodes durch Erfrierung mit Ghloräthyl und mit Alkoholmetnylspray zu behandeln begonnen. Die Erfolge waren in allen Fällen negativ. Herr Ereibich (Graz) bemerkt, daß das erwähnte Verfahren bei Lupus vulgaris zwar Ulzerationen ziemlich rasch zur Heilung bringt, den Lupusprozeß aber dem Anscheine nach nicht zur Heilung bringt. Ein Fall von Tuberculosis miliaris oris wurde nicht beeinfliwt. Bei ülcua rodens ist eine heilende Wirkung zu erwarten, da wiederholte Vereisung eine oberflächliche und profundere Entzündung hervorbringt, vielleicht die Carcinomzellen direkt schädigt. Herr Saalfeld (Berlin) erwähnt seines 1900 auf dem Pariser inter- nationalen Konffreß gehaltenen, dasselbe Thema streifenden Vortrages, er weist besonders auf die Behandlung der Leukoplakie mit Gefrieren- lassen und darauf folgende flache Abtragung hin. Herr Mraöek (Wien) bestätigt, daß dieses Verfahren der Erfrie- mng bei Ulcus moUe ihm günstige Resultate ergeben hat, und möchte dasselbe sowie die Heißluftbehandlung weiter empfehlen. Herr Jastus (Budapest) hat Lupus vulfaris-Fälle längere Zeit mit Benquemischung behandelt. Ein palliativer Erfolg war zwar zu erzielen, doch kein wirklicher Erfolg. Herr Ehr mann (Wien) berichtete vor Jahren in der Wiener derma- tologischen Gesellschaft über die Versuche, um unter lokaler Äthyl - Ghloridanästhesie die Abrasio des Lupus erythematodes vorzunehmen, dazu machte er Eontrollversuche mit Äthyl-Chloriderfrierung und fand, daß das letztere ebenfalls wirksam ist, aber nur dann, wenn die Erkran- kung nicht tiefer als bis in das Stratum reticulare cutis greift. Herr Weiden feld (Wien) erwähnt eines Versuches, wo er seinen Zeigefinger in eine E^ältemischnuff hineinsteckte und eine halbe Stunde drin ließ. Es trat dann, wie Prof. Ereibich erwähnt, eine reaktive Ent- zündung ein, mit nachträglicher Blasenbildung. Herr Neißer (Breslau) glaubt, daß eine spezifische primäre Zell- Schädigung bei der Erfrierung vorliegt. Bei dem Lufjus vulgaris empfiehlt er erst auszukratzen und dann erst die der Erfrierung zugänglichen Stellen zu vereisen. Für die CO' empfiehlt er siebförmige, durchbrochene Ansätze, ähnlich wie sie beim Mikrotom im Gebrauche sind. — Beim Lupus erythematodes bittet er um Auskunft, ob auch die frischen Formen der Behandlung zugänglich sind. Herr Saalfeld (Berlin) teilt mit, daß er in der letzten Zeit mit flüssiger Luft gearbeitet hat, die in Berlin jetzt zu billigen Preisen erhält- lich ist. Herr Arning, fSchlußwort), freut sich, aus der Diskussion zn ersehen, daß die Setnode sich schon einer viel weiteren Verwendung erfi^nt, als bisher bekannt geworden ist, und daß im allgemeinen so erfreuliche Resultate zu verzeichnen sind. Was den Lupus anbetrifft, so glaubt auch Arning, daß die Methode nicht im ^stände ist, kleine, tief im Narbeugewebe eingebettete Enötchen zur Involution zu bringen. Hier müssen andere Verfahren mit zur Unter- stützung herangezogen werden. Es wird da ungefähr dasselbe Verhältnis besteben, wie bei der Röntgen- und Finsenbehandlung; diese setzt da ein, wo die diffuser wirkende Röntgenbehandlung nicht ausreicht. Vortragender kann die Bemerkung des Herrn Justus über die aus- ffeseichneten weichen Narben nur bestätigen, auch harte, keloidartige Narben anderer Provenienz kann man durch Vereisung zur Erweichung bringen. des YIII. Kongr. der Deatscheo; derm. Ges. in Sari^evo. 435 In Bezug aaf die schlechten Erfahranj^en des Herrn Wolff bei Lopas erythematodes kann Vortragender sich des Gedankens nicht erwehren, daß Herr Wolff xu intensiv vorgegangen ist; gerade bei dem 80 diffizilen Lnpas erythematodes wird es darauf ankommen, strengstens die St&rke der Anwendung der Kälte abzuwägen. So hat Vortragender 2 ganz frische Fälle von Lupus erythematodes mit je 2 Frierungen heilen können, die nur eben bis zum Vereisung[8pnnkt getrieben wurden. Es wäre gewiß verkehrt ffewesnn, und hätte vielleicht zu einer Verschlimme- rung des Prozesses geführt, wenn in diesen Fällen die Vereisung minuten- lang aufrecht erhalten worden wäre, wie das zur Erreichung eines Erfolges bei alten eingewurzelten, torpiden Fällen nötig ist Wie bei allen Mitteln, ist auch bei den physikalischen Heilmitteln eine konkret individualisierende Dosierung Grundbedingung des Erfolges. Herrn Kreibichs Ansicht, daß die Heilung wesentlich als eine reaktive Tätigkeit des gesunden Gewebes zu erklären sei, scheint dem Vor- tragenden dadurch gestützt zu sein, daß der feine Epithelsaum der heilenden Wunden nicht zu Grunde geht bei den stärksten Vereisungen und daß das gerade so schwer der Heilung zugängliche Röntgenulcns günstiff beeinflußt wird. Hier kann ja kaum von einer ümstimmung des kranken Gewebes mit den lädierten Gefößwänden die Rede .sein, auch doch gewiß nicht von einer Zerstörung von Bakterien und ihrer Toxine, sondern man muß annehmen, daß die gesunden Reste der erkrankten Hautpartie zur ener- gischen Reparation iu reaktiver Entzündung angeregt werden. 82. Baermann (Breslau). Über die Pathogenese der gonorrhoischen Epididymitis und über Versuche, dieselbe durch Punktion zu behandeln. Eraud und D'Arlhac berichteten zuerst über bakteriologische Untersuchungen bei Epididymitis, sie fanden einen Mikroorganismus, den sie Orchiococcus nannten, dieser sollte sich auch häufig in der normalen Urethra finden, fehlt dieser, so seien die Individuen vor einer eventuellen Orchitis und Epididymitis bei Gonorrhoe geschützt. Diese Auffassnug fand wenig Anklang. Rentier wies als erster in einer abszedierenden Epididymitis sowohl mikroskopisch als auch kulturell Gonokokken nach. Coli an war der einzige, welchem es gelang, aus einer gonorrhoischen Epididymitis, die nicht abszedierte, Gonokokken, die im Ausstrichpräpa- rate nicht auffindbar waren, zu züchten. Mit diesen Befunden war die Entstehung der gonorrhoischen Epididymitis durch die örtliche Ein- wirkung von Gonokokken wohl ziemlich außer Zweifel gesetzt — der Infektionsweg, den die Gonokokken von der Harnröhre in den Nebenhoden nehmen, ist den klinischen Erscheinungen entsprechend der anatomisch vorgezeichnete Schleimhautkanal, der von der Uretha posterior durch das Vas deferens zum Vas epididymitis und weiter zu den coni vasculosi führt. Für diese Annahme spricht die leichte Verdickung und der geringe Druckschmerz am Vas deferens, die vorausgehende häufige Schwellung der entsprechenden Prostatahälfce, eine Vesiculitis, dann eine verschiedengradige Deferenitis and schließlich die von Simmond gemachten Erfahrungen bei Obduktionen. Schließlich ist der Gonococcus ein Schleimhautparasit, der im stände ist, im Schleimhautsekrete sich zu vermehren und gegen den Sekretstrom vorzuschieben. 28* 436 Verhandlnngen B. hat 28 Fälle von gonorrhoischer Epididymitis panktiert und fand, daß in dem größten Teile der Fälle mehr oder minder aasgedehnte Abszeßbildnog und gleichzeitig entzündliche Hydrocele mit positivem Gonokokkenbefande anzutreffen war. Eine weitere Reihe von Fällen ergab zwar positiven Gonokokkenbefand, ohne jedoch gleichzeitig aaf eine ausgedehntere Yereiternng schließen zu lassen. Irgend welche schäd- liche Folgen traten nach der Panktion nicht auf, im Gegenteil nahmen die Schmerzhaftigkeit und das Spannungsgefuhl nach der Entleerung eines eventuellen Abszesses schnell ab. Bei den punktierten Fällen handelte es sich teils um ganz frische Epididymitiden (6 — 8 h), teils um altere, 6 — 8 Wochen bzw. 1 — 2 Jahre alte, restierende derbe Knoten. Die Knoten saßen vornehmlich im Schwänze des Nebenhodens. In allen jenen Fällen, die Lei der Punktion Eiter ergaben, war palpatorisch Fluktuation nicht nachweisbar. Bei jenen Fällen, die ohne stürmische Entzündungserscheinungen, mit mäßiger Temperatursteigerung und mäßigen subjektiven Beschwerden ohne erhebliche Schwellung des Nebenhodens und des Skrotums einher- gehen, entleerten sich gewöhnlich 1 — 2 Tropfen blutig seröser Flüssigkeit, untermischt mit kleinsten Eiterflöckchen ; auch diese Form ist lediglich auf die direkte Anwesenheit von Gonokokken zurückzuführen, denn aus den Eiterfiocken ließen sich Gonokokken züchten, wenn auch spärlicher als bei der erst beschriebenen Form. Bei beiden Formen, hauptsächlich aber bei der erst beschriebenen entwickelt sich sehr häu£g eine entzündliche Hydrocele, die die Folge einer lokalen Gonokokkeneinsohwemmung ist. In dem durch Punktion entleerten sero-fibrinösen Exsudat finden sich gewöhnlich keine Gono- kokken, wird jedoch das Exsudat eitrig, so findet man kulturell stets Gonokokken. Gelingt es jedoch bei der Aspiration sero-fibrinösen Exsu- dates Gewebsfetzen mit zu aspirieren, so können Gonokokken gezüchtet werden. Es findet also, nach dem positiven Gonokokkenbefunde bei entzündlicher Hydrocele zu schließen, eine Verschleppung der Gonokokken aus dem befallenen Vas epididymidis in das umgebende Bindegewebe statt. Die Gonokokken können Monate, ja Jahre in alten entzündlichen Epididy- mitisresten sich lebend erhalten, diese können durch ein zufalliges begünsti- gendes Moment wieder aufflackern und können so, eventaell bei der Spermaentleerung zu Reinfektionen der Urethra führen. Nach allem bisher angefahrten ist wohl der Schluß berechtigt, daß jede im Verlaufe einer gonorrhoischen Urethritis auftretende Epididymitis auf eine lokale Infektion von Gonokokken zurückzuführen ist, dies sei mit Rücksicht auf die Tozinfrage und die Frage einer eventuellen Mischinfekiion besonders hervorgehoben, ebenso mit Rücksicht auf die von Porosz erklärte Ent- stehung durch einen reflektorischen Vorgang ohne lokale Beteiligung von Gonokokken (sympathische Epididymitis). Daß im Verlaufe einer primären, nicht gonorrhoischen Urethritis eine Epididymitis eintreten kann, ist zweifellos, wenn auch sehr selten, in einem Falle wurden von B. aus der Punktionsflüssigkeit der derb des yni. Eongr. der Dentschen derm. Ges. in Sarajevo. 437 gesobwellten Epididymis Mikroorganismen gezücbtet, die eTentuell der Psendodiphtheriegrappe anzareihen wären. Die Ergebnisse kurz zasammengefaßt sind folgende: 1. Jede Epididymitis, die im Verlaufe einer gonorrhoischen Ure- thritis aaftritt, ist durch eine lokale Inyasion yon Gonokokken, die sich stets aus der Punktionsflüssigkeit züchten lassen, bedingt. 2, In der überwiegenden Mehrzahl der Epididymitiden tritt sehr rasch eine bisher klinisch nicht diagnostizierte Abszeßbildang ein; diese Eiterungen stellen entweder Stauungs-, also Pseudoabszesse oder reine, durch die YerschleppuDg der Gonokokken bedingte Abszesse dar. 8. Bei den zur Vereiterung kommenden Fällen tritt stets gleich- zeitig eine mehr oder minder hochgradige, durch lokale Einwanderung der Gonokokken in die Blätter der Tunica vaginalis bedingte Hydro- cele auf. 4. Auch bei jahrelang bestehenden epididymitischen Resten lassen sich unter umständen Gonokokken bakteriologisch nachweisen. 6. Diejenigen Epididymitiden, welche im Anschlüsse an eine pri- märe, nicht gonorrhoische Urethritis auftreten, sind gleichfalls durch eine lokale Invasion dos betreffenden, die Urethritis verursachenden Mikro- organismus bedingt. 6. Die frühzeitige Punktion der mit heftigen Entzündangeerschei- nungen einhergehenden Epididymitiden ist therapeutisch zu empfehlen, da durch dieselbe eventuell Pseudoabszesse oder im Bindegewebe sitzende Absiesse zur Entleerung kommen und so das Vas epididymidis selbst vor einer eventuellen Mitbeteiligung an dem EinschmeLeungsprozesse ge- schützt wird. 7. Die Punktion der entzündlichen Hydrocele ist gleichfalls zu empfehlen, da durch ihre Entleerung bessere Zirkulationsverhältnisse und damit günstigere Resorptionsbedingungen geschaffen werden. Diskussion. Herr Funke (Prag) berichtet über ca. 60 an der Klinik des Prof. Pick ausgeführte Punktionen; die bakteriologische Unter- suchung, auch der Hydrocelenflüssigkeit, ergab negatives Resultat. Dagegen war eine äußerst günstige Wirkung der Punktionen bei den akuten Epididymitiden zu konstatieren, da sofort nach der Punktion Nach- laß der ochmerzen und Fieberabfall erfolgte. Herr Groß (Wien) erklärt die Behauptung, daß Routier als erster den mikroskopischen und kultureilen Nachweis der Gonokokken im ver- eiterten Nebenhoden erbracht habe, für unrichtig. Herr N ob 1 (Wien) gibt an, bei der Punktion akuter gonorrhoischer Epididymitiden nie so fflücklich |fewesen zu sein. In 50 vorgenommenen ähnlichen Versuchen blieben die Nährmedien stets steril. Es scheint auf den Zeitpunkt der Punktion, die Virulenz des Prozesses sowie auf den Ort der Flüssigkeitsentnahme anzukommen. Seine histologischen Untersuchungen seröser subakuter Epididymitiden sprechen durchwegs gegen ähnliche umschriebene Abszedierungent wie sieBaermann erwähnt, lier wie bei allen blennorrhoischen Gewebsläsionen handelt es sich in erster Linie um eine Proliferation und Metaplasie des ffewucherten Kanälchenepithels, mit welcher Verändemuff stets weitreichende peri- kanalikuläre Infiltrate einherffehen, ohne irgenawelche Zeichen des weiteren Zerfalles aufzuweisen. Bei aer Abheilung organisieren sich die Infiltrate 488 Yerhandlangen za derbem Bindegewebe. Daß merkwürdigerweise nicht allza oft eine Obliteration des Ductas epididymidis und konsekutive Azoospermie ein- tritty scheint in der mächtigen Entwicklung der MuscnUuis begründet zu sein. Herr Loewenheim(Liegnitz)hat die Punktion yor einigen Jahren mehrfach ^eubt, aber nur einmal Gonokokken gefunden. Er hat aber im ganzen bei 8 Fällen Gonokokken nachweisen können, nachdem Epidi- ymitisrezidive bei Patienten aufgetreten war, die 1 — 6 Jahre vorher an Gonorrhoe gelitten hatten. Die Gonokokken mußten nach dem ganzen Bilde aus den Nebenhoden stammen, da anderweitig lokalisierte Er- krankungen ausgeschlossen werden konnten. Zwei von den Rezidiven entstanden nach Traumen, drei nach Beseitigung von syphilitischen Orchitiden, drei ohne besonders erwähnenswerte Ursache. Abgesehen von den beiden ersten Patienten waren die Gonokokken durch Koitus oder Onanie in die Urethra gelaugt, wo sie sich nur kurze Zeit nachweisen ließen, so bei einem der traumatischen Fälle nicht länger als 90 Stunden, ohne daß andere Behandlung als Umschläge auf das Skrotum zur An- wendung gelangte. Nach diesem Resultate mnß davor gewarnt werden, bei dem Be- stehen von Epididymitisresten uneingeschränkt die Heiratserlaubnis zu gewähren. Herr Ehr mann (Wien) übt seit Jahren die Punktion der Hydro- cele und des Parenchyms, im ersten Falle immer mit Erfolg, im zweiten meist, wenn es gelingt, einen Eiterherd zu eröfifnen. Besondere Bedeutung mißt er den Eiterherden bei, die oft haselnußgroß werden und sich so- wohl im intra- als extrapelvinen Teil bilden. Die letzteren eröffnet £. mit Bistouri oder auch breit und erzielt sofortiffes Aufhören der Schmerzen. Herr N e i s s e r (Breslau) will dieUntersuchungen Baermanns wesentlich f&r die Therame verwertet wissen. Die Häufigkeit der Abszeßbildung erklärt die deletäre Wirkung der gonorrhoischen Infektion betreffs der Erhaltung der Potentia generandi. Sicherlich ist freilich das Vas deferens häufiger beteiligt als wir ahnen. Redner verweist femer auf die Notwendigkeit, die nongonorrhoischen und postgonorrhoischen Bakterien auf ihre pa- thoffene Wirkung zu studieren; vielleicht befinden sich unter ihnen doch auch solche, die auf die Frau übertragbar sind, für die Frage des Ehe- konsenses also von Bedeutung sein können. Herr Baermann (Schlußwort) hat durch die aus therapeutischen Gründen ausgeführte Punktion entzündlicher Hydroceien sowie der ab- szedierten Epididymitiden jedenfalls eine Besserung der Zirkulations-, be- ziehungsweise Resorptionsbedingungen, rascheres Zurückgehen des In- filtrates und erhebliche Herabse&ung der subjektiven Beschwerden erzielt. Über die Dauererfolge könne er sich im Hinblicke auf die zu kurze Beobachtungszeit (7s Jahr) bestimmt nicht äußern. Die negativen Resultate bezüglich der Eiterentleerung und Gouokokkenzüchtung seien nach Bs. Ansicht darauf zurückzuführen, daß bei der Punktion zu dünne Kanülen angewendet wurden und dadurch der dicke und zähflüssige Abszeßeiter nicht zu erlangen war. Schließlich erwähnt B., daß seines Wissens Rentier als erster Gonokokken in der abszedierten Epididymis nachgewiesen habe und daß es ihm auch bekannt sei, daß Gross einer der ersten war, der Gono- kokken mikroskopisch und kulturell bei abszedierender Epididymitis nach- gewiesen habe. 83. Hr.Mraöek (Wien): ZurErforschung der Mikroorganis- men der männlichen Harnröhre. Seit der 1879 erschienenen Arbeit Neissers haben Bumm, Finger, Ghon und Schlagenhaufer, namentlich aber Wertheim u. a. zur Vervollständigung der Lehre von des VIII. KoDgr. der Deutsoben derm. Ges. in Sarajevo. 439 der Erkenntnis des Gonococcns wesentliche Beiträge geliefert. Diese yerdienstyoUen Arbeiten sind allgemein anerkannt nnd bilden ein eigenes Kapitel der Pathologie der Urethra. Neben dem pathogenen Goccns Neissers gibt es eine Anzahl anderer Mikroben in der Urethra, welche einen der Gonorrhoe ähnlichen, aber von dieser streng abzugrenzenden Znstand erregen. Bockhart, Nognes, Barlowund Waelsch fanden als ihren Erreger yerschiedene Kokken und Bazillenarten. Von diesen pathogenen Keimen der erkrankten Harnröhre abgesehen, finden sich auch in klinisch yollkommen normalen Urethren zahlreiche saprophytische Keime. Die erste Untersuchung des Keimgehaltes der normalen männlichen Harnröhre erfolgte durch Lustgarten und Mannaberg (1887). Sie fanden neben einer Anzahl ungenau charakterisierter Kokken den so- genannten „Streptococcus giganteus urethrae" und den „Bacillus nodosus paryus'. Roosing konnte in 80 untersuchten Fällen normaler Harn- röhren ISmal die verschiedensten Mikroorganismen nachweisen und zwar namentlich Staphylokokken und Streptokokken. Steinschneiders Methode der Sekretentnahme bei 13 nor- malen Harnröhren — er wandte antiseptische Flüssigkeiten zur Reinigping der vorderen Harnröhre an — bringt es wohl mit sich, daß er nur 3 ver- schiedene Kokkenarten nachweisen konnte. Petit u. Wassermann berichten 1891 über die Untersuchungs- ergebnisse der bakteriologischen Prüfung von 4 gesunden Harnröhren, Die Autoren züchteten 6 Kokkenarten, 6 Bazillen, 2 Sarcinen und 4 Hefepilze. Hofmeister gewinnt 1893 vier recht ungenau beschriebene Kokkenarten aus den Urethren. 1896 veröffentlichte Franz seine Studien über 41 normale Harn- röhren. Er fand in 13 Fällen die Urethra steril, in 28 Fällen erhielt er folgende Mikroben: Streptococcus giganteus urethrae (Lustgarten-Manna- berg), Staphylococcns pyogenes aureus und albus, Bacterium coli, Diplo- coccus subflavus (Bumm), Sarcina alba und außerdem 13 ungenau be- schriebene Kokkenformen. Melchior untersuchte 12 Harnröhren und züchtete aus ihnen 11 verschiedene Mikroben u. a. den Bacillus nodosus parvns (Lustgarten- Mannaberg). Cohn hingegen konnte 1898 niemals aus dem Urethral- sekrete Gesunder Bakterien züchten. Pfeiffers Untersuchungen an 24 gesunden männlichen Harn- röhren wurden nach folgender Methode gemacht: 1. Anhalten des Urines durch mehrere Stunden zur Ansammlung des Sekretes. 2. Reinigung der Glans mit Seife und Alkohol-Äther bei ge- schlossenem Orificium. 3. Einfuhren einer ad hoc konstruierten, kachierten Sonde bis an das Ende der Pars pendula oder eines Ohrspekulums ca. 3—4 cm tief in die Harnröhre. 440 Verhandlungen 4. AbimpfuDg deB Sekretes zu wiederholten Malen, Yerteilang des- selben auf Serum-Agar-Platten .und Deckgläsern. 5. Eontrollplatten anf Agar. 6. In den ersten 10 Fällen Kontrollplatten von der Fossa naTicnlaris, den vorderen Hamröbrenanteilen, in 2 Fällen von dem Präpntialsack. 7. üntersaohung der Platten nnd Isolierang der Keime nach 60 — 72 St. Die Resultate waren folgende: Ton 24 Fällen fand sich nur einer steril. In 23 Fällen war im Deckglas nnd in der Koltnr der Keim- gehalt ein erstaunlich großer. Die Keimzahl, nicht aber die Art der Keime war in den hinteren Harnröhren- Anteilen eine etwas geringere. Nach der Häufigkeit der Befunde geordnet fanden sich kolturell: 1« In 20 Fällen (83*7Vo) Pseudodiphtheriebazillen und zwar in zwei Wuchsformen: a) starkwdchsige, die mit dem Bazillus nodosua parvus (Lustgarten -Mannaberg) identisch sein dürften; b) schwach- wachsende, die alle Charakteristika der von Neisser auf der Conjunctiva beschriebenen „Xerosebazillen^ aufweisen. 2. Einen „Streptobazillus"* in 10 Fällen (42Vo), der im Urethral- schleimund aufLöfflcr-Serum sehr geringe Tendenz zur Kettenbildung zeigt, hier aber schöne, bipolar gefärbte Stäbchen bildet, auf feuchten und flüssigen Nährböden (Zuckerbouillon) ausnehmend lange Ketten erzeugt und Mer seinen Stäbchencharakter fast vollkommen einbüßt Ks entstehen dann dem Streptococcus pyogenes sehr ähnliche Bilder, mit dem er manches gemeinsame hat, wie mit dem Ducrey-Kreftingschen Bacillus uloeris mollis. Kulturell und morphologisch läßt er sich aber von diesen beiden Formen trennen. Er dürfte identisch sein mit dem sog. Streptococcusgiganteusurethrae (Lustgarten-Mannaberg) und dem Pseudopneumo-Goccus urethrae (Faltin). 3. Staphylococcus albus 10 mal (427o)- 4. Sarcina alba typica 7 „ (29*27o). 5. Sarcina alba atypica 7 „ (29*2®/o). 6. Staphylococcus aureus 6 „ (20*8^/o). 7. Micrococcus candicans 4' „ (16*67o) 8. Staphylococcus citreus S „ (12'5Vo)* 9. Bakterium bruneum 1 „ (^*57t). 10. Einen Vibrio 1 „ (4'öVo). 11. Einen Gram negativen Coccus .... 1 ^ (4*57o)* 12. Ein Influenza ähnliches Stäbchen . . . 1 „ (4'67o). 13. Sarcina flava s 1 „ (4*67o). Für keine dieser Formen konnte Tierpathogenität nachgewiesen werden. Dennoch erscheint der „Streptobazillus*' unter Umständen bei chronischen Gystitiden und Urethritiden eine pathogene Bedeotung gewinnen zu können; doch muß sich Pfeiffer eines strikten Urteiles darüber noch enthalten. Immerhin sei aber folgende Krankengeschichte erwähnt: y., 30 Jahre alt, leidet seit 2 Jahren an wiederholt behandelter chronischer Gystitis und Urethritis catarrhalis, die im Anschlüsse an einen des YIII. Eongr. der Deatachen derm. Ges. in Sarajevo. 441 akoten Katarrh aufgetreten waren. Ealtorell und im Deckglas findet sich sehr reichlich und ausschließlich der nStreptobaullus''. 34. Preindelsberger (Sarajevo). Über Urethrotomia interna. P. bespricht kurz die historische Entwicklung der urethro- tomia interna, hierauf 6 u y o n s Operationsmethode der Urethalstrikturen, deren Erfolge er selbst durch längere Zeit an dessen Klinik zu beobachten Gelegenheit hatte. Daselbst machte er die Beobachtung, wie bei schwer uroseptischen, alten Strikturkranken, die fast moribund zur Operation kamen, nach der Urethrotomie die sofortige Einfuhrung des Verweil - katheters und reichliche Ausspülung der Blase eine rapide Besserung und Heilung eintrat. Wenn auch in diesen F&Uen mit der Bontonniere oder dem Blasenstiche eine Entleerung und lokale Behandlung der Blase möglich gewesen wäre, so war die Urethrotomie interna doch der bei weitem einfachere Eingriff und die Nachbehandlung viel leichter durch- führbar. Empfehlenswert sind nur jene ürethrotome, die das strikturierte Gewebe vollständig durchtrennen und nicht nur ritzen. Solche Wunden der Harnröhre heilen mit einer rautenförmigen oder longitudinalen Narbe ans, die weniger leicht zu einer Verengerung wiedeHÜhrt; es erscheint wahrscheinlich, daß bei vollständiger Zerschneidung der Striktur eine direkte Erweiterung in hinreichendem Maße erzielt wird, um einer Narben- kontraktur entgegenzuarbeiten. Pr. verwendet das an der Guy on sehen Klinik gebräuchliche Instrumentarium mit der Leitsonde und dem Konduktor zur Einfuhrung des Verweilkatheters. Die 3 Klingen des Urethrotom haben verschiedene Höhe, sind an der Spitze stumpf und sind nach vorne wie rückwärts schneidend. Indiziert ist diese Behandlungs- methode nur dort, wo es sich um eine rasch zu ermöglichende, genügende Entleerung der Blase handelt, wie bei schwerer Cystitis, oder dort, wo die Dilatationsbehandlung nicht zum Ziele führt. G u y o n hat nach Härtens Vt7o< Thompson 2^/^ Mortalität, gewiß eine geringe Ziffer, mit Rücksicht darauf, daß die Operation meist bei Kranken mit schwerer Affektion des Harnapparates als Folge der Striktur zur Ausfuhrung ge* langt. Die Gefahr einer Infektion von der Schnittwunde oder eine stärkere Blutung ist gewiß seltener als nach einer brüsken Dilatation zu befürchten, umsomehr als eine Rißwunde einen viel geeigneteren Boden für eine Infektion darstellt, als eine glatte Schnittwunde. Nach Gnyon kommt es etwa in einem Drittel der Fälle nach Urethrotomia interna zu Temperatursteigerungen, die meist einige Tage anhält, am vrirksamsten wird dieser Zwischenfall durch die Anwendung des Verweil- katheters und die regelmäßigen Biasenspülungen bekämpft, wodurch nicht nur für die Entleerung der Blase bei Cystitis, sondern auch für die Deckung der Wunde in den ersten Tagen nach der Operation gesorgt vrird. Die Sterilisierung der Instrumente kann exakt geschehen, eine genügende Desinfektion der Urethra ist nicht möglich und da bietet eben der Verweiikatheter den besten Schutz. Eine Narkose ist bei der Opera- tion nicht nötig, da die Dauer derselben eine kurze ist und der Schmerz bei rascher Ausführung nur einige Sekunden anhält. Selbstverständlich 442 YerhaDdlungen muß dieser Operation, am ein Danerresultat zu erzielen, eine genügende Sondenbehandlung folgen. P. berichtet nun über 11 Fälle von Urethrotomia interna, die im Verlaufe des letzten Jahres zur Ausführung gelangten. Es handelte sich um hochgradige Strikturen, von denen 9 für eine Sonde filiforme, 1 für eine Bougie Charri^re Nr. 4, 1 für Nr. 6 passierbar waren. Die letztgenannte setzte dem Versuche zu höheren Nummern überzugehen, einen nicht zu überwindenden Widerstand entgegen, es bestand außerdem noch eine chronische Nebenhodenentzündung, welche ebenfalls eine rasche Be- hebung der Striktur indizierte. In allen Fällen bestanden noch mehr oder weniger hochgradige Formen von Cystitis, die nach Wegfall der Striktur einer entsprechenden lokalen Behandlung zugeführt werden konnten. In 8 Fällen handelte es sich um traumatische Strikturen, die übrigen 8 waren gonorrhoischen Ursprunges. Die Operation wurde in typischer Weise ausgeführt, ging stets leicht vor sich« der Verweiikatheter wurde je nach dem Grade der Cystitis 2 — 8 Tage belassen; der Wechsel desselben wurde mit der Sonde filiforme und dem Konduotor vor- genommen. In 4 Fällen trat nach der Operation keine Temperatur- Steigerung auf, während in 5 Fällen Fieber den Wundverlauf komplizierte, von denen 1 Fall letal endete. Die Sektion ergab schwere aufsteigende Veränderungen des Hamapparates, chronische Prostatitis, Cystitis, Nephropyelitis. Der Tod trat am 20. Tage nach der Operation auf, in den übrigen 4 Fällen dauerte das Fieber nur 2 — 8 Tage. In einem Falle erfolg^ beim Beginn der Sondenbehandlung (8 Tage nach der Operation) eine etwas stärkere Blutung, die sich am 20. Tage nach Wiederaufnahme der Sondierung wiederholte und eine längere Pause in der Sonden- behandlnng erforderte. Die volle Dilatation war nach 6 bis 19 Tagen erreicht, nach dieser Zeit erfolgte in der Begel die Entlassung in ambulatorische Behandlung. Diskussion. Herr Stein (Görlitz) hebt hervor, daß die Methode der Behandlung der Strikturen mittels bougie ä demeure die ungefährlichste sei und am schnellsten zum Ziele führe. Herr Mankiewioz (Berlin) schließt sich der Meinung Steins bezüglich der unblutigen Dehnung an. Herr H o c k (Prag) steht auf dem Standpunkte Preindelsb ergers und hält die Urethrotomia interna in geeigneten Fällen als direkt indiziert 85. Funke (Prag). Über die Ergebnisse der Unter- suchung der Cerebrospinalflüssigkeit Luetischer. Funke berichtet über Untersuchungen des Liquor cerebrospinalis bei 30 Fällen frischer Lues mit nervösen Symptomen und 10 Fällen andersartiger Er- krankungen. Veranlassung zn denselben gaben die bekannten Mittei- lungen von Seite der Franzosen über Lymphocytose der Liquor cerebro- spinalis bei Erkrankungen des Nervensystems auf dem Boden von Lues; Zweck derselben das Studium des Verhaltens der Cerebrospinal« flüssigkeit bei recenter Lues mit nervösen Begleiterscheinungen und zwar vorwiegend Kopfschmerzen. des YIII. KoDgr. der Deutschen derm. Ges. in Sarajevo. 443 Das Ergebnis der Untersuchungen war bis auf 2 Fälle negativ, d. h. eine Lymphocytose fand sich nur zweimal, woraus geschlossen werden kann, daß dieselbe ein konstantes Symptom der recenten Lues überhaupt und aach der mit Erscheinungen von Seite des Nervensystems einhergehenden nicht darstellt und daß es zum Zustandekommen dersel- ben in der Regel gröberer Manifestationen der Syphilis am Nervensystem bedarf, als sie bei der Cephalia vorkommen. 86. Stein (Görlitz). Ein Fall von Osteoarthropathie der Wirbelsäule (mit Böntgenbild). Der Fall betrifft einen Patienten , der im Jahre 18S2 infiziert, mangelhaft behandelt wurde und später Tabes bekam. 1902 entstand ein Tumor an der Lenden Wirbelsäule. Das Röntgenbild ergab, daß derselbe durch Fraktur bzw. Usnr des 8. und 4. Lendenwirbels entstanden; beide Wirbel sind zusammengeschoben nach links deviiert, dazu ein Tumor in den Wirbeln neben dem Ejiochen- tumor. Qnecksilberbehandlung brachte Besserung. 37. Justus (Budapest). Über den physiologischen Jod- gehalt der Zelle. Es ist gelungen eine quantitative Methode der Jodbestimmung auszuarbeiten. Selbe ergab einen verschieden hohen Jodgehalt der Zelle der einzelnen Organe. Hohen Jodgehalt besitzt unter anderem die Haut, Haare und Nägel. (Die Arbeit erscheint in extenso in Yirchows Archiv.) 38. Oalewsky (Dresden). Über lösliches Kalomel (Kalo- melol). Die Tatsache, daß das Kalomel eines der stärkst wirkenden Hg-Salze ist, die theoretische Erwägung, daß ein lösliches Kalomel noch besser wirken müsse als ein unlösliches, hat den Vortragenden veranlaßt, ein lösliches kolloidales Kalomel zu versuchen. Kalomelol ist also Kalomel in coUoidalem wasserlöslichen Zustand, es stellt ein weißgraues, geschmaok- und geruchloses Pulver dar, welches in Alkohol, Äther, Benzol und vor allem in Wasser zu einer milchähnliohen Flüssigkeit (1:60) löslich ist. Das Kalomelol enthält nicht lOOVo» sondern nur 80^/o Kalomel, die übrigen 20^/o bestehen aus Eiweißsubstanzen. Das ICalomelol reagiert neotral, und zusammen mit der Gegenwart von Eiweißsubstanzen kann man daher daraus schließen, daß Reizwirkungen infolge von Sublimat- wirkung nicht eintreten können. Es löst sich femer in schwachen Salz- lösungen, im Blutserum etc. Vortragender hat nun das Kalomelol als Streupulver bei luetischen ülzerationen, als feuchten 2Vo Verband ebenfalls bei denselben, und als 8OV0 % enthaltende Salbe (in Paketen von 4, 5 und 6 g) bei Inunktionen verwendet (22 Schmierkuren). Vortragender ersucht das Mittel zu ver- suchen, das er angelegentlichst empfiehlt und teilt mit, daß Tierversache, die Urinuntersuchungen auf Hg-Ausscheidung, die Injektionsversuche noch nicht abgeschlossen sind. 89. Saalfeld (Berlin). Über Gonosan. Saalfeld hat auf der voijährigen Naturforscherversammlung gelegentlich einet Vor- trages von Wintern itz auf die günstigen Resultate hingewiesen, die er bei der Gonorrhoebehandlung mit dem Sandelöl erzielt hat; er hob 444 Verhandlungen hervor, daß reines unyerfölsohtes Sandelöl zur Anwendung kommen müsse. Da in dieser Beziehung bisweilen Schwierigkeiten yorliegen, nahm Saalfeld Versuche mit einem Präparate vor, daß neben einem anderen wirksamen Bestandteile auch reines Sandelöl enthält: es handelt sich um Gonosan, eine Lösung yon Kawakawa in Ol. Santali im Verhältnis 1 : 4. Das Gonosan ist in Kapseln von 0*3 erhältlich und wird in der Menge ▼on 6—10 Kapseln pro die, die stets nach dem Essen eingenommen werden müssen, gegeben. Das Gonosan hat gegenüber der alleinigen Santalölbehandlung den Vorteil, daß die Schmerzhaftigkeit sehr schnell herabgesetzt wird. Nierenreizung hat S aal fei d in allen daraufhin untersuchten Fällen niemals beobachtet. Um sich über die Art der Wirkung des Gonosan ein Bild zu verschaffen, hat Saalfeld Versuche mit Harn von Patienten, die Gonosan genommen, angestellt: Gonokokken von Beinkulturen, die 5 Minuten mit einem solchen Harn in Berührung gebracht wurden, ließen, auf Menschenserumagar überimpft, den Nähr- boden steril, während Gonokokken aus derselben Reinkultur, mit normalem Harn 5 Minuten in Berührung gebracht, eine Reinkultur nach der Über- impfung ergaben. Gonosanharn in den Brutschrank gebracht blieb längere Zeit steril, während der normale KontroUham bald in Fäulnis überging. 40. Wurzel (Snczawa). Über Haut- und Schleimhaut- veränderungen bei Pellagra. Anknüpfend an seine zu Beginn d. J. veröffentlichte Arbeit über das Wesen der Pellagra und die bei ihrem Auftreten in der Bukowina beobachteten Erscheinungsformen, besprach Wurzel jene Veränderungen, die im Verlaufe dieser Krankheit Haut und Schleimhäute der davon Be- fallenen erleiden. Die nur in jenen Ländern, wo der Mais das Hauptnahrungsmittel der ärmeren Bevölkerungsschichten bildet, vorkommende Endemie weist stets ein mit der Qualität der Maisernte in direktem Zusammenhange st.hendes Steigen und Fallen ihrer Ausbreitung auf. Das krankmachende Agens sind die durch Pilzwucherung auf den Maiskörnern, aus den darin enthaltenen Eiweißkörpern gebildeten Gift- stoffe (Toxine). Neben den Störungen im Verdauungskanal e, in den verschiedenen Nervenzentren und den von ihnen versorgten Organsystemen, die nach längerer oder kürzerer Zeit den Organismus der kräftigsten Individuen verheeren und seine psychischen Funktionen hochgradig schädigen, treten sowohl im Beginn als auch im späteren Verlaufe der Pellagra ungemein prägnante Haut- und Schleimhautveränderungen auf. Die Hautaffektion besteht in einer Dermatitis der unbekleideten Körperstellen mit nach- folgender Abschuppung und Atrophie der epithelialen und Bindegewebs- schichten, sowie in mehr oder minder ausgebreiteter Pigmentierung. Auch auf den Schleimhäuten folgt der Entzündung und Papillenwuche- rung Atrophie und nicht selten Pigmentierung. 41. 8ack (Heidelberg). Über Anthrasol. des VIII. Kongr. der Deutschen dcrm. Ges. in Sarajevo. 445 Sack berichtet über die £rfahrangen mit dem farblosen Teer- präparaty das von ihm in Gemeinschaft mit Veith dargestellt wurde. Angeregt wurde er durch die guten Erfahrungen, die mit Steinkohlen- teer gemacht wurden. Durch die Extraktion der schädlichen Basen mit Saure, durch das Abdestillieren des Pechs, durch komplizierte Beini- gungBYorgange des zurückgebliebenen Gemisches Yon Kohlenwasserstoffen und Phenolen, schließlich durch den Zusatz you Wachholderteer, der die merkwürdige Eigenschaft hat, die festen Bestandteile dieses Gemisches zn lösen, wird ein gereinigter, dünnflüssiger Teer erhalten, der die Konsistenz und die Farbe des OliYenöls besitzt, nicht nachdunkelt, nicht eindickt und dazu alle wirksamen Bestandteile des Steinkohlen- und Wach- holderteers enthält. Dieses Präparat wurde mit dem Namen Anthrasol belegt. Die Präparate der neuesten Zeit enthalten die Phenole yoU und wurde demselben zur Verbesserung des Geruches etwas Ol. Menthae zuge- setzt. Das Präparat wird teils rein, teils in Lösungen, in Salben, ölen, Pasten, Seifen Yerordnet, auch mit Glyzerinleim ist es gut mischbar. Seiner Yielseitigen Anwendung kommt auch übrigens der umstand zu statten, daß es mit den Yerschiedeosten Substanzen, wie absolutem Alko- hol, Äther, Benzol, Aceton, Fetten, Ölen, flüssigen Paraffin und Vasogen, in beliebigem Verhältnis mischbar ist, ohne Rückstände zu hinterlassen. Im gewöhnlichen 90%igen Spiritus lösen sich nur 6— 107o Anthrasol. Die flüssige Yerordnungsweise ist bei jenen Fällen angezeigt, die eine juckstillende Wirkung erfordern. Bei allgemeinem Pruritus kommen je mit Rücksicht auf die große Resorptionsfläehe, wie beim Teer über- haupt, nur schwächere Lösungen (zirka 10%) i^ Alkohol oder Aceton in Frage, während bei kleineren, enger begrenzten Gebieten (Pruritus ani, Liehen ruber, cireumseripte stark juckende Ekzeme) die Konzentration auf 20~d(^/o erhöht werden kann, ja reines Anthrasol unter Umständen gebraucht werden kann. Für flüssige Anthrasolbehandlung sind ebenfalls geeignet Affektionen der behaarten Kopfhaut, die meistens mehr oder minder mit Juckreiz verbunden sind, wie trockene Ekzeme, Seborrhoea sicca, Pytiriasis' DefluYium capillorum; 1 — 57o^£»® Lösungen genügen YoUkommen. Sehr gute Dienste leistete folgende Formel: Anthrasol 3*0, Spirit. absol. 200, Ol. Ricin 6*0, Ol. citri 0*5— 1*0. Bei leichterer Form der Psoriasis genügt flüssige Anwendung, bei schweren Formen ist jedoch die Salbenform unterstützt durch die Wirkung anderer reduzierender oder keratolytischer Mittel, wie Schwefel, Resorzin, Salizylsäure angezeigt. Kommt es auf keratoplastische Wirkung an, so ist am angezeigtesten die Anthrasol- Zinkpasta. Bei parasitären Hautaffektionen wird Anthrasol, etwas Schwefel, grüne oder Kaliseife zugesetzt, um die baktericide Kraft zu erhöhen. Mit Zinkoxyd gibt es blendend weiße Pasten und Salben, die einen geringen Teergeruch besitzen und die weder die Haut noch die Wäsche beschmutzen. 42. Kraus (Prag). Ober Empyroform. 446 VerhandluDgen Der Vortragende berichtAt über die Resultate der Behandlung you Hantkrankheiten mit Empyroform, einem von der chemischen Fabrik auf Aktien, vorm. E. Schering, Berlin, hergestellten Kondensationsprodukt von Ol. Rusci und Formalin. Zu den äußeren Vorteilen des Präparates, eines im reinen Zustande graubraunen, feinen Pulyers, gehört dessen nahezu absolute Geruchlosigkeit. Die Flecke, die es in der Wäsche hinterläßt, lassen sich durch einfaches Waschen leicht entfernen. Es wurde in Form von l7o Chloroform - Trau- mati ein, 1 — 57o Acetonlösungen, oder als 67o Lanolin* Vaselinsalbe verwendet oder endlich als 5 — lO^o Zusatz dem Linim. exsice. Pick beigefügt. Die erwähnten Lösungen führten zu keinen günstigen Resul- taten, wohl aber die Empyroformsalben und — Linimentbehandlung. Anfangs nur bei chronischen Ekzemformen angewendet, wurde es später mit gleich gutem Erfolge bei subakuten und endlich auch bei akuten Stadien benützt. Es erwies sich als sehr reizlos, führte nie zu einer ungünstigen Beeinflussung des Erankheitsprozesses und es war eine auf- fallend kurze Heilungsdauer in allen damit behandelten Fällen zu kon- statieren. Dabei machte sich eine auffallige Wirkung auf den Juckreiz bemerkbar. Die günstigste Wirkung aber zeigte die Empyroformbehand- lung der auf seborrhoischer Grundlage entstandenen Ekzeme, was vermutlich auf die Kombination des Teers mit dem Formalin zurück- zuführen ist. Bei zahlreichen P s o r i a s i sfällen erwies sich das Mittel anderen Teerpräparaten zum mindesten [gleichwertig. Ausgezeichnete Erfolge der Behandlung von Empyroform wurden infolge der hervor- ragenden symptomatischen Wirkung bei einer Reihe juckender Derma- tosen, Prurigo, Pruritus senilis, Liehen urticatus, erzielt. Diskussion. Herr N e i s s e r (Breslau) hat das Empyroform seit fast lYs dahren in Gebrauch und verweist auf die Publikationen von Sklarek in der „Therapie der Gegenwart*'; besonders will er die juckstillende Wirkung hervorheben. Das Anthrasol hat er mit besonderem Erfolge bei Kopfs eborrhoen mit starkem Haarausfall verwendet. Herr Nobl (Wien) hat das Anthrasol seit dem Zeitpunkte seines Bekanntwerdens in allen Fällen der Teerindikation angewendet. Die Farblosigkeit des Mittels macht dasselbe zu einem erwünschten Ersatz der usuellen Teersorten • und hat dasselbe namentlich bei den sebor- rhoischen Prozessen des Stammes und der Kopfhaut aktives Einwirkungs- vermögen; wünschenswert wäre noch die Behebung des penetranten Teergeruches. Herr M r a ö e k (W i e n) ist mit den auf seiner Abteilung angestell- ten Versuchen mit Anthrasol sehr zufrieden. In 7 Fällen von chronischem Ekzem ließ er reines Anthrasol einpinseln; es wirkte vollkommen reizlos und brachte die infiltrierten Hautpartien rasch zum Schwinden. Bei Ekzem mit starkem Juckreiz verordnete er eine 207oige Anthrasol-Zinkpasta, ebenso bei vesikulösem, leicht nässendem Ekzem. Es wirkte sehr rasch jiickstillend und es trat nach kurzer Zeit Heilung ein. Bei einem Ekzema trychophytic, wo Teer nicht vertragen wurde, blieb es ohne Reizwirkung, doch konnte die Trychophytie erst durch üng. Wilkinsoni zur Abheilung gebracht werden. Herr Veiel (Cannstatt) hebt hervor, daß die Farblosigkeit des Mittels besonders bei Afifektionen im Gesichte und bei weißen Haaren sehr schätzenswert ist; es ist jedoch nicht immer reizlos. In zwei Fällen des VIII. Eongr. der Deatsohen derm. Ges. in Sarajevo. 447 (Ekzem und Psoriasis) wurde es im Gesichte nicht yertragen, während Pix liquid, reizlos blieb. Herr Galewsky (Dresden) teilt mit^ daß er seit ly, Jahren mit einem Produkte aus Formaldehyd und Pix liquid, arbeitet; das Präparat wird in der nächsten Zeit in den Handel kommen. G. hebt als Yorztige die hellbraune Farbe des Pulvers, die stärkere Löslichkeit in Aceton, Alkohol etc. und den geringen Geruch hervor. Mit Erfolg ange- wendet wurde es bei Ekzema seborrhoic, Kopfekzemen der Kinder, Pru- rigo etc., insbesondere bewährte sich eine Kali-Teerseife, ein Teerstreu- pulver, Teerpasten. G. glaubt, daß es ebenso wie das Empyroform bei leichten Formen von Ekzem etc. sehr brauchbar sei. 48. Holzknecht (Wien). Ein Instrumentarium zur Applikation der Radiumstrahlen auf Haut und Schleim- häute. Die Quelle der Radiumstrahlen sind die Salze des Metalles Radium, diese senden die Strahlung unentwegt aus, deren Intensität mit der Zeit nicht abnimmt, wenigstens nicht nachweisbar. Die Energiequelle besteht aus einer pulverformigen Masse (Radiumbromid oder Sulphat). Die Salze finden sich in geringen Mengen vor, erst die Reindarstellung (G i e s e 1) brachte die Radiumstrahlung zur praktischen Verwendbarkeit. Infolge der Ähnlichkeit mit den Röntgenstrahlen war der Versuch geboten, diese für gleiche medizinische Zwecke zu verwenden, umsomehr als eine Vereinfachung der Technik, bei deren Verwertung zu erwarten war. Für diagnostische Zwecke sind sie wegen Verhinderung des Ent- stehens von Schlagschatten und der unveränderlichen, nicht einheitlichen PenetratioDskraft nicht verwertbar, da die Radiumstrahlung höchstwahr- scheinlich aus Strahlungen verschiedener Penetrationskraft zusammen- gesetzt ist. Vorläufig ist also an eine diagnostische Verwendung der Radiumstrahlen nach Analogie der Röntgenstrahlen nicht zu denken. In Versuchen, bei denen man das Salz auf die Haut brachte, ent- standen Veränderungen, welche der Röntgenveränderung in hohem Grade glichen, wie Desquamation, Bläschenbildung, Depilation, Entzündung, pri- märe Zelldegeneration. Die Veränderungen an den Gefäßen erscheinen anscheinend hochgradiger als bei der Röntgenreaktion. Nachdem nun festgestellt worden war, daß die Höhe der Radium- reaktion für ein und denselben Bestrahlungskörper einzig und allein von der Dauer der Applikation abhängt, so daß far jeden solchen Bestrahlungs- körper nach einmaliger empirischer Ermittelung an der Haut oder am Ghromoradiometor für immer bestimmt werden kann, wie viele Minuten Applikationszeit nötig sind, um an der Haut verschiedene Reaktionen hervorzurufen, konnte an therapeutische Versuche geschritten werden. Darrieux, Halkin und H. fanden die der Röntgenwirkung ähnliche Überhäutung resp. Schrumpfung des exulcerierten und des hypertrophi- schen Lupus, Exner studierte die Resorption oberflächlicher Sarkom- und Garcinomknoten, während Redner das Verschwinden der Psoriasis- plaques und vor allem die Heilung des Feuermales erzielte. — Eine Be- strahlung auf Teleangiektasien mit einer Reaktion zweiten Grades ruft Gefaßverödung hervor. 448 Verhandlangen Die ersten Yersnche wurden mit kleinen Pnlvermengen von Radinm- bromid gemacht, bei fiestrahlang größerer Flächen war man genötigt, dieselbe so oft aufzulegen, bis dieselbe nach und nach bedeckt war. Diesem Übelstande wurde durch die Konstruktion quadratischer Hart- gummiflächen, zwischen welchen eine Lack-Radiummischung sich befindet und die an einem Stampigliengriffe befestigt sind, abgeholfen. Das exakte Fortschreiten von Stelle zu Stelle wird durch ein Fnhmngsstuek in E-Form bewerkstelligt. Holzkneoht bespricht nun eingehend die Be- strahlungstechnik. Dem Instrumentarium ist eine Tabelle beigegeben, welche die Expositionsdauer angibt, dieselbe ist für jede Stelle mittels des Ghromoradiometers bestimmt. Um die angegebene Zeit nicht zu über- schreiten, findet sich eine Eontrolluhr vor, die nach Ablauf der bestimmten Minutenzahl läutet. Diskussion. Herr vonPetersenfSt. Petersbu r g). In Petersburg wird auch mit Radium gearbeitet. Goldberger hat ein Ulcus rodens von der Größe des Durchschnittes einer Pflaume in 2V2 Monaten zur Heilung gebracht. Die Reaktion trat durchschnittlich nach 8 Stunden auf. Peter- sen glaubt, daß das Radium eine grüße Zukunft habe. Herr N ei 88 er (Breslau) berichtet über seine günstigen £r- fahmngen bei Carcinom, Psoriasis und Teleangiektasien. Herr Ereibich (Graz) berichtet über heilende Wirkung der Radiumstrahlen bei Ulcus rodens. Angiome vertrocknen nach Auwendung der Kapsel durch V« Stunde. Die Kapsel wird während dieser Zeit mit Heftpflaster befestigt, die Stelle umzeichnet und nach V« Stande weiter- geschoben. Herr Pick (Prag) erklärt als vorläufige Indikation für die Radiumtherapie solche Geschwülste, die sonst keine chirurgische Behand- lung indizieren würden. Herr Weidenfeld (W i e n) hat einen Fall von Zungencarcinom gesehen, der mit Radium behandelt wurde, das sich dann znrückbildete und verkleinerte. Das Garcinom war ziemlich ausgedehnt, auf Basis einer Leukoplakia linquae entstanden. Auch die Halsdrüse hatte sich zum Teil zurückffebildet. Ben* Pick (Prag) demonstriert die Joachim«} taler Pechblende, aus der Radium dargestellt wird. Herr Holzknecht (Wien) Schlußwort. Die flachen Epitheliome erscheinen für die Radiumbehandlong ungünstiger als für die Röntgentherapie. Die in ca. 15 Minuten vollendete Behandlung eines Epithelioms mit Röntgenstrahlen läuft ohne Reaktion, bloß unter Abstoßung oder Desquamation ab, die mit Radium immer in Begleitung heftiger Relation. H. ist ebenfalls der Meinung Neissers, daß jene Stellen, welche den Röntgenstrahlen nicht zugänglich sind, der Radiumbestrahlung zuzuführen sind. Nachdem die Raainmstrahlen nicht tiefer als die Röntgenstrahlen wirken, sind tiefgreifende Garcinome eine Kontraindikation für eine Radiumbehandlung. Wenn auch der oberflächliche Knoten verschwindet, so findet in der Tiefe sicherlich ein Fortschreiten statt. Solche Fälle müssen operativ angegangen werden und möge der Zeitpunkt der Operation durch unnütze Bestrahlung ja nicht verabsäumt werden. H. bleibt bezüglich der Verwendung der Radiumstrahlen bei seinen genau festgesetzten Indikationen ; sie ergänzen die Röntgenstrahlenthera- pie dort, wo sie technische Schwierigkeiten erfahrt, in Nischen der Haut und an Schleimhäuten. des VIII. Eosgr. der Deatoohen denn. Ges. in Sarajevo. 449 44. Miliitzer (Erfurt). Ein Beitrag zu den schwersten Formen des Lupns erythematosus (mit Demonstration von Photogrammen) . M. berichtet über einen Lupus Er3rthemato8U8fall, der schon viele Jahre andauert, und dessen Attacken stets mit derartiger Intensität auf- treten, daß sie direkte das Leben geföhrden. Es handelt sich um einen 39jährigen Mann, bei dem im Jahre 1892 auf dem behaarten Kopfe runde, gerötete, kahle Stellen auftraten, die sich allmählich vericrößerten und vermehrten. Einige Monate darauf etablierte sich eine ähnliche über dem 1. Jochbein. Mai 1893 trat eine starke Verschlimmerung auf, die Affektion befiel nun obere Extremitäten, Schultern, Brust, Bücken und Ober- schenkel. Ein mehrmonatlicher Aufenthalt in einem Krankenhause im Jahre 1894 brachte Besserung. Durch 5 Jahre machte das Leiden keine wesentlichen Fortschritte, im Oktober 1899 kam der Kranke das erste Mal in Behandlung Ms. Das ganze Gesicht, Ohren waren dunkel gerötet, nässend, wie skalpiert, Lippen, Ohren stark geschwollen. Das Lippenrot mit Krusten bedeckt. Das Zahnfleisch, Wangenschleimhaut, Zungenunter- flache stark entzündet — leiseste Berührung sehr schmerzhaft. Auf dem Brustbeine, über dem 1. Schlüsselbeine, den Streckseiten der Vorderarme, dem Kreuzbeine bis hellergroße, gerötete, bläuliche, leicht schuppende Stellen untermischt mit stecknadelkopfgroßen bis linsengroßen, leicht er- habenen roten, zentral gedellten, leicht schuppenden Flecken. Temp. bis 40^ Behandlung: Jodypin. — Nach lötägiger Behandlung Rückkehr der Temperatur zur Norm — anfangs Dezember 1899 neue Eruption, besonders an der Nase, hinter deii Ohren, dem Kopfwirbel und dem Gesichte. An den Handrücken, Fingern und Handflächen zahlreiche rote, etwas erhabene, zentral gedellte Flecke. Diese Eruption erreicht nach 6wöchentlicher Dauer ihren Höhepunkt, die Wunden dann langsam im Ver- heilen. Die Ursache zu dieser Eruption war in einer Erkrankung an In- fluenza zu suchen. Mitte März 1900 kam es während einer sehr schwülen feuchten Frühlingswitterung, bei sogenannter Treibhausluft, zu einem neuerlichen Vorstoße. Patient beobachtete stets, daß das Gesicht bei Regenwetter mit warmer Witterung röter, entzündeter aussah. Während der ganzen Zeit wurden innerlich 0*1 grammige Dosen von Chinin 5 x pro die verabreicht. Anfangs Jänner 1901 trat wieder eine starke Verschlimmerung ein, Chinin war während der kalten Jahreszeit ausge- setzt worden. Am Hinterkopfe entwickelte sich eine wunde Stelle, welcher Zustand sich durch Liegen verschlimmerte. Das ganze Gesicht nahm wieder am Prozesse teil, die Erkrankung schritt weiter, griff über auf die Brust und die oberen Extremitäten. Die Behandlung bestand jetzt wiederum in innerlicher Darreichung von Chinin und Applikation einer Zinkpasta mit Jodoform. Ende April war bis auf vereinzelte wunde Stellen an den Ohren Verheilnng eingetreten, es wurde nun zur kosmetischen Behandlung übergangen, bei der sich, Schmierseife vorsichtig angewendet, sowie täglich recht häufige Waschungen mit Natr. bicarb. 8*0, Glyzerin, Spirit. Lavandul. an 15*0, Aqnae 170*0 als recht vorteilhaft erwiesen. Da- Areh. f. Dennat. n. Syph. Bd. LXXII. aQ 450 Verhandlnngen zwischen wurden öfters an mehreren Tagen, jedoch mit UnterbrecfauDgen, Waschangen mit Alkohol absol. vorgenommen. Die photographischen Aufnahmen lassen recht drastisch den emi- nenten Schwund des Unterhautzell- and Fettgewebes der gesamten Kopf- decke erkennen, ersichtlich durch die Menge der feinen Fältchen im Nacken, um die Ohren, um den Mund, die Nase, die Augen, sowie an den Ohrmuscheln, deren Knorpel nur mit einer papierdnnnen Haardecke bedeckt erscheint und den äußeren Gehörgängen, die wegen der atrophi- sierenden Vorgänge sehr weit sind. Dasselbe kann man an der Nase be- obachten. Bemerkenswert neben der das Leben gefährdenden Schwere der Anfälle war die Beobachtung, daß stets die sogenannte „Gewächshaus- luft'' an den Eruptionen Schuld trug, wobei das Unvermögen der Trane- piration an den erkrankten Stellen den Ausbruch hervorrief. In thera- peutischer Hinsicht ist die stets prompt eingetretene Blutdruck herab- setzende Wirkung des Chinins bemerkenswert, und M. überzeugte sich, daß größere Ghinindosen die Vorstöße bedeutend schneller zurückdrängten. 45. LÖweabach (Wien). Zur Kenntnis der Hautver- kalkung.) L. berichtet über 2 Fälle von Hautverkalkung. Der eine Fall be- traf einen jungen Mann, bei welchem die Skrotalhaut links von einer Gruppe erbsengroßer, sehr derber, halbkugelig prominenter Knötchen von glatter Oberfläche und gelblichgrauer Farbe besetzt war. Dieselben hatten sich in den letzten Monaten langsam entwickelt, wurden für Atherom angesehen und excidiert. Der zweite Fall betrififb eine tuber- kulöse Patientin, bei welcher einige Monate vor dem Tode ziemlich rasch sich vermehrend, über weite Haut flächen zerstreut, hell weißlich gelbe, sehr flache, plattenartige Knötchen von scharfer Begrenzung glatter Oberfläche und sehr derber Konsistenz aufgetreten waren, deren Diagnose klinisch in* Suspenso gelassen wurde. — Beide Fälle stellten sich mikroskopisch als Hautverkalkungen dar und rechtfertigen bei der Seltenheit derartiger pathologischer Veränderung eine Schilderung der histologischen Befhnde, umsomehr als dieselben von einander trotz der klinischen Ähnlichkeit vielfach abweichen. Das Präparat des ersten Falles zeigt im Bindegewebe der Skrotal- haut zerstreute Herde stark licbtbrechender, zackig oder kreisrund kon- tarierter Konglomerate von scharfer Begrenzung und wechselnder Größe: von wenigen Mikren Durchmesser an erreichen sie mitunter die Ans- dehnnng ganzer Gesichtsfelder, wobei letztere Konglomerate ersichtlich durch Konfluenz mehrerer kleinerer Herde entstanden sind. Im unge- färbten Zustand von bräunlichgelber Farbe, mit Hämatoxylin -Eosin sich lebhaft dunkelviolett und blau färbend, nach Salzsäurezusatz unter Bläschenentwicklung sich auflösend, manifestieren sie sich als Ab- lagerungen von kohlensaurem Kalk in sonst gänzlich unverändertem Bindegewebe. Nur um die größten Konglomerate scheinen sich reaktive Entzündungs- und Resorption s Vorgänge abzuspielen, man sieht des YIII. KoDgr. der Deatschen derm. Ges. in Sarajevo. 451 daselbst den Kontor der Kalkpartikel anfgefasert nnd abgebröckelt find um den Herd hemm dichte Ansammlungen von Rnnd- und Binde- gewebszellen, insbesondere jedcch Myeloplasen, so daß die Fremdkörper* wirknng der Kalkgebilde evident hervortritt. — Im übrigen jedoch liegen die Kalkdrnsen völlig homogen und scharf circumscript in den Lücken des reaktionslosen Bindegewebes; die Epidermis ist von Kalk- ablagerungen frei, auch die Epiderraoidalgebilde in der Cutis (Schweiß- •drüsen) stehen zu denselben in keinerlei Beziehung. Die Kalkmassen haben keinerlei fasrig fibrillären Aufbau, keinerlei eng räumliche Bezie- hung zu den kollagencn Fasern. Sie liegen vielmehr regellos zerstreut zwischen den Bindegewebsfibrillen. Es ist aber nicht mit Sicherheit zu •entscheiden, ob es sich tatsächlich um einfache Kalkablagerung ins Bindegewebe handelt. An zahlreichen Stellen finden sich nämlich Kalk- partikel von scharf kreisrundem Kontur in kleinen, zwischen den Binde- gewebsfasern befindlichen Hohlräumen, um welch letztere sich platte Zellen endothelartig anlegen. Ein Übergang derartiger Hohlräume in Iprößere Lymphgefllße mit eigener Wandung kommt zwar nicht vor, immerhin aber erscheint die Annahme nicht ausgeschlossen, daß es sich um Kalkablagerung in die kleinen Lympbspalten des Bindegewebes handle. Die Bilder erinnern an Verhältnisse, wie sie bezüglich der Amyloid- tnmoren des Larynx beschrieben wurden, wo ebenfalls geradezu ein Ausguß interfibrillärer Lymphräume mit Amyloidmassen beobachtet wurde, nur daß hier anstatt Amyloid Kalk vorliegt. Derartige Fälle scheinen ungemein selten zu sein; ein ganz ähnlicher von der Haut des Fingers, wobei jedoch auch die Epidermiszellen in ausgedehnter Weise verkalkten, wurde von Thimm beobachtet, einen allem Anschein nach identischen Fall von der Hand hat Riehl demonstriert, ein auch in der Lokalisation am Skrotum gleichartiger Fall wurde von Lewinski geradezu unter der Diagnose eines verkalkten Lymphangioms veröffent- licht; einen in Lokalisation und Struktur ähnlichen Tumor erwähnt Unna, ohne jedoch bezüglich der Qenese genau sich auszusprechen; auch Vogel beschreibt einen Fall von zahlreichen knochenharten Knoten aus dem Bindegewebe der Skrotalhaut. Die nicht allzuseltenen Fälle von verkalktem Cancroid (Epitheliome caicifid), zuerst von Mal herb ee - Obenantaes, späterhin wiederholt auch von deutscher Seite (Stieda, Perthes, Noorden, Linser etc.) beschrieben, scheinen mir mit den hier vorliegenden, rein bindegewebigen Verkalkungsprozessen keineswegs, wie dies von mehreren Seiten behauptet wurde, identisch zu sein. Die Präparate des zweiten Falles zeigen eine Ablagerung stark lichtbrechender Massen von glänzendem Aussehen, unregelmäßig zackigen oder fasrigen Konturen in ziemlich zusammenhängenden Komplexen über weite Anteile der Cutis (sowohl der Härte als der Tiefe nach) ver- teilt. Nach Lichtbrechung, Färbbarkeit und Verhalten gegen Säuren ebenfalls als kohlensaurer Kalk erkennbar, unterscheiden sie sich von den homogenen, scharf circumscripten Kalkkugeln des ersten Falles durch ihre zackig- fahrige Struktur. Aufklärung über die Ursache dieser 29» 452 Verhandlangen Struktur erhält man, namentlich au unentkalkteu Präparaten, au den Randpartieu der größeren Ealkpartikel. Dieselben bestehen nämlich aus feinen Fasern, welche nach Anordnung, Form und Mächtigkeit toU- kommen identisch mit elastischen Fasern erseheinen. Aber auch an Gutisbezirken, die bei schwacher Vergrößerung anscheinend normal sind, läßt sich eine auffallende Affinität feiner elastischer Fasern sum Häma- tozylin konstatieren ^ dieselben zeigen sich ferner im Gegensatz zu ihrem sonst welligen gleichmäßigen Verlauf, als zackige, stellenweise segmen- tierte oder abgebrochene Bänder, Veränderungen, welche sich durch eine Imprägnation der elastischen Fasern mit Kalk erklären. Gegen das Innere der gröberen Herde quellen nun die ursprünglich noch deutlich kenntlichen elastischen Fasern zu rej^ellosen, sich mit Oroein nur mehr stellenweise färbenden, schließlich zu amorphen Massen auf, welche vollständig kalkimprägniert die Grundlage dieses histologisch wie klinisch so eigenartigen pathologischen Prozesses abgeben. — Verkalkung elastischer Fasern wird zwar yon Tannenhayn im Pseudoxanthoma elastioum beschrieben, aber nur als Endstadium der regressiven Meta- morphosen, welche sich bei diesem Prozeß in der Cutis abspielen; Riesen- zellenbildung um verkalkte elastische Fasern bei Lupus teilt R 6 n a mit. Aber in unserem Fall schließt sich die Kalkablagerung nicht als Symptom eines regressiven Vorganges an einen bestehenden Degenerationsprozeß an, sondern ergreift das elastische Fasernsystem isoliert und primär. £s ist L. nicht gelungen, klinisch oder histologisch ein Analogon zu diesem Fall in der Literatur aufzufinden; derselbe ist auch von dem ersten hier referierten Fall in seiner Pathogenese vollkommen verschieden. 46. Heller (Gharlottenburg). Einige Beiträge aus der vergleichenden Pathologie der Haut. Während die normale Anatomie durch Ausnutzung der Ergebnisse der vergleichenden Anatomie ungeahnte Fortschritte gemacht hat, ist das Gebiet der vergleichenden Pathologie der Haut bisher noch wenig betreten worden. Wenn auch eine große Zahl hochinteressanter Beobachtungen von Seiten der Tier- ärzte vorliegen, so sind dieselben doch bisher nicht für die Vergleichung mit entsprechenden Tatsachen der humanen Medizin verwendet worden. H. hat seit Jahren die ganze tierärztliche Literatur durchgearbeitet und eine Reihe sehr interessanter Ergebnisse gewonnen. In neuester Zeit ist von Schindelka eine treffliche Monographie der Tierhautkrankheiten erschienen. In diesem Werke konnte die die humane Medizin besonders interessierende Histopathologie nicht berücksichtigt werden, da fast alle Vorarbeiten fehlten. H. hat nun methodisch die Histopathologie von etwa 200 Tierhautkrankheiten durchgearbeitet. Das Resultat der Studien soll auf dem 1904 in Berlin stattfindenden internationalen Kongreß für Dermatologie und Syphilis veröffentlicht werden. H. zeigt an einigen Beispielen, welchen Nutzen das Studium der vergleichenden Pathologie der Haut hat. Eine genaue Kenntnis der Tierhautkrankheiten schärft die Kritik experimentell erzeugten gegenüber. H. hat bei Schweinen, die nicht nachweisbar krank waren, Papeln konstatiert, die jeden mit des Vm. Kongpr. der DeutsoheD derm. Ges. in Sarajevo. 453 Syphilisübertragang arbeitenden Forscher für echte STphilitische Exan- theme imponiert hfttten. H. hat bei Tieren Alopecien festgestellt, die die Entstehung mancher experimentellen Alopeoie erkl&ren. Das Studium einzelner Tierhautkrankheiten hat ein praktisches Interesse, weil Über- tragungen der Affektion auf den Menschen vorkommen; es sei an die sehr verbreiteten Hauttuberkulose der Papageien, an die verschiedenen Räudeformen der Säugetiere erinnert. Vom speziell wissenschaftlich- anatomischen Standpunkte aus haben sich bemerkenswerte Tatsachen ergeben. Die Warzen der Enhe gaben ein vorzügliches Objekt für das Studium des Eeratobyalins, die tierischen tiefen Trichophytien erlauben vortreffliche Studien über Spezialfragen, die Untersuchung einer sonder- baren, der Ichthyosis congenita gleichenden Erkrankung der Ratte gab neue Gesichtspunkte für die Genese der Mastzellen. H. ist bereit, einige Präparate zu demonstrieren, und verspricht seine Sammlungen zur ver- gleichenden Pathologie der Haut dem 1904 stattfindenden internationalen dermatologischen Kongresse vorzulegen. Geschlechts-Krankheiten. (Redigiert von Prof. Neisser nnd Dr. Schiffer, Breslau.) Syphilis. Allgemeiner Teil. Moskalew. N. Über den Einfluß der Syphilis auf die Entstehang der Fseudoleakämie. Journal rasse de mal. out. etc. 1902. Nr. 4, 5. Der jetzt 23j. Kranke akquirierte im September 1899 eine Sklerose (sofortige spez. Behandlung). Die AUgemeinerscheinungen sind vom Pa- tienten übersehen worden. Im Mai 1901 stellte er sich mit br. Kondy- lomen an Stelle des Frimäraffektes vor. Außerdem aber fiel an dem Patienten eine mächtige Schwellung fast aller der Betastung zugänglichen Lymphknoten auf, die seit 2Vs Monaten sich entwickelt hatte. Einzelne Pakete waren bis zur Hühnereigröße herangewachsen. Kur die Leisten» drüsen waren in geringem Maß beteiligt. Milztumor. Der Blutbefand ergab: 3,166.000 rote Blutkörperchen, Pockilocytose, Veränderung des Hämoglobingehaltes 847o (soll wohl 847o heißen), Zahl der weißen 10 000, die polynucleären überwiegen, kleine u. gr. Lymphocyten fehlen. Eine ausgiebige Hg-In^jektionsbehandlung brachte bedeutenden Rückgang der Drüsenschwellung (bis auf Wallnußgröße, und günstige Veränderung der Blutzusammensetzung. Erythrocyten 6,000.000, Leukocyten 4(X)0, Hämo- globin 987o* ^ine der Hg-Therapie folgende Jodyerschreibuog hatte kein Resultat; jedoch auch die weitere Hg-Applikation konnte die Drüsen nur um ein geringes noch verkleinern. Bei einem Teil derselben dürfte eine cirrhotische Bindcj^ewebswucherung den Grund dafür abgeben. Der Erfolg der Therapie weist den Autor darauf hin, daß in diesem Falle die Pseudoleukämie der Ausdruck einer syphil. Infektion ist. Richard Fischöl (Bad Hall). Wetschtomow, Eugen. Die gegenseitige Beeinflussung von Syphilis und Pneumonie. Journal russe de mal. cut. Tom IV. Kr. 483. Der 29jährige Patient, Alkoholiker, leidet ein Jahr nach der In- fektion an ulzerierten Papeln des äußeren Präputialblattcs, die sich durch Bericht üb. d. Leist. auf dem Gebiete d. Oeschlechtskrankh. 455 Argentam nitr.-Äüsnngen and Jodoform in ihrem immer weiter um sich greifenden Zerfall nicht beeinflassen ließen. Die Affektion wurde von einem septischen Resorptionsfieber — 38^ begleitet. Während einer plötzlich auftretenden Pneumonie des r. Mittel lappens mit hyperpyre- tischen Temperaturen ( — 41*70), wobei die Hyperpyrese auf die Kom- bination des der Pueumonie eigentumlichen Fiebers mit den septischen Temperaturen zarQckgeführt wird, von im ganzen 16t&giger Fieberdauer kamen die der Behandlung früher resistenten spezifischen Ulzerations- herde des Präputiums zur vollständigen Vernarbung. Es kann also in diesem Falle von einer gegenseitigen Beeinflussung beider Prozesse ge- sprochen werden ; ein Beitrag zu der auf dem Pariser Kongreß disku- tierten Frage. Richard Fischöl (Bad Hall). Pini, G. Ricerche batteriologiche nella sifilide secon- daria. Giomale Italiano delle malattie veneree e della pella. 1902. pag. 749. Pini gelang es bei 3 von 6 mit rezenter Syphilis behafteten Pa- tienten auf Bouillon einen Bazillus zu züchten, welchen er mit dem von Lisle und Jullien gezüchteten identifizieren konnte ; bei den 3 anderen Fällen waren die Versuche negativ. Der Bazillus erzeugte jedoch bei Übertragung auf Tiere niemals eine Erkrankung, auch ein Übertragungs- versuch auf den Menschen verlief ergebnislos. Der Autor schließt, daß durch die Entdeckung Lisles und Julliens das Rätsel des Syphilis - virus der wahren Erkenntnis nicht näher gebracht worden ist. Spietschka (Brunn). Sowinski, Z. W. Über die Bedeutung des von Lisle und Jullien bei Syphilitikern erhobenen Bakterienbefundes. Journal russe de mal. cut. 1902. Nr. 7. Sowinski gelang es aus spanischen Fliegen deu von Lisle und Jullien als den Erreger der Syphilis angeschuldigten Mikroben zu züchten. Kleine Differenzen (spätere Verflüssigung der Gelatine bei S owinski) stehen der Identifizierung nicht im Wege. L. und J. ver- wendeten Eonthariden als Vesicans, und kultivierten aus dem Blasen- inhalt ihre Bakterien. Sowinski erklärt den Befund dadurch, daß die letzteren durch die dünne Blasendecke in den Blaseninhalt wanderten. Aus dem Venenblute unbehandelter Syphilitiker gelang es S. in keinem Falle den Lisi eschen Stäbchen ähnliehe Gebilde zu gewinnen. Richard Fischel (Bad Hall). Sowinski, W. Z. Bakteriologische Blutuntersuchungen bei Syphilitikern. Journal russe de mal. cut. Tom IV. pag. 692. Im ganzen wurden 29 bakteriol. Untersuchungen des mit der Spritze entnommenen Venenblutes unbehandelter Luetiker in der zweiten Inkubation und im kondylomatösen Stadium vorgenommen. Verwendet wurden Fleischpeptonasoitesagarplatten, dann als flussiger Nährboden Christmassche Bouillon (Annales de Plnstitut Pasteur 1902) und Nocardsche KoUodiumsHckchen, die Sowinski 3 Tage bis 3 Wochen in der Bauch- höhle von Kaninchen beließ. Alle Kulturen blieben steril. Richard Fischel (Bad Hall). 456 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete Joseph, M. und Piorkowski, Berlin. Richtigstellung der von Hermann Pfeifer gegen unsere vermutlichen Syphilis- bazillen erhobenen Einwände. Pfeiffer, Hermann, Wien. Erwiderung auf die Richtig- stellung Max Josephs und Piorkowskis. Wiener klinische Wochenschrift 1908. Nr. 83. In beiden Artikeln handelt es sich um eine gegenseitige Polemik der Autoren, die wegen der Einzelheiten der Tatsachen zum kunen Referate sich nicht eignen und im Original nachgelesen werden mdssen. Viktor Bandler (Prag). Ton Ifiessen, Wiesbaden. Bemerkungen zu den „Termut- liehen*^ Syphilisbazillen von Joseph und Piorkowski. Wiener medizin. Wochenschrift 1908, Nr. 14 und 15. Der erste Teil des Aufsatzes enthält eine persönliche Polemik gegen Joseph und Piorkowski, im weiteren Teile stellt Niessen eine tabellarisch zusammengefaßte bakteriologische Vergleichung der hervorstechenden Merkmale der verschieden bisher gefundenen Syphilis- bazillen zusammen, die im Original nachgelesen werden muß, zuletzt kommt Niessen auf die Methode der Züchtung von Joseph zu sprechen, an welcher er Kritik übt. Zum Schlüsse erklärt Niessen nach Vergleich der ver* schiedenen ihm zugesandten Kulturen, die absolute Identität seiner Syphilisbazillen mit denen von Joseph und Piorkowski konstatieren zu können. Viktor Bandler (Prag). Sowinski, Z. W. Versuche von Syphilisimpfungen an Schweinen. Journal russe de mal. cut. Tom. V. Nr. 4, 6, 6. Nach genauer kritischer Literaturnbersicht wird über eigene Ver- suche berichtet, die an zwei Wochen alten Ferkeln vorgenommen wurden. Zur Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit dem Syphilisvirus gegenüber wurden die Tiere vor der Impfung mit steigenden durch die Schlund- sonde eingefährten Alkohol- und Fuseldosen in Chloroformnarkose ver- giftet. Nur ein Versuch gelang (Einfuhrung von 48-60 em* 40^0 Wudki- monopol und 47*6 om* Fusel innerhalb von 46 Tagen), ergab aber be- züglich der Syphilisimpfung nach zweimonatlicher Beobachtung ein negatives Resultat. Es wurden 30 cm" Veneublutes eines bisher voll- kommen unbehandelten Luetikers im kondylom. Stadium in die Bauch- höhle des Tieres ii^iziert. Phloridicin per os dargereicht machte die Tiere nicht diabetisch, gelangte also zu dem beabsichtigten Zwecke nicht zur Verwendung. Ein nicht mit Alkohol vorbehandeltes aber ii^iziertes Tier wies während der dy^monatlichen Beobachtungen keine von der Norm abweichenden Erscheinungen auf. Richard Fischöl (Bad Hall). Fouquet, Gh. Des essais de bactär iologie et de s^ro- therapie dans la syphilis. Gaz. des höpit 1908. Nr. 117. Fouquet gibt auf Grund der (nicht vollständig berücksichtigten) Literatur eine Übersicht über die Entwicklung und den heutigen Stand der Frage nach dem Kontaginm der Syphilis, bis zu der epochemachenden Mitteilung von Roux und Metchnikoff im Jahre 1908. Zugleich der Geschlechtskrankheiten. 457 werden aach die verschiedenen Immanisierangsversache mit tierischem oder menschlichem Serum besprochen. Fr^deric (Straßbnrg i. £.). Fawer, W. Die Sammelforschung über die Verbreitung der venerischen Erkrankungen unter der^Studentenschaft. Journal russe de mal. cut. 1902. Nr. 3. Zur Bestimmung des perzentuellen Verhältnisses der Verbreitung der Venerien unter den intelligenten Klassen, die bisher vollständig aus- steht, eignet sich die Sammelforschung unter der Studentenschaft durch Fragebogen, die einerseits die Anonymität garantieren, andererseits leicht faßlich gehalten sein müssen und sich auf Ort, Zeit und Art der In- fektion und auf die Infektionsquelle erstrecken sollen. Auch über den Beginn des Geschlechtslebens und Onanie soll Aufschluß erbeten werden. Das Formular liegt der Mitteilung bei. Richard Fischel (Bad Hall). Griwzow, G. N. Zur Frage von der Syphilis gravis seu maligna. Wratsch. Gaz. 1908. Nr. 37—89. In seinen 5 Fällen von maligner Syphilis hat Griwzow die ge- wöhnlich beschuldigten ätiologischen Momente, wie Alkoholismus, Alter, Gesundheitszustand bis zur Infektion nicht konstatieren können. Seine Patienten waren 19 — 28 Jahre alt. Die maligne Lues scheint auf einer Mischinfektion mit Staphylokokken zu beruhen, der Schankereiter müßte demnach in jedem verdächtigen Falle bakteriologisch auf Staphylokokken untersucht werden und bei positivem Resultate das Ulcus mit dem scharfen Löffel ausgekratzt werden, um dadurch eine Staphylokokken- infektion des Blutes zu vermeiden. Auch mußte man bei Eonstatiernng eines locus minoris resistentiae in einem Organ (Herz, Gehirn) dasselbe möglichst schonen und entlasten, um spätere verhängnisvolle Folgen zu verhüten. Die frühzeitigst eingeleitete spezif. Kur kann keineswegs eine maligpie Syphilis vorbeugen ; bei einer eventuell komplizierenden Staphylo- kokkeninfektion sollte vor allem gegen letztere therapeutisch einge- schritten werden, dann erst kommen Quecksilber und Jod in Betracht. S. Prißmann (Libau). Daccö, Emilio. Ematologia della sifilide. Giomale Ital. delle malattie veneree e della pella, 1902. XXXVII. 407. Daccö untersuchte an 20 Fällen die Blutveränderungen, welche einerseits durch die Syphilis und andrerseits durch die gegen dieselbe eingeleitete Qnecksilberbehandlung hervorgebracht werden und zwar be- züglich des Hämoglobingehaltes, der Zahl der roten und weißen Blut- körperchen, des Verhältnisses der verschiedenen Formen der letzteren, der Isotonie der ersteren, des spezifischen (Gewichtes und der Alkalität des Blutes. Die Art der Untersuchungen stimmt bis auf einige geringe Änderungen mit den früheren Autoren überein, ebenso die Resultate bezüglich des Hämoglobingehaltes und der Alkalität; die übrigen Verhältnisse zeigten jedoch wesentlich geringere Werte als die der früheren Autoren (namentlich Valerio). Im allgemeinen ist darüber zu sagen: während der Er- scheinungen der rezenten Syphilis zeigt sich der Hämoglobingehalt und die Zahl der Erythrocyten im Blute vermindert; die Verminderung des 458 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete Hämoglobines ist konstant, jedoch schwankend im Grade, oft sehr hoch- gradig (bis auf 527o herabgesetzt); die Verminderung der Zahl der Ery- throcyten ist nicht konstant, sehr unregelmäßig, von viel geringerem Grade, oft gar nicht vorhanden; daher ähnelt die Beschaffenheit des Blutes im allgemeinen der einer Chlorose. Die Vermehrung der Leuko- cyten ist nicht konstant und zumeist nur so geringgradig, daß das durch- schnittliche Verhältnis der Leukocyten bei der Syphilis der oberen Grenze normaler Verhältnisse entspricht; das Verhältnis der verschiedenen Formen der Leukocyten zu einander zeigt keine konstanten oder wesent- lichen Veränderungen. Das spezifische Gewicht des Blute« erseheint wohl herabgesetzt, jedoch in so geringem Grade und in so unregelmäßiger Weise, daß man nur sagen kann, die physiologischen Grenzen werden nicht wesentlich überschritten. Die Isotonie der roten Blutkörperchen, welche schon bei gesunden Individuen innerhalb gewisser Grenzen schwankt, fand der Autor nicht konstant oder wesentlich herabgesetzt. Die Alkalität des Blutes dagegen ist ziemlich konstant herabgesetzt, der Grad der Herabsetzung jedoch recht verschieden und unregelmäßig. Das konstanteste Verhalten unter allen durch die Syphilis bedingten Blutveränderungen während der an tisyphili tischen Behandlung zeigt der Hämoglobingehalt; wenn der Gehalt des Blutes an demselben auch im Beginne der Behandlang häufig eine Zeitlang auf derselben Stufe stehen bleibt, ja bisweilen sogar ein wenig herabgeht, so erfolgt doch im wei- teren Verlaufe der Behandlung stets ein bedeutender Anstieg; ähnlich verhält sich die Alkalität des Blutes, die sich unter dem Einflüsse der Behandlung regelmäßig, zuweilen sogar recht bedeutend hebt. Die Ver* änderungen der übrigen Verhältnisse, an und für sich ja schon gering, werden auch durch die Behandlung nicht konstant oder in wesentlichem Grade beeinflußt. Bei der Spätsyphilis finden sich ähnliche Verhältnisse wie bei der rezenten, nur in viel geringerem Grade. Das Blut zeigt somit bei der Syphilis Veränderungen, welche denen bei der Chlorose ähneln, nnr ist bei dieser die Isotonie, spezifisches Gewicht und Alkalität in wesentlich höherem Grade herabgesetzt, unter dem Einflüsse der Behandlung zeigt sich das Bestreben, normale Verhältnisse herzustellen. Die Veränderungen des Blutes bei der Syphilis sind im allgemeinen nicht danach angetan, uns bei der Stellung der Diagnose in zweifelhaften Fällen zu unterstützen; bei Einleitung einer Behandlung zu diesem Zwecke ist darauf hinzuweisen, daß die Steigerung des Hämoglobin- gehaltes nicht immer sofort nach Beginn der Behandlung eintritt, sondern eine längere Zeit stehen bleiben, ja sogar herabgehen kann; die Behand- lung muß daher über dies Stadium fortgeführt werden. In gleicher Weise kann die Steigerung der Alkalität infolge der Behandlung ein difierential- diagnostisches Moment abgeben. Die übrigen Verhältnisse sind jedoch dabei nicht von Belang. Spietschka (Brunn). Dana, Charles L. Intermittent claudication (inter- mittent limping) due to obliterating arteritis. (New-York med. record 22. Feber 1902.) der Geschlechtskrankbeiten. 459 Eine Gruppe Ton Symptomen chankterisiert durch intermittiemndes Hinken, besonder« eines Beines, begleitet von Schmerzen, Puristhesien und Tasomotorischen Störungen weist, wie bekannt, als Hauptmerkmal das Fehlen des Pulset an einer oder beider Fußarterien auf. Die Ursache liegt in Ob« littrationen und Taaomotorischem Spasmus (cf. Gold flamm, Deutsche Zeitschr. £ Nerrenheilkunde 1898). In typischen Fallen tritt wihrend des Gehens p]ötaliche Störung auf, welche nach vielleicht 20 Minuten Ruhe nachläßt, um bald wiedersukehren. Pulsation der Fußarterien und oft auch der Poplitealpuls ist nicht lu fühlen. £s gibt aber auch ge- ringere Störungen bei vorhandenem Pulse. Der Verlauf ist chronisch und kann in einen Zustand, wie die Eiythromeldgie, aber auch in Gan» grün auslaufen. Alkoholismus, Gicht, Diabetes, Abusus von Tabak und Syphilis werden als Ursachen aufgeführt. Es dürfte sich wohl, wie Dana meint, um sehr verschiedenwertige Prozesse in den Publikationen handeln. Löwcnhardt (Breslau). Syphilis der Haut, Schleiinliaat etc. BranelyP. Beitrag zum Studium der Syphilis des Nasen- innern. (Revue bebdomadaire de laryngologie, d'otologie et de rhiuo- logie, Bd. XXU» 46.) Brunei berichtet über einen Fall von Laes, bei dem außer Gummen der Haut und des Gaumensegels besonders Zerstörungen von Knochen, speziell des Nasengerüstes, zur Beobachtung kamen. Das durfte bei einer mindestens 16 Jahre alten Lues nichts außergewöhnliches sein, ebensowenig, daß der Prozeß in der Nase trotz spezifischer Behandlung während mehrerer Jahre nicht eher sur Heilung gelangte, als bis die Knochen der Scheidewand ausgestoßen waren. Bemerkenswert ist nur die ganz ungenügende Behandlung im Anfange der Ejrankheit. Pat hatte vor dem Jahre 1880 (wann, ist unbekannt) wegen eines papulösen EIxanthemt Pillen und KJ genommen. Im Jahre 1880 wurde sie wegen einer Knocheneiterung mit Sequesterbildung im äußern Gehörgang mit Ein- reibungen und KJ behandelt. Von 1880—1895, wo sie mit Knochen- eiterungen (oder Gummen?) an Hand und Fuß ins Spital kam, ist nichts weiter geschehen. Überschär (Breslau). Shakowsky, Doc. W. P. Angeborener syphilitischer Pemphigus ohne Affektion der Fußsohlen und Handteller. Arch. f. Kinderheilkunde, Bd. XXXIV, 8. u. 4. Heft. Shukowsky teilt einen Fall eines neugeborenen Kindes mit, das angeboren Pemphigusblasen in den verschiedensten Entwicklungsstadien am gesamten Stamme zeigte mit vollständigem Freilassen der Fußsohlen und Handteller ; gerade also der Lokalisation, welche selbst in den neuesten Lehrbüchern als „charakteristisch** für Lues angegeben wird. Angeboren zeigte das Kind noch eine Alopecie, welche am stärksten am Scheitel 460 Bericht über die Leistungen auf dem (Gebiete und Stime ausgesprochen war. Im weiteren Verlaufe traten noch ander- weitige, luetische Erscheinungen hinzu, welchen das Kind schließlich am 10. Tage erlag. Die sonst als Prädilektionsstellen bekannten Hand- und Fußteller blieben dauernd frei. Die Sektion, sowie die Anamnese bestätigten die Diagnose. Jedenfalls sind ja die angeborenen Fälle von nicht syphilitischen Pemphigus so sehr selten, daß man sich durch das Fehlen nicht ganz typischer Lokalisation in der richtigen Diagnose nicht beirren lassen sollte ; obige Fälle sind nach der Erfahrung des Ref. nicht gar so selten. Rud. Bunzel (Prag). Tichonowitsch, A. W. Über die Radiographie syph. Enochenveränderungen. Ein Fäll von etc. Journal russe de mal. cut. Tom. y, p. 854. Auch klinisch wurde die Diagnose einer gummösen Osteo Periostitis patellae und Hydrops genu gestellt. Das der Arbeit beigef>e Radiogramm zeigt die genaueren, durch den pathol. Prozeß bedingten Veränderungen der Patella. Richard Fischöl (Bad Hall). Pospelow, A. Über die radiographische Diagnose der Enochensyphilit. Journal russe de mal. cut. etc., 1902, Kr. 2. An 6 Beispielen wird die Notwendigkeit der radiographischen Untersuchung in differential- diagnostischer Beziehung dargetan. Osteo- porosis, Osteomyelitis, Myositis gnmosa lassen sich oft nur auf diesem Wege unterscheiden. So wurde in einem Falle des Autors die Absetzung des Unterarms, die ein Chirurg wegen eines angeblichen, im Anschluß an einen Callus der gebrochenen Vorderarmknochen entstandenen Osteo- sarkoms Yomehmen wollte, durch die Aufnahme des Röntgenogrammt, das bei dem 11jährigen — wie die genauere Untersuchung ergab — hereditär syph. Mädchen Enochengummen feststellen ließ, verhindert. Richard Fischel (Bad Hall). Kistjakowski, E. Ein Fall von molluscum contagiosum bei einem Syphilitiker, geheilt durch intramusculäre Hg- injektionen. Journal russe de mal. cut. Tom. V, p. 155. Zerfall der Mollusca, Heilung unter Narbenbildung. Richard Fischel (Bad Hall). Goldberg, M. L. Zur Easnistik der Myositis, Neuritis und TendoYaginitis syphilitica multiplex. Wratsoheb. Gaz. 1903, Nr. 28. Im Goldbergschen Falle waren bei dem 6S|jährigen Patienten befallen — die Muskeln, Nerven und Sehnenscheiden des Halset, des Schnltergürtels und speziell der rechten Hand. Die syphilitische Natur des Leidens wurde vermutet und ex juvantibus bestätigt. Auf gleich- zeitigen Gebranch von Jodkali und Quecksilber ging die auch bestehende Leberantchwellung zurück. S. Prißmann (Libau). der Geschlechtskrankheiten. 461 Syphilis der Lympli- und Blutgefäjße. Einiß, L. Über Syphilis ohne Beteiligung des lympha- tischen Systems. Wratsoheb. Gaz. 190S, Nr. 40. Ein iß hat mehrere Fälle von primärer und sekundärer Syphilis beobachtet (es werden 6 Krankengeschichten mitgeteilt), in denen keine Spar von klinisch nachweisbarer Beteiligung der Lymphdrüsen zu kon- statieren war. Alle Fälle neigten eher zu der sogenannten Syphilis maligna, was Verfasser dadurch zu erklären sucht, daß das syphilitische Gift beim übertritt ins Blut das von der Natur gesetzte schützende oder wenigstens abschwächende Filter — das Lymphdrüsensystem — nicht passiert habe. S. Prissmann (Libau). Schukowsky, W. P. Angeborene Syphilis des Herzens. Journal russe de mal. cut., Bd. IV, pag. 400. Eine Myocarditis interstitialis congenita bei einem asphyktisch geborenen, nach zwei Tagen verstorbenen Kinde, dessen Sektionsbefund außerdem noch Encephalitis interstitialis totalis, Cirrhosis pulmonum partialis, Hepatitis interstitialis, Nephritis etc. ergab. Da die Mutter keine Zeichen von Syphilis aufwies, so handelt es sich um paternell ver- erbte Lues, deren Bösartigkeit schon von Fournier, Gastou, Jullien etc. betont wird. Richard Fischöl (Bad Hall). Woltke, W. 0. Zur Kasuistik der Syphilis des Herzens. Medizin. Obosr. 1903, Nr. 16. Patient wurde klinisch bloß 2 Tage beobachtet — bis auf Brachy- kardie, sehr schwache uud dumpfe Töne und eine leichte Verschiebung der Dämpfung nach links war intra vitam am Herzen nichts zu konsta- tieren. Die nach plötzlich eingetretenem Exitus vorgenommene Sektion ergab: Gummata in den untern Teilen der Lungen, zum Teil vernarbt im rechten Pleurasack geringes seröses Exsudat, Muskatuußleber. Herz stark vergrößert, auf der Innenfläche der Vorderwand des linken Ven- trikels sitzt eine 6 cm lange, V/^ em breite Narbe, innerhalb welcher ein 1 em großer, käsig zerfallener Kuoten sich vorfindet. Eine weitere große Narbe nimmt die ganze obere Hälfte der Scheidewand ein. Die Wand des linken Ventrikels ist stark, die des rechten wenig verdickt. Die Klappen des rechten Ventrikels sind pathologisch verändert. Der Herzmuskel ist trübe. Arterie- und Venesklerose. Exostosen an den Bippen und sklerosierende Glossitis. S. Prissmann (Libau). Roussy, G. Phldbite syphilitique secondaire. Gaz. des hopit 1903, Nr. 102. Nach ausführlicher Besprechung der Symptomatik, Pathogenese und Therapie der sekundären syphilitischen Phlebitis teilt Roussy zwei von ihm selbst beobachtete Fälle dieser Erkrankung mit. Beidemale handelte es sich um junge Leute von 26 resp. 25 Jahren, die im sekundären Stadium standen und ein erythematös-papulöses Exanthem hatten. Bei 462 Bericht über die Leistungen aof dem Gebiete dem einen Patienten fühlte man je einen auf Druck leicht empfindlichen, schmalen harten Strang im Verlauf der beiden Venae saphenae intemae, der von der Mitte des Beines bis zu dem Scarpaschen Dreieck reichte. Ödem, Temperaturerhöhung fehlten. Nach einer 6 wöchentlichen spezi- fischen Eur trat völlige Ueilnng ein. Bei dem anderen Patienten waren am rechten und linken Bein die Venae saphenae intemae et extemae ergriffen. Auch hier unter merknrieller Therapie relativ bald Bessemng. Fred er ic (Straßbnrg i. E.). Syphilis des Nervensystems und der Sinnesorgane. Mini^azziai. ,,Fernere Beiträge zum Studium der Lu es cerebralis praecox et maligna." Monatsschrift fnr Psychiatrie und Neurologie, Band XI, Heft S. Im Anschluß an seine früheren, im 5. Bande derselben Zeitschrift erschienenen Veröffentlichungen fiber Gehimsyphilis publiziert Min- gazzini weitere klinische und pathologisch-anatomische Beobachtungen an der Hand von vier Fällen cerebraler Lues. Auf Grund seiner Er- fahrungen und im Einklänge mit anderweitigen Publikationen vertritt M. die Anschauung, daß die bei den malignen Formen der Himlues erfolgenden Läsionen im wesentlichen auf Erkrankungen der Gefaßwände zurückzuführen sind, welche oft multiple Erweichungen und Hämor- rhagien in der Gehimsubstanz zur Folge haben. — In der von neurolo- gischen Gesichtspunkten aus abgefaßten Arbeit entsprechen die Bezeich- nungen „L. maligna** bzw. „prajeccx** nicht genau den getrennten Begriffsbestimmungen, die heut in der Syphiiidologie weit verbreitet sind, indem Mingazzini als „maligne" Fälle von Himsyphilis solche von raschem, auch durch geeignete Behandlung nicht hintanzuhaltendem tot« liehen Verlaufe und als „praecox^ alle frühzeitigen Erkrankungen des Nervensystems in den ersten Monaten oder Jahren nach der Ansteckung bezeichnet. Fritz Callomon (Breslau). Kopczyikski. „Ein Fall von Syphilis des Rückenmarks und seiner Häute in der Lumbosacralgegend (M eningomye- litislumbosacralissyphilitica)mitungewöhnlichentrophi- schen Störungen.** Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilkunde, XXIV. Bd., 2. Heft. Die Arbeit enthält die ausführliche Schilderung und Besprechung eines seltenen Falles von Syphilis spinalis der untersten Rückenmarks- abschnitte; das Alter der lofcktion ist unbekannt; die Erkrankung be- trifft eine 20jährige, schwächliche, zugleich hysterische Näherin. Im Vordergrunde des klinischen Bildes steht neben Seniibilitätsstörongen das Fehlen der Sehnenreflexe und motorische Parese der unteren Extra- der Geschlechtskrankheiten. 463 mitaten, sowie das Auftreten ntrophoneurotischer", z. T. decubitaler Geschwüre an den Hinterbacken und Beinen, schließlich auch Incon- tinentia urinae. Der Sektionsbefund ergibt außer den spinalen Verände- rungen (teils gummöser, teils degenerativer Natur) parenchymatöse Krank- heitsherde in den Nn. tibial. und peron. sin. Besonders interessant er- scheint das Auftreten trophisoher Hautveränderungen „in Gestalt tiefer Nekrose an Stellen, die keinem Drucke ausgesetzt sind^, neben echten Deoubit algeschwüren. £s dürfte noch Erwähnung verdienen, daß der Erkrankung eine völlig unbehandelte Lues zu Grunde zu liegen scheint (Ref.). Fritz Gallomon (Bromberg). Mettler, L. Harrisou. Syphilis as a Gause of Ghorea. Am Joum. Med. Serien, 126. 481, Sept. 1908. Mettler beschreibt den Fall eines 11 Jahre alten Knaben mit Geschichte und unverkennbaren Zeichen hereditärer Syphilis (Vater starb nach verschiedenen hemiplegischen Attacken an Paresis, Mutter gesund 4 Kinder alle mehr weniger Zeichen von Syph.). Mit 2 Jahren 5 heftige Anf&lle von Konvulsionen innerhalb weniger Stunden mit Verdrehen der Augen, seitdem Strabismus int., unregelmäßige Schädelform. Vor 3 Jahren Rheumatismus mit Herzaffektion ohne Hinterlassung von organischen lUappenveränderungen. Seit den Konvulsionen schien die linke Seite immer schwächer. Mit 7 Jahren 1. Anfall von Ghorea, vorwiegend auf der linken Seite, seitdem jedes Jahr eine Attacke, allmählich schwerer einige Wochen anhaltend, die 4. besteht seit 4 Monaten. Im Schlaf Bewegungen selten, der ganze Körper affiziert, kein Kopfweh, aber all- mähliche Abnahme der geistigen Funktionen. Bisher war jede Therapie erfolglos, 2 Wochen nach Beginn von Jodkali beträchtliche Abnahme, nach 3 bis 4 Wochen gänzliches Nachlassen bis auf gelegentliche leichte Zuckungen auf einer Seite. Syphilis sowohl akquirierte als hereditäre, ist als Ursache von Ghorea immer in Frage zu ziehen, besonders bei unilateralen Fällen M. nimmt als Ursache eine funktionelle Störung der cortikalen und ganglionären motorischen Zellen an. H. G. Klotz (New- York). Barabuschew, P. N. Störungen des Sehorgans bei Hirn- syphilis. Journal russe de mal. cnt., Tom. V, p. 549. Die auf 12 eigenen Krankengeschichten und auf die ausfuhrliche Arbeit Uhthoffs sich stützenden Schlußfolgerungen können hier nur ganz kurz angeführt werden: Bei Hirnsyphilis ist die Basis des Gehirns und hier wieder die Gegend des Ghiasmas am häufigsten betroffen, unter den Himuerveu der Opticus und N. ocuiomotorius (einzeln oder zusammen). Isolierte Paralyse einzelner Nervenzweigo des Ocnlom. weisen nicht auf eine nucleare Erkrankung, sondern auf eine basale Affektion (siehe die Sektionsberichte Uthoffs). Zu dieser Kategorie muß man auch dio Anisokorie bei Luetikem rechnen. Opticusatrophie geht mit partieller oder totaler Dischromatopsie (seltener Achromatopsie) einher. Wenn sich an eine einige Zeit bestehende Anisokorie eine Neuritis oder Neuro- 464 Bericht über die Leistungen anf dem Gebiete retinitis anschließt, so spricht das für luetische basale Meningitis, und eröffnet die Wahrscheinlichkeit einer günstigen Prognose. Bei der Neuritis optici ist der Olfactorius bei weitem häufiger in Mitleidenschaft gezogen, als aus den spärlichen Literaturangaben hervorgeht. Die Störungen der Pupillarreaction (Ausfall der Lichtreaktion), die schon ein Jahr nach der Infektion beobachtet wurden, beweisen, daß schon in dieser frühen Entwicklungsperiode der Krankheit die Möglichkeit einer Affektion der Pupillarreflexbahnen eintreten kann. Auch längere Zeit und in genügender Weise durchgeführte Behandlung schützt vor dem Eintritt der Himaffektion nicht. Richard Fischöl (Bad Hall), Polonsky, L. M. Zur Pathologie des Kleinhirns. Zwei Fälle von Kleinhirnaffektionen syphilitischen Ursprunges. Wratsch. Gaz. 1903, Nr. 30 und 31. Einleitend bespricht Polonskyin aller Kürze die Symptomatologie, Ätiologie, den Verlauf und die gewöhnliche Dauer der Kleinhirn erkran- knngen. Darauf folgen in eingehender Schilderung die von ihm beobach- teten, im Gharkower Stadtkrankenhause genauer untersuchten 2 ein- schlägigen Fälle, die ein gewisses Interesse beanspruchen dürften. Im ersten Falle handelte es sich um eine gravide Bäuerin von 25 Jahren, bei der alle auf eine schwere Erkrankung des Kleinhirns hindeutenden Symptome auf Quecksilber und Jodkali vollkommen schwanden. Der Verdacht auf Lues wurde durch Polyadenitis, Periostitis und heftige nächtliche Kopfschmerzen erregt. Im andern Falle war es ein körperlich und geistig stark zurückgebliebenes Mädchen von 20 Jahren, das gleichfalls neben Polyadenitis, Hntchinsonschen Zähnen und diversen Periostitiden das Symptomenkomplex einer Gerebellumerkrankung aufwies. S. Prissmann (Libau). Gaucher et Babonneix. Accidents syphilitiques en activitd chez un tabetique et chez un paralytique general. Gaz, des hop 1903, Nr. 59. G a u c h e r und Babonneix teilen die Krankengeschichten eines Tabikers und eines Paralytikers mit, die beide eine syphilitische Anam- nese hatten und zur Zeit ausgesprochene spezifische Hauterscheinungen darboten. Das Vorkommen manifester luetischer Hautkrankheiten im Verlauf dieser beiden Nervenleiden ist ein weiterer Beweis für den heutzutage wohl von den meisten Autoren akzeptierten kausalen Zu- sammenbang. Frederic (Straßburg i. E.). Pighini, Giacomo« Sopra un caso di Tabe-Paralisi sifi- litioa. Giornale Italiano delle malattie veneree e della pelle. 1902, p. 161. An der Hand eines Falles von Tabo-Paralyse, bei einem 56jähr. Manne, bespricht der Autor die Frage der Zusammengehörigkeit dieser drei Erkrankungen. Der Patient hatte 7 Jahre vor der Aufnahme in die Anstalt Syphilis acquiriert, wie der Arzt, der ihn damals behandelt hatte, bestätigte; es war nicht möglich, eine präzise Diagnose zu stellen, denn es waren Symptome von Seiten des Gehirnes — psychische Störungen, Änderung des Charakters, Verminderung der Intelligenz, Vergefilichkeit, der Geschlechtskrankheiten. 465 seltene AnföUe von Tobsucht — von selten des Bulbus, leichte Ptosis des rechten Augeulides, Hemiatrophie der Zunge, fibrilläres Flimmern der Zunge, das Arghyll-Bobertsonsche Phänomen — und von selten des Ruckenmarkes — Ataxie der Gliedmafien, lancinierende Schmerzen, ilombergsches Phänomen, Steigerung der Hautrefieze, Sensibilitäts- störungen, Verminderung der Patellar- und Achillessehnenreflexe vor- handen. Der Autor spricht sich für die ätiologische Zusammengehörig- keit dieser drei Krankheiten aus. Spietschka (Brunn). Bramwell. Analysis of 155 Cases of Tabes. Brain. A Journ. of Neurolog. 1. 1902. Aus der umfangreichen statistischen Arbeit sei hier hervorgehoben, daß Bramwell unter seinen 155 Fällen in 56'77o Syphilis anamneatisch feststellte, mit Hinzuziehung der Gonorrhoe stellte er 787o vorher von venerischen Krankheiten Befallene fest. Auffallend ist, daß B. den weichen Schanker in seiner Statistik als syphilitischen verwertet. Verf. ist weiter der Meinung, daß auch die Toxine der Gonorrhoe die Tabes verursachen können, zum mindesten prädisponierend wirken. Des fer< ueren spricht sich B. dahin aus, daß die Vulnerabilität der Gewebe, so- wie die Einführung von Toxinen in den Organismus, ebenso wie die Syphilis mehr prädisponierend für die Tabes als die eigentlichen Ursachen für dieselbe sind; und daß schließlich mit abnormem oder sehr empfind- lichem Nervensystem behaftete auch in Abwesenheit von Syphilis von Tabes befallen werden können. Stein (Görlitz). Phillips, Horace. A Brief Report of 227 Gases of Paresis. Am. Journ. Med. Scieno. 126, 488, Sept. Id03. Phillips rein statistischer Artikel führt unter den Ursachen der Paresis spezifische Erkrankungen mit 167oi unmäßiges Trinken 29^0) beide zusammen 127o hei Männern an. Bei Frauen Trunksucht 0%» spezifische Erkrankung nicht erwähnt. H. G. Klotz (New- York). Bregmann, L. und Oderfeld, H. „Zur Chirurgie der Hirn- syphilis und topisch-diagnostischen Verwertung der Jack- sonschen Epilepsie. Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin und Chirurgie, X. Band 3. u. 4. Heft, Art. 21. In der Arbeit wird ein ohne Erfolg operierter Fall von Himlues aus dem israelitischen Spital in Warschau mitgeteilt, bei dem sich im Verlauf von ca. IV» Jahren — die luetische Infektion lag 15 Jahre zurück — trotz drei ziemlich ausgiebiger Kuren seit der mit starken Kopfschmerzen einsetzenden Himerscheinungen eine linksseitige Faoialis- parese, eine partielle Jacksonsche Epilepsie, sowie später Parese der linken oberen Extremität und Zungenlähmung entwickelt hatten. Nach den kliniechen Erscheinungen wurde ein Gumma in der Gegend der rechten Zentralwindungen diagnostiziert und im Status epilepticns trepa- niert. Die Sektion ergab zwei große, z. T. erweichte und verkäste Gnmmata am rechten Frontallappen. Bregmann und Oder fei d ziehen aus ihrem Fall als Folgerungen, daß bei Himlues mit Symptomen einet Gumma auf der Himoberfläche mit der Operation nicht gezögert Arch. f. D«nnat. n. Sypb. Bd. LXXII. qq 466 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete werden darf, wenn die spezifische Behandlung erfolglos bleibt, and daß die neorologische Lokalisationslehre gründlich im Stich lassen kann. Yoß (Breslau). Syphilis der Eingeweide. Trinkler, N. Charkow. „Über Syphilis vitceralis und deren Manifestationen in Form von chirurgischen Er- krankungen.*' Mitteilungen aus den Grenzgebieten der Medizin and Chirurgie. X. Band, V. Heft, Art. XXX. Im ersten Teil der in 3 Abschnitte: 1. Lebersyphilis. 2. Syphilis des Dünn- und Dickdarms. 3. Syphilitische Erkrankungen des Magens, geteilten Arbeit bespricht Trinkler die Schwierigkeit der klinischen Differentialdiagnostik der syphilitischen Lebererkrankungen und plaidiert für Probelaparotomie in allen zweifelhaften Fällen. Die operative Inter- yention hält er besonders angebracht bei den Fällen Yon Hepar lobatum, wo einzelne abgeschnürte Leberteile den Eindruck echter Tumoren her- vorrufen. Er teilt dazu zwei Krankengeschichten mit. Im Kapitel „Syphilis des Dünn- und Dickdarms" lenkt Verf. nach Besprechung der syphilitischen Strikturen des Dünndarms und ihrer Differentialdiagnose, die ein höheres Interesse als die relativ häufigen und lokal und diagnostisch leicht zugänglichen luetischen Mastdarm- geschwüre und Stenosen beanspruchen, die Aufinerksamkeit auf die syphilitische Affektion des Wurmfortsatzes und teilt 2 Fälle von Appen- dicitis mit, die ein chirurgisches Eingreifen erfordert und ergeben hatten, daß der Processus vermiformis selbst vom syphilitischen Prozeß ergriffen war. Die syphilitischen Stenosen des Dünndarmes bieten wenig Aussicht auf Erfolg durch antiluetische Behandlung, weil sie meistens das End- stadium des gummösen Prozesses darstellen; sie sind daher ein Gebiet, auf dem Syphilidologen and Chirurgen sich in gemeinsamem Vorgehen zu treffen haben. Trinkler konnte in der Literatur nur 3 operativ be- handelte Fälle von syphilitischer Dünndarmstriktur finden, deren Kranken- geschichten er ausführlich mitteilt. Es wird dann noch die Enteritis syphilitica besprochen und ein von Foarnier und Lerreboallet beobachteter interessanter Fall von syphilitischer Diarrhoe bei einem 34jährigen Manne angeführt, der 18 Monate lang ununterbrochen an chronischer Dysenterie gelitten hatte. Nach achttägiger antiluetischer Kur war die Darmfunktion geregelt und nach weiteren 2 Monaten war Pat. vollständig genesen. Im Kapitel „Syphilitische Erkrankungen des Magens*' führt Trinkler die Monographie Einhorns „Über Syphilis des Magens^ an and gibt Einhorns Einteilung der syphilitischen Magenerkrankangen wieder, die nach diesem Autor durchaus nicht so selten sind, als allge- mein angenommen wird. Trinkler beklagt den bescheidenen Platz, der diesen Erkrankungen in den chirurgischen Lehrbüchern and speziellen der Geschlechtskrankheiten. 467 Abhandlungen über Syphilis eingeräumt werde und wendet sich gegen die von Mikulicz sehe Auffassung der gummösen Magentumoren und -Geschwüre als gutartiger Affektionen. Er selbst hält nach seinen Er- fahrungen die syphilitischen Erkrankungen des Magens für relativ solten and erwähnt den Fall von Bobrow, bei dem Vs ^^^ Magens wegen diffusen syphilitischen Geschwürs mit Erfolg reseziert wurden. Gegenwärtig weist die Literatur 16 genau erforschte und veröffent- lichte Fälle von Magensyphilis auf. Da die Frage der operativen Behand- lung des runden Magengeschwüres und der dadurch bedingten Stenose meist zu Gunsten der chirurgischen Intervention gelöst wird, hält Trink- 1er unter Berufung auf den Borrow sehen Fall die chirurgische Be- handlung auch der syphilitischen Erkrankungen des Magens für nützlich und zweckmäßig. Den Schluß der Arbeit bildet eine tabellarische Zusammenstellung der operierten gummösen Lebergeschwülste (13 Fälle). Yoß (Breslau). Quincke. Zur Kasuistik der Visoeralsyphilis. Deutsch. Archiv f. klin. Mediz., 77. Band, 1. Heft. Aus dem reichen Schatze seiner Erfahrung veröffentlicht Quincke eine Reihe von Fällen visceraler Syphilis, in denen die Mannigfaltigkeit des klinischen Bildes bei dieser Form der Lues deutlich zum Ausdrucke kommt. Besonders lehrreich erscheinen vier Fälle von syphilitischer Er- krankung der Bauchorgane: Mesenterium, Retroperitonealraum, Porta hepatis bilden den Sitz gummöser Veränderungen, als deren gemeinsamen Ausgangspunkt Q. die mesenterialen Lymphdrüsen ansieht. Die Diagnose konnte teils aus dem Obduktionsbefunde, teils aus dem klinischen Bilde in Verbindung mit dem Erfolge spezifischer Behandlang festgestellt werden ; letztere fahrte in zwei Fällen zur Heilung, einmal zur Besserung der Symptome. An diese Mitteilungen schließt sich die Publikation mehrerer Fälle von Aortensyphilis; auch bei fehlender Anamnese hält Q. die Einleitung spezifischer Behandlung bei Aortenaneurysma für an- gezeigt. Den Abschluß der Arbeit bildet die fesselnde Darstellung mehrerer ELirnlues- Fälle, von denen die ersten beiden durch das Befallen* sein des Akustikus-Gebietes, der dritte durch langandauernde snbnormale Temperatnrbefunde (zerebralen Ursprungs) bemerkenswert ist. Fritz Callomon (Bromberg). GareL Stottern, geheilt durch Tracheotomie, die im Verlauf eines Larynzcarcinoms nötig wurde, das eine luetische Affektion vortäuschte. Revue hebdomadaire de laryngo- logie, d'otologie et de rhinologie, Bd. XXIL, 51. Abgesehen von der Heilung des Stottems durch eine gelegentlich nötig gewordene Tracheotomie — eine Beobachtung, die auch von an- deren Seiten gemacht worden ist — interessiert der Fall dadurch, daß die Krankheit, Perichondritis laryngea mit äußerem Abszeß und Ödem des Kehlkopfes, um so mehr für eine luetische gehalten warde, als eine spezifische Behandlung auffallende Besserung zu bringen schien. Der Kranke starb ein Jahr später an ausgedehntem Larynxki-ebs. Bei Bespre- 30* 468 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete chnng der Differentialdiagnose erinnert Gare] daran, daß auch nicht flyphilitiscbe Neubildungen oft günstig durch K J. beeinflußt werden, and daß auf dem Boden einer syphilitischen Neubildnng erfahrungsgemäß häufig ein Carcinom im Larynx entsteht. Ueberschär (Breslaa). Halpern, J. 0. Zur Kasuistik der Syphilis der Lungen and der Pleura. Medicin. Obosr. 1908. N. 16. Nach einer kritischen Besprechung der in der Literatur erwähnten, für Syphilis der Lungen charakteristischen Symptome teilt Halpern die Krankheitsgeschichte eines 27jälirigen Patienten mit, bei dem Ver- fasser auf Grund folgender Symptome die Diagnose Lungensyphilis ge- stellt hatte. In Anamnese Lues, kaum abgeschwächtes vesiknläres Atmen ohne Rasselgeräusche bei quälendem Hustenreiz, an Phthisis erinnerndem Fieber and starken Nachtschweißen. Die spezifische Behandlung bestätigte die Diagnose: gleich nach Beginn der Einreibungen wurde die Tempe- ratur normal, der Husten verlor sich und das AUgemeiu befinden besserte sich zusehends. S. Prißmann (Libau). Berg, Henry W. Pulmonary Syphilis Simulating Pulmo- nary Tuberculosis. (New- York, med. record Dezember Id., 1902). Berg hat in den letzten 10 Jahren zahlreiche Fälle gesehen (von denen er einen als Typus publiziert), welche die physikalischen Symptome von Lungen-Phthise, aber im allgemeinen einen von dieser Erkrankung verschiedenen Verlauf darboten. Die Anamnese bestätigte die Diagnose Lungen-Syphilis. Die Diagnose ist selbst auf dem Sektionstisch unter Umständen schwierig. Verf. glaubt, wenn positive syphilitische Symptome anderweitig vorliegen, wenn die Behandlung ungenügend war und ein sabakuter oder chronischer Charakter der Lungenerkrankung vorliegt, selbst bei Anwesen- heit von Tuberkel-Bazillen, eine an ti syphilitische Kur empfehlen za müssen. Schon nach 10 Tagen zeigt sich Besserung bei Syphilitikern and eher Verschlimmerung bei Rein-Tuberkulösen. 1. Die syphilitische Phthise ist niemals fondroyant, ergreift am häufigsten den rechten oberen Lappen and kann zufällig mit Tuberku- lose einhergehen. Die Lungen- Syphilis manifestiert sich noch in drei anderen Formen, nämlich 2. als subakute oder chronische Pneumonie (Fehlen von rostbraunem Sputum bei leichteren Symptomen als bei der Pneumokokken-Infektion, Abwesenheit von Pneumokokken). 8. Fälle von Langen- Gumm ata mit Fibrose, Bronchial-Striktaren, Stenose, Atelektase. 4. Abszesse nach Durchbrach syphilitischer Bronchial-Drüsen und Gnmmata vieler Organe. Die kongenitale Fibrose und Atelektase wird erwähnt, ebenso die Bronchitis der Frühperiode. Loewenhardt (Breslau). der GeschlechtskrankheiteDf 469 Conner, Levrie A. Syphilis of the Trachea and Bronchi. Amer. Joam. Med. Scienc. 126. 67. Jali 1903. Conner hat versucht, soviel wie möglich, alle veröffentlichten Fälle von Syphilis der Trachea und der Bronchien zusammenzustellen und zn nntersuchen ; eine Trennung der Fälle von Trachea und Bronchien erwies sich als undurchführbar. Primär affektionen wurden wohl an diesen Organen noch nie beobachtet, sekundäre kommen bisweilen vorübergehend vor, sind aber ohne Bedeutung, so daß eigentlich nur die tertiären oder späteren Erkranknngsformen in Betracht kommen. Im allgemeinen ergab sich, daß dieselben fast in allen Fällen das Leben ernstlich bedrohten und oft den Tod verursachten, obwohl in einer großen Mehrzahl der Fälle die Aussicht auf Heilung eine gute war, wenn die Krankheit in Zeiten erkannt und behandelt wurde. G. hat den 1878 von Vierling (D. Archiv f. klin. Med. XXI. 825) zusammengestellten 46 Fällen weitere 82 teils ältere, teils neuere, inkl. einen eigenen Fall zugefügt, so daß im ganzen 128 Fälle vorliegen. In 117 derselben konnte der Charakter und Sitz der Erkrankung genau festgestellt werden, in 20 durch laryngoskopische Untersuchung in 97 durch die Sektion Eh lassen sich 4 Gruppen aufstellen : 1. Gummatöse Schwellung umschrieben oder diffus, fand sich im ganzen, in 20 (17Vo) ^^^ Fälle, darunter 18 iu den eigenen; 8 waren einzelne Tumoren. 2. Geschwüre, einfach oder mehrfach, 27 (447o)f ix^it Vieri ings 24 Fällen, von sehr verschiedener Form, Tiefe etc., 10 waren einzeln ; sie sind oft ziemlich tief, selbst die Knorpel befallend ; 12 führten zu Perfo- ration, darunter 5mal von Blutgefäßen mit tötlicher Hämorrhagie. 8. Endotracheale Neubildung von Bindegewebe zeigt sich teils in der Form von Narben (25. V ierl i ng 22 =: 407o verschiedenen Charakters, teils in Form diffuser Verdichtung (18 = 1 P/t) ftls obliterative Endo- tracheitis und bronchitis mit Verengeruug des Lumen. 4. Fibröse Peritracheitis, 8 F., mit Ausnahme eines einzigen mit gleichzeitigen endotrachealen Veränderungen, in 4 Fällen mit Beteiligung des Recurrens, in 3 Anschwellung der tiefen Lymphknoten am Halse. Trachea und Bronchi gleichzeitig erkrankten in 38 F., die Trachea in größerer Ausdehnung 23, im oberen Drittel allein 28, im mittleren 2, im unteren 18; beide Bronchien 5, rechter allein 4, linker 4. In 127o der Fälle von C. (gegen 63Vo ^^ Vierling) war der Larynx beteiliget; Mund, Nase und Rachen in IBVo» clarunter 6 auch Larynx; in 10 von 56 Sektionen wurden typische syphilitische Lungenveränderungen nach- gewiesen. Erweiterung der Trachea wurde 8mal, beider Bronchien 9mal, eines Bronchus 6mal gefunden bei 97 Sektionen. Unter den Patienten waren 4 unter 10 Jahren, 9 zw. 9, 19u. 15 zw. 20 u. 29; 48 zw. 80 u. 89; 26 zw. 40 u. 49; 9 zw. 50 u. 59; 5 zw. 60 n. 69, 1 über 70. Bei der akquirierten Syphilis trat, soweit die Zeit der Infektion nachweisbar, die Erkrankung im Durchschnitt im 10. Jahre auf (von 9 Monaten bis 42 Jahren schwankend) desgleichen bei der hereditären. 470 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete Unter den Symtomen sind Hasten und Dyspnoe fast immer vorhanden, demnächst am häufigsten lautes pfeifendes Geräusch beim Atmen, bes. bei Inspiration, Veränderungen der Stimme, Beschleuniguug der Atemfrequenzy Sputa, Schmerz, DruckempfindHchkeit, Retraktion der Gewebe bei der Inspiration, Bewegung des Larynz (fast immer herab- gesetzt oder abwesend, wie von Gerhard behauptet, dessen Ansicht je- doch betrefiend konstante Erhöhung der Larynxbewegung bei Larynx- stenose C. nicht teilt). Die D i a g n 0 s e ist viel schwieriger bei Abwesenheit von Obstruktion und von anderen Syphilissymptomen, und ist eigentlich nur möglich durch direkten laryngoskopischen Nachweis. Von Wichtigkeit sind nächst der Anamnese der Charakter der Stimme, Beweglichkeit der Larynx- Stellung des Kopfes bei der Inspiration, Lokalisation des Ursprungs der Erschütterung und der größten Intensität des Atmungsgeräusches, Ver- schiedeaheit der Erscheinungen auf beiden Brusthälften. Die Prognose ist nicht günstig. Vierling gab 39 Todesfalle, 3 Heilung und 4 Besserung, C. eigene Fälle ergeben 68 Todesf., 15 Hei- lung, 9 Besserung; im ganzen 767o Todesfalle. Unter G. Fällen starben 19 an Pneumonie, 11 unter ausgesprochenen krampfhaften Erstickungs- symptomen, 4 an plötzlicher Hämorrhagie nach Perforation. Die Prognose ist abhängig vom Sitz der Erkrankung und der Beteiligung anderer Organe. Die Behandlung bestand meist in großen Gaben von Jodkali, hie und da in Verbindung mit Quecksilber. Die Gefahr plötzlichen Odems bei Jodgebrauch ist zu berücksichtigen. Sondierung vom haryioi aus brachte in 3 Fällen Erleichterung. Tracheotomie wurde 17mal ausgeführt, IQmal ohne jede Erleichterung, 2mal folgte temporäre, 2mal wirklich dauernde Besserung, 3mal trat Erleichterung auf, ohne daß die Stenose selbst er- reicht wurde. H. G. Klotz (New- York). Schleehtendahl, E. Barmen. Über Nierenentzündung im Frühstadium der Syphilis und deren Behandlung. Wiener klinische Rundschau 1903, Nr. 82 u. 33. Der Autor liefert zu dieser Frage einen einwandfreien Beweis, da er in seiner Praxis einen Fall beobachtete, bei dem im Stadium der Sklerose durch die Urinuntersuchung eine ganz gesunde Niere konstatiert wurde, worauf sich im Laufe der syphilitischen Erkrankung eine Nephritis entwickelte, die parallel mit der Syphilis verlief und bei gleichartiger Behandlung abheilte, so daß dieselbe mit Sicherheit als Nephritis syphi- litisca bezeichnet werden kann. An die Beschreibung dieses Falles schließt der Autor kritische Erörterungen und kommt zu folgenden Schlüssen : Es kann die Syphilis in einzelnen Fällen bei ganz gesunden Nieren eine akute Nephritis hervorrufen. Eine leichte Schädigung des Nierenepithels durch die Syphilis ist ein häufiges Vorkommnis, das sich jedoch meist nicht durch klinische Erscheinungen bemerkbar macht. Bei der Hg-Behand- lung läßt sich diese leichte Schädigung des Nierenepithels erkennen, da das Hg die durch Syphilis veränderte Zellen für den weiteren Lebens- der GeBchlechtBkrankheiten. 471 prozeß angeeignet macht nnd zur Ausscheidong bringt. Das Hg ruft keine Nierenreiznng bei vorher ganz gesunden Nieren hervor; es wirkt nur auf die durch SyphiUs geschädigten Zellen. Bei Nephritis syphilitica ist das Quecksilber als spezifisches Heilmittel anzuwenden. Viktor Band 1er (Prag). Hitschmaim, F. u. Volk, R., Wien. Klinik Schauta: Zur Frage der Placentarsyphilis. Wiener klinische Wochenschr. 1908, Nr. 28. Die beiden Autoren haben zur El&rung der strittigen Frage der Placentarsyphilis genaue, umfassende histologische Untersuchungen angestellt und zwar untersuchten sie 22 Placenten von Fällen, bei denen die Mutter, das Kind oder beide zugleich luetisch befunden wurden und ebenso viele Kontrollpräparate gesunder Mütter. Weder der makroskopischen Größeu- zunahme noch der Farbe können die Autoren eine Bedeutung für die Diagnose Lues zusprechen. Alle histologischen Veränderungen, die be- schrieben wurden, sind für Lues der Placenta nicht charakteristisch, da alle bisher angegebenen Zeichen auch bei anderen Erkrankungen, ja sogar bei Placenten gesunder Mütter und Kinder vorkommen. Infiltrate, fibröse Entartung, Nekrosen in der Decidua und die als Gummata beschriebenen Herde hat schon v. Franqu6 bei sicher nicht luetischen Individuen ge- funden, was die Autoren bestätigen, auch die Zottenerkrankungen fanden sich außerhalb der Lues, so daß die Autoren nur Veränderungen in der Placenta bei Syphilis, nicht aber eine Syphilis der Placenta zugeben können. Viktor Bau dl er (Prag). Nekrologe. Angelo Scarenzio. Eine lange und verdienstvolle, der Wissenschaft gewidmete Lauf- bahn fand durch den am 29. Juni 1004 zu Pavia plötzlich erfolgten Tod des als Forscher, Philanthrop und Bürger hervorragenden Professors Angelo Scarenzio ihren Abschluß. Angelo Scarenzio wurde am 1. Februar 1881 in Pavia geboren und ebendaselbst im Jahre 1854 zum Doktor der Medizin und Chirurgie graduiert. In den ersten Jahren seiner ärztlichen Tätigkeit widmete er sich mit großem Eifer und Erfolg der Chirurgie, zuerst als Assistent des Prof. Porta, dann als Primararzt in Mantua und später in Pavia, wo ihm auch das Lehramt für operative Chirurgie übertragen wurde. Hier in seiner Vaterstadt fing er an sich mit Syphilidologie au be- schäftigen und in kurzer Zeit errang er auf diesem Gebiete eine solche Bedeutung, daß er schon im Jahre 1861 zum Vorstände der Klinik für Dermatologie und Syphilis ernannt wurde, welche Stelle er bis zu seinem Ableben inne hatte. Trotz seiner Vorliebe für Dermato- und Syphilidologie vernach- lässigte er die Chirurgie nicht. Durch Ausführung zahlreicher, besonders rhinoplastisch er Operationen, über welche er mehrere vorzügliche Arbeiten und Berichte verofientlichte, bat er sich in diesem Fache ausgezeichnet. Während seines dem Fortschritte der Wissenschaft und dem Wohle armer Kranker geweihten Lebens engte er nie seine große geistige Leben- digkeit in die von den Pflichten des klinischen Lehramtes und der Pro* fession gesetzten Grenzen ein, sondern entfaltete sie im ausgiebigsten Maße und verfaßte zahlreiche, sehr bedeutende wissenschaftliche Arbeiten, welche gleichsam ein Monument seines Genies und seiner nimmer ruhen- den Tätigkeit bilden. Beinahe 150 Arbeiten, Memoiren und Monographien legen Zeugen- schaft für die große und gründliche Bildung dieses Mannes ab; sie be- handeln nicht allein Dermatologie und Syphilis, sondern auch allgemeine Pathologie, Chirurgie, Pharmakologie und Hygiene. Angelo Scarenzio erlangte, obwohl schon durch viele wissen- schaftliche Aufsätze allgemein bekannt, durch die im Jahre 1864 gemachte geniale Entdeckung und Anwendung der Ealomelinjektion einen Weltruhm. Die Kalomelinjektion wurde für die wichtigste Neuerung in der Therapie der Syphilis gehalten; zahlreiche Kliniker und Ärzte beschäf- tigten sich mit ihr, sowohl um sie eingehend zu studieren und mit ihr Nekrologe. 473 VerBUche anzustellen als auch um sie vor Einwendungen zu verteidigen und über die mit ihr erzielten Erfolge zu berichten. Doch der Sieg verblieb Scarenzio. Die Kalomelinjektion ist bis heute eine der wichtigsten kurativen Methoden. Nur durch eifriges Studium hatte der große Syphilidologe aus Pavia seine Entdeckung erreicht. Lange sann er darüber nach, um die Wirkung dieses therapeutischen Mittels zu erklären und die besten Er- folge mit ihm zu erzielen. Lange stellte er mit der Standhafligkeit des überzeugten Forschers und mit der Gewissenhaftigkeit des Gelehrten zahlreiche Experimente an. Jede Kritik und Einwendung schätzte er hoch und nahm dankbaren Herzens jede vernünftige Modifikation, wie die von Smirnoff, dessen Namen für alle Zeiten mit der Entdeckung Scarenzios verbunden sein wird, an. AngeloScarenzio war nicht allein Arzt und Gelehrter, sondern auch einer der besten Bürger Pavias. Seine wertvolle Mitarbeiterschaft war sehr gesucht und hochgeschätzt; er wurde oft durch das Vertrauen seiner Mitbürger zur Bekleidung wichtiger, städtischer Ehrenstellen berufen. Angelo Scarenzio, der ruhig entschlief, während er noch auf der Bresche stand, wurde auch intra vitam mit Ehren überhäuft. Er war Mitglied des „Istituto lombardo di scienze e lettere^, verschiedener Gesellschaften für Dermatologie und Syphilis Italiens und anderer Länder, der „Accademia medico-ohirnrgica** Neapels, des „Ateneo" Brescias, und zahlreicher anderer wissenschaftlicher Vereine. Am 7. April 1904, dem 40. Jahrestag der ersten Kalomelinjektion, gaben hervorragende Syphilidologen ihrer Wertschätzung und Achtung für ihren berühmten italienischen Kollegen Ausdruck. Mit freudigem Herzen und Genugtuung empfand Scarenzio diese aufrichtige, ihn so ehrende Manifestation. Angelo Scarenzio's Name wird immer unter den Wohltätern der Menschheit genannt werden. Mailand, November 1904. AmbrOgiO Bertarelli. Niels R* Finsen. Es war ein Tag nationaler Trauer für Kopenhagen und ganz Dänemark, als am 29. September d. J. Professor Niels R. Finsen zu Grabe getragen wurde. An seiner Bahre trauerte mit den Angehörigen das ganze dänische Volk, an der Spitze der ehrwürdige greise König Christian, umgeben von den Prinzen des königlichen Hauses und seinen Ministem, die diplomatischen Vertreter Deutschlands und anderer Staaten, 474 Nekrologe. zahlreiche Delegierte von ärztlichen Vereinen aus der ganzen Welt, die Ärztesohaft Kopenhagens, die Stadentenschaft, seine getreuen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vom Finsen- Institut und, ein ergreifender Anblick, zahllose geheilte Lnpuskranke, die dem Verstorbenen (Gesundheit, Lebens- mut und Arbeitsfreude verdankten. Ein eigenartiger, mühseliger and dornenvoller Weg war es, der Finsen zu den Entdeckungen fahrte, die seinen Namen in aller Mund brachten. Geboren 1860 zu Thorshavn auf den Faroerinseln als Sohn einet höheren Beamten, empfing Finsen, der aus altem isländischen Geschlecht stammte, seine erste Bildung in der Hauptstadt Islands, wo er 1882 da« Abiturientenexamen bestand. Von dort kam er nach Kopen- hagen, um Medizin zu studieren. Schon damals machten sich die ersten Erscheinungen eines Herzleidens bei ibm geltend und zwangen ihn, den von ihm so geliebten körperlichen Sport — er war unter anderem ein eifriges Mitglied des studentischen Schätzen korps — nur in sehr be- schränktem Maße zu betreiben. Von da an bis zu seinem Tode war sein Leben eine durch kürzere oder längere Intervalle unterbrochene Kette von Leidenstagen. Nur durch größte Energie, durch genaue Beobachtung der peinlichsten Vorsicht konnte Finsen die Entstehung schwererer Stauungserscheinungen verhüten oder vielmehr in mäßigen Grenzen halten. Dnrch genaueste Kontrolle in der Zufuhr aller Lebensmittel suchte er sich im Stoffwechsel-Gleichgewicht zu erhalten^) und ertrug mit be- wunderuogswürdiger Geduld die Qualen des Durstes, da er gefunden hatte, daß das Trinken von Wasser und anderen Flüssigkeiten immer wieder Verschlimmerungen seines Zustandes hervorrief. Aber gerade sein Leiden war es, welches ihm den Weg zu seinen großen Entdeckungen wies. Schon vom Jahre 1890 an fühlte er sich am wohlsten in der Sonne und obwohl er Prosektor an der Anatomie war, so beschäftigte er sieh doch hauptsächlich mit dem Studium der Einwirkung des Lichts auf den tierischen und menschlichen Organismus. Ausgehend von den bahn- brechenden Arbeiten Widmarks, studierte Finsen zunächst die Ent- zündung erregenden Eigenschaften des Lichtes und kam dabei zu dem Ergebnis, daß den chemisch wirksamen Strahlen eine stark irritierende Wirkung zukommt, die wohl von der Wärmewirkung zu unterscheiden ist. Durch Ausschließung dieser irritierenden Wirkung bei Krankheiten, in denen die Haut sich bereits in stark entzündlich gereiztem Zustande befindet, wie bei den Variolen, konnte Finsen die ersten praktischen Erfolge erzielen: bei Variolafallen, die rechtzeitig in ein Zimmer ge- bracht wurden, in welchem nur rote oder gelbgrnne, chemisch unwirk- same Lichtstrahlen Zutritt hatten, blieb das Suppurationsstadium aus und die Krankheit verlief ohne das Sekundärfieber weit leichter; die Heilung erfolgte ohne Karben. Auch bei anderen akuten Exanthemen werden durch diese „negative Lichttherapie^ günstige Resultate erzielt. Von weit ^) Wertvolle Untersuchungen und Selbstbeobachtungen Finsens hierüber sind nur in dänischer Sprache veröffentlicht worden. Nekrologe. 475 höherem Werte sind die Erfolge Finsens auf dem Gebiet der ^^aktiveD Lichttherapie'', bei Ausnutzung der gewebsschädigenden und antibakteri- ellen Wirkung starkkonzentrierten Sonnen- und elektrischen Bogenlichtes. Es erübrigt sich wohl, gerade an dieser Stelle die allmähliche Entwicklung der F in senschen Lichtbehaudlung, die Konstruktion seiner Apparate des näheren auseinanderzusetzen. Vor nunmehr 8 Jahren erzielte Finsen die ersten praktischen Resultate bei der Behandlung des Lupus mit konzentriertem Licht; heute ist das Verfahren allgemein anerkannt als die beste Behandlungsmethode dieser schweren Erkrankung. Wir alle haben seit dem Jahre 1899 Jahr für Jahr auf den Kongressen die ▼on Finsen geheilten Lupuskranken bewundert, darunter Fälle, die früher absolut als unheilbar gelten mußten. Seither sind in allen Staaten der Welt an zahlreichen Hochschulen, in vielen großen Städten Institute zur Behandlung des Lupus nach Finsens Methode entstanden, unermüdlich arbeiteten Finsen und seine Mitarbeiter, Forchhammer, Reyn, Bang, Bie, Dreyer, Jansen u. a. daran, die Wirkungen des Lichtes genauer zu studieren, die Methode der Anwendung zu verbessern. Jeder, der sich persönlich oder schriftlich an Finsen wandte, wurde in der liebenswürdigsten Weise mit Rat und Tat unterstätzt. In Kopen- hagen entstand unter Mitwirkung einflußreicher, großdenkender Männer wie Hagemann und Jörgensen, ein großartig ausgestattetes Institut, dem auch reichlich staatliche Mittel zufließen, so daß jetzt das Finsen- Laboratorium und die Klinik des Lichtinstitutes, unabhängig von klein- lichen Sorgen, sich voll und ganz ihrer großen Aufgabe widmen können. Seit im Jahre 1896 Finsen durch sein epochemachendes Buch „Über die Anwendung von konzentrierten chemischen Lichtstrahlen in der Medizin* (deutsch erschienen in Leipzig 1899] die Reihe der Publi- kationen über dieses Thema eröffnet hatte, ist von ihm und seinen Mit- arbeitern eine große Anzahl wertvoller Arbeiten unter dem Titel „Mit- teilungen aus dem Finsen sehen Lichtinstitut" erschienen, von denen bis jetzt 8 resp. 9 Hefte vorliegen. Von besonderem Interesse ist das 5. und 6. Heft (1904 in Jena in deutscher Übersetzung erschienen), worin die Resultate der Lichtbehandlung in den ersten 800 Fällen von lupus vulgaris besprochen werden. Von diesen waren 407 (»> 5l7o) anscheinend ge- heilt, fast geheilt 139 (» 247o)) wesentlich gebessert 89 (« llV«) und nicht genügend beeinflußt nur 40 (»» 57o)* Aufgegeben hatten die Be- handlung aus verschiedenen Gründen 71 (»s 97^). Diese Zahlen sprechen wohl mehr, als wie es Worte vermögen, für die enorme Wichtigkeit und erklären die allgemeine Anerkennung der Methode, deren Nachteile hauptsächlich in der langen Dauer der Behandlung bestehen und gegen- über den vielen großen Vorzügen kaum in Frage kommen können. Die zahlreichen persönlichen Anerkennungen, die Finsen ge- funden hat — er wurde zum Ehrenmitglied zahlreicher medizinischer Gesellschaften ernannt, viele hohe Orden schmückten ihn, und noch im letzten Jahre erhielt er den medizinischen Nobelpreis zuerkannt, den er zum großen Teil seinem Lichtinstitut überwies — waren 476 Varia. wohlverdiente und waren ihm umsomehr za gönnen, als aach seine per- sönlichen Eigenschaften höchst sympathische waren. Alle, welche das Glück hatten, als Mitarbeiter, Assistenten, Schaler oder als Ejranke mit ihm in Beziehung zu treten, wissen seine Anspruchslosigkeit, Einfachheit und Liebenswürdigkeit nicht genug zu rühmen. Ehre seinem Andenken! Freiburg i. Br., im November 19Q4. Eduard Jacobi. Albert ß. v. ßeder. Albert Reder Ritter von Schellmann ist am 8. November im 78. Jahre seines der Wissenschaft und den ärztlichen Standesinteressen ge- widmeten Lebens gestorben. Den Lesern des Archiv besonders durch seine Untersuchungen über das Gontagium der Syphilis bestens bekannt, war er zuerst Privatdozent für Ghirurgie an der Josefs-Akademie für Mili- tärärzte in Wien, habilitierte sich sodann als Privatdozent für Dermato- logie an der Wiener Universität, woselbst er 1864 zum außerordentlichen Professor ernannt wurde. Als Oberstabsarzt und langjähriger Leiter der SyphilisabteiluDg am Gamisonsspitale Nr. 1 erwarb er sich großes Ver. trauen, sowohl bei seinen militärärztlichea Kollegen wie unter den Wiener Kollegen im Allgemeinen, die ihn in alle Ehrenstellen wählten. Dem Archiv war er bis an sein Lebensende ein treuer Freund und Mit- arbeiter. R. Varia. Heilstfttte für Lupuskranke in Wien. Am 99. Oktober fand die feierliche Eröffnung der unter Leitung des Prof. E. Lang stehen- den und durch ihn ins Leben gerufenen Heilstätte für Lupuskranke statt. Dermatologische Klinik in KieL Im Oktober d. J. wurde die unter der Direktion von Prof. v. Dühring stehende, neu geschaffene Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten eröffnet. Fihseninstitut zu Kopenhagen. Zum Vorstande des Laboratoriums des Finseninstitutes wurde der Privatdozent für Physiologie Dr. K. A. Hassel bach gewählt. Personalien. Dr. Augagneur (Lyon) wurde zum Professor der Klinik für Hautkrankheiten und Syphilis ernannt. Dr. 0. Jersild in Kopenhagen hat sich als Privatdozent für Haut- und Geschlechtskrankheiten habilitiert. JUN U1906 iViAV 1 - ino^ 1 Hiß, «